Protocol of the Session on April 10, 2014

(Finn-Ole Ritter FDP: Aber das ist doch kei- ne Volksinitiative!)

Ich bin mir sicher, dass wir in einer Diskussion über die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt weitere Möglichkeiten zur Stärkung der Hamburger Wissenschaftslandschaft identifizieren können. Es wäre aber eine fatale und von den drei Autoren sicher nicht beabsichtigte Wirkung, wenn der Aufruf zu zusätzlichen und neuen Anstrengungen in der Wissenschaft die Sicht auf die vorhandenen und in der Planung befindlichen Stärken und Initiativen verdunkeln würde. Was wir in Hamburg brauchen, ist nicht weniger, sondern deutlich mehr Selbstbewusstsein in Forschung und Lehre. Und knapp 100 Jahre sollten ausgereicht haben, dass sich die Stadt mit ihrer Universität identifiziert. Aber es gibt auch immer noch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die das Gefühl haben, dass ihre Arbeit und ihre Erfolge in dieser Stadt nicht so wertgeschätzt werden, wie es ihnen zukommt und wie es von außen gesehen wird. Und das lassen Sie uns bitte gemeinsam ändern.

(Beifall bei der SPD)

Es sollte uns auch gelingen, die vorhandenen Stärken sowie die Umsetzung der geplanten und in Umsetzung befindlichen Initiativen stärker in das öffentliche Bewusstsein zu rücken, denn eines haben doch alle Analysen rund um dieses Papier gezeigt: dass das Bewusstsein in unserer Stadt – das ist auch ein Thema der Autoren –, was Wissenschaft und Forschung ausmacht und welche Bedeutung sie haben, deutlich auszubauen ist, um es einmal positiv zu beschreiben. So haben Hamburgs Hochschulen in der Klimaforschung, in der naturwissenschaftlichen Strukturforschung, der

Physik und der medizinischen Forschung, aber auch in den Geisteswissenschaften eine national und zum Teil auch international führende Stellung.

Ich will das deutlich machen am Campus Bahrenfeld, denn das ist der naturwissenschaftliche Kristallisationspunkt der Hamburger Forschungspolitik. Auf dem Campus sind DESY, Teile der Physik der Universität, das CSSB und das in Aufbau befindliche neue Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie angesiedelt. Hinzu kommen weitere Forschungsbauten für die Physik. Dieser Campus ist tatsächlich weltweit sichtbar und sorgt international für Aufsehen. Renommierte Forscher aus aller Welt werden hierdurch nach Hamburg gezogen. Aber natürlich gehören zu einer Forschungspolitik und Wissenschaftspolitik auch die Technologiezentren, die vorhin schon angesprochen worden sind, beispielsweise der Energie-Campus in Bergedorf oder der "Innovationscampus – Center for Green Technologies" in Harburg. Und wir werden in absehbarer Zeit, ich hoffe noch in diesem ersten halben Jahr, die FraunhoferEinrichtung in Hamburg etablieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Hochschulen und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen leisten in vielen Bereichen hervorragende Arbeit. Sie sind vielfach in einer gemeinsamen politischen Entscheidung hier in der Bürgerschaft und vom Senat beschlossen worden. Trotzdem wäre es fahrlässig, die Augen davor zu verschließen, dass es auch darum gehen muss, weitere Potenzialbereiche zu identifizieren und zu entwickeln. Dies war und ist bereits Gegenstand von Gesprächen, die ich mit den Leitungen der Hochschulen und den Leitungen der außeruniversitären Forschungseinrichtungen führe. Die Einbeziehung externen Rates, darunter des Wissenschaftsrates, ist in Vorbereitung. Insofern bin ich dankbar dafür, dass die drei Autoren Klaus von Dohnanyi, Willfried Maier und Wolfgang Peiner dieses Thema der Wissenschaft und ihrer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt prominent in den Fokus gerückt haben.

Gute, international sichtbare und exzellente Wissenschaft und Forschung sind die Voraussetzung für Arbeitsplätze von morgen und auch für die zukunftsfähige Entwicklung unserer Gesellschaft. Daran, das bitte ich Sie, lassen Sie uns gemeinsam arbeiten.

(Beifall bei der SPD – Olaf Ohlsen CDU: Daran arbeiten wir!)

Das Wort hat nun Herr Dr. Schinnenburg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Senatorin, was war das denn?

(Zweite Bürgermeisterin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

(Beifall bei der FDP)

Sie haben damit angefangen, das Parlament zu beleidigen. Sie haben gesagt, wir machten Klamauk in der Aktuellen Stunde. Frau Senatorin, Sie haben nicht andeutungsweise begriffen, was hier passiert.

(Dr. Martin Schäfer SPD: Spätestens jetzt haben Sie es begriffen!)

Frau Suding, Frau Gümbel und Herr Kleibauer haben sich ernsthaft mit den Forderungen und Vorschlägen der drei Autoren auseinandergesetzt und Sie bezeichnen das als Klamauk. Das ist unverschämt gegenüber dem Parlament, das können wir nicht akzeptieren.

(Beifall bei der FDP und bei Karin Prien CDU)

Aber auch inhaltlich ist es völlig verkehrt. Wir haben eine bemerkenswerte Koalition aus einem ehemaligen SPD-Bürgermeister, einem CDU-Senator und einem grünen Senator. Haben Sie sich das einmal überlegt? Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, dass Herr Peiner und Herr Maier jemals etwas zusammen machen. Wenn Sie es doch tun, dann ist das doch ein Zeichen dafür, wie ernst es um diese Stadt steht, und Sie reden hier von Klamauk. Das ist völlig unangemessen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Nicht ohne Grund haben die drei gefordert, dass der Bürgermeister die Wissenschaftspolitik zur Chefsache machen soll. Das ist eine Ohrfeige für Sie, Frau Stapelfeldt, das haben Sie auch genau verstanden, und darauf muss man anders reagieren, als Sie es getan haben.

(Beifall bei der FDP und bei Karin Prien CDU)

Sie haben die Wissenschaftsstiftung abgeschafft. Da geht es nicht nur um Geld, das war eine Institution, die unabhängig und ohne behördliche Bevormundung Wissenschaftsgelder verteilt hat, und die haben Sie abgeschafft. Sie haben die privaten Hochschulen außerordentlich schlecht behandelt. Wir mussten herausfinden, dass 42 Prozent der Hochschulpaktmittel – hören Sie gut zu, Herr Kühn – durch private Hochschulen erwirtschaftet wurden, durch deren Zuwachs an Studienplätzen. Die bekommen aber nichts ab von den Hochschulpaktmitteln. Das ist eine extrem unfaire Behandlung der privaten Hochschulen,

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh!)

und so geht es nicht.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben den Direktor des Universitätskrankenhauses Eppendorf, Herrn Debatin, vergrault,

(Jan Quast SPD: Oh, Herr Schinnenburg!)

weil Sie ihn persönlich nicht mochten. Das ist kein Zustand. Sie wissen doch genau, dass Herr Debatin eine hervorragende Leistung vollbracht hat. Das UKE war ständig im Minus, und Herr Debatin hat es auf eine schwarze Null gebracht und nebenbei den Neubau des UKE in time und in money fertiggestellt. Da können Sie einmal schauen, wie das Ihr Bürgermeister mit der Elbphilharmonie macht, der braucht 200 Millionen Euro mehr. Herrn Debatin sollte man nicht vergraulen, dem sollte man danken, aber das haben Sie nicht getan.

(Beifall bei der FDP)

Die Hochschulen werden, das wurde hier schon gesagt, kaputtgespart. Es geht nicht nur um die 0,88 Prozent, die eine reale Kürzung bedeuten, es geht auch darum, dass Sie selbst in Punkt 3 dieser berühmten Hochschulvereinbarung gesagt haben, wenn es denn mehr als 2 Prozent Tarifsteigerung gebe, dann gebe es auch mehr Geld. Das ist passiert, aber Sie tun es nicht. Das ist eine konsequente finanzielle Auszehrung der Hochschulen.

Dann hat Herr Kühn ernsthaft – ich wundere mich, dass Sie das gemacht haben – das CSSB und unsere schönen Investitionen dafür erwähnt. Herr Kühn, Sie wissen doch ganz genau, was die Wahrheit ist. Die Investitionsmittel kommen nur zum Teil von der Stadt, und die Folgekosten muss die Universität aus dem von Ihnen gekürzten Budget alleine bezahlen. Es ist unredlich, sich das an die Fahnen zu heften.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei den GRÜNEN)

CSSB ist eine Leistung des Bundes und der anderen Länder und nicht von Hamburg.

Zur Recht wollen die drei, dass die Hochschulen zur Chefsache gemacht werden. Die Senatorin ist offenbar überfordert. Nun sagen Sie nicht, dass es an Geld fehle. Sie geben 260 Millionen Euro für ein Busbeschleunigungsprogramm aus.

(Dirk Kienscherf SPD: Das hat schon Frau Suding gesagt!)

Überlegen Sie doch einmal, was es einem Studenten nützt, wenn er eine Minute eher im Labor ist, das Labor aber schlecht ausgestattet ist.

(Beifall bei Katja Suding FDP)

Das nützt ihm überhaupt nichts. Oder meinen Sie im Ernst, dass irgendein Spitzenwissenschaftler nach Hamburg kommt, weil Sie 5 Millionen Euro am Siemersplatz verbuddelt haben? Damit werden Sie keinen Spitzenwissenschaftler bekommen. Dieser Senat setzt falsche Prioritäten, und das ist das Problem dieses Senats.

(Beifall bei der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Wie war das mit der Hotelsteuer?)

Was ist zu tun? Es wurde schon angedeutet, dass Hamburg darauf angewiesen ist, die besten Köpfe in unsere Stadt zu holen, weil Wissen der Rohstoff des 21. Jahrhunderts ist. Das ist drei Jahre lang nicht passiert, wir haben drei Jahre lang ein trauriges Ergebnis erzielt. Schauen Sie mich nicht so traurig an, Frau Senatorin, das ist so, wir haben drei Jahre eine schlechte Politik gehabt. Wir schlagen Folgendes vor: mehr Autonomie bei den Hochschulen, mehr Internationalisierung, zum Beispiel ausländische Spitzenkräfte auf diese Weise nach Hamburg zu holen. Wir schlagen vor, private Hochschulen wie die Bucerius Law School und die HSBA fair zu behandeln und vor allem – das fällt einigen hier im Haus sehr schwer – mehr Offenheit für Drittmittel aufzubringen. Drittmittel bringen nicht nur Geld für die Hochschulen, sondern sie sorgen auch für einen gesunden Wettbewerb. Drittmittel sind etwas Tolles und nichts Schlechtes. Die FDP bietet ihre Zusammenarbeit an, aber dann müssen Sie sich grundsätzlich ändern, Frau Senatorin, und da sehe ich sehr schwarz. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Nun hat Herr Kühn das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Leider ist die Debatte ein bisschen so gelaufen, wie ich es befürchtet hatte.

(André Trepoll CDU: Das lag an Ihrem Bei- trag!)

Wir sind dem Anspruch und dem Anliegen der drei Herren nicht wirklich gerecht geworden, weil wir eigentlich eine Debatte geführt haben, wie wir sie seit drei Jahren häufig zu wissenschaftspolitischen Themen führen, und wir sind über den tagespolitischen Rahmen selten hinausgegangen. Das finde ich sehr schade.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe mich trotzdem noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich zu einzelnen Punkten Stellung nehmen und vielleicht den einen oder anderen neuen Gedanken einfließen lassen will. Frau Dr. Gümbel, Sie sprachen von den Hochschulzugangsberechtigten aus den armen Stadtteilen und haben Billstedt angesprochen. Eines der zentralen Anliegen meiner Fraktion und dieses Senats war die Abschaffung der Studiengebühren. Das ist der wichtigste Beitrag, den wir für diese Menschen in dieser Stadt geleistet haben.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Beitrag, Frau Dr. Gümbel, kostet jedes Jahr 38 Millionen Euro, die wir in den Haushalt der Stadt einstellen. Dazu waren Sie in der schwarz

grünen Koalition jedenfalls nicht imstande, und das wissen Sie auch.

(Beifall bei der SPD)