Ich glaube, dass das nicht so ist, und dieses Demografie-Konzept, von dem ich denke, dass es aus vielen anderen Konzepten zusammengebastelt wurde, kann das schon gar nicht bestätigen.
In unserer Großen Anfrage fragen wir den Senat, welche Maßnahmen notwendig beziehungsweise geplant sind, um Einfluss auf die zukünftigen sozioökonomischen Lebensverhältnisse von älteren Menschen mit Migrationshintergrund nehmen zu können. In seiner Antwort verweist der Senat auf den Sozialbericht 2012 und betont – ich zitiere – "die herausragende Bedeutung von Bildung und beruflicher Qualifikation". Dass Bildung und berufliche Qualifikation wichtig sind, finden wir auch, aber das ändert nichts an der Situation dieser Gruppe von Menschen, die jetzt betroffen sind. Der Ansatz Bildung und Weiterbildung kommt für sie leider Jahrzehnte zu spät und wird nichts an der Problematik ändern. Sie können ja einmal die ältere 65-jährige Dame fragen, die vor 40 Jahren in Deutschland eingewandert ist, hier hart gearbeitet hat und heute auf Grundsicherung angewiesen ist. Sie wird Ihnen sagen, dass sie mit Bildung und beruflicher Qualifikation jetzt nichts mehr anfangen kann.
Die Lebenslagen von älteren Migrantinnen und Migranten müssen differenziert betrachtet werden. Mit Armutsprävention durch Bildung und berufliche Qualifikation können Sie das Problem bei dieser Gruppe nicht mehr lösen. Die Armut existiert, die Probleme sind vorhanden und müssen gezielt bekämpft werden.
Aber der Senat verschließt die Augen, um die Altersarmut in Hamburg nicht zu sehen. Im Sozialbericht 2014 beschönigen Sie die Situation der Lebenslagen in Hamburg. Sie beziehen sich auf die Zahlen bis 2010 und ignorieren die Zahlen von 2011 bis 2013; vielleicht endet für den Senat die Welt im Jahr 2010.
Was ich aber noch kritischer finde, ist, dass der Senat in der Pressemitteilung zum Sozialbericht behauptet, dass Hamburg gar nicht die Hauptstadt der Altersarmut sei. Sie sagen, die Armutsgefährdungsquote der Seniorengeneration läge im Jahr 2010 bei 8 Prozent. In der Antwort auf unsere Große Anfrage reden Sie von rund 10 Prozent und erwähnen nicht, dass die Armutsgefährdungsquote bei den älteren Menschen mit Migrationshintergrund bei 30 Prozent liegt. Ehrlich gesagt verstehe
Deshalb wollten wir das Thema ansprechen und deshalb haben wir einen Antrag eingereicht, in dem wir Maßnahmen fordern, die sich über alle für ältere Menschen relevanten Lebensbereiche erstrecken und dabei die spezifischen Bedürfnisse älterer Migrantinnen und Migranten miteinbeziehen. Wir brauchen in Hamburg einen Masterplan, der eine zentrale Strategie, die Perspektiven älterer Menschen mit Migrationshintergrund betreffend, formuliert. Unter Einbeziehung von Expertinnen und Experten müssen verbindliche Maßnahmen mit zeitlichen Zielvorgaben zu Handlungsfeldern wie zum Beispiel Armutsrisiko, Einkommen, gesundheitliche Versorgung, Pflegebedürftigkeit und Wohnsituation erarbeitet werden. Zeitliche Zielvorgaben sind hier enorm wichtig, denn die Zeit rennt uns davon. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Wir müssen so schnell wie möglich gegensteuern.
Interessant war für mich außerdem, dass der Senat in seiner Antwort auf die Große Anfrage die bezirklichen Integrationszentren aufführt, uns aber verschweigt, dass diese total unterfinanziert sind und ums Überleben kämpfen.
Diese Integrationszentren sind gerade für die älteren Menschen mit Migrationshintergrund eine sehr wichtige Anlaufstelle, weil es dort in vielen verschiedenen Sprachen Informationen und Beratung in den unterschiedlichsten Lebenslagen gibt und weil dort Projekte angekurbelt werden. Deshalb müssen diese Integrationszentren unbedingt gestärkt werden, sie dürfen nicht kurz vorm Verbluten sein.
Noch einmal ganz kurz zu den Migrantenselbstorganisationen, die von Ihnen aufgeführt werden und von denen der Senat selber sagt, dass sie viel für ältere Migrantinnen und Migranten tun, zum Beispiel Gesundheitsberatung. Aber auch hier ist das Problem, dass diese Migrantenselbstorganisationen, die eine so wertvolle Arbeit leisten, um jeden Groschen kämpfen müssen.
Die Gelder, mit denen sie ihre Arbeit finanzieren, beziehen sie ausschließlich von ihren Mitgliedern, und das reicht natürlich längst nicht aus. Ich denke, dass gerade diese ehrenamtliche Arbeit auch gewürdigt werden muss.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit der Antwort des Senats auf die Große Anfrage hat die zuständige Fachbehörde die bestehenden Beratungsangebote, Institutionen und Anlaufstellen für ältere Menschen mit Migrationshintergrund in unserer Stadt aufgezeigt und sehr umfangreich dokumentiert. Für uns wird damit sehr deutlich, wie intensiv sich der Senat in den letzten drei Jahren dieses Themas angenommen und auch gehandelt hat, wo Handlungsmöglichkeit seitens des Senats besteht.
Der Senat kann aber immer nur die Voraussetzung schaffen und niedrigschwellige Zugangsmöglichkeiten für die breitgefächerten Angebote absichern. Dies ist geschehen, wie die Große Anfrage deutlich zeigt. An dieser Stelle möchte ich beispielsweise für den Bereich Pflege auf das bundesweite Modellprojekt Veringeck hinweisen, das im Rahmen der Internationalen Bauausstellung geschaffen wurde. Hier wurden betreute Altenwohnungen und eine Wohn-Pflege-Gemeinschaft für demenzerkrankte Senioren mit und ohne Migrationshintergrund geschaffen, um die Versorgung der Menschen zu verbessern. Die Erfahrungen aus diesem Modellprojekt werden wir sorgsam auswerten müssen. Der Senat kann aber niemanden dazu verpflichten, die Angebote auch in Anspruch zu nehmen. Gerade die Gruppen der Senioren mit Migrationshintergrund sind nicht so leicht zu erreichen, sie sind überwiegend sehr heterogen und haben Gott sei Dank, was ausgesprochen positiv ist, noch sehr gesunde Familienumfelder.
Mit dem Hamburger Integrationskonzept hat der Senat bereits im vergangenen Jahr eine integrationspolitische Strategie vorgelegt. In diesem Konzept werden schwerpunktmäßig auch ältere Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt mit Migrationshintergrund berücksichtigt. Es werden insbesondere die Bereiche Seniorenarbeit, Gesundheit und Wohnungsmarkt benannt und verbindliche Zielwerte für diese Handlungsfelder festgelegt, um Fortschritte auch messen zu können.
Meine Damen und Herren! Ich möchte auch auf das im Jahre 2012 beschlossene Seniorenmitwirkungsgesetz zu sprechen kommen. Obwohl es von einigen Seiten große Bedenken gab, haben wir
uns dazu entschlossen, auf bezirklicher und auch auf Landesebene dezidiert festzuschreiben, dass Menschen mit Migrationshintergrund in diesen Gremien vertreten sein müssen. Wenn auch in den Bezirken zum Teil darauf hingewiesen wurde, dass es schwierig ist, das umzusetzen, so haben wir doch daran festgehalten und können heute feststellen, dass es uns sowohl auf bezirklicher als auch auf Landesebene gelungen ist, diese Gruppe der Senioren mit ins Boot zu bekommen.
Dies allein zeigt, wie wichtig uns dieses Thema ist und dass wir fest entschlossen sind, die Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund bestmöglich einzubinden und wir die speziellen Belange dieser Bevölkerungsgruppe angemessen berücksichtigen wollen.
Auch auf das vom Senat Anfang März 2014 vorgestellte "Demografie-Konzept Hamburg 2030: – Mehr. Älter. Vielfältiger." möchte ich verweisen. Wenn Sie sich dieses Konzept ansehen, dann werden Sie feststellen, dass der Senat dort bei der Bewertung der demografischen Entwicklung in Hamburg selbstverständlich auf die Situation der immer größer werdenden Zahl älterer Menschen in Hamburg und natürlich auch auf die spezifische Situation der Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund eingeht und weitere Handlungsoptionen benennt. Der im Demografie-Konzept gemachte Hinweis bringt es auf den Punkt:
"'Nicht über Senioren ohne Senioren' ist ein wichtiger Grundsatz bei der Bewältigung der demografischen Herausforderungen für die Stadt."
Das gilt natürlich auch für Menschen mit Migrationshintergrund. Die Ergebnisse aus diesem Konzept führen uns vor Augen, dass es nicht um die einen oder die anderen geht, sondern um das "Wir" aller Hamburgerinnen und Hamburger.
Integrationspolitisches Ziel des Senats ist es daher, eine gleichberechtigte messbare Teilhabe zu schaffen, wie es auch im Hamburger Integrationskonzept "Teilhabe, Interkulturelle Öffnung und Zusammenarbeit" dargestellt wird. Für die SPD sind Altersarmut und die damit verbundenen Probleme ein sehr wichtiger Themenkomplex. Wir alle wissen, dass das ein Thema ist, mit dem wir uns in der Zukunft werden beschäftigen müssen. Dabei geht es nicht nur um Menschen mit Migrationshintergrund, aber natürlich beinhaltet dieser Komplex auch speziell die Belange derer mit Migrationshintergrund. Aus diesem Grunde möchten wir die vorliegende Große Anfrage an den Sozialausschuss zur weiteren Beratung überweisen, dies auch vor dem Hintergrund, dass dort der Sozialbericht zur Beratung vorliegt, der sich unter anderem auch dieses Themas annimmt, sodass eine umfangrei
Ihren Antrag, einen Masterplan speziell für unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund zu erstellen, lehnen wir ab. Wie Sie wissen, arbeitet der Senat intensiv an der interkulturellen Öffnung der Regelsysteme. Einen speziellen Bericht, wie Sie ihn mit dem Masterplan fordern, halten wir angesichts der vielen vorliegenden Konzepte zur Integration und Demografie für nicht erforderlich. Trotzdem sehen wir Beratungs- und Diskussionsbedarf; daher die Überweisung der Anfrage an den Ausschuss. Den Antrag lehnen wir ab. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuwanderer sind, in unserer Stadt wie in anderen Ländern häufig auch, überdurchschnittlich jung. Deshalb fällt die Aufmerksamkeit von Gesellschaft und Politik selten auf die älteren Zuwanderer. Wir sollten diese Gelegenheit also nutzen.
Grundsätzlich muss man sagen, dass ältere Zuwanderer mit ihrem Leben in Hamburg zumeist wirklich zufrieden sind. Die gute Gesundheitsversorgung wird geschätzt, die Hilfe bei Pflegebedürftigkeit wird geschätzt oder auch die Unterstützung bei Behinderungen. Es gibt ein breites Angebot an Ärzten mit den verschiedensten Muttersprachen, die für ältere Menschen zur Verfügung stehen. Das ist im hohen Alter einfach sehr wichtig, und es ist gut, dass es so ist.
Viele der älteren Zuwanderer sind gerade wegen der Chancen für ihre Kinder nach Deutschland gekommen und haben diesen von Anfang an eine solide Wertegrundlage mitgegeben mit Werten wie lernen, arbeiten, fleißig sein, sich integrieren. In den Gesprächen mit älteren Zuwanderern merke ich häufig, dass sich viele sehr stark an dem Werdegang ihrer Kinder und Enkel erfreuen, besonders, wenn alles gut läuft. Man bekommt dann häufig zu hören: Der eine studiert, der andere macht eine Ausbildung, die dritte arbeitet schon. Das ist für viele ältere Zuwanderer ein großer Stolz. Wir Christdemokraten wissen einen solchen Lebensbeitrag älterer Zuwanderer zu würdigen.
Hier und da gibt es auch spezielle Probleme älterer Zuwanderer, die den meisten Menschen völlig unbekannt sind. Ich möchte deshalb die Gelegenheit nutzen, um ein praktisches Beispiel zu schildern, von dem ich in meiner Arbeit häufig höre. Meine ei
genen Großeltern in Russland sind nicht betroffen, aber ich spreche mit vielen Menschen, die mir ihre Schwierigkeiten schildern. Es ist folgendermaßen: Viele ältere Zuwanderer haben in ihrem Herkunftsland gearbeitet. Dafür erhalten sie von dort eine kleine Rente, und diese Rente wird ihnen von vielen Ländern auch nach Deutschland überwiesen. Insbesondere von den russlanddeutschen Rentnern, aber auch von vielen anderen wissen wir, dass sowohl die deutsche Rente, die hier erarbeitet wurde, als auch die ausländische Rente sehr klein ist. Unterm Strich wird also eine Grundsicherung im Alter ausgezahlt. Alle Rentenansprüche werden dann komplett von der Höhe der Grundsicherung abgezogen – so weit, so gut. Aber das passiert keineswegs automatisch. Vielmehr werden Menschen bis ins hohe Alter mit der Bürokratie von gleich zwei Ländern konfrontiert, die ihre Renten und die Grundsicherung berechnen und verrechnen. Das alles ist mit viel Zeitaufwand verbunden. Das alles ist auch mit erheblichen Kosten verbunden, und unterm Strich bekommt jemand, der in zwei Ländern ein Leben lang gearbeitet hat, teilweise weniger als jemand, der noch nie gearbeitet hat.