Dies ist ein Zitat aus einem Beschluss des SPD-Landesparteitags vom 27. Februar 2010, den ich hiermit zustimmend zitiert habe. Es gibt offensichtlich ein Problembewusstsein in der SPD und ich bin sehr gespannt, Herr Münster, ob Sie gleich in Ihrem Beitrag zum Beispiel auf Grundzüge eines neuen Konzepts für den Bezirklichen Ordnungsdienst eingehen.
Auf jeden Fall möchte ich an dieser Stelle bereits sagen, dass es die Große Anfrage und meines Erachtens auch der Antrag wert sind, überwiesen zu werden, damit wir dann im Sinne Ihres Beschlusses auf dem Landesparteitag, vielleicht auch in den Ausschüssen, weiter beraten können.
Erstens: Es gibt viele gesetzliche Aufgaben, die in die Zuständigkeit des Bezirklichen Ordnungsdienstes fallen. Ich nenne beispielhaft einmal die Aufgaben nach dem Abfallwirtschaftsgesetz, dem Hundegesetz oder dem Wegegesetz. Es gibt eine Reihe weitere, das ist soweit auch in Ordnung. Das Problem ist, dass Zuständigkeiten des BOD auch durch das Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, SOG, geregelt sind, und zwar auf rechtstaatlich problematische Weise. Das SOG enthält nämlich in Paragraf 3 die Generalklausel, die zu Maßnahmen der Gefahrenabwehr ermächtigt, und zwar nicht nur durch die Polizei, sondern auch durch die Verwaltungsbehörden und damit durch die Bezirksämter und den Bezirklichen Ordnungsdienst. Das rechtstaatliche Problem dabei ist – darauf verweist zum Beispiel auch der vom Justiziar der Polizei, Herrn Ettemeyer, mitverfasste Kommentar zum SOG –, dass das Hamburger SOG anders als andere Polizeigesetze keine Trennung von Aufgabenzuweisung und Eingriffsbefugnissen vornimmt. Das heißt, dass Polizei und BOD in ihren Aufgaben und Befugnissen nicht klar voneinander getrennt sind, was bedeutet, dass die Eingriffsbefugnisse des BOD nicht einschränkend geregelt sind. Ihm stehen die polizeilichen Standardmaßnahmen zur Verfügung. Er kann eben nicht nur Personalien feststellen, was für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten durchaus sinn
voll ist, sondern in größerem Umfang in die Grundrechte, in die Freiheit der Person eingreifen: von der Durchsuchung über die Platzverweisung bis zur Ingewahrsamnahme und Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs, also fesseln und so weiter.
Leider werden diese Maßnahmen mit Ausnahme der Platzverweise nicht statistisch erfasst. Ich bin allerdings skeptisch, ob sie tatsächlich nicht statistisch erfasst und dokumentiert werden, oder ob uns die Zahlen nicht zum Beispiel verschwiegen werden. Auf Seite 4 in der Antwort auf die Große Anfrage heißt es nämlich – ich zitiere –:
"Es wird für jeden Bezirk ein Controlling entsprechend der Praxis der Polizei angewandt, in dem nach einheitlichen Kriterien die vom Außendienst getroffenen Feststellungen monatlich nach Aufgabenfeldern ausgewertet werden."
Da das für die Polizei dokumentiert wird, frage ich mich, ob es nicht auch für den BOD dokumentiert wird und man uns nur die Zahlen verschweigt. Es werden lediglich die Zahlen für Platzverweise genannt, die der BOD vornimmt. Diese haben sich von 2006 auf 2010 fast vervierfacht. Daran sehen Sie schon die Entgrenzung und Ausweitung.
Nach unserer Auffassung müssen diese klassischen polizeirechtlichen Befugnisse der Polizei und anderen Vollzugsbeamten vorbehalten bleiben. Es muss eindeutig festgelegt werden, welche Aufgaben und Befugnisse die Bezirklichen Ordnungsdienste in Abgrenzung zu den Aufgaben und Befugnissen der Polizei haben. Der bedenkliche Konstruktionsfehler des SOG – bedenklich, weil er das rechtstaatliche Gebot der Normenklarheit verletzt – muss mit der Novellierung des SOG beseitigt werden.
Zweitens: Angesichts der in vieler Hinsicht verantwortlichen Tätigkeit, der umfangreichen Zuständigkeit und der beim jetzigen Zustand weitgehenden Eingriffsbefugnisse der BOD-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter sehen wir ein großes Problem in der völlig unzureichenden Ausbildung. Der Grundausbildungslehrgang dauert gerade einmal 35 Tage. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten unter anderem einen 14-tägigen Crashkurs in Rechtskunde und das angesichts der Tatsache, dass sie nicht nur viele Gesetze kennen und anwenden müssen, sondern auch in Grundrechte eingreifen.
Die Ausbildung für Polizeibeamte für den mittleren Dienst dauert mindestens zweieinhalb Jahre, die Ausbildung für eine Fachkraft für Schutz und Sicherheit im privaten Sicherheitsgewerbe drei Jahre. Diese Fachkraft hat aber keine hoheitlichen Aufgaben, sondern Jedermannrechte. Es kann doch nicht sein, dass die Standards im privaten Sicherheitsgewerbe höher sind als im BOD, wo 35 Tage lang ausgebildet wird.
Drittens: Das Problem der miserablen Bezahlung der BOD-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter hängt eng damit zusammen. Man bürdet ihnen viele und ständig mehr Aufgaben auf sowie weitreichende Befugnisse, bildet sie dafür nicht aus und bezahlt sie dann schlecht. Kein Wunder, dass der Krankenstand im BOD exorbitant ist, er reicht zum Teil bis an die 40 Prozent oder gar darüber. Besonders schäbig ist, dass die Stadt Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern lange und kostspielige arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen um ihre Höhergruppierung aufgezwungen hat. Nach wie vor ist eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Klagen vor dem Bundesarbeitsgericht anhängig. Nachdem die klagenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor dem Arbeitsund Landesarbeitsgericht fast vollständig obsiegt haben, hat die Stadt Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt und dort hängt die Sache nun.
Herr Dressel, Sie und Frau Badde haben in der letzten Legislaturperiode mindestens zwei kritische Anfragen in diesem Zusammenhang gestellt. Sie sollten uns bei unserer Forderung unterstützen. Wir fordern nämlich die Bezirksämter und den Senat auf, sich dafür einzusetzen, die Revision zurückzuziehen, die Urteile des Landesarbeitsgerichts anzuerkennen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BOD so einzustufen, wie es ihrer Tätigkeit entspricht, das heißt konkret in die Entgeltgruppe 9 statt 8.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Schneider, es ist bei Ihnen manchmal ein bisschen schwierig zu antworten, weil ich immer das Gefühl habe, dass Sie ein leicht gestörtes Verhältnis zur staatlichen Gewalt haben.
Die Anfragen, die Sie vorbringen, sind immer aus dem Zusammenhang gerissen und nicht fundiert. Der Antrag, den Sie jetzt wieder geschrieben haben, dient nicht dazu, die Situation des BOD zu verbessern, sondern ihn infrage zu stellen und das werden wir einfach nicht zulassen.
Der BOD ist in der Bevölkerung akzeptiert und leistet einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der öffentlichen Ordnung.
Die gesetzlichen Grundlagen für den BOD sind vollständig und ausreichend; das muss man an dieser Stelle einmal erwähnen. Der BOD ist in der Bezirksverwaltungsreform 2006 installiert worden und leistet seitdem gute Arbeit. Er hat auch seine Anerkennung in der Bevölkerung erreicht, was man daran sieht, dass er immer öfter gerufen wird. Er ist dementsprechend nicht in Konkurrenz mit der Polizei, sondern akzeptiert und hat im Dezernat für Management des öffentlichen Raumes seine Heimat gefunden. Die Bezirksverwaltung ist dafür verantwortlich, Straßen, Wege, öffentliche Plätze, Grünanlagen und Kinderspielplätze zu kontrollieren. Das ist das breite Aufgabenangebot des BOD und das erfüllt er sehr gut. Einheitliches Auftreten der Verwaltung gegenüber den Bürgern, Grundlage, Gesetz und Verordnung, deren Zuständigkeiten bei den Bezirksämtern liegen, sind geregelt.
Wer jetzt noch ein gesetzliches Konzept verlangt und über dieses vielfältige Aufgabenspektrum stülpen will, schränkt die erforderliche Flexibilität des Ordnungsdiensts und der Verwaltungshandlung unnötig ein. Deswegen werden wir dieses auch nicht mitmachen. Die Abgrenzung des BOD zur Polizei ist geregelt, Zuständigkeiten sind in den Anordnungen und Geschäftsordnungen der Bezirksämter ausreichend geregelt.
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Münster, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Sudmann?
Danke, Herr Münster. Können Sie mir erklären, wie die vielfältigen Aufgaben dazu passen, dass es nur 35 Tage Ausbildung und Einweisung gibt?
Das kann ich Ihnen sagen, weil es auch eine Unwahrheit ist, was Frau Schneider behauptet hat. Die Ausbildung ist natürlich vielfältiger. Sie wissen selbst, dass die ganze Ausbildung drei Jahre dauert. Insbesondere sind in der Fort- und Ausbildung die ZAF-Kurse zu nennen.
Da wird richtig inhaltlich gearbeitet, das wissen Sie auch. Frau Schneider, wenn Sie etwas anderes behaupten, sprechen Sie die Unwahrheit. Die Qualität der Ausbildung des BOD entspricht der der Polizeiausbildung, wenn man sich einmal anschaut, wer Anbieter dieser Kurse ist.
Damit ist auch das Thema der drei Jahre Anlernphase in der Großen Anfrage beantwortet, das haben Sie sicherlich gelesen.
Bei der Vergütung ist es natürlich schwierig. Da ist das Mittelmaß noch nicht gefunden und es gibt Arbeitsgerichtsverfahren. Aber es gibt auch eine Tarifautonomie und eine Schieflage des Tarifgefüges wollen wir nicht herbeirufen, sondern warten erst einmal die gerichtliche Klärung ab. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es wurde schon darauf verwiesen, dass der Bezirkliche Ordnungsdienst im Jahr 2006 bei den sieben Bezirksämtern eingerichtet wurde, um die öffentliche Sicherheit in Hamburg zu verbessern. Der BOD wirkt dabei präventiv durch seine Aufklärungsarbeit und repressiv durch die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten. Zu Recht hat Herr Münster darauf verwiesen, dass der BOD mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern diese Aufgabe mit großem Erfolg erfüllt und das unter teilweise sehr anspruchsvollen und auch belastenden Rahmenbedingungen. Hierfür verdienen die Mitarbeiter des BOD nicht nur unseren Dank, sondern vor allem auch die Fürsorge im Hinblick auf die notwendigen personellen und materiellen Ausstattungen.
In diesem Punkt scheinen sich auch die Fraktionen einig zu sein, aber die Frage nach der gesetzlichen Grundlage für die Arbeit des BOD beantworten wir anders als Sie, Frau Schneider. Hamburg hat ein einheitliches Sicherheits- und Ordnungsrecht, welches sowohl für die Polizei als auch für die Verwaltungsbehörden gilt. In Paragraf 3, Absatz 1 des SOG ist geregelt, dass die Bezirksämter für die Gefahrenabwehr in ihrem Aufgabenbereich zuständig sind, und in genau diesem Bereich werden die Bezirklichen Ordnungsdienste tätig und erfüllen diese Aufgaben für die Bezirke. Dabei übernimmt der BOD keine polizeilichen Aufgaben, wie es die LINKE vermutet, sondern bewegt sich in dem Rahmen, der ihm durch das SOG zur Seite gestellt wird. Der Paragraf 11 fortfolgende regelt, welche Befugnisse der BOD hat. Das sind zum einen – Sie
haben es erwähnt – die Personenfeststellung, der Platzverweis und die Ingewahrsamnahme. Der Polizei werden darüber hinaus weitergehende Befugnisse zugewiesen, die dem Bezirklichen Ordnungsdienst eben nicht zustehen. Diese ergeben sich sowohl aus dem SOG, aber auch aus anderen Gesetzen wie zum Beispiel dem Datenverarbeitungsgesetz der Polizei.
Frau Schneider, wenn Sie mit den Mitarbeitern des BOD sprechen, wenn Sie mit den Bürgern in den Bezirken vor Ort sprechen, dann erleben Sie, dass die Zusammenarbeit zwischen Polizei und BOD sehr gut funktioniert, dass es nicht zu Überschneidungen und Kabbeleien kommt, sondern dass sich beide sehr gut ergänzen. Das liegt auch daran, dass die Mitarbeiter des BOD ihre Aufgabe sehr verantwortungsvoll wahrnehmen, dass sie nicht – wie es bei Ihnen ein bisschen durchscheint – wie die wild gewordenen Rowdys das SOG und die Rechte nutzen, um die Bürger zu schikanieren, sondern sehr verantwortungsvoll vorgehen, um ihren Beitrag zu Sicherheit und Ordnung in Hamburg zu leisten.
Meine Damen und Herren! Anders als von der Linken vermutet, gibt es also diese gesetzliche Grundlage für den Bezirklichen Ordnungsdienst und sie differenziert auch zwischen den Befugnissen für Polizei und BOD.