Protocol of the Session on June 4, 2014

Es bleiben deswegen noch einige Fragen offen, zum Beispiel, welche Wärmebedarfsplanung der Senat für die nächsten 20 bis 30 Jahre hat, welche klimaverträgliche Wärmeerzeugung wir in Zukunft wollen, welche CO2-Reduktionsziele wir ansetzen, ob wir ein Fernwärmegesetz für Hamburg brauchen und welche Perspektiven Umbau und Öffnung der Fernwärmenetze bieten.

Wir begrüßen das, weil wir der Auffassung sind, die Energiewende kann in Hamburg nur gelingen, wenn sich eine breite Mehrheit der Bevölkerung daran beteiligt und wenn wir den Volksentscheid gerade in dem Punkt wirklich umsetzen. Daher begrüßen wir den Antrag der SPD-Fraktion und werden ihm auch zustimmen. Wir haben da natürlich eine gewisse Einschränkung.

Erstens: Reicht es für eine demokratische Kontrolle, dass wir Beiräte einrichten? Da gibt es Kritik, ob es wirklich reicht.

Zweitens: Wir hätten gern gewusst – die Beiräte haben Sie, Herr Kerstan, schon ausgeführt –, wie die Beiräte aussehen sollen, welche Kompetenzen sie bekommen und wie sie in die Unternehmen eingebaut werden. Das muss alles noch diskutiert und konkretisiert werden, sonst ist das nur eine Alibiveranstaltung und keine demokratische Kontrolle. Aber wir bestehen darauf, dass es eine wird.

Wir begrüßen auch, dass ein Wärmegutachten im Auftrag der Umweltbehörde zur Bewertung von Alternativen für den Ersatz des alten, klimaschädlichen Kohleheizwerks in Wedel unter Beteiligung der Initiativen und der Bürgerschaftsfraktion durchgeführt werden soll. Diese Frage ist für die künftige Umgestaltung der Fernwärme hin zu mehr Klimaschutz von großer Bedeutung. Dennoch gibt es erhebliche Probleme bei der Fernwärme. Es gibt auch noch ein sehr großes Misstrauen. Ich habe

mit einer gewissen Erleichterung in der Pressemeldung von Frau Dr. Schaal folgende zwei Sätze gelesen – ich zitiere –:

"2017 wird die Stadt schriftlich erklären, dass sie die Kaufoption ziehen wird und damit die endgültige Preisermittlung über Sachverständige in Gang setzen. Die Ausübung der Kaufoption wird in der Zeit vom 21. bis 30. November 2018 erfolgen."

Und an anderer Stelle:

"Bis Ende 2015 muss die Stadt entscheiden, ob und wie das alte Kohlekraftwerk Wedel durch ein moderneres ersetzt werden soll."

Das ist schon eine Erleichterung und eine Teilantwort auf unsere Kritik an der Drucksache, dass wir nicht so richtig abgenommen haben, dass das wirklich gemacht werden soll.

Was uns wiederum irritiert, ist dann folgender Satz:

"Senat und SPD-Fraktion werden diese Entscheidung im Sinne eines Faktenchecks vorbereiten, aber nicht vor der Wahl treffen."

Da frage ich natürlich, warum Sie das nicht machen. Sie haben es eben von Herrn Kerstan gehört, Sie kennen die Skepsis der Umweltverbände und der Initiative. Wir haben auch mehrfach nachgefragt, ob Sie das wirklich umsetzen wollen. Es wäre hilfreich, wenn ein ganz klares Ja käme, dass der Senat das auf jeden Fall machen wolle und die folgenden Senate sich daran halten würden. Das wäre eine große Hilfe, dann könnte man sagen, dass der Volksentscheid wirklich in der Umsetzung ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt nun Herr Dr. Scheuerl, fraktionslos.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Da die Drucksachen, die unter der Überschrift "Wärmekonzept" zur Debatte angemeldet sind, kein echtes Wärmekonzept enthalten, will ich gleich auf den Zusatzantrag, den uns heute die SPD beschert hat, zu sprechen kommen. Was wir mit diesem Zusatzantrag erleben, ist der Kniefall der SPD vor Manfred Braasch und dem BUND.

(Heiterkeit bei Jens Kerstan GRÜNE und Dora Heyenn DIE LINKE)

Ich will das kurz begründen. Was beantragt die SPD? Die SPD möchte den Senat auffordern, seinen Einfluss auf die städtischen Betriebsgesellschaften auszuüben, um diese im Rahmen von Satzungsänderungen zu zwingen, Beiräte einzurichten. Dann soll es einen Stromnetz-Beirat, einen Gasnetz-Beirat und einen Wärmenetz-Beirat geben. Beiräte gibt es im Gesellschaftsrecht häufig.

(Dora Heyenn)

Aber gleichzeitig sollen satzungsmäßig nicht nur die Teilnahmerechte, sondern die Mitwirkung von – so war es im Antrag zu lesen – Beteiligten des Volksentscheids festgeschrieben werden. Damit können doch nur – Sie nicken, Herr Dr. Dressel – die Vertrauenspersonen der Volksinitiative "UNSER HAMBURG – UNSER NETZ" oder vielleicht die Sprecherin oder Kampagnenleiterin oder wer auch immer von der Volksinitiative gemeint sein.

(Dr. Monika Schaal SPD: Also Sie auf jeden Fall nicht!)

Nehmen wir einmal die Vertrauenspersonen, allen voran Manfred Braasch. Indem Sie in diesen Beiräten deren Beteiligung festschreiben, verletzen und missachten Sie – das ist Ihnen möglicherweise gar nicht klargeworden – die Vorlagefrage aus dem Volksentscheid. Frau Heyenn, Sie haben zutreffend darauf hingewiesen, denn in der Vorlagefrage stand etwas von demokratischer Kontrolle der Energieversorgung, die Ziel des Ganzen sei. Die Vertrauenspersonen von Volksinitiativen – diese drei Vertrauenspersonen der umstrittenen Volksinitiative "UNSER HAMBURG – UNSER NETZ" –

(Dora Heyenn DIE LINKE: Wieso umstrit- ten?)

sind in keiner Weise demokratisch legitimiert. Herr Braasch ist ein angestellter Geschäftsführer eines Vereins. Er wohnt in Lüneburg, fährt jeden Morgen hierher, und wenn Sie Herrn Braasch satzungsmäßig in diese Beiräte setzen, dann geben Sie dem Geschäftsführer eines Vereins ein Mitspracherecht quasi auf Lebenszeit in diesen städtischen Gesellschaften. Niemand hat Herrn Braasch gewählt, kein Hamburger und keine Hamburgerin haben Herrn Braasch gewählt.

(Jens Kerstan GRÜNE: Sie doch auch nicht!)

Die Hamburgerinnen und Hamburger haben vielleicht eine demokratische Kontrolle gefordert, wenn sie denn für den Volksentscheid gestimmt haben. Das bedeutet eine Kontrolle durch das Parlament, aber nicht durch einen Beirat, in dem Einzelpersonen ein Mitsprache- und Beteiligungsrecht bekommen, die demokratisch nicht gewählt sind, die demokratisch in keiner Weise legitimiert sind.

(Jens Kerstan GRÜNE: Die haben einen ge- setzlichen Auftrag!)

Ein weiterer Punkt. Sie sagen in dem Antrag, dass an den Beiräten jeweils ein Vertreter der Fraktionen teilnehmen soll. Herr Dr. Dressel, Sie haben nicht nachgerechnet. Wenn dort in absoluten Zahlen ein Vertreter der SPD, ein Vertreter der CDU und möglicherweise der GRÜNEN und der LINKEN – welche Fraktionen wir in Zukunft auch immer im Parlament haben – jeweils teilnehmen, dann verfälschen Sie in diesen Beiräten das demokratische Mehrheitsverhältnis in diesem Parlament,

weil Sie die Fraktionsstärke völlig außer Acht lassen und missachten. Das heißt, sowohl hinsichtlich der persönlichen Beteiligung der Vertreter der Volksinitiative als auch hinsichtlich der personellen Besetzung des Beirats missachten Sie die Vorlagefrage.

Das ist nicht nur ein Kniefall der SPD vor Herrn Braasch und dem BUND, sondern vor allem eine Demontage unserer parlamentarischen Demokratie. Ich hoffe nur, dass sich die Mehrheit dieses Hauses besinnt und diesem Zusatzantrag nicht zustimmt. – Vielen Dank.

Das Wort bekommt nun Herr Dr. Dressel von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben am letzten Wortbeitrag gemerkt, dass noch sehr viele Leute in den Schützengräben des Volksentscheids sind, und das macht keinen Sinn für die Stadt.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Dora Heyenn DIE LINKE – Jens Kerstan GRÜNE: Nee, eigentlich nur einer!)

Bei einigen habe ich auch ein bisschen Zweifel.

Uns ging es darum, den Volksentscheid umzusetzen. Frau Dr. Schaal sagte es eben schon: Was den Satz 1 des Volksentscheids betrifft, sind wir auf einem sehr guten Weg. Aber dieser Volksentscheid hat auch einen Satz 2, und dort steht zum Beispiel das mit der stärkeren demokratischen Kontrolle. Natürlich wird die primär durch unsere 121 Abgeordneten ausgeübt, das ist doch selbstverständlich. Das ist aber auch gar kein Widerspruch. Die Frage ist, wie wir aus diesen Schützengräben herauskommen in einer Situation, in der die Stadt sich in diesem Punkt quasi pari gegenüberstand.

Da haben wir im Umweltausschuss eine kluge Entscheidung getroffen – selbstverständlich im Rahmen unserer Geschäftsordnung –, nämlich einen Weg zu finden, sowohl zwei Vertreter der Volksinitiative als auch zwei Vertreter der anderen Seite mit zu den Beratungen als Auskunftspersonen im Rahmen der Geschäftsordnung hinzuzuziehen. Es sind also gar nicht immer alles Vertrauensleute, sondern zwei sind von der Initiative, einer aus der Wirtschaft und einer von der Arbeitnehmerseite; das war ein kluger Weg. Den werden wir auch morgen weitergehen, wir werden zu dem Wärmekonzept deren Meinung hören.

Genau das wollen wir jetzt weiter fortführen, und zwar in einer solchen Beiratsstruktur, die nicht unüblich ist für solche Netzgesellschaften. Ich glaube, das gibt es auch in anderen kommunalen Netzgesellschaften, das ist nichts Ungewöhnliches. Es geht auch nicht primär darum, exakt die Mehrheitsverhältnisse in der Bürgerschaft abzubilden, son

(Dr. Walter Scheuerl)

dern dort ein Mitwirkungs- und Mitsprachegremium zu schaffen, in dem sich die Politik, aber auch der außerparlamentarische Raum einbringen kann. Wir haben gesagt, wie ein solcher Schlüssel aussehen könnte. Es sollten diese Beteiligten dabei sein, und ich finde, das ist eigentlich kein Problem. Den Untergang des Parlamentarismus an die Wand zu malen, ist einfach lächerlich.

(Beifall bei der SPD und bei Jens Kerstan GRÜNE, Dora Heyenn und Christiane Schneider, beide DIE LINKE)

Deswegen finde ich auch die ganze Kritik aus Richtung der CDU besonders putzig, denn vor zwei Wochen, vor der Bezirkswahl, gab es noch hellblaue Plakate, auf denen stand: "Mehr Bürgerbeteiligung geht doch". Da frage ich mich, was eigentlich aus Ihrem Plakat geworden ist, wenn Sie nun dagegen sind.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Zum Wärmekonzept: Heute hat die Behörde Ihnen allen eine Mail geschickt mit einem Brief des Staatsrats, dass alle Fraktionen und auch die Auskunftspersonen aus dem Ausschuss bei dem Wärmekonzept einbezogen werden sollen. Ich finde es überhaupt nicht schlimm, dass wir jetzt einen breiten Beteiligungsprozess in der Stadt organisieren. Das hat auch nichts mit Ratlosigkeit zu tun, sondern wir machen das anders als Sie, Frau Stöver. Sie haben vor einer Wahl Moorburg viel zu groß und Knall auf Fall durchgesetzt. Dann haben Sie bei der Wahl dafür die Quittung bekommen. So werden wir keine Kraftwerkspolitik in dieser Stadt machen.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe mich etwas gewundert, dass Sie das gar nicht mitbekommen.

(Glocke)

(unterbrechend) : Herr Dr. Dressel, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Stöver?

Herr Dr. Dressel, zu Ihrer Behauptung, dass wir Moorburg zu groß gebaut und einfach dort hingestellt hätten, würde ich gern fragen, ob Sie eigentlich wissen, wie lange Moorburg schon geplant wurde, und dass Moorburg in den Neunzigerjahren abgerissen wurde, als die SPD noch regierte? Wie lange ist Moorburg schon geplant worden?

Schuld daran ist immer nur die SPD, die Leier kenne ich schon.

(Beifall bei der CDU)