Protocol of the Session on December 11, 2013

Lassen Sie mich abschließend vielleicht noch etwas zum Bürgerentscheid sagen; die Senatorin hat bereits darauf hingewiesen. Wir haben eine Flächennutzungsplangesetzgebung, die nun einmal ein Landesparlament macht. Es gibt nicht sieben Flächennutzungspläne, für jeden Bezirk einen. In einem solchen Fall hätte der Bürgerentscheid in der Tat eine verbindliche Wirkung gehabt. Wir haben in Hamburg zwei verschiedene Wege für Bürgerbeteiligung, die bezirklichen Bürgerbegehren und die Volksentscheide auf Landesebene, die, wie wir bei den Energienetzen gerade mitbekommen haben, verbindliche Wirkung haben und was Senat und Bürgerschaft 1:1 umsetzen müssen. Wir haben miteinander, wie ich finde, ein sehr weit ausgebautes Recht geschaffen. Und dann kann es rechtlich auch nicht sein, dass ein bezirklicher Bürgerentscheid mit relativ niedrigen Hürden dieselbe Wirkung hat wie ein Volksentscheid mit sehr viel höheren Hürden, bei dem in ganz Hamburg abgestimmt wird. Wir könnten dann in vielen Fällen nach Hause gehen, weil hier politisch nicht mehr viel zu entscheiden wäre.

(Beifall bei der SPD)

Trotzdem kann ich die Enttäuschung und den Ärger der Initiativen sehr gut verstehen. Wir haben uns bemüht, möglichst viele Anliegen aufzunehmen. Ich hoffe auch, dass dies eine Brücke für weitere Gespräche ist, sodass bei den Einzelgenehmigungsverfahren weiter zusammengearbeitet wird. Wenn man diesen politischen und rechtlichen Zwang auf ein Landesparlament ausüben will, dann muss man den Weg der Volksinitiative gehen. Das ist es, was unsere Verfassung dafür vorsieht; über den Bürgerentscheid haut es eben nicht hin. Trotzdem glaube ich, dass ein insgesamt noch vertretbarer Kompromiss gefunden wurde. Wir wissen um die Belastung, die wir den Bürgern vor Ort bereiten, und wir versuchen, mit ihnen im Ge

spräch zu bleiben. Das ist jedenfalls unser Angebot. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Gladiator.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich mich nicht zu Wort melden, aber einen Eindruck, den Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD vermitteln wollen, kann man so nicht stehen lassen. Sie haben mehrfach gesagt, Sie hätten mit den Bürgerinitiativen das Gespräch gesucht und hätten es sich nicht leicht gemacht. Frau Schaal sagte sogar, sie glaube, man habe den Bedenken der Bürger und der Bürgerinitiativen nun Rechnung getragen. Nach allen Beratungen im Ausschuss und wie Sie sich dort verhalten haben, empfinde ich das schon, gelinde gesagt, als Täuschung der Öffentlichkeit und als Täuschung dieses Parlaments, wenn Sie diesen Eindruck erwecken, denn in Wahrheit sind Sie auf keine der Kernforderungen des Bürgerentscheids eingegangen, sondern Sie wollen diesen knallhart missachten.

(Beifall bei der CDU)

Um das zu verdeutlichen, will ich kurz auf drei von Ihnen erwähnte Punkte eingehen, denn ich finde es zynisch, so etwas zu behaupten. Zum einen hatten wir in den Ausschussberatungen verschiedenste Zahlen vorgelegt bekommen: die Zahlen der Bürgerinitiativen, die Zahlen der Betreiber und das, was die Senatsdrucksache selbst hergibt. Es war unsere dringende Bitte, dass wir diese Zahlen objektiv überprüfen lassen, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Das hat die SPD stur verweigert. Die Krönung war dann, dass die Behörde auf unsere Frage, mit welchen Zahlen sie denn arbeiten würde, zugeben musste, dass sie nur die Zahlen der Betreiber und Investoren zugrunde gelegt hat. Meine Damen und Herren, das ist schon ein sehr merkwürdiges Vorgehen für eine Landesregierung.

Der zweite Punkt ist das bereits angesprochene Thema Mediation. In diesem Hause haben drei Fraktionen, die sonst nicht immer einer Meinung sind – CDU, FDP und GRÜNE – im August ein Mediationsverfahren beantragt, weil wir wollten, dass zumindest alle Chancen genutzt werden, um einen Ausgleich zwischen den Interessen des Senats und den Interessen der Bevölkerung in Bergedorf und Harburg herbeizuführen. Diese beiden Anträge wurden über Monate im Ausschuss verschleppt. Sie wurden nicht beraten, nicht behandelt. Im Dezember erklärte dann Herr Dr. Dressel, nun sei es zu spät, man könne kein Mediationsverfahren mehr starten, darauf hätte man früher kommen müssen. Das empfinde ich, ehrlich gesagt, als einen Schlag ins Gesicht der vielen Menschen, die

sich für ihren Standort, ihr Wohnumfeld engagieren. Und ganz ehrlich, das ist auch eine Verhöhnung und Düpierung dieses Parlaments.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Gladiator, ich muss Sie leider noch einmal unterbrechen. Mir ist gerade gesagt worden, dass die Zuhörer schon einmal ermahnt worden sind, dass Beifallskundgebungen für sie nicht gestattet sind. Ich bitte Sie wirklich, sich daran zu halten. – Sie haben das Wort.

Dies bleibt bei Ihnen hängen, denn Sie können davon nicht mit Argumenten wie Zeitdruck oder äußeren Zwängen ablenken. Sie selbst haben bewusst politisch entschieden, dieses Mediationsverfahren nicht zu starten. Sie haben eben nicht versucht, den Ausgleich der Interessen zwischen der Bevölkerung und Ihrer Senatspolitik herbeizuführen. Sie sollten deshalb dringend damit aufhören, das immer wieder zu behaupten. Das glaubt Ihnen ohnehin niemand mehr.

(Beifall bei der CDU)

Eine kurze Anmerkung noch zur Sachverständigenanhörung. Herr Dr. Duwe hat zu Recht gesagt, dass eine Sachverständigenanhörung, die zu 95 Prozent aus jenen besteht, die wirtschaftlich von einer F-Planänderung profitieren, Objektivität nun wirklich vermissen lässt. Wir haben dort als Opposition Fragen gestellt, und die Behörde wollte zentrale Fragen zu Protokoll erklären. Das Protokoll liegt mittlerweile vor. Die entscheidenden Antworten der Behörde sind dem Parlament aber noch nicht vorgelegt worden. Wir sollen also heute über einen Senatsantrag beschließen, und Sie verweigern uns die Grundlagen Ihrer Aussagen. Das ist eindeutig eine weitere Bestätigung dafür, dass Sie ohne Rücksicht auf die Menschen in Bergedorf etwas durchs Parlament peitschen wollen, koste es, was es wolle.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Noch eine kurze Anmerkung zum Energie-Campus. Niemand von uns hat gefordert oder behauptet, der Energie-Campus solle nicht realisiert oder irgendwohin verlagert werden. Das ist übrigens ein Projekt, das schon lange vor Ihrer Regierungszeit überlegt wurde. Wir haben deutlich gemacht, dass der Energie-Campus richtig ist und realisiert werden soll und dass der Standort für die Windenergieanlagen nicht direkt vor der Haustür sein muss, dass dafür Flächen im Hafen infrage kommen. Es wurde auch von Sachverständigen in der Anhörung bestätigt, dass dies möglich ist.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Nur die HAW nicht!)

(Dr. Andreas Dressel)

Erwecken Sie daher nicht den Eindruck, das sei nicht möglich. Fakt ist, Sie wollen nicht, dass die Anlagen woanders stehen. Das müssen Sie den Menschen dann auch so ehrlich sagen.

(Beifall bei der CDU)

Zu Ihrem Antrag möchte ich nur einen Satz sagen. Er wirkt auf mich zum einen wie der verzweifelte Versuch, der eigenen Fraktion das gute Gefühl zu geben, ruhig zustimmen zu können, weil es so schlimm nicht sei. Das trifft aber in keinem Fall zu, das ist deutlich geworden. Zweitens erweckt er den Eindruck, als wollten Sie den Bergedorfern eine Beruhigungspille verabreichen. Ihr Pech ist nur, dass die Bergedorfer schlauer sind als Sie denken. Sie haben deutlich erkannt, dass dieser Antrag nicht mehr ist als ein Placebo. Dieses Vorgehen, dieses Missachten des Bürgerentscheids wird Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen vor Ort gehörig auf die Füße fallen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Dr. Schaal.

(Dietrich Wersich CDU: Das kann sie nicht auf sich sitzen lassen!)

In Eimsbüttel habe ich den Flughafen sehr dicht am Ohr. Ich hätte lieber eine Windmühle als den Flughafen neben dem Haus.

(Zurufe von der CDU)

Das war eine sehr persönliche Erklärung. Deswegen bin ich allerdings nicht nach vorn gegangen, Herr Wersich, sondern ich möchte gern auf das Argument von Herrn Gladiator eingehen, das Sie hier erneut – wie schon im Ausschuss – im Munde geführt haben, nämlich dass wir das Verfahren verschleppt hätten.

(Wolfhard Ploog CDU: Das ist doch nicht verboten!)

Es ist nicht verboten. Jeder blamiert sich, so gut er kann.

(Beifall bei der SPD)

Sie müssen einmal in die Unterlagen schauen und den Ablauf des Verfahrens nachvollziehen. Bei praktisch jeder Änderung, die zugunsten der Bergedorferinnen und Bergedorfer vorgenommen wurde, gab es die Notwendigkeit, das Planverfahren wieder aufzumachen, die Unterlagen neu auszulegen. Das wissen Sie genau, das hat Zeit gekostet. Deshalb hat es so lange gedauert. Das ist im Verfahren gewesen, das ist noch nach dem Bürgerentscheid gewesen.

(Birgit Stöver CDU: Warum der Alleingang dann?)

Es hat also drei neuerliche Auslegungen gegeben. Damit ist man auf die Bürgerinnen und Bürger zugegangen. Und wenn Sie darüber lachen, dann sollten Sie einmal überlegen, wie Sie das den Leuten verkaufen wollen. Es sind die Abstände zu den Wohnbebauungen geändert worden. Nehmen Sie das nicht zur Kenntnis, oder wie?

(Dr. Andreas Dressel SPD: In Neuengam- me!)

In Neuengamme sind ganze Eignungsstreifen verschoben worden. Dann mussten die Pläne wieder neu ausgelegt werden. Wo, bitte, ist die Verschleppung? Der Ablauf des Verfahrens ist vorgeschrieben. Wenn Sie etwas ändern, dann müssen Sie wieder von vorn anfangen.

(Wolfhard Ploog CDU: Sie verstehen es ein- fach nicht!)

Er versteht es offensichtlich nicht.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Dann zum zweiten Argument. Sie haben über irgendwelche Daten gesprochen. Ich gehe einmal davon aus, dass Sie die Auseinandersetzung über die Effizienz von Windenergieanlagen im Verhältnis zur Höhe meinen. Wir haben eine lange Diskussion darüber geführt, wir hatten Experten dazu im Ausschuss. Es waren Vertreter aus der Windbranche da, es waren Vertreter der Banken da. Wir konnten zusätzlich eine wissenschaftliche Untersuchung darüber zur Kenntnis nehmen, wie sich das Verhältnis von Höhe zur Effizienz von Windenergieanlagen verhält.

(Olaf Ohlsen CDU: Das wissen wir doch al- les!)

Sie können Listen von einzelnen Windenergieanlagenherstellern nehmen. Dort können Sie genau nachvollziehen, was eine Anlage in welcher Höhe und mit welcher Rotorgröße bringt. Alles das können Sie nicht von der Hand weisen. Wir wissen zum Beispiel nicht, welche Daten dort von Ihnen vorgetragen wurden, von wem die stammen und wie die zustande kommen. Wir können uns nur darauf verlassen, was auf dem Tisch lag, und dann müssen wir leider sehen, dass es bei einer Gesamthöhe von 100 Metern leider nicht möglich ist, effizient zu arbeiten. Die Erträge sind zu gering, auch im Verhältnis zu den sinkenden Einspeisevergütungen.

(Birgit Stöver CDU: Wo bleibt der Mensch, wo ist das Argument Mensch?)

Sie wissen auch, dass die Einspeisevergütungen nicht erst sinken, wenn die Koalition vielleicht das EEG geändert hat. Sie wissen, dass die Einspeisevergütungen bei der Windenergie, bereits im EEG angelegt, sich sukzessive jedes Jahr um 1,5 Prozent verringern. Es wird immer weniger, also muss man sehen, dass man effizient wird, sonst kann

(Dennis Gladiator)

man weder damit Geld verdienen noch die Energiewende schaffen. Das kleine Zeug bringt nichts. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Das Wort bekommt Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben eine Situation, in der wir um den Umgang mit einem Akt der direkten Demokratie ringen.

(Olaf Ohlsen CDU: Ja, du bist so ein kleiner Ringer!)