Herr Präsident, meine Damen und Herren! "Lobpreisung des Senats", Herr Ploog, war eine hübsche Formulierung. Wir innenpolitischen Kolleginnen und Kollegen sind, wenn ich das so sagen darf, alle ein bisschen in …
Ekstase, das ist ein gutes Wort –, weil wir gemeinsam drei große Termine bei den verschiedenen Polizeigewerkschaften hinter uns haben, und dann bleibt vielleicht der Regierungsfraktion tatsächlich nichts anderes übrig, als offen und laut in die Lobpreisung des Senats auszubrechen.
Trotzdem würde ich an dieser Stelle sagen, dass die Abschaffung der freien Heilfürsorge für Neueingestellte bei Polizei und Feuerwehr vor zehn Jahren ein Fehler war. Das haben wir damals schon gemeinsam mit der SPD kritisiert und das steht auch heute. Natürlich ist es erfreulich – vor allem, weil wir wissen, wie schwierig Gespräche gerade mit diesen Gewerkschaften an diesem Punkt sind –, dass es zu einem Ergebnis gekommen ist. Die Streichung der Heilfürsorge hat zu einer sozialen Schieflage bei der Polizei und der Feuerwehr geführt. Insbesondere die jungen Kolleginnen und Kollegen in den niedrigen Gehaltsstufen sind von einer Zusatzbelastung getroffen worden. Ich bin mir nicht sicher, ob sie nun wirklich 200 Euro zusätzlich im Portemonnaie haben, denn immerhin gibt es eine Beteiligung von 1,4 Prozent bei Brillen und ähnlichen Ersatzteilen – in Anführungsstrichen –, die weiterhin bezahlt werden muss. Ich denke aber auch, dass diese Maßnahme natürlich zu einer Attraktivitätssteigerung des Arbeitgebers führt. Und es ist eine gute Zeit, hier wieder für bessere Bedingungen zu sorgen.
Ohne dass ich der CDU zur Seite springen will, muss man vielleicht noch sagen – die CDU hätte es auch selbst sagen können –, dass damals durchaus einige SPD-Länder gemeinsam mit der CDU die Heilfürsorge abgeschafft haben. Es ging, wie heute auch, um die Löcher im Haushalt der jeweiligen Innenbehörden. Der Innensenator hatte schon im November 2012 bei der damaligen Personalversammlung angekündigt, spätestens Ende März 2013 eine neue Regelung der Heilfürsorge vorzulegen. Das ist nun nicht gelungen. Vor allen Dingen hat er auch gesagt, sie dürfe kein zusätzliches Geld kosten. Man muss deutlich sagen, dass
beide Ankündigungen verfehlt wurden. Erstens hat es ein Jahr länger gedauert, und zweitens enthält dieser Antrag natürlich überhaupt keinen Hinweis darauf, was das denn alles kosten wird. Umso wichtiger ist es, dass die Diskussion nicht nur im Innenausschuss stattfindet, sondern die Drucksache auch an den Haushaltsausschuss überwiesen wird. Der Gesetzentwurf der SPD fordert den Senat lediglich auf, über die finanziellen Auswirkungen der Wiedereinführung der Heilfürsorge in drei Jahren zu berichten. Bis dahin machen wir also erst einmal die Augen zu und warten, was passiert, oder wie soll das gehen?
Als wir damals, also 2004 wohlgemerkt, die Einsparbeträge durch das Streichen der Heilfürsorge diskutiert haben, hat der Senat circa drei Millionen Euro jährlich angegeben. Das wären also nach damaliger Rechnung neun Millionen Euro. Ich glaube, dass das nicht reichen wird. Deswegen und vor allem auch, weil das nicht in dem bereits ausgeschütteten Zehn-Millionen-Paket enthalten ist – worüber Herr Münster eben berichtet hat –, ist es dringend notwendig, nicht nur im Innenausschuss, sondern auch im Haushaltsausschuss weiter zu diskutieren.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es vorab schon klarzustellen: Wir Liberale waren seinerzeit negativ überrascht, als die CDU ihre absolute Mehrheit 2004 dazu nutzte, um die freie Heilfürsorge für neueingestellte Beamtinnen und Beamte bei Polizei und Feuerwehr in Hamburg abzuschaffen.
Wenig überzeugend war zudem die Art und Weise, wie dieses damals erfolgte und wie der Vorgang gegenüber den Betroffenen und der Öffentlichkeit kommuniziert wurde. Polizei und Feuerwehr übernehmen einen elementar wichtigen Kernbereich hoheitlicher Tätigkeiten. Polizistinnen und Polizisten sowie Feuerwehrleute riskieren für die Menschen in dieser Stadt jeden Tag Leib und Leben. Wir Liberale sind deshalb der Auffassung, dass der Dienstherr auch eine besondere Fürsorgepflicht gegenüber Angehörigen von Polizei und Feuerwehr hat.
Dies findet üblicherweise seinen Ausdruck auch in der freien Heilfürsorge. Es besteht nämlich ein be
sonderes Dienst- und Treueverhältnis – ich habe es eben beschrieben –, und das ist keine Einbahnstraße. Die Beamtinnen und Beamten, die seinerzeit in den öffentlichen Dienst eingetreten sind, haben das Versprechen gehabt, dass der Dienstherr sozusagen ihr Hirte ist und ihnen nichts mangeln wird.
Meine Damen und Herren von der CDU! Diese besondere Fürsorgepflicht haben Sie vor zehn Jahren einseitig aufgekündigt. Damit haben Sie einen erheblichen Beitrag zur zunehmenden Unzufriedenheit im Personalkörper von Polizei und Feuerwehr geleistet. Die neuesten Umfragen – die kann man natürlich nicht nur der Vorgängerregierung anlasten, das muss sich auch der jetzige Senat anlasten – sprechen Bände.
Dieses Nebeneinander von zwangsweise unterschiedlich versorgten Beamtinnen und Beamten hat in den vergangenen Jahren nicht nur zur schlechten Stimmung beigetragen; es erschwerte außerdem die ohnehin schwierige Nachwuchsgewinnung. Ausgerechnet die selbsternannte konservative Law-and-order-Fraktion in diesem Hohen Haus hat somit Hamburgs Sicherheit einen echten Bärendienst erwiesen. Der kontinuierlich sinkende Bewerberschlüssel der vergangenen Jahre spricht ebenfalls Bände.
Wir Liberale begrüßen daher im Grundsatz die Intention des vorliegenden SPD-Gesetzentwurfs. Wir hoffen, dass diese Maßnahme die Stimmung und finanzielle Lage insbesondere der jüngeren Beamtinnen und Beamten etwas verbessern wird. Positiv bewerten wir dabei auch die Wahlfreiheit zwischen dem Verbleiben im Beihilfe- und dem Umstieg ins Fürsorgesystem. Natürlich hoffen wir, dass Hamburgs Position bei der Nachwuchsgewinnung für einen anspruchsvollen Job wieder gestärkt wird.
Gleichwohl muss ich auch an dieser Stelle etwas Wasser in den Wein schütten. Bei der Lektüre des vorliegenden Antrags drängt sich nämlich der Eindruck auf, dass die SPD-Fraktion nach fast drei Jahren offenbar immer noch nicht ganz in der Regierung angekommen ist. Ein vollwertiger Gesetzentwurf – der liegt hier vor – sollte jedenfalls nicht nur aus einem nackten Gesetzestext und einer Begründung im Stil eines Debattenbeitrags bestehen, auch wenn er noch so schön burschikos, wie das die Art von Herrn Münster ist – bemüht burschikos will ich dazu sagen –, vorgetragen wird.
Neben der Darstellung von Ausgangslage, Alternativen und Begründungen sollten vor allem die Folgeabschätzungen enthalten sein, insbesondere die Folgen in Sachen Haushalt, und zwar in transparenter Darstellung. Frau Kollegin Möller von den GRÜNEN hat das eben auch schon ausgeführt. All
Werte Kolleginnen und Kollegen der SPD! Über diese handwerklichen Mängel können wir uns als Oppositionsfraktion bestenfalls wundern. Es drängt sich der Eindruck auf, dass dieser Antrag als aktionistischer, politischer Schnellschuss entstanden ist,
nachdem dem Senat die Lage bei der Inneren Sicherheit in Hamburg teilweise – das muss man einmal so offen sagen – entglitten zu sein schien und man die Hilferufe der Polizisten nicht länger überhören konnte. Hier wurde tatsächlich mit heißer Nadel gestrickt, das muss man so feststellen.
Selbsternanntes gutes Regieren sollte sich aber nicht zum Getriebenen von aktuellen Ereignislagen machen, das ist dafür kein guter Ausdruck.
Der vorliegende Antrag war aus Sicht der FDPFraktion so eigentlich nicht beratungsfähig. Deshalb haben der Kollege Ritter und ich uns selbst die notwendigen Informationen besorgt,
sodass seit gestern Abend immerhin ein paar Erläuterungen im Rahmen der Antwort auf unsere Schriftliche Kleine Anfrage, Drucksache 20/10753, vorliegen. Der Gesetzentwurf einer Fraktion sollte eigentlich für sich sprechen und nicht erst durch eine auf Anfrage hin erteilte, eher diffuse Senatsantwort erläutert werden.
Das liest sich im Grunde wie ein Beipackzettel, wenn Sie sich die Antwort einmal ansehen. Es ist aber nett, dass der Senat die Politik der sie tragenden Fraktion so eindrucksvoll und ausführlich erläutern kann, obwohl ich sagen muss, dass ich Parlamentarismus eigentlich andersherum verstanden habe.
In der Sache haben wir Liberale aber vor dem Hintergrund eigener Überlegungen zu dem Thema nur wenige Bedenken, würden diese aber dennoch gerne im Ausschuss näher erörtern. Wir werden daher einer Überweisung zustimmen, gern auch an den Haushaltsausschuss und mitberatend an den Innenausschuss, weil die finanziellen Auswirkungen nicht ganz unerheblich sind. Dort kann man dann den Gesetzentwurf mit den Erläuterungen und Erkenntnissen der Schriftlichen Kleinen Anfrage beraten und gegebenenfalls auch noch einmal hier und da nachbessern. Ebenfalls bleiben Fragen
zu Leistungskatalogen und möglichen Qualitätsunterschieden zwischen Beihilfe- und Heilfürsorgesystem beziehungsweise Heilfürsorge alt und Heilfürsorge neu zu klären. Da haben wir tatsächlich noch eine Menge Beratungsbedarf.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Die bisherige Debatte stand unter dem Motto: Was schert mich mein Geschwätz von gestern. Wir haben uns die Mühe gemacht, die Antworten der verschiedenen Parteien auf die Wahlprüfsteine der GdP aus dem letzten Bürgerschaftswahlkampf dahingehend zu überprüfen, wie die Parteien sich positioniert haben.
(Finn-Ole Ritter FDP: Endlich haben Sie es mal gelesen! – Olaf Ohlsen CDU: Und was hat das gebracht?)
Ich frage mich jetzt natürlich, wo diese ehrliche Bestandsaufnahme ist und stimme insoweit dem Vorschlag von Frau Möller zu, dass dieser Antrag im Haushaltsausschuss auf jeden Fall beraten werden sollte.
"Die CDU steht zur Abschaffung der freien Heilfürsorge bei Neueinstellungen als notwendige Sparmaßnahme […]."
Ich konnte Ihrer Rede nicht entnehmen, Herr Ploog, aufgrund welcher Argumente Sie Ihren Gesinnungswandel vollzogen haben.