Protocol of the Session on June 8, 2011

Wir haben seit etwa zwei Wochen die Mai-Steuerschätzung mit belastbaren Zahlen. Wir haben sofort gesagt, dass dieses aus Sicht des Senats nicht genutzt wird, um zusätzliche Ausgaben der Fachbehörden zu finanzieren, und das betrifft das gesamte Volumen. Wenn Sie jetzt spekulieren, dass möglicherweise noch 1,5 Millionen Euro übrig bleiben, dann warten Sie unsere Drucksache ab, die wir unverzüglich fertiggestellt haben. Sie wird die Bürgerschaft demnächst erreichen, wenn sie nicht schon hier ist.

In ihr wird das gesamte Volumen, das Sie in der heutigen Drucksache beziffert sehen, auf genau diese drei Punkte aufgeteilt – ich sage es noch einmal: Wohnungsbaukredit tilgen, Versorgungsfonds rekapitalisieren und drittens geringere Netto-Neuverschuldung und geringere Inanspruchnahme von Rücklagen. Es gibt keine weiteren Finanzierungen irgendwelcher sonstigen Ausgaben, ob Wahlversprechen oder nicht. Ich bitte Sie, das einfach einmal so hinzunehmen und dann in der Drucksache nachzulesen.

Wenn Sie immer wieder thematisieren, wie es mit der Veranschlagung von gesetzlichen Leistungen ist, dann muss man die Zahlen doch einmal nennen. Sie haben in Ihrem Vorgänger-Senatsentwurf nicht gesagt, dass man von einem bescheidenen Anstieg von 2 Prozent ausgehe. Ich habe Ihnen die Zahlen gestern noch einmal vorgelesen. Sie sind von einem Anstieg von null Prozent ausgegangen. Das ist weitab jeder Realität und eine unwahre Veranschlagung. Aus meiner Sicht darf so etwas nach der Landeshaushaltsordnung in keinem Plan stehen.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Joachim Bi- schoff DIE LINKE)

Deswegen weigern wir uns, Ihnen als Parlament solche unwahren Veranschlagungen vorzulegen.

(Anja Hajduk)

Nun können wir uns darüber streiten, ob es 3, 4 oder 5 Prozent sein müssen bei bestimmten Formen von gesetzlichen Leistungen. Es wird ein bisschen abhängen von der Energie, die man in die Steuerung dieser Bereiche erfolgreich einsetzt. Deswegen wissen wir nicht genau, was am Ende des Jahres herauskommt. Aber es darf auf keinen Fall so sein, wie es bisher Systematik war. Man hat konsequent unterveranschlagt, gegen den Protest im Fachausschuss. Man hat dann am Jahresende gesagt, es sei viel mehr geworden, das hätte man nicht ahnen können. Und dann, Herr Heintze, begann der Ringtausch, den Sie uns unterstellen. Dann wurde nämlich von einem Titel in den anderen gebucht und es landete letztlich in einer zusätzlichen Netto-Neuverschuldung. Ob 50 Millionen Euro oder 30 Millionen Euro, es war jedes Jahr ein anderer Betrag, aber dies war immer das Prinzip. Das ist eine unsolide Art, dem Parlament eine Haushaltsplanung vorzustellen, es erst zu beschließen und am Ende schulterzuckend eine Netto-Neuverschuldung zu akzeptieren; das muss aufhören.

Deswegen haben wir diese Korrekturen vorgenommen in einem Umfang von insgesamt circa 400 Millionen Euro. Dies betrifft gesetzliche Leistungen und völlig unrealistische Veranschlagungen von Bundesratsinitiativen, die es gar nicht gibt, und sonstigen Luftbuchungen. Diese gesamte Überarbeitung des Haushaltsplan-Entwurfs erforderte die komplette Zinsersparnis, Frau Hajduk, die komplette Reduzierung dieser Rückstellungspositionen, die aus unserer Sicht überhöht waren, plus einen Betrag, den wir nur decken konnten durch weitere globale Minderausgaben, die wir jetzt im Haushaltsverfahren solide decken müssen, damit wir nicht zu einer Erhöhung der bereinigten Gesamtausgaben kommen. Doch das, was uns nicht passieren darf, ist, dass wir die Mehreinnahmen als eine Entwarnung, als ein "mehr Luft haben" für weitere Dinge begreifen.

Das ist eine ganz wichtige Aufgabe und ich bitte alle Fraktionen herzlich, nicht nur zu sagen, was Ihnen nicht gefällt, sondern die Kritik zu kombinieren mit einem ganz konkreten Vorschlag, wie Sie mit dem Geld umgehen würden. Sagen Sie uns, was Sie beim Versorgungsfonds machen würden. Sagen Sie uns, ob wir den Wohnungsbaukredit beim Bund belassen sollten. Sagen Sie uns, ob wir tatsächlich irgendwo anders mehr oder weniger machen sollten, dann können wir dies nämlich alternativ diskutieren. Sie werden sehen, dass es völlig unrealistisch ist, was Ihr Vorgänger-Senat letztlich auch schon eingeräumt hat, die Schuldenbremse früher zu erreichen als 2020.

Trotz dieser Steuermehreinnahmen ist es ein harter Kurs, den wir gehen müssen. Er ist nicht schön und er ist sehr kritisch, was bestimmte Aufgaben der Stadt angeht. Aber wir müssen diesen Weg gehen. Wir werden es nicht vor 2020 erreichen.

Schon deshalb müssen wir es so konsequent machen, damit wir nicht in die Situation von Bremen, Berlin, Schleswig-Holstein oder Sachsen-Anhalt kommen, die jetzt – Herr Bischoff hat es richtig beschrieben – in einem Haushaltsnotstand sind, bei dem sie selbst nicht mehr Herr des Verfahrens sind, sondern schlimme Einsparungen und Konsolidierungen vornehmen müssen, die zulasten der Bereiche gehen, die wir schonen wollen: Bildung, Ausbildung, Schulen und Hochschulen,

(Dr. Walter Scheuerl CDU: Hochschulen?)

substanzielle Verbesserungen im Umweltschutz, Wohnungsbau und letztlich auch die Sanierung der Infrastruktur, die wir dringend brauchen, beispielsweise bei den Straßen.

Das sind unsere Schwerpunkte. Das schaffen wir, wenn Sie alle mithelfen und ein bisschen weniger überhöhte Erwartungen an das stellen, was wir Ihnen schon mit großer Energie anbieten, nämlich eine solide Diskussion über "pay as you go". Wenn wir mehr ausgeben wollen, müssen wir zugleich sagen, wo wir dann weniger ausgeben. Das haben wir Ihnen in unserer ersten Überarbeitung auch nachweisen können und das sollten wir als Prinzip für uns gemeinsam als Parlament und Senat begreifen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/594 an den Haushaltsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich Sie alle bitten, mit mir gemeinsam eine Gruppe von Bürgermeistern aus den USA zu begrüßen, die oben auf der Presseloge stehen und zu Gast in Hamburg sind auf Einladung des Auswärtigen Amtes und des Goethe-Instituts, um sich Hamburg als Umwelthauptstadt anzuschauen. Herzlich willkommen, a very warm welcome.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich komme zu Punkt 11 a der Tagesordnung, Drucksache 20/518, Senatsantrag: Bessere Infrastruktur für Hamburger Familien, Maßnahmen im Bereich der Kindertagesbetreuung.

[Senatsantrag: Bessere Infrastruktur für Hamburger Familien Maßnahmen im Bereich der Kindertagesbetreuung – Drs 20/518 –]

Diese Drucksache ist am 17. Mai 2011 im Vorwege federführend an den Haushaltsausschuss und mit

(Senator Dr. Peter Tschentscher)

beratend an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überwiesen worden.

Wird das Wort gewünscht? – Frau Dr. Leonhard, Sie haben das Wort.

Verehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg zur kinderfreundlichsten Stadt der Republik zu machen, ist ein zentrales Anliegen der sozialdemokratischen Politik. Dies hat sich nicht umsonst in unserem Regierungsprogramm widergespiegelt und ebenfalls in der Regierungserklärung des Bürgermeisters. Wir haben es auch damit untermauert, dass wir gemeinsam mit dem Landeselternausschuss bereits im Januar eine Vereinbarung unterzeichnet haben, in der wir uns zur Umsetzung von Maßnahmen wie beispielsweise der Rücknahme der Gebührenerhöhung, des Essengeldes und einiges mehr wie der schrittweisen Beitragsfreistellung von Fünf-Stunden-Plätzen sowie der Wiederherstellung des Hort-Anspruchs bis zu 14 Jahren verpflichtet haben.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind daher sehr froh und begrüßen es, gerade vor dem Hintergrund der eben stattgefundenen Diskussion, dass es dank einer gemeinsamen Kraftanstrengung des gesamten Senats und der Behörde gelungen ist, die vorliegenden Verbesserungen, die die Drucksache beinhaltet, auf den Weg zu bringen.

Mithilfe dieser Drucksache wird bereits mit Wirkung zum 1. August dieses Jahres ein bildungs- und integrationspolitischer Irrweg beendet. Diesen hatte die schwarz-grüne Regierung in Hamburg fast ein Jahr zuvor, am 24. August, beschritten, und das entgegen all ihrer anderslautenden Ankündigungen und Versprechungen aus ihrem eigenen Koalitionsvertrag und den jeweils dazugehörigen Regierungsprogrammen. Sie haben entgegen des entschiedenen Protestes von Fachpublikum, von Öffentlichkeit und auch von der Opposition in diesem Hause die Gebühren für die Kindertagesbetreuung deutlich erhöht und den Rechtsanspruch auf Hortbetreuung nur noch bis zum Abschluss der sechsten Klasse beziehungsweise bis zur Erreichung des zwölften Lebensjahres limitiert. Den Eltern, die ohnehin eine große gesamtgesellschaftliche Aufgabe schultern müssen, nämlich die Erziehung und Betreuung von Kindern mit Behinderungen, haben Sie eine fast unanständig starke finanzielle Belastung aufgebürdet.

Die Maßnahmen, die die vorliegende Drucksache beinhaltet – darüber sind wir besonders froh –, bewirken bereits zum 1. August die vollständige Abschaffung des Verpflegungsanteils. Wir wissen, dass manche Fraktionen im Hause das kritisch sehen, aber wir stehen dahinter und halten es für ei

ne wichtige Verbesserung der Rahmenbedingungen in dieser Stadt.

(Beifall bei der SPD)

Sie enthält ferner die Rücknahme der durch den schwarz-grünen Senat beschlossenen Gebührenerhöhung, die viele Familien zu sehr belastet hat.

(Beifall bei der SPD)

Sie enthält die Wiederherstellung des Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung bis zum 14. Lebensjahr.

(Beifall bei der SPD)

Darüber freuen nicht nur wir uns, sondern Träger bundesweit bestätigen, dass es fachpolitisch geboten ist. Sie enthält auch die Einbeziehung der sogenannten Kann-Kinder in die Beitragsfreiheit im vorschulischen Jahr.

(Beifall bei der SPD)

Mit dieser Drucksache verschaffen wir Eltern von mehr als 70 000 Kindern in dieser Stadt finanzielle Erleichterung allein durch die Abschaffung des Verpflegungsentgelts. Damit geben wir mehr als 19 000 Familien mehr finanziellen Spielraum für den schwierigen Alltag in der Freien und Hansestadt Hamburg.

(Beifall bei der SPD)

Damit verschaffen wir auch vielen Familien und vor allen Dingen auch den Frauen größere Planungssicherheit und erhebliche Verbesserungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

(Beifall bei der SPD)

Darüber hinaus beseitigen wir die Ungerechtigkeiten für Familien mit behinderten Kindern und halten damit, was wir versprochen haben.

(Beifall bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Richtig!)

Mit den von mir geschilderten Maßnahmen, die alle von dieser Drucksache erfasst werden, machen wir endlich wieder einen großen Schritt vorwärts auf dem Weg, Hamburg zu einer kinder- und familienfreundlichen Stadt zu machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Stöver, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Dr. Leonhard hat die Grundzüge des Gesetzesentwurfs schon ausführlich besprochen. Ich fasse noch einmal zusammen: Ab August werden für die Eltern niedrigere Beiträge in den Kindergärten gelten, das Essen wird kostenlos, der Hortbesuch wird wieder bis zu 14 Jahren möglich sein und für die Kann-Kinder wird das letz

(Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel)

te Kita-Jahr auch kostenfrei sein. Auch das sagte Frau Dr. Leonhard schon, es entspricht der Vereinbarung mit dem Landeselternausschuss und der SPD, die schon vor der Wahl getroffen wurde. Wir halten dieses "vor der Wahl" für nicht seriös, aber Sie haben es konsequent umgesetzt, das muss man Ihnen lassen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)