Schauen Sie zum Beispiel einmal nach München. 1,35 Milliarden Euro haben die Münchner Hochschulen aus dem 7. EU-Forschungsrahmenprogramm erhalten, wohlgemerkt Milliarden. Zweiterfolgreichste Stadt ist Berlin mit 442 Millionen Euro, gefolgt von Heidelberg, Köln und Stuttgart. Das zeigt, wie sehr die Sorge um Hamburgs Zukunft angesichts der völlig falschen Wissenschaftspolitik des Senats eine sehr berechtigte und grundsätzliche ist. Der Senat setzt die wirtschaftliche Prosperität, die internationale Bedeutung und am Ende die Ausstrahlung auf Geistesleben, auf Handel und Wandel in allen Bereichen aufs Spiel. Deshalb appelliere ich an Sie: Setzen Sie endlich die richtigen Prioritäten in Wissenschaft und Forschung. Entwickeln Sie ein Konzept, das die richtigen Ziele in den Blick nimmt. Stoppen Sie die Geldvernichtung an falscher Stelle und machen Sie sich mit uns zusammen – mit Hamburgern, die wie wir in Sorge sind – auf, um hier umzusteuern für einen Pakt zugunsten der Hamburger Hochschullandschaft, für Hamburgs Zukunft. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich im Namen meiner Fraktion Klaus von Dohnanyi, Willfried Maier und Wolfgang Peiner aufrichtig danken für ihre Initiative und ihren Brief,
weil sie sehr wohl ein wichtiges Thema bewegen wollen. Der Bürgermeister selbst hat diese Dankbarkeit in seinem Statement bereits zum Ausdruck gebracht. Insofern finde ich es gut und wichtig, dass dies die Basis dafür legt, dass wir uns heute in der Aktuellen Stunde einmal wieder dazu austauschen können.
Frau Suding, dass das Thema Wissenschaftspolitik nun nicht Ihre Stärke ist, haben Sie eben, finde ich, sehr wohl bewiesen, denn Ihre Aufzählung war mehr als lückenhaft.
Ich will vielleicht einmal mit den Investitionsmitteln beginnen, denn die Investitionsmittel, die dieser Senat im Bereich Wissenschaft und Forschung bereitgestellt hat, übersteigen die von allen Vorgängersenaten seit 2001.
Ich will sie einmal kurz aufzählen: mehr als 300 Millionen Euro für den Campus Bundesstraße, wo die komplette MINT-Fakultät neu gebaut wird; das neue Max-Planck-Institut mit mehr als 30 Millionen Euro Eigenanteil der Hansestadt, das den Campus Bahrenfeld sinnvoll ergänzen wird. Wir haben in dieser Legislaturperiode das CSSB und das CFEL nahezu abgeschlossen, und wir werden den Standort Bahrenfeld zu dem weltweit führenden Standort für die Strukturforschung machen. Dass Sie das alles überhaupt nicht erwähnt haben, liebe Frau Suding, zeigt, wie sehr wichtig Ihnen dieses Thema ist.
Ich finde es auch sehr unangemessen, wie Sie eben so nonchalant über diesen 3-Millionen-EuroBetrag für den Energie-Campus in Bergedorf gesprochen haben. Erstens ist Bergedorf nicht der einzige Standort dieser Art, den wir in dieser Legislaturperiode entwickelt haben. Dazu gehören auch Harburg, und es wird – wir sind quasi dabei, den Planungsprozess abzuschließen – Bahrenfeld dazugehören, denn hier soll sozusagen dieser Forschungscampus ergänzt werden durch einen anwendungsnahen, wirtschaftsnahen Standort, wo kleine mittelständische Unternehmen genau von dieser Grundlagenforschung profitieren sollen. Es ist zum ersten Mal, dass ein Senat in Hamburg in diesem Maße in anwendungsnahe Forschung und anwendungsnahe Umsetzung investiert. Das hat kein Senat in dieser Art bisher getan, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich will auch direkt auf das eingehen, was in diesem Papier steht. Daraus haben Sie nämlich relativ wenig zitiert, liebe Frau Suding. Alle drei Herren eint doch der Wunsch an uns alle, und nicht nur an uns, sondern an die gesamte Stadt, dass wir es als eine parteiübergreifende gesamtstädtische Aufgabe begreifen, die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung in Hamburg nachhaltig zu verstärken. Ich finde diesen etwas – entschuldigen Sie den Ausdruck – platten Austausch darüber in der Aktuellen Stunde dem Anliegen der drei Herren eigentlich nicht angemessen.
Frau Suding, Sie haben auch die Hochschulverträge angesprochen. Ich will aber daran erinnern, dass Hamburg eines der wenigen Bundesländer ist, das sich zum Beispiel aus den Hochschulpaktmitteln weder direkt noch indirekt bedient. Schauen Sie einmal in viele andere Bundesländer. Schauen Sie ins Saarland, nach Thüringen, nach Sachsen, nach Sachsen-Anhalt. Dort werden die Hochschulpaktmittel teilweise dazu benutzt, um den Eigenanteil der Länder zur Finanzierung der Hochschulen zu reduzieren. Davon kann in Hamburg keine Rede sein. Wir haben jeden Euro der Hochschulpaktmittel an die Hochschulen weitergegeben.
(Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Was, das ist ja unglaublich! Reden Sie auch einmal mit den Hochschulen selber?)
Ich hoffe, dass die Anregung dieser drei ohne Frage honorigen Herren nicht in der Tagespolitik untergeht, sondern dass es der Anstoß für eine lange Diskussion ist mit dem Ziel, unseren Hochschulen, Wissenschaft und Forschung eine stärkere Bedeutung zu geben. Dazu möchte ich Sie herzlich einladen. Die SPD wird und will ihren Beitrag dazu gern leisten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das in der vorigen Woche vorgelegte Papier "In Sorge um Hamburg" zeigt eindringlich die Schwächen und Risiken für die künftige Entwicklung Hamburgs auf, und es macht deutlich, dass eine klare, langfristige und strategische Ausrichtung auf den Bereich Wissenschaft und Forschung unverzichtbar ist. Herr Bürgermeister, nehmen Sie die Analysen und Mahnungen zur Zukunftsfähigkeit der Stadt endlich ernst. Sorgen Sie jetzt für einen Richtungswechsel in der Wissenschaftspolitik.
Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind für die Entwicklung Hamburgs von überragender Bedeutung. Darüber muss man im Grundsatz gar nicht lange diskutieren. Hier entstehen Ideen und Innovationen, die zu Arbeitsplätzen, zur Gründung neuer Unternehmen am Standort führen. Hier wird qualifizierter Nachwuchs ausgebildet, und hier entscheidet sich, ob wir für die besten Köpfe im Inund Ausland attraktiv sind. Das ist nicht nur für die wirtschaftliche Dynamik der Metropole wichtig, es ist auch für die soziale, die kulturelle, die gesellschaftliche Entwicklung der Stadt unheimlich wichtig.
Viele Städte und Regionen in Europa haben dies erkannt und die Weichen richtig gestellt. Das muss auch in Hamburg passieren. Wir dürfen hier nicht den Anschluss verlieren. Wir brauchen leistungsstarke und selbstständige Hochschulen. Wir brauchen mehr Exzellenz. Es gibt – Herr Kühn hat es angesprochen – auch gute und überdurchschnittlich gute Bereiche, aber davon gibt es in Hamburg zu wenig, und gerade die müssen wir doch stärken und ausbauen. Wir brauchen langfristig verlässliche Rahmenbedingungen, und wir brauchen endlich wieder eine Aufnahme der Forschungsförderung, die ihren Namen dann auch verdient.
Gerade die Forschungsförderung ist doch sehr gut angelegtes Geld in die Zukunft. Die von SchwarzGrün 2009 gestartete Landesexzellenzinitiative hat dazu einen wichtigen Beitrag geleistet. Schwerpunkte an den Hochschulen wurden gefördert, die Kooperation zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen wurde durch Forschungsverbünde ausgebaut. Das Ziel war doch, diese guten Bereiche fit zu machen für spätere Wettbewerbe um Drittmittel, für das Einwerben anderer Mittel. Das war sehr erfolgreich, und es war ein Aufbruchsignal für die Hochschulen am Standort Hamburg. Es war Ihr Riesenfehler, diese Struktur mit der Wissenschaftsstiftung wieder kaputt zu machen und in den vergangenen zwei Jahren gar nichts in Richtung Forschungsförderung zu tun.
Ihr jetziger Versuch, mit immer weniger Geld in immer mehr Projekte gleichzeitig zu investieren, um die volle Breite zu bedienen, kann wirklich nur scheitern. Schwerpunktsetzung, Profilbildung – das sieht anders aus, Herr Kühn.
Ein weiterer Fehler – Frau Suding hat es angesprochen – ist bei der Grundfinanzierung der Hochschulen passiert. Sie haben den Ausgleich von Tarifsteigerungen im Hochschulbereich aufgekündigt. Das führt zu Einschnitten bei Lehre und Forschung. Sie schicken die Hochschulen damit auf einen planlosen Abbaukurs. Auch hier kann man nur sagen: Schwerpunktsetzung, Profilbildung sieht anders aus.
Herr Kühn, Sie haben die Hochschulpaktmittel angesprochen. Es ist doch selbstverständlich, dass das Land Hochschulpaktmittel, die für Studienplätze gewährt worden sind, auch weiterreicht. Dass Sie sich dafür feiern lassen wollen, ist nahezu eine Unverschämtheit. Der Bund hat seine Investitionen
in Hochschulen in den vergangenen Jahren und auch in dieser Legislaturperiode deutlich ausgeweitet. Das zeigt, dass man auch in Zeiten knapper Kassen Schwerpunkte setzen und Zukunftsbereiche politisch gestalten kann. Der Bund macht das. Daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen und uns nicht dafür feiern lassen, dass wir Bundesmittel, die auch dafür da sind, an die Hochschulen weiterreichen.
Meine Damen und Herren! Hamburg braucht klare Signale für den Hochschulstandort, doch nach mehr als drei Jahren im Amt hat die Wissenschaftssenatorin noch immer nicht die vielfach angekündigten Leitlinien zur Hochschulentwicklung vorgelegt. Anstatt sich einer Diskussion über die langfristige Perspektive der Universitätsstadt zu stellen, kümmert sie sich lieber ums Tagesgeschäft an den Hochschulen und mischt sich ein. Das ist eine alarmierende Fehlentwicklung.
Unter diesem Senat ist die Wissenschaftspolitik nicht nur bürokratischer geworden, sie ist auch zögerlich und ängstlich geworden. Das bringt Hamburg nicht voran. Kümmern Sie sich endlich um mehr Qualität in Lehre und Forschung an den Hochschulen und gehen Sie weniger ins Detail bei der Gremienstruktur an der Universität. Sorgen Sie dafür, dass Zielentwicklungen weiterentwickelt werden, die den Hochschulen echte Anreize liefern, mehr als die vereinbarten Ziele zu liefern. Wir dürfen uns doch nicht auf der Gründung eines Max-Planck-Instituts ausruhen, Herr Kühn, was sich im Übrigen verzögert. Es ist schön, wenn Sie auf Investitionen in Höhe von 30 Millionen Euro hinweisen, aber der Bau verzögert sich.
Herr Bürgermeister, Frau Senatorin! Nehmen Sie den Appell "In Sorge um Hamburg" ernst. Stellen Sie sich einer ehrlichen Diskussion und Bestandsaufnahme zum Hochschulstandort. Wer zulässt, dass unsere Hochschulen überregional in die Bedeutungslosigkeit abrutschen, der akzeptiert auch, dass die Bedeutung Hamburgs als europäische Metropole weiter abnimmt. Wir wollen das nicht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe schon öfters von diesem Pult aus Kritik an der Wissenschaftspolitik dieses Senats geübt.
Ich hoffe, liebe SPD, dass Sie es sich etwas mehr zu Herzen nehmen, wenn das nun ein Ex-Bürgermeister Ihrer Partei macht.