Protocol of the Session on April 9, 2014

(Beifall bei der CDU)

Herr Dressel, heute ist es nicht ganz so heftig abgelaufen, aber die ersten Reaktionen und die Heftigkeit des Dementis der SPD – Sie sprechen von Frechheit und einer Absurdität – haben mich doch sehr erstaunt. Ich finde auch Ihre Reaktion unverhältnismäßig heftig,

(Ksenija Bekeris SPD: Das war angemes- sen!)

und das spricht doch für sich. Fühlen Sie sich etwa doch ertappt?

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Dann möchte ich noch etwas ganz Ernsthaftes mit tiefer Sorge …

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist ja ganz was Neues! – Dr. Martin Schäfer SPD: Endlich!)

Herr Kienscherf, auch wenn Sie das jetzt lächerlich finden, ich finde es nicht lächerlich. Dies ist ein sehr ernstes Thema.

Mich treibt tiefe Sorge um das Wohl der Stadt um, weil mir immer häufiger auffällt – an Ihrer Reaktion sehe ich, dass Sie das scheinbar nicht berührt –,

(Beifall bei der CDU)

wie planlos und vollkommen ideenlos dieser Senat agiert.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Das müssen Sie sagen! HSH Nordbank, Elbphilharmonie und Sonstiges!)

Meine Damen und Herren! Das fällt definitiv nicht nur bei diesem Thema, aber – wir sprechen heute über den Energie- und Wärmebereich – insbesondere bei diesem Thema auf. Einmal haben wir den teuren Kauf der Energienetze. Herr Dressel und liebe SPD, Sie sagen, es ist ein Zwang, der Volksentscheid hat Sie dazu verpflichtet, aber es gibt auch andere Formen, und es muss nicht übereilt und ohne Prüfung anderer Formen die Umsetzung erfolgen. Jetzt wollen Sie auch noch Müllverbrennungsanlagen kaufen. Hamburg hat scheinbar das Geld dafür, und das ist mir unbegreiflich.

(Dirk Kienscherf SPD: Wir erklären Ihnen das mal in Ruhe!)

Das alles geschieht ohne Konzept. Sagen Sie doch erst einmal, was Sie im Wärmebereich überhaupt wollen. Sie wollen sich in Wahlkampfzeiten bei jedem lieb Kind machen, Sie wollen allen gefallen, Sie wollen nicht anecken und Sie lassen sich alle Optionen offen. Das ergibt ein desolates Bild

und führt zu nichts. Ich bin tief in Sorge um unsere Stadt.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Dr. Kluth.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In einem Punkt gebe ich in dieser Debatte dem Kollegen Kerstan recht, aber wirklich nur in einem Punkt.

(Jens Kerstan GRÜNE: Das reicht auch schon!)

Das Verhandlungsergebnis des Senats in Sachen Fernwärme ist in der Tat handwerklich schlecht. Die FDP hat dieses Ergebnis in der Debatte, die wir im Februar über die Fernwärme geführt haben, als grottenschlecht bezeichnet und als einen schlechten Deal für die Stadt. Wir haben das zu einem Zeitpunkt getan, als Frau Fegebank für die GRÜNEN noch Ergebenheitsadressen in Richtung Senat sandte.

(Beifall bei Martina Kaesbach FDP – Katha- rina Fegebank GRÜNE: Oh!)

"Hut ab, wir haben nicht damit gerechnet, dass die Einigung mit Vattenfall so schnell und geräuschlos über die Bühne geht."

(Dirk Kienscherf SPD: Das war doch nur ehrlich!)

Die GRÜNEN haben die vergangenen zwei Monate offensichtlich dazu genutzt, sich etwas tiefer in die Materie einzuarbeiten. Das war gut investierte Zeit. Jetzt heißt es in Sachen Fernwärme-Deal von den GRÜNEN nicht mehr Hut ab, sondern schlechtes Handwerk. Das kommt der Realität schon wesentlich näher,

(Beifall bei Dietrich Wersich CDU)

aber dieser Erkenntnisprozess hat bei Ihnen doch ziemlich lange gedauert. Aber besser spät als nie, herzlichen Glückwünsch zur Ankunft in der Realität.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Im Übrigen ist das Verhalten der GRÜNEN und von Ihnen, Herr Kerstan, schon ein Stück aus dem Tollhaus. Erst unterstützen Sie vehement den wirtschaftlich unsinnigen Netzrückkauf, und jetzt beklagen Sie die Folgen.

(Jens Kerstan GRÜNE: Jetzt wird's absurd!)

Was hat Vattenfall überhaupt in eine solch starke Verhandlungsposition gebracht? Natürlich der Aus

(Birgit Stöver)

gang des Volksentscheids und der dadurch entstandene Zeitdruck beim Konzessionsverfahren Stromnetze. Es war doch sonnenklar, dass Vattenfall diesen Zeitdruck bei den Stromnetzen als Hebel nutzen wird, um in Sachen Fernwärme ein optimales Ergebnis herauszuholen. Das muss übrigens auch den Befürwortern des Volksentscheids genauso klar gewesen sein wie dem Senat. Aber dann, Herr Kerstan, ist es schon ein Stück weit scheinheilig, erst den Volksentscheid massiv zu unterstützen und später die völlig absehbaren Folgen zu beklagen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Aber Vattenfall hat in Sachen Fernwärme nicht nur den Zeitdruck bei der Stromnetzkonzession ausgenutzt, sondern auch die Plan- und Konzeptionslosigkeit des Senats, denn für den Fall eines erfolgreichen Volksentscheids war diese Verhandlungssituation, in der wir uns jetzt befinden, völlig absehbar. Der Senat war aber offensichtlich nicht vorbereitet. Er hatte keinen Plan B.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir hatten im Gegensatz zu Frau Goetsch einen Plan B!)

Was ist dabei herausgekommen? Nun hat der Senat mit Vattenfall einen Vertrag geschlossen, der in der Tat zulasten der Stadt geht. Wenn der Senat 2018 seine Kaufoption für die Wärmegesellschaft ausübt, was sein erklärter politischer Wille ist, dann soll der Kaufpreis durch einen Wirtschaftsprüfer nach dem Unternehmenswert ermittelt werden. Das klingt fair, stimmt nur leider nicht, denn der Senat und Vattenfall haben einen Mindestkaufpreis vereinbart. Es wird also durch die Unternehmensbewertung in Wahrheit nicht der Kaufpreis ermittelt, sondern allenfalls, was noch oben draufkommt. Aber wenn das Unternehmen 2018 weniger wert sein sollte, dann gilt der Mindestpreis. Und dass genau das eintreten könnte, dafür gibt es gute Gründe: höhere Investitionen etwa in eine Dezentralisierung der Fernwärmeversorgung, schärferer Wettbewerb oder neue gesetzliche Regelungen. Mit anderen Worten: Der Wert der Fernwärmegesellschaft kann sinken, der Kaufpreis aber nicht. Das ist kein fairer Deal für die Stadt. Das ist Politik nach dem sozialdemokratischen Motto "Teurer geht immer, billiger nimmer".

(Beifall bei der FDP)

Es ist auch schwer mit der Haushaltsordnung in Übereinstimmung zu bringen, wenn der Kaufpreis, den die Stadt zahlen soll, höher ist als der Wert der Beteiligung, den die Stadt dafür zahlt. Das hat offensichtlich auch der Senat bemerkt, denn er stellt die Ausübung der Kaufoption – Herr Kerstan und Frau Stöver haben darauf hingewiesen – jetzt unter Bedingungen. Die Kaufoption setze voraus, dass es sich um einen – ich zitiere aus der Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage –

"… zulässigen Schritt handeln würde. Der Senat muss zum Beispiel prüfen, ob den nach der Landeshaushaltsordnung zu beachtenden Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Genüge getan wird."

Meine Damen und Herren! Wenn ich Befürworter des Volksentscheids wäre, was ich bekanntlich nicht bin, dann würde ich schon sehr genau hinschauen, ob sich der Senat hier in Wahrheit nicht aus dem Ergebnis des Volksentscheids verabschieden wird.

(Jens Kerstan GRÜNE: Haben wir doch ge- macht! Deshalb haben wir das angemeldet!)

Diese Befürchtung ist berechtigt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Nun bekommt Frau Heyenn das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vor circa einem halben Jahr war der Volksentscheid für die hundertprozentige Rekommunalisierung der Energienetze erfolgreich. Und wenn man schon davon spricht, dass ein gutes Gesamtkonzept gelungen ist, um die Überführung in öffentliches Eigentum auf den Weg zu bringen, dann ging dies von den Hamburgern und Hamburgerinnen aus und nicht vom SPD-Senat, Herr Dressel.

(Beifall bei der LINKEN – Dietrich Wersich CDU: Ist da ein Unterschied?)

Es bleibt dabei, Frau Stöver, dieser Volksentscheid war ein Meilenstein. Richtig ist, dass die SPD schnell den Schalter umgelegt hat,