Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist auffallend, dass die SPD im Prinzip überhaupt nichts zu ihrer eigenen Entscheidung aus dem Jahr 2011 sagt und sich mit den damals gefallenen Argumenten gar nicht auseinandersetzt. Herr Wersich hat eine einfache Feststellung getroffen, die lautet: Sie können den Hauptsitz nur mit 90 Prozent Kapitalmehrheit verlegen. Zu diesem Argument haben Sie einfach gar nicht Stellung genommen. Es gab damals keinen Käufer für Hapag-Lloyd, und wenn die Stadt zusammen mit den anderen 49 Prozent besitzt…
Das hat der Finanzsenator doch damals gesagt, und wir saßen dabei, wenn ich das einmal so sagen darf. Wir haben die Anhörung gehabt, und es
haben nicht alle gesagt, wir sollten kaufen. Herr Kluth hat es damals relativ gut zusammengefasst: Alle Experten, die wirtschaftliche Nähe zu HapagLloyd hatten, haben gesagt, man sollte die zweite Tranche kaufen, und alle anderen haben davon abgeraten. Genau so war die Situation.
Vielleicht ist es in gewisser Weise Spekulation, um ein bisschen die Schärfe herauszunehmen, aber Sie müssen an dieser Stelle doch auch einmal darüber reden, dass seitdem nicht alles blendend gelaufen ist und Sie dafür eine gewisse Verantwortung tragen.
Das sage ich auch in Richtung Finanzsenator. Wir haben gesagt, dass die Fusion nicht falsch ist. Sie ist für das Unternehmen richtig, aber sie geschieht natürlich auf Kosten der Stadt und auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. In einer Situation, in der wir bisher im Prinzip keine Positiveinnahmen von Hapag-Lloyd haben – der Börsenkurs sinkt, die Dividenden werden nicht gezahlt, der innere Wert sinkt –,
stellt sich dieser Finanzsenator hin und sagt, dass zwar die Versprechungen von 2011 – money back, Börsengang, Dividendenfähigkeit – nicht eingelöst worden seien, dass all das aber nun kommen werde.
Das Umfeld auf diesem Markt ist nicht unbedingt besser geworden. Daher muss man sich schon fragen, welche Substanz diese Behauptung hat, Herr Tschentscher. Wir haben, ehrlich gesagt, ein bisschen das Gefühl, dass Sie an der Realität vorbei reden.
Wozu Sie auch wiederholt keine Stellung genommen haben, ist natürlich die Frage der Arbeitsplätze. In Hamburg wird sich nicht ein Mehr an Arbeitsplätzen ergeben, sondern auch in Hamburg wird es weniger Arbeitsplätze geben, weil wir schlicht und ergreifend nicht zwei Headquarters hier haben werden und weil wahrscheinlich viele Kollegen von CSAV eben nicht übernommen werden. Das ist eine Summe an Arbeitsplätzen, die bestimmt in den dreistelligen Bereich geht. Auch dazu könnte man als SPD-Senat einmal Stellung nehmen, wenn man das anders sehen würde. Als arbeitnehmerfreundliche Politik würde ich das jedenfalls nicht bezeichnen. Dasselbe gilt für Herrn Behrendt. Auch dazu haben wir einiges gesagt, und Sie haben einfach entgegen allen hamburgweit und deutschlandweit vereinbarten Kodizes gehandelt und keine Stellung dazu genommen. Inso
fern war das einfach zu wenig für solch eine wichtige Entscheidung, die wir hier zu treffen hatten. Der Bürgermeister hat erst gar nicht an der Debatte teilgenommen. Es wäre mir an seiner Stelle auch peinlich gewesen. Insofern sollten wir vielleicht im Ausschuss noch einmal darüber reden. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator Tschentscher, niemand, wirklich niemand hat in dieser Debatte die Behauptung aufgestellt, die Beteiligung 2008 oder die Erhöhung der Beteiligung 2012 sei in der Erwartung einer schnellen Dividende erfolgt. Der Punkt ist doch ein ganz anderer. Der Erste Bürgermeister hat bei der Debatte 2012 den Eindruck zu erwecken versucht – und es war eines seiner tragenden Argumente –, dass die Erhöhung der Beteiligung für Hamburg ein risikoloses Geschäft sei, weil die Zinslasten, die mit der Beteiligung anfallen, durch Dividenden gedeckt würden. Dies hat sich als kolossale Fehleinschätzung herausgestellt. Wir haben nun drei Jahre ohne Dividenden erlebt. Ich habe es vorhin vorgerechnet, das sind 105 Millionen Euro. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei der FDP, der CDU und den GRÜ- NEN – Wolfgang Rose SPD: Na, Sie haben es ja damals besser gewusst!)
Zweiter Punkt: Nun erneut auf die erhoffte Wertsteigerung zu verweisen, ist doch wirklich kurios, sage ich einmal zurückhaltend, in einer Situation, in der gegenwärtig 145 Millionen Euro Wertverluste an dieser Beteiligung anfallen. Das ist keine Politik, das ist das Prinzip Hoffnung.
Dritter Punkt: Vielen Dank für die Klarstellung. Sie haben genau das bestätigt, was ich vorhin in meinem Debattenbeitrag gesagt habe. Die Gesellschaftervereinbarung zwischen der Stadt, Kühne und CSAV ist eine auf Dauer angelegte und damit eben nicht der Einstieg vom Ausstieg, sondern genau das Gegenteil von dem, was der Bürgermeister avisiert hat, nämlich eine langfristige Beteiligung und der Abschied von der Forderung "I want my money back". – Danke.
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann können wir zur Abstimmung kommen. Der Abgeordnete Thilo Kleibauer hat mir dazu mitgeteilt, dass er an der Abstimmung nicht teilnehmen werde.
Wer nun zunächst die Drucksache 20/11663 federführend an den Haushaltsausschuss sowie mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist einstimmig angenommen worden.
Zur Senatsmitteilung aus Drucksache 20/11659 stelle ich fest, dass die Bürgerschaft hiervon Kenntnis genommen hat.
Wir kommen zu Punkt 20a der heutigen Tagesordnung, Drucksache 20/11568, Senatsantrag: Haushaltsplan 2013/2014, Einzelplan 3.2 Behörde für Wissenschaft und Forschung, Umschichtung von Kassenmitteln vom Einzelplan 9.2 in den Einzelplan 3.2 und Sollübertragung vom Einzelplan 7.0 in den Einzelplan 3.2, Fraunhofer-Strategie für Hamburg und Stellungnahme des Senats zum Bürgerschaftlichen Ersuchen vom 12. Dezember 2012 "Ansiedlung und Etablierung der Fraunhofer-Gesellschaft in Hamburg.
[Senatsantrag: Haushaltsplan 2013/2014 Einzelplan 3.2 Behörde für Wissenschaft und Forschung Umschichtung von Kassenmitteln vom Epl. 9.2 in den Epl. 3.2 und Sollübertragung vom Epl. 7.0 in den Epl. 3.2 Fraunhofer-Strategie für Hamburg und Stellungnahme des Senats zum Bürgerschaftlichen Ersuchen vom 12. Dezember 2012 "Ansiedlung und Etablierung der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) in Hamburg" (Drucksache 20/6177) – Drs 20/11568 –]
Diese Drucksache ist bereits am 2. Mai 2014 im Vorwege federführend an den Haushaltsausschuss und mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien sowie an den Wissenschaftsausschuss überwiesen worden.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hamburg wird dauerhaft Fraunhofer-Standort. Das ist wirklich eine gute Nachricht für Innovation, Wirtschaft und Wissenschaft in unserer Stadt.
Endlich, muss man gleich hinterher sagen, denn bislang sind wir das einzige Bundesland ohne eigenständiges Fraunhofer-Institut. Die Planungen der nun vom Senat vorgestellten Fraunhofer–Strategie sehen vor, dass Hamburg sich künftig dauer
haft an der gemeinsam von Bund und Ländern geförderten Finanzierung der Fraunhofer-Gesellschaft beteiligen wird und drei Hamburger Forschungseinrichtungen in Fraunhofer-Einrichtungen überführt werden. Damit werden weitere Voraussetzungen geschaffen, um die Innovationskraft sowie den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu stärken. Damit kommen wir in Hamburg dem ehrgeizigen Ziel, bis 2020 eine der führenden Innovationsregionen in Europa zu werden, einen weiteren Schritt näher.
Wir haben uns bereits 2012 mit einem Haushaltsantrag zur innovationsund clusterorientierten Wirtschaftspolitik dafür eingesetzt, dass die Ansiedlung der Fraunhofer-Gesellschaft in Hamburg weiter vorangebracht werden kann. Mit dem Ergebnis des Engagements, von dem wir in der Drucksache lesen können, sind wir sehr zufrieden. Die Fraunhofer-Forschung ist ein Querschnitt aus den Bereichen Wissenschaft, Innovation, Technologie und Wirtschaftsentwicklung. Als Mitglied des Wirtschaftsausschusses möchte ich heute auf die Chancen für den Wirtschaftsstandort Hamburg eingehen. Aber angesichts der Rednerinnenliste – Sie hatten die Drucksache auch schon im Wissenschaftsausschuss – kommen diese Aspekte heute völlig richtigerweise auch nicht zu kurz.
Mehrere Studien kommen zu dem Ergebnis, dass für langfristig erfolgreiche wirtschaftliche Zukunftsaussichten der Grad der Technologie und Wissensintensität ausschlaggebend ist. In ganz Europa zeichnet sich dieser Trend ab, Wirtschaftswachstum in Zukunft verstärkt auf Basis von Wissen und Innovation zu fördern. Hamburg ist also gut beraten, in die Entwicklung der Innovationsstruktur zu investieren. Unsere Stadt, das haben wir eben gehört, ist wirtschaftlich und wissenschaftlich gut aufgestellt, aber dennoch brauchen wir den weiteren Ausbau vor allem von Forschungseinrichtungen, die Innovationen zum Alltag machen und in die Praxis umsetzen. Genau das ist die Stärke der Fraunhofer-Gesellschaft mit ihren mehr als 80 Einrichtungen und Instituten in ganz Deutschland, die auf nahezu allen relevanten Forschungsgebieten aus Naturwissenschaft und Technik aktiv sind. Genau das macht die geplante Etablierung eines Fraunhofer-Instituts in Hamburg so erstrebenswert und richtig. Ihr weltweit herausragendes Renommee und das Konzept der engen Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft werden Hamburg nachhaltig stärken sowie Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Entwicklung in der gesamten Metropolregion weiter voranbringen. Das brauchen wir, denn das sichert und schafft Arbeitsplätze und macht Hamburg zugleich attraktiv für den dringend benötigten Fachkräftenachwuchs. Kurzum, die Fraunhofer-Gesellschaft ist ein Gütesiegel für den Innovationsstandort Hamburg.
Lassen Sie mich einige Sätze dazu sagen, wo wir heute mit Fraunhofer in Hamburg stehen und wo wir hin wollen. Herr Balcke hat es eben schon erwähnt: Seit 2010 ist an der TU Hamburg-Harburg das Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen, kurz CML, angesiedelt. Das CML entwickelt und optimiert Prozesse entlang der maritimen Logistikkette, unterstützt dabei in praxisorientierten Forschungsprojekten die Hafenbetriebe, Logistikdienstleistungen und Schifffahrt bei der Umsetzung von Innovationen und das auch in sehr enger Kooperation mit der Logistik-Initiative und mit dem Cluster Maritime Wirtschaft. Wir erwarten von der weiteren Arbeit des CML in dem für Hamburg so wichtigen maritimen Bereich Fortschritte für die Logistik und die Hafenwirtschaft und im Idealfall natürlich für den gesamten Hamburger Hafenstandort.
Nach Abschluss der Aufbauphase, die nun vorüber ist, soll das CML in die Bund-Länder-Finanzierung überführt werden und zu einer dauerhaften Fraunhofer-Einrichtung werden. Als zweite Einrichtung wird die European ScreeningPort GmbH, ESP, zum Fraunhofer-ScreeningPort ausgebaut – übrigens ebenfalls von der SPD-Fraktion in unserem Haushaltsantrag 2012 auf den Weg gebracht. Der ESP ist ein Zentrum für Wirkstoffforschung zur Medikamentenentwicklung. Hier bestehen Kooperationen mit dem Cluster Life Science und natürlich auch mit dem UKE.
Darüber hinaus wird als drittes Highlight das Anwendungszentrum Leistungselektronik für Regenerative Energiesysteme, ein schönes Wort, kurz ALR, aufgebaut. Das ALR arbeitet unter anderem mit der HAW in Bergedorf, wird dann auch später am Energie-Campus, der gerade gebaut wird, angesiedelt und kooperiert mit dem Cluster Erneuerbare Energien. Viele Impulse und Ideen zur Energiewende werden künftig also noch stärker aus Hamburg kommen.
Bei aller Wichtigkeit von Fraunhofer für Hamburg möchte ich aber betonen, dass dies einer von sehr vielen Bausteinen der Hamburger Innovationsstrategie ist. Wir werden zum Gesamtkomplex Innovation noch eine Große Anfrage stellen und haben dann die Gelegenheit, sehr ausführlich darüber zu diskutieren. Ich möchte heute nur kurz die Arbeit an den Forschungs- und Innovationsparks erwähnen. Seit vergangenem Jahr arbeiten der Senat und Partner der Innovationsallianz Hamburg daran,
ein Netzwerk aus solchen F&I-Parks zu etablieren, in denen dann anwendungsorientiert geforscht und entwickelt wird. Dazu passt die nachhaltige Ansiedlung der Fraunhofer-Gesellschaft in Hamburg perfekt.
Meine Damen und Herren! Es ist gut, dass dem SPD-Senat nun mit der Fraunhofer-Strategie gelungen ist, was eigentlich schon länger geboten gewesen wäre. Wir würden uns durchaus freuen, wenn viele Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus mit uns den Fraunhofer-Weg in Hamburg gemeinsam gehen möchten, denn bei allen Diskussionen, die wir so schön emotional führen – das haben wir gerade eben wieder gehört –, und bei allen kleinen Scharmützeln, die wir manchmal spielen, sollte es Konsens sein, dass Forschung und wirtschaftliche Entwicklung in Hamburg weiter vorangebracht werden sollen und müssen.