Protocol of the Session on January 23, 2014

die der Bürgermeister und die Senatoren zum Ausdruck gebracht haben.

(Dietrich Wersich CDU: Dann ist es eine Frechheit, was Sie sagen!)

Ich stelle nur fest, dass es bisher nicht gelungen ist, eine einmütige Haltung der Bürgerschaft dazu zu entwickeln, und das bedauere ich ausdrücklich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Trotzdem ist die Solidarität gerade der Bürgerinnen und Bürger nach den jüngsten Ereignissen tief beeindruckend. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit herzlich dafür bedanken, wie die Hamburgerinnen und Hamburger zu ihrer Polizei stehen.

(Beifall bei der SPD)

Unsere Gesellschaft und insbesondere Parteien, Gewerkschaften, Verbände und Institutionen können auf die traurigen Ereignisse der vergangenen Woche eigentlich nur eine Reaktion zeigen: ein breites Bündnis der Solidarität mit den Menschen bei unserer Feuerwehr und Polizei und eine klare Ächtung jeder Form der Gewalt. Das ist nicht nur der Wunsch eines verantwortlichen Senators, das ist auch meine Erwartung als Bürger an dieses Parlament. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Herr Senator, Sie haben gemerkt, dass Ihre Worte zum Teil fraktionsübergreifend zu Verwunderung geführt haben. Dessen ungeachtet möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass Sie nahezu das Dreifache der Redezeit in Anspruch genommen haben, die den Abgeordneten dieses Hauses in der Aktuellen Stunde zusteht.

(Dr. Roland Heintze CDU: Um die dann zu beleidigen!)

Diese setzen wir nun noch eine Dreiviertelstunde lang fort, wenn es so lange noch Wortmeldungen gibt. Das Wort hat zunächst Frau Heyenn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator, ich kenne keine einzige Fraktion in diesem Hause und keinen einzigen Abgeordneten und keine einzige Abgeordnete, die nicht für Gewaltlosigkeit in der Politik steht.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU und der FDP)

Um Ihre Kritik an der Bürgerschaft aufzugreifen: Vor dem 21. Dezember haben alle Fraktionen in diesem Hause eine Erklärung unterschrieben und dazu aufgerufen, dass am 21. Dezember gewaltfrei demonstriert werden sollte. Uns nun vorzuwerfen, wir hätten keine eindeutige Haltung, ist eine Unverschämtheit.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Zu den Ereignissen in dieser Stadt: Zum Ausklang des vergangenen Jahres hatten wir zwei große Demonstrationen, eine am 2. November rund um die Alster, die völlig friedlich war und an der mehr als 10 000 Menschen teilgenommen haben. Es ging um das Bleiberecht für Flüchtlinge. Und am 21. Dezember ist die Gewalt eskaliert. Da stellt sich doch die Frage – das haben Sie, Herr Wersich, nicht erwähnt –,

(Dietrich Wersich CDU: Ich hatte ja auch nur fünf Minuten!)

was in der Zwischenzeit eigentlich passiert ist. Ich habe eben schon erwähnt, dass wir als Bürgerschaft dazu aufgerufen hatten, friedlich zu demonstrieren, weil Anspannung in der Luft lag. Wir sind nun fünf Jahre in der Bürgerschaft vertreten und haben zum ersten Mal solch einen gemeinsamen Aufruf, konkret für eine Demonstration, gemacht. Der Sinn dieses Aufrufs sollte doch sein, deeskalierend und beruhigend zu wirken. Was haben wir feststellen müssen? Das hat leider nicht geklappt. In einem sind sich CDU und DIE LINKE einig. Sie haben es vorhin selbst gemerkt. Ihre Rede hat ähnlich angefangen wie die Rede von Frau Schneider. Wir sind uns in der Analyse einig.

(Zurufe von der CDU)

(Senator Michael Neumann)

Wir können das im Protokoll noch einmal nachlesen.

Die Eskalation führen Sie genauso wie wir darauf zurück, dass dieser Senat die Probleme in dieser Stadt nicht wahrnehmen will und sie nicht bearbeitet. Das ist genau der Punkt.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Worum geht es bei diesen Themen? Bei den EssoHäusern geht es nicht nur darum, dass sie geräumt werden und die Menschen raus müssen. Es geht um ein generelles Problem. Man hat diese Häuser systematisch seit Jahren verrotten lassen, damit man sie abreißen kann. Das bedeutet für die Menschen, die dort die ganze Zeit über gewohnt haben, dass sie mit Sicherheit, wenn neu gebaut ist, dort keinen Wohnraum mehr bekommen. Das heißt, dass sie ihren Stadtteil verlassen müssen. Sie müssen ihr Quartier verlassen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stimmt doch gar nicht! Das ist falsch! Es gibt ganz klare Vereinbarungen mit dem Eigentümer!)

Genau so wird es kommen.

Genau das ist die Frage der Gentrifizierung. Wir werden es sehen, wenn neu gebaut ist. Dann wird es genau so kommen, wie wir es gesagt haben, und das macht die Menschen einfach wütend. Das ist das Erste. Sie können gern sagen, dass das falsch sei.

(Zurufe aus dem Plenum – Glocke)

Nun lassen Sie doch Frau Heyenn erst einmal fortfahren.

Die haben einfach ein bisschen Schwierigkeiten. Ich kann die Nervosität verstehen.

Das Zweite: Wenn Sie, Herr Dressel, sagen, dass die Integrations- und Flüchtlingspolitik dieses Senats vorbildlich sei, dann frage ich mich natürlich, warum eine Kirche Räume für Flüchtlinge schaffen muss, damit sie einigermaßen menschenwürdig in dieser Stadt leben können. Das spricht der Sache doch wohl Hohn.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das Dritte ist die Rote Flora. Sie können sich herausreden, soviel Sie wollen, durch die Privatisierung haben Sie versucht, dieses Problem loszuwerden. Für unterschiedliche Lebensentwürfe, unterschiedliche kulturelle Einstellungen und eine unterschiedliche Gestaltung in Quartieren muss in dieser Stadt Platz sein. Ich habe mit Wohlwollen vernommen, dass Bürgermeister Olaf Scholz – leider erst nach der Demonstration, vorher wäre es

hilfreich gewesen – gesagt hat, eine Rote Flora müsse die Stadt Hamburg aushalten können.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann wird vorher auch noch von Räumung und was weiß ich nicht allem gesprochen. Bestimmte Probleme bauschen sich einfach auf, werden immer emotionaler. Der Senat zieht sich zurück, befasst sich nicht mit den Problemen und nimmt sie nicht einmal zur Kenntnis, und dann werden die Polizisten in die Schlacht geschickt. Wir finden es unverantwortlich, Polizisten Probleme lösen zu lassen, die sie gar nicht lösen können.

(Dirk Kienscherf SPD: Die sollten doch nicht die Probleme lösen!)

Das sind Probleme der Politik und nicht die Probleme der Polizei.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte noch mit zwei Dingen aufräumen. Diese Gleichung, wer die Polizeieinsätze beziehungsweise einzelne Polizisten kritisiere, weil sie die Verhältnismäßigkeit überspannt haben, der sei mit gewalttätigen Demonstranten gleichzusetzen, ist falsch. Genauso falsch ist, dass wir automatisch für Gewalt sind, wenn wir nicht erneut einen Aufruf für Gewaltlosigkeit machen wollen. Das sind Märchen, und damit sollten Sie endlich aufhören.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt nun Herr Münster.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Heyenn, was Sie eben von sich gegeben haben, so etwas habe ich noch nicht gehört,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Irgendwann ist immer das erste Mal!)

insbesondere das, was Sie zu den Esso-Häusern gesagt haben. Irgendetwas haben Sie da nicht mitbekommen. Die Bewohner der Esso-Häuser haben eine feste Zusage, dass sie in die Häuser zurückkommen können. Sogar ein Mietzins ist festgeschrieben worden, und zwar innerhalb der Spanne des sozialen Mietpreises. Es ist eine bodenlose Unterstellung von Ihnen, dass das nicht politisch begleitet würde.

(Beifall bei der SPD)

Zu den Flüchtlingen will ich noch eines sagen. Es steht schon in den Genfer Konventionen, wie man sich zu verhalten hat, wenn man in einen anderen Staat kommt. Man muss sich melden, man muss die örtlichen Behörden um politische Unterstützung bitten und sich in ein Verfahren begeben. Das ist hier nicht anders. Man braucht nicht in die Kirche oder irgendwo anders hin zu gehen. Wenn man

(Dora Heyenn)

sich hier meldet, bekommt man eine Unterkunft und die wird auch entsprechend ausgestattet, sodass man dort vorübergehend leben kann, bis man einen festeren Status hat oder das Land wieder verlassen muss. Das ist eine Tatsache. Es ist nicht so, dass wir politisch nichts tun. Man braucht nicht in eine Kirche zu gehen.

(Beifall bei der SPD und bei Olaf Ohlsen CDU)

Ich will auch noch etwas zu den Gewaltausbrüchen bei der Demo sagen. Gewalt ist aus unserer Sicht zu verurteilen. Wir sind ein Rechtsstaat und das Gewaltmonopol des Staates ist nicht zur Debatte freigegeben.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Hat auch keiner gesagt!)