Protocol of the Session on June 22, 2011

(Beifall bei Gert Kekstadt SPD)

Ich verstehe nicht jedes Problem, das die Hochschulen haben, das sage ich offen dazu. Aber mit den Haushaltssystematiken, insbesondere mit denen, die der Senat beschlossen hat, kenne ich mich aus. Es gibt zwei verschiedene Arten globaler Minderausgaben. Die eine Kategorie sind die, die man von vornherein strukturell erbringen muss, indem man weniger Zuweisungen erhält; diese haben wir nicht beschlossen. Vielmehr gibt es für das Jahr 2012 eine neue globale Minderausgabe, die es erstaunlicherweise für dieses Jahr überhaupt nicht gab, die es aber in allen Haushaltsjahren früher immer gegeben hat, die nachträglich, nach Ablauf des Haushaltsjahres, ausgefüllt wird, indem

(Senator Dr. Peter Tschentscher)

ein kleiner Teil der aufgelaufenen Restmittel – und die Restmittel der Wissenschaftsbehörde betragen im Jahr 2010 über 170 Millionen Euro – nicht ins folgende Haushaltsjahr übertragen wird. Das ist ein Mechanismus zur Reduzierung der immer weiter ansteigenden Haushaltsreste, die der Rechnungshof kritisiert hat; die sind ein haushaltssystematisches Problem.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Wie hoch ist sie denn nun?)

Diese globale Minderausgabe liegt für den gesamten Wissenschaftsetat irgendwo – ich habe es jetzt nicht so ganz genau im Kopf – zwischen 10 und 15 Millionen Euro, in etwa bei 12,8 Millionen Euro. Das ist eine Größenordnung, die man in Relation setzen muss zum Restevolumen – ich nenne jetzt das Beispiel 2010 – von über 170 Millionen Euro, und nur ein Teil davon wird übertragen, etwa 140 Millionen. Daraus wird eine globale Minderausgabe erbracht, die dazu führt, dass die übertragenen Reste reduziert werden, und zwar im Nachgang. Das hat nichts zu tun mit der Kürzung einer Zuweisung, wie sie CDU und GAL jahrelang beschlossen haben

(Dietrich Wersich CDU: Nur in drei und nicht so hoch!)

und wie wir sie ausdrücklich nicht beschlossen haben.

(Beifall bei der SPD)

Aber, Frau Heyenn, vielen Dank für Ihre Zwischenfrage, weil das deutlich macht, dass man über einen solchen Punkt in Ruhe und mit Sorgfalt reden muss, bevor man Pressemitteilungen herausgibt, Briefe schreibt und Dinge behauptet, von denen ich weiß, dass sie nicht wahr sind, weil wir im Senat diese Kürzungen schlicht nicht beschlossen haben. Ich war immer dabei und bei Haushaltsfragen achte ich auf das, was wir beschließen. Wir haben keine Kürzungen für die Universität beschlossen, aber ich will mir dennoch zusätzlich eine kritische Anmerkung erlauben.

Wenn die Universität heute 10 Millionen Euro jährlich mehr für zusätzliches Verwaltungspersonal ausgibt, dann stehen diese Mittel nicht für die Wissenschaft, für Studium, Lehre und Forschung zur Verfügung. Und darüber sollte zwischen der Wissenschaftsbehörde und der Universität dringend geredet werden.

(Beifall bei der SPD)

Aber wo wir bei diesem Thema sind: Es gibt tatsächlich eine weitere Position, die nach unserer Einschätzung im Hochschuletat stark wachsen muss, nämlich die Mittel für die bauliche Sanierung. Der Vorgängersenat hat lange Zeit eine Verlagerung der Universität geprüft, viel Geld für Gutachten ausgegeben, sich über diese Schnapsidee heillos zerstritten

(Dora Heyenn DIE LINKE: Stimmt!)

und das Projekt am Ende zu Recht beerdigt. In der Zwischenzeit wurde zur Sanierung der Gebäude nichts unternommen und die Hochschulbauten sind zusehends weiter verfallen. In der mittelfristigen Finanzplanung haben wir keine belastbaren Planungen für die Gebäudesanierungen der Hochschulen vorgefunden. Deshalb müssen wir auch in diesem Bereich den Haushalt Stück für Stück in Ordnung bringen. Und es ist unstrittig, dass diese Investitionen in die Rahmenbedingungen der Wissenschaft erhebliche zusätzliche Mittel erfordern; dazu sind wir bereit.

(Beifall bei der SPD)

Zum Schluss möchte ich noch einmal betonen, dass die Haushaltssanierung kein einmaliger Kraftakt ist. Wir werden ab sofort und kontinuierlich mit großer Sparsamkeit planen und handeln müssen. Sparen im öffentlichen Haushalt bedeutet nicht stures Wegstreichen von Ausgaben, sondern das stetige Durchdenken und kluge Wahrnehmen der wichtigsten öffentlichen Aufgaben. Das ist ein anstrengender Prozess und deshalb ist es verständlich, dass einige lieber mit Diskussionen über gesetzliche Regeln zur Schuldenbegrenzung davon ablenken. So wichtig solche Regeln sind, über Erfolg und Misserfolg der Finanzpolitik wird nicht nach Paragrafen entschieden, sondern durch die Steuerung von Behörden, Landesbetrieben und öffentlichen Unternehmen, den Umgang mit plötzlichen Mehrbedarfen und in einer Vielzahl von Einzelentscheidungen, bei denen man immer wieder die Kraft haben muss, die große Linie der Haushaltssanierung auch praktisch zu verfolgen.

(Beifall bei der SPD)

Und die große Linie wird von diesem Senat klar gezogen, es ist der Weg zur Sanierung des Haushalts und zur Einhaltung der Schuldenbremse des Grundgesetzes. Dies ist ein Weg, an dessen Ziel die Stadt wieder neue Handlungs- und Gestaltungskraft gewinnt für die Zukunftsaufgaben der Metropole Hamburg. Der vorliegende Haushaltsplan-Entwurf ist ein erster, nicht unwichtiger Schritt. Ich wünsche dem Parlament viel Erfolg und gutes Gelingen bei der Beratung des Haushaltsplans 2011/2012. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Heintze.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, die ernsten Gesichter auf der Senatsbank sind so etwas wie Corporate Identity, die entwickelt wird, um dem, was man vorträgt, ein etwas höheres Gewicht zu geben, was es leider allzu oft nicht hat.

(Senator Dr. Peter Tschentscher)

(Gabi Dobusch SPD: Besser als das Gön- nerhafte von vorhin!)

Ich muss persönlich sagen, auch zu dem, was wir zur Bewertung des Haushalts des Vorgängersenats gehört haben, Herr Finanzsenator, passt das sehr gut. Dieser Haushalt hatte weitaus mehr Gewicht,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Vor allem sind Luftbuchungen gewichtig!)

als Sie hier einräumen wollten, da können sie noch so ernste Gesichter machen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie denn den Rückblick machen, machen wir ihn auch. Wir hatten Ihnen mehrfach gesagt, nehmen Sie doch den Haushalt des alten Senats und arbeiten Sie auf Grundlage dieses Haushalts weiter, damit wir zügig – ich sehe dieses Problem genauso wie Sie, wir können nicht in laufenden Haushaltsjahren beliebig spät Haushalte verabschieden – zu einem Haushalt kommen, und wir brauchen dann etwas mehr Zeit in den Haushaltsberatungen, um Ihre Änderungen einzubauen. Da hieß es von Ihrer Seite, man wolle etwas komplett Neues, etwas Solides, etwas Eigenes machen. Das hat man dann ein bisschen gemacht und irgendwann gemerkt, dass das eigentlich unsinnig ist. Und das verklausulieren Sie jetzt mit den Worten, Sie hätten diesen Haushalt nur als technisch gute Grundlage genommen. Wenn Sie genau in diesen Haushalt schauen, Herr Senator, dann haben Sie 80 Prozent sehr gute technische Grundlagen übernommen und 20 Prozent geändert. So ehrlich sollten wir in dieser Diskussion sein.

(Beifall bei der CDU)

Da dem so ist, greift ein Vorwurf, den Sie gemacht haben, sicherlich nicht für die CDU und auch nicht für die GAL. Sie haben einen Haushalt genommen, der bereits ein Sparhaushalt war, ein Konsolidierungsbeitrag. Diesen Haushalt haben Sie weiter bearbeitet. Sie können uns jetzt nicht vorwerfen, indem Sie diesen Haushalt zur technisch guten Grundlage erklären, dass wir uns vor Spardiskussionen in der Stadt weggeduckt hätten. Das haben wir nicht, sondern wir haben sie sehr offensiv geführt und haben dafür sehr viel Ärger bekommen. Uns jetzt vorzuwerfen, wir würden uns nicht an der Konsolidierung des Haushalts beteiligen, ist unsolide und stimmt auch schlicht nicht.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Allerdings muss man auch an dem, was Sie uns vorgestellt haben, einiges richtigstellen. Der Blick in den Haushalt zeigt, dass wir einen Haushalt haben, der so viele globale Minderausgaben ausweist wie noch nie. Sie können doch nicht behaupten, Sie hätten jetzt konsolidiert und das alles mit Maßnahmen hinterlegt, was der Vorgängersenat nicht hinbekommen hätte, haben aber die globalen

Minderausgaben um mindestens 50 Millionen Euro erhöht, wenn nicht sogar um mehr. Das ist eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit, dieser Haushalt hat so viele globale Minderausgaben wie kein Haushalt vor ihm.

(Beifall bei der CDU)

Genau diese globalen Minderausgaben werden eines Ihrer zentralen Probleme werden. Ich glaube nicht, dass Sie die mit einem ernsten Blick in den Griff bekommen. Warum? Diese Minderausgaben bedeuten natürlich, das wussten wir auch, dass in den betroffenen Behörden die Mittel fehlen werden. Ich kann sie Ihnen nennen, sie wurden hier abgefragt und Sie sind geschickt darum herumlaviert, welche denn vorgesehen sind: Hochschule 12,8 Millionen Euro, Schule 29,2 Millionen Euro, Kultur 3,9 Millionen Euro und im Bereich der Innenbehörde 14,7 Millionen Euro. Das ist nur ein Auszug Ihrer globalen Minderausgaben, die Sie in den Einzelhaushalten verankert haben, wo Sie uns noch vorgeworfen hätten, das wären Luftbuchungen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der konkreten Hinterlegung dieser Maßnahmen und ich befürchte – ich hoffe es nicht –, Sie werden daran scheitern. Dann sollten Sie aber nicht so ein ernstes Gesicht dazu machen.

(Beifall bei der CDU und bei Robert Bläsing FDP)

Allerdings hat dieser Haushalt neben der exorbitanten Zahl globaler Minderausgaben ein weiteres Grundproblem: Sie fangen an, Haushaltsplanungen 2010 zugrunde zu legen und das HaushaltsIst 2010 zu ignorieren. Das ist gefährlich. Wir haben 2010 bereits gezeigt, dass wir mit 700 Millionen Euro weniger Ausgaben im Jahr auskommen. Das Haushalts-Ist 2010 liegt 700 Millionen Euro unter dem, was Sie für Ihre Planungen veranschlagt haben, von denen man jetzt ausgehen müsste, um 0,8 Prozent draufzulegen. Herr Senator, damit verschließen Sie sich einer Realität und das hat wenig mit transparenter Haushaltspolitik zu tun.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Ich glaube aber, dass Sie einen Grund für dieses Verfahren haben, ich möchte es noch nicht Trick nennen. Wenn Sie nicht das Haushalts-Ist des Jahres 2010 zugrunde legen, wo die Stadt schon bewiesen hat, dass sie über alle Fachbehörden mit weniger Geld auskommt, weil das in der Grundveranschlagung ein Krisenhaushalt war, dann haben Sie aber ein Problem, denn dann liegt Ihre wahre Steigerungsrate bei 5 bis 6 Prozent und nicht mehr bei 0,8 Prozent. Damit wäre das erste Wahlversprechen gerissen und den Gefallen wollten Sie den Kritikern Ihres Bürgermeisters nicht tun, das kann ich gut verstehen. Sie haben uns den Gefallen aber getan, indem Sie den Haushalt so aufge

stellt haben, wie Sie ihn aufgestellt haben. Sie haben nicht 0,88 Prozent, sondern 5 bis 6 Prozent Steigerungen, und zwar aus dem schlichten Grund, dass Sie das Ist ignorieren und Planzahlen aus 2009 zur Grundlage für Ihre Haushaltspolitik machen. Das ist nicht solide.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Aber es mag vielleicht noch einen anderen Grund geben, warum Sie das so machen. Sie haben gesagt, Sie hätten sich im Wahlkampf mit Wahlversprechen zurückgehalten. Ich komme so ungefähr auf 200 Millionen Euro, also bei Ihnen bedeutet Zurückhaltung eine Summe bis 200 Millionen Euro. Das finde ich schon einen ambitionierten Wert für Zurückhaltung. Allerdings planen Sie durch diesen Trick von vornherein einen strukturellen Sockel von zusätzlichen 500 Millionen Euro ein, die Sie im Jahr verfrühstücken können. Das ist eine gekonnte Leistung. Sagen Sie das doch bitte offen, aber mit Transparenz hat das nichts zu tun, so wie Sie das hier verklausulieren.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Wenn Sie jetzt sagen, wir lösen für 200 Millionen Euro den Kredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau ab, dann sind wir noch bei Ihnen. Wir sehen auch, dass wir natürlich irgendwann den Hamburger Versorgungsfonds rekapitalisieren müssen. Aber Ihre Aussage, er sei derzeit nicht kapitalisiert, ist falsch. Der Versorgungsfonds ist bis 2014 zahlungsfähig, dafür hat die schwarz-grüne Regierung noch gesorgt. Das müsste hier nicht mit aufgenommen werden. Wenn Sie das aber dennoch machen, dann habe ich eine Bitte und ich bin gespannt, was Sie uns nach der Sommerpause vorlegen: Dann müssten Sie diese Ausgaben zur Rekapitalisierung des Versorgungsfonds, die sich insgesamt über drei Jahre hinziehen, plus Ablösung des Kredits bei der Kreditanstalt wieder aus Ihrer mittelfristigen Finanzplanung herausrechnen und ab 2013 mit mindestens 400 Millionen Euro weniger auskommen. Wir werden sehr genau darauf achten, ob Sie das machen, ansonsten ist das ein Haushaltstrick, der durch nichts zu rechtfertigen ist.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Wenn wir uns dann die Details dieses Haushaltsplans anschauen, finden wir einen Punkt, der aufhorchen lässt. Da wurde gerade der Hochschule vorgeworfen, man komme doch mit viel weniger Verwaltungspersonal aus. Dem würde ich mich ohne Diskussion anschließen und sagen, da ist eine Steuerungsreserve drin. Jetzt müssen Sie mir aber erklären, warum Sie den Titel für die zentralen Personalausgaben um 50 Millionen Euro höher veranschlagen, als er bisher veranschlagt war. Ich weiß nicht, ob Sie jetzt mehr Mitarbeiter zum Steuern

brauchen, um den anderen zu zeigen, wo sie weniger Mitarbeiter brauchen, oder was hierfür die Begründung ist. 50 Millionen Euro mehr für Personal an zentraler Stelle, das hat wenig mit "pay as you go" zu tun und überhaupt nichts mit dem Vorwurf, den Sie gerade an die Hochschulen gerichtet haben. Ich würde vorschlagen, im eigenen Haus anzufangen, Steuerungsreserven zu realisieren; da ist auch viel Potenzial drin, da bin ich sehr sicher.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Das gleiche Spiel sehen wir bei den Bezirken. Da werden auf einmal die Investitionsmittel heruntergefahren und die Verwaltungskosten hochgefahren. Herr Senator, auch hier frage ich mich, wieso denn die Hochschule mit weniger Verwaltung auskommen soll, wenn Sie den Bezirken zentral mehr zukommen lassen wollen. Dafür wollen Sie nicht mehr in den Bezirken investieren, das ist auch in Ordnung. Allerdings müssen Sie dies dann ehrlich sagen und nicht anderen die Vorwürfe machen, die Sie selber nicht einhalten können.

(Beifall bei der CDU)