Herr Tode, Sie haben darauf hingewiesen haben, dass ich Englisch und Türkisch vergleiche; das ist falsch. Ich taste Englisch als erste Fremdsprache überhaupt nicht an. Und wenn wir von bilingualem Unterricht in dieser Stadt reden, wie zum Beispiel am Helene-Lange-Gymnasium, wo auch Sachfächer bilingual in Englisch und Deutsch unterrichtet werden, dann ist das völlig in Ordnung und unantastbar. Aber warum muss die zweite Fremdsprache immer Spanisch, Französisch und Latein sein?
Dann stellt sich noch die Frage, warum Spanischlehrer, Lateinlehrer und Französischlehrer besser ausgebildet sein müssen als Türkischlehrer. Das
Herr Tode, ich habe nicht gesagt, dass Türkischunterricht nicht stattfindet, nur findet der Türkischunterricht in der Grundschule statt und er findet in der Sekundarstufe I statt und eben in diesen vielen Facetten, häufig nur als Kurs. Wir finden, dass Türkisch an Gymnasien gleichberechtigt mit Spanisch, Französisch und Latein als zweite Fremdsprache angeboten werden muss. Dafür brauchen wir gut ausgebildete Lehrer. Es geht überhaupt nicht, dass die Schulbehörde sagt: "Uns egal, wir holen uns die Lehrer aus Duisburg,
Hamburg ist so schön, wir bekommen die schon" und sich damit um die Ausbildung drückt. Das gibt sie dann an die Wissenschaftsbehörde weiter, und der fällt plötzlich ein, dass es doch die Autonomie der Hochschulen gibt.
Das hat sich bei anderen Entscheidungen die Hochschulen betreffend völlig anders angehört. Bei denen war von Autonomie gar nicht die Rede, hier gebe ich Herrn Schinnenburg recht. Insofern muss man doch einmal ehrlich sein und muss das sagen. Wenn eine solche Entscheidung an der Universität getroffen wird, dann muss man das nicht als Autonomie hinnehmen, dann muss man mit denen reden.
Ich will Ihnen noch zwei Gründe nennen, warum der Türkischunterricht ausgebaut werden muss. Es gibt einen pädagogischen Grund. Wir wissen alle aus den Diskussionen über Ausbildungsplätze, dass es hauptsächlich Jugendliche mit Migrationshintergrund sind, die keinen Ausbildungsplatz bekommen und die auch geringere Schulabschlüsse haben. Warum haben sie die? Es ist auch von der Türkischen Gemeinde noch einmal hervorgehoben worden, dass sehr viele türkischstämmige Kinder ihre Muttersprache haben, dadurch aber auch Probleme in der Schule haben, weil sie vier Fremdsprachen lernen müssen. Es wäre unglaublich gut, wenn sie auch in ihrer eigenen Sprache recherchieren könnten.
Zum Schluss gebe ich Ihnen noch einen politischen Grund an. Der Arbeitskreis Integration Bergedorf hat uns allen geschrieben – ich zitiere zum Abschluss -:
"Der Beschluss der Universität zur Abschaffung der Lehrerausbildung Türkisch stellt eine eindeutige Abwertung der türkischen Sprache dar. Dies ist ein Signal sowohl an die türkischsprachige als auch an die Migrantenbevölkerung allgemein sowie an die deutschsprachige Bevölkerung. Den Mitglie
dern der Türkischen Gemeinde wird erneut gezeigt, dass ihr kulturelles Erbe nicht anerkannt und ihr Wunsch nach Akzeptanz nicht gewürdigt wird."
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Titel dieser Debatte, die von der LINKEN angemeldet worden ist, heißt: Türkischlehrer sind an Schulen unverzichtbar. Ich möchte sagen, nicht nur Türkischlehrer, sondern alle Lehrer sind unverzichtbar.
Das Präsidium der Universität Hamburg hat durch Beschluss am 19. Mai 2014 die Fakultät für Geisteswissenschaften gebeten, ein Verfahren zur Einstellung des Unterrichtsfachs Türkisch im Bereich der Turkologie einzuleiten. Das ist eine Entscheidung der Universität Hamburg.
Es ist legitim, dass die Universität Hamburg diese Entscheidung eigenständig trifft. Auch wenn wir in der Politik abweichende Ansichten zur Entscheidung der Universität haben könnten und sollten – das haben die einen oder anderen –, haben wir trotzdem mit der Hochschulautonomie respektvoll umzugehen.
Lassen Sie uns doch bitte einmal kurz über die Fakten sprechen anstatt über die Emotionen. Fakt ist, dass in den vergangenen Jahren die Zahl an belegten Studienplätzen für diesen Bereich stark zurückgegangen ist. Im Wintersemester 2010/2011 waren 20 Studienanfänger eingeschrieben, im folgenden Wintersemester waren es nur noch 12 und im letzten Wintersemester waren es nur noch 8 Studienanfänger. Das heißt, die Zahl der Studie
Fakt ist aber auch, dass an 30 Hamburger Schulen Türkisch unterrichtet wird. Vier Grundschulen und zwei weiterführende Schulen bieten auch bilingualen Unterricht an; an weiteren 14 Schulen gibt es Türkisch-AGs; darauf wurde schon hingewiesen. Darüber hinaus arbeiten 36 Lehrkräfte mit einer türkischen Fakultas in hamburgischen Schulen. Ich möchte unterstreichen, dass wir als SPD-Fraktion herkunftssprachlichen Unterricht enorm richtig und wichtig finden.
Deshalb haben wir auch diesen Punkt in das Integrationskonzept hineingenommen. Ich danke Ihnen, Frau Heyenn, dass Sie unser Integrationskonzept gelobt haben. Es ist aber so, dass in 72 Hamburger Schulen nicht nur Türkisch unterrichtet wird, sondern 2500 Schülerinnen und Schüler in elf Herkunftssprachen unterrichtet werden. Zum Beispiel können die Fächer Spanisch, Türkisch, Italienisch, Polnisch, Russisch oder Portugiesisch belegt werden. Die Mehrsprachigkeit ist für die Kinder und die gesamte Gesellschaft eine Bereicherung und ein kultureller Wert an sich.
Sie erwerben damit ein Potenzial, das ihnen selbst, aber auch unserer Gesellschaft und der Wirtschaft viele Chancen eröffnet. Darüber hinaus sollten wir darüber nachdenken – und wir tun es –, inwieweit herkunftssprachlicher Unterricht in den Schulen verbindlicher gemacht und aufgewertet werden kann.
Meine Damen und Herren! Die Schülerschaft in Hamburg ist heterogen und international; jedes zweite Kind kommt aus einer Zuwandererfamilie, darauf wurde auch hingewiesen. Diese gesellschaftliche Realität hat sich auch in den Lehrerzimmern abzubilden. Hamburg ist in diesem Bereich bundesweit vorbildlich.
Ich bitte, nicht Emotionen, sondern Fakten sprechen zu lassen. Fakt ist, dass im Februar 2014 23 Prozent der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst eine Migrationsgeschichte haben, während im Mai 2009 diese Zahl 16,7 Prozent betrug. Das ist eine Steigerung um sechs Prozentpunkte. Das zeigt, dass wir auf dem Weg vom interkulturellen Klassenzimmer in Richtung interkulturelles Lehrerzimmer sind, und das ist gut so.
Herkunftssprachlicher Unterricht und eine Lehrerschaft mit Migrationsgeschichte sind von unschätzbarem Wert. Selbst wenn ab dem kommenden Wintersemester keine neuen Lehramtsstudenten für Türkisch mehr aufgenommen werden sollten, ist doch der Bedarf in Hamburg sichergestellt, und darauf kommt es an. Hier müssen wir auch alle mitgehen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es gut und richtig – meine Vorredner haben das betont –, dass die Diskussion um die Schließung der TurkologieLehramtsstudien an dieser Stelle geführt wird. Aber wichtig und richtig ist doch auch, dass das eigentlich eine Scheindebatte ist, denn dahinter stehen doch völlig andere Fragen, die hier nur am Rande gestreift werden. Es ist richtig, wenn wir uns alle zur Hochschulautonomie bekennen, Frau Senatorin hat das getan. Richtig ist auch, dass Sie das mit Ihrem Hochschulgesetz nur in abgeschwächter Weise tut. Die Hochschulautonomie kann doch aber nicht dafür herhalten, dass sich der Senat wegduckt, wenn es darum geht, zum einen die Rahmenbedingungen zu erklären, die zu diesen Entscheidungen führen, und zum anderen den Hochschulen strategische Rahmenlinien an die Hand zu geben, innerhalb derer sie ihre Entscheidungen treffen. Das heißt, dass Sie mit Ihren Hochschulverträgen, die an diese 0,88 Prozent gebunden sind, einen Zustand geschaffen haben, der extremen Druck auf die Hochschulen ausübt. Und was wir jetzt sehen, nämlich die angekündigte Schließung der Turkologie und die nun unter dem Druck der Öffentlichkeit wieder zurückgenommene Schließung der Lateinamerikastudien, ist der Anfang einer Entwicklung, die, wenn wir sie nicht stoppen – und das liegt in Ihrer Macht, Frau Senatorin –, dazu führen wird, dass völlig planlos in unserer Hochschullandschaft Löcher entstehen.