Protocol of the Session on June 8, 2011

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Frau Dr. Leonhard hat die Zahlen der Kinder genannt, die damit weniger belastet werden. Ich möchte Ihnen jetzt die Zahlen nennen, die Haushaltsbelastungen bedeuten. Es bedeutet eine Entlastung der Hamburger Eltern in diesem Jahr von 18,8 Millionen Euro und im kommenden Jahr um sage und schreibe 46,2 Millionen Euro.

Seien Sie gewiss, dass die Entlastung der Eltern natürlich grundsätzlich begrüßenswert ist; ich bin selbst eine Mutter von zwei Kindern. Ich begrüße Teile davon sehr, auch meine Fraktion, das wissen Sie, begrüßt Teile davon. Andererseits muss diese Entlastung aber auch finanziert werden. Die Umsetzung der Maßnahmen kostet den Steuerzahler nämlich genau das, um was die Eltern entlastet werden. Ich sage es noch einmal: 18,8 Millionen Euro in diesem Jahr und 46,2 Millionen Euro in 2012.

Eine Rücknahme der Gebührenordnung wurde bereits vor der Wahl unter der Bedingung einer entsprechenden Mai-Steuerschätzung von der CDU angekündigt.

(Andy Grote SPD: Das ist doch kein Pro- blem! – Dirk Kienscherf SPD: Dann sind Sie ja jetzt glücklich, dass wir das machen!)

Nein, das ist auch kein Problem, das ist auch etwas, das mir mittragen.

Wir sind jedoch weiterhin der Ansicht, dass eine Beteiligung am Essensgeld zumutbar ist, denn dieses – auch hier wieder eine Zahl die Haushaltslage betreffend – kostet den Steuerzahler knapp 21 Millionen Euro.

Meine Damen und Herren! Im bundesweiten Vergleich hat Hamburg beim Essen eine recht niedrige Elternbeteiligung.

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg übernimmt den Vorsitz. – Zurufe von der SPD)

Ich nenne Ihnen die Vergleichsstädte. Berlin ist mit 23 Euro und Hannover mit 30 Euro teurer als Hamburg. In Heilbronn wird in der Regel bei einer Betreuung ab sieben Stunden ein Essensgeld von 50 Euro im Monat erhoben. In München beträgt das tägliche Verpflegungsgeld in der Regel rund 3 Euro. Im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets übernimmt der Bund für bezugsberechtigte Kinder einen Teil der Kosten des Mittagessens.

Den Kostenbeitrag der Familien von 1 Euro pro Tag halten wir vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltssituation, dem Umstand, dass die Kinder eine vollwertige Ernährung erhalten, für angemessen und sogar für erforderlich.

Die SPD ist bislang weit davon entfernt, den eigenen Anspruch solider Gegenfinanzierung einzulösen.

(Dirk Kienscherf SPD: Da haben Sie nicht richtig zugehört!)

Hier haben wir wieder das berühmte Prinzip "pay as you go". Senator Scheele war in der Sitzung des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses trotz wiederholter Nachfragen entweder nicht willens oder aber nicht in der Lage, die Fakten zur Finanzierung auf den Tisch zu legen.

(Beifall bei Ralf Niedmers CDU und Finn-Ole Ritter FDP)

Nach Vorlage des Haushaltsplan-Entwurfs 2011/ 2012 ist aber nun die Katze aus dem Sack. Die Aufstockung der globalen Minderausgaben von 80 auf 136 Millionen Euro ab 2012 und die Reduzierung der Rückstellungen für Mehraufwendungen sind dort enthalten. Ich halte fest, bei diesem vorrangigen Senatsvorhaben ist weit und breit keine Spur solider Finanzierung erkennbar.

(Beifall bei der CDU und bei Carl-Edgar Jar- chow FDP – Dirk Kienscherf SPD: Jetzt ha- ben Sie es uns richtig gegeben!)

Es ist sogar zu befürchten, dass es den Eltern von Kita-Kindern bald ebenso ergeht wie den Studierenden der Uni Hamburg. Erst kommt die finanzielle Entlastung, dann werden Angebot und Betreuungsqualität heruntergeschraubt. Der Senat hat sogar noch weitere Maßnahmen angekündigt, die er umsetzen will, so zum Beispiel den Rechtsanspruch für Kinder ab 2 Jahre und die schrittweise Kostenfreistellung des fünfstündigen Grundangebots in Kitas.

Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen versichern, dass die CDU ein Auge darauf haben wird,

(Andy Grote SPD: Na denn!)

dass eine saubere Finanzierung all dieser Maßnahmen erfolgt und dabei der hohe Qualitätsstandard, den wir jahrelang aufgebaut haben, erhalten bleibt.

(Beifall bei der CDU)

Die jetzige Entlastung der Familien darf nicht zu einer uferlosen Belastung der nachfolgenden Generationen werden und den weiteren Ausbau der Kindertagesbetreuung gefährden.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Blömeke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach einer ausführlichen Pressekonferenz und mehreren intensiven Medienberichten zum Thema Kita-Sofortprogramm mutet es doch etwas seltsam an, wie oft sich die SPD selbst auf die Schulter klopfen muss und dass sie dieses Thema zur heutigen Debatte anmeldet, obwohl es sich bei dieser Drucksache um eine Vorwegüberweisung handelt, die in den Ausschüssen beraten wird und in zwei Wochen zur Abstimmung steht.

(Beifall bei der CDU – Andy Grote SPD: Wir haben das einfach mal so gemacht!)

Ich kann es auch gut verstehen, verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, dass Sie bei dem Desaster und dem Kahlschlag, den Sie zurzeit in der Wissenschaftspolitik anrichten, Ihr politisches Image ein bisschen aufbügeln wollen und sich der Gebührensenkung und Beitragsbefreiung an anderer Stelle rühmen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kienscherf, da nützt jetzt auch kein Herausreden, so ist die Situation. Die Kinder in der Kita werden auch einmal älter und wir wollen, dass sie dann auch studieren. Und dann müssen sie sich mit dem auseinandersetzen, was Sie jetzt anrichten. Die nächste Gelegenheit, darüber zu debattieren, Herr Kienscherf, ist in zwei Wochen,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wir haben doch sonst so wenig Freude!)

da können Sie das wieder auf die Tagesordnung setzen.

(Dirk Kienscherf SPD: Na gut!)

Jetzt aber zum Inhalt des Sofortprogramms. Die grüne Fraktion begrüßt ausdrücklich die Rücknahme der Gebührenerhöhung. Ich glaube aber, dass es inzwischen in diesem Haus keine einzige Fraktion mehr gibt, die nicht eingesehen hat, dass die Gebührenerhöhung der falsche Weg war, die Kosten zu begrenzen beziehungsweise zu sparen. Aber der Rest des Sofortprogramms des Senats ist für uns noch nicht überzeugend. Dieses Programm hat nämlich eine Schieflage, und zwar in Richtung Gebührenbefreiung und Einlösung von Wahlversprechen.

(Andy Grote SPD: Was ist so schlecht dar- an, wenn man das nach der Wahl tut, was man versprochen hat?)

Die Verbesserung der Betreuungsqualität suchen wir im Sofortprogramm vergebens. Hier vertröstet uns der Senat auf die Zukunft. Aber wir wissen doch alle, damit die Kita ihrem Anspruch als Bildungseinrichtung gerecht werden kann und damit

alle Kinder auch wirklich frühzeitig gefördert werden können, brauchen wir vorrangig eine bessere Qualität in der Kita und auch einen früheren Zugang für alle Kinder zur Kita. Die bessere Qualität zeigt sich in kleineren Gruppen – gerade im Krippenbereich ist das sehr wichtig – und in mehr und vor allen Dingen besser ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern auf Hochschulniveau. Davon ist im Sofortprogramm des Senats leider nichts zu lesen.

(Beifall bei Dr. Stefanie von Berg GAL)

Eine weitere Schieflage sehen wir, genau wie Kollegin Stöver, in der Finanzierung der Geschenke, die die SPD hier so großzügig verteilt. Ich komme allerdings noch zu einer anderen Schlussfolgerung als die Kollegin. Senator Scheele führte im Familienausschuss aus, dass seine Behörde die für dieses Sofortprogramm benötigten 64 Millionen Euro zwar aus dem Gesamthaushalt, sozusagen on top, erhält; das ist eine gute Sache. Aber gleichzeitig muss er bis zum Jahr 2020 einen Konsolidierungsbeitrag in Höhe von 60 Millionen Euro jährlich leisten. Diese Konsolidierung, hat Senator Scheele ausgeführt und das ist übrigens auch im Bericht des Familienausschusses nachzulesen, soll erreicht werden durch Umsteuerungsmaßnahmen im Bereich der Hilfen zur Erziehung. Wie soll das aussehen? Dazu gab es bislang erst vage Vorstellungen. Als Sparmaßnahme für den Beitrag zur Konsolidierung will man zukünftig die ambulanten Hilfen zur Erziehung, zum Beispiel die sozialpädagogische Familienhilfe, einschränken und stattdessen die Kinder, die Hilfe zur Erziehung benötigen, vorrangig in Gruppen gemeinsam in Regeleinrichtungen wie Kita und Schule betreuen. Darüber werden wir reden, wir werden das auch kritisch begleiten.

Aber, meine Damen und Herren von der SPD, wissen Sie, was das ist, was Sie hier machen? Das ist politische Augenwischerei und nichts anderes.

(Andy Grote SPD: Da klatscht niemand!)

Es ist Augenwischerei, wenn Sie auf der einen Seite 64 Millionen Euro für das Kita-Sofortprogramm on top bekommen und auf der anderen Seite nahezu um die gleiche Summe, 60 Millionen Euro, in der Jugendhilfe konsolidieren müssen und hier Maßnahmen ergreifen, die fachpolitisch unausgegoren und vor allem umstritten sind. Das ist politische Augenwischerei. Und am Ende der Fahnenstange sind wir noch lange nicht. Da kommen, genau wie Frau Stöver sagte, noch wesentlich mehr Versprechen, die Sie einlösen wollen. Wir hatten gehört, Sie planen den Rechtsanspruch ab zwei Jahren, mehr Erzieherinnen und Erzieher in sozialen Brennpunkten und vor allem die Beitragsfreiheit in der Kita, die ebenfalls noch in dieser Legislaturperiode eingeführt werden soll. Da kommt ein dicker Batzen in zweistelliger Millionenhöhe auf uns zu und wir sind sehr gespannt auf Ihr Finanzie

rungsmodell. Hoffentlich lassen Sie sich noch etwas Besseres einfallen als diese Augenwischerei und die Finanzierungsmethode "linke Tasche, rechte Tasche". Wir werden das sehr kritisch begleiten und sind auf diese Entwicklung gespannt.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL – Andy Grote SPD: Das war ja mal ein lebensbeja- hender Beitrag!)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Ritter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die vorliegende Senatsmitteilung und der dazugehörige Gesetzentwurf sind zunächst einmal eine gute Nachricht für alle Eltern. Durch sie werden die teilweise recht drastischen Kitagebühren-Erhöhungen des Jahres 2010 zurückgenommen. Das haben auch wir Liberale in unserem Wahlprogramm gefordert. Deshalb begrüßen wir diesen Schritt des SPD-Senats im Grundsatz, im Detail jedoch hat das Ganze einen sehr faden Beigeschmack, und zwar auch und gerade für junge Familien und Kinder in Hamburg. Hiermit werden 65 Millionen Euro Mehrausgaben für die Jahre 2011 und 2012 beschlossen, denen kein Finanzierungskonzept gegenübersteht. Dieses Geld fehlt im Hamburger Haushalt und wird wohl wieder einmal über zusätzliche Schulden hereingeholt werden. Das aber bedeutet, dass Eltern und ihre Kinder diese Zeche in Zukunft trotzdem zahlen werden. Das heute bei den Kitagebühren eingesparte Geld holt sich Hamburg später mit Zins und Zinseszins in Form höherer Steuern, Abgaben und Gebühren wieder. Dass der Fehlbetrag mit 65 Millionen Euro vergleichsweise hoch ausfällt, hat dabei im Wesentlichen zwei Ursachen.

Erstens: Offenkundig wurde vom schwarz-grünen Vorgängersenat wie auch zunächst von der SPD unterschätzt, wie viele Höchstsatzzahler es in Hamburg gibt. Entsprechende SPD-Wahlversprechen wurden also auf Basis einer falschen Information hinsichtlich der Kosten gegeben. Statt der zuvor geschätzten 8 Millionen Euro schlägt die Gebührensenkung für das Jahr 2012 nun mit über 20 Millionen Euro zu Buche.

Zweitens: Die Rücknahme des sogenannten Essensgeldes geht über die Forderung der FDP nach der Abschaffung der Erhöhung der reinen Kita-Gebühren hinaus. Allein dieser Posten macht nun jedoch bereits fast 30 Millionen Euro zusätzliche Schuldenlast in den nächsten anderthalb Jahren aus.

Mit diesem finanzpolitischen Blindflug auf den Hamburger Schuldenberg ist den jungen Familien am Ende leider nicht so sehr geholfen, wie es zunächst den Anschein haben mag. Werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wir stimmen wieder einmal mit Ihnen im Ziel überein, doch sind wir

uneins über die Reihenfolge der Schritte dorthin. Für uns Liberale hätte zunächst die Finanzierungsfrage befriedigend geklärt sein müssen, um politische Handlungsfreiheit auch in Zeiten der künftig greifenden Schuldenbremse sicherzustellen. Auch die gestrige Sitzung des Haushaltsausschusses hat diesbezüglich keine erhellenden Erkenntnisse bringen können. Daher stimmen wir dem vorliegenden Gesetzentwurf unter den gegebenen Vorzeichen zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Andy Grote SPD: Ach!)