Die Dublin-II-Verordnung muss so verändert werden, dass die Verantwortung für den Flüchtlingsschutz der Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen in eine faire und solidarische Verantwortungsteilung der EU überführt wird. Europäische Mindeststandards, auch in Italien, für die Ausgestaltung des Asyl- und Flüchtlingsschutzes, insbesondere bezogen auf die humanitäre, wirtschaftliche, gesundheitliche und Wohnsituation, müssen gegenüber den Mitgliedsstaaten durchgesetzt werden, gegebenenfalls durch eine solidarische Unterstützung. Gemeinsam mit unserer Bundestagsfraktion und unserer Fraktion in der EU werden wir uns dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen für eine humanitäre und rechtsstaatliche Flüchtlingspolitik verbessert werden.
Hamburg ist eine liberale und weltoffene Stadt. Wir stellen uns unserer Verantwortung, um das Leben aller Menschen in der Stadt insgesamt noch lebenswerter zu gestalten. Hamburg stellt sich der Verantwortung, die Unterbringung von Flüchtlingen vor Ort zu gestalten, auch vor Ort präsent zu sein. Hamburg ermöglicht allen Kindern den Besuch von Kitas und Schulen, auch Kindern von Flüchtlingen
und Papierlosen. Hamburg finanziert Bildungs- und Teilhabeleistungen für die Kinder von Flüchtlingen freiwillig aus Landesmitteln, weil die Bundesregierung das bisher ablehnt. Flüchtlinge können in Hamburg, ebenfalls finanziert aus Landesmitteln, an Integrationskursen teilnehmen. Hamburg ermöglicht Papierlosen medizinische Versorgung. Hamburg betreibt eine vorbildliche intensive Einbürgerungskampagne.
Hamburg hat als erstes Bundesland Verträge mit den Aleviten und muslimischen Religionsgemeinschaften geschlossen.
Hamburg hat das Landesanerkennungsgesetz verabschiedet, das auch Flüchtlingen zugutekommt. Wir haben die Hürden für die Finanzierung des Lebensunterhalts während der beruflichen Bildung von Flüchtlingen als Thema aufgegriffen und werden versuchen, das auf Bundesebene weiter zu verbessern. Diesen Weg werden wir konsequent weitergehen.
Wenn wir uns dafür einsetzen, die Flüchtlinge durch Einzelfallprüfung zu legalisieren, dann verharmlosen wir damit weder die Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa, noch geht es um die sofortige Abschiebung nach Italien. Wir diskreditieren auch nicht die humanitäre Unterstützung durch viele solidarische Hamburgerinnen und Hamburger. Hamburg lebt auch von einer lebendigen Zivilgesellschaft.
Humanitäre Hilfe, rechtsstaatliches Handeln sowie politische Forderungen und Initiativen für eine andere Flüchtlingspolitik auf Bundes- und Europaebene gehören für uns zusammen. Wir wollen Flüchtlingen in Hamburg eine existenzsichernde und soziale Lebensgrundlage gewähren.
Wir wollen für jene, die sich auf der Flucht befinden, Schutz und Sicherheit gewährleisten. Und wir wollen für jene, die aus ihren Ländern aufgrund von Perspektivlosigkeit nach Europa flüchten, eine wirksame Entwicklungspolitik unterstützen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Das ist unstrittig und zählt zum Kernbereich des gemeinsamen Europas, was mein Vorredner gerade gepriesen hat. Unsere Rechtsgemeinschaft gehört auch dazu. Zum Kernbereich des Rechtsstaats zählt aber auch, dass sich alle – ich wiederhole: alle – an Recht und Gesetz halten und den Gesetzen Folge leisten.
Eine Relativierung des Rechtsstaatsprinzips ist nicht hinnehmbar, auch wenn die Motive von noch so guten Idealen getragen werden. In Hamburg gibt es derzeit einen breiten gesellschaftlichen Konsens darüber, dass wir Menschen, die durch Krieg und Verfolgung zu uns gekommen sind, auf Zeit eine Bleibe bieten. Erfreulich ist, dass sich nicht nur die Stadt der Aufgabe annehmen will, diese Menschen zu unterstützen, sondern auch einige Kirchengemeinden in Hamburg das tun.
Der gestalterische Wille zu helfen muss jedoch unter Wahrung rechtsstaatlicher Regeln erfolgen. Weder Staat noch Kirche oder auch, Frau Möller, private Dritte haben das Recht, die Regeln des Rechtsstaats außer Kraft zu setzen.
(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der SPD und bei Katja Suding FDP – Antje Möller GRÜNE: Gut, dass Sie das schon einmal gesagt haben!)
Ich fordere daher die GRÜNEN und die LINKEN, aber auch alle sozialen Gruppen, die Hilfe leisten wollen, auf, sich an diese Regeln zu halten und die Gesetze zu achten. Das gilt übrigens auch für das Parlament.
Das liegt nicht nur im Interesse der Rechtsgemeinschaft, sondern auch im Interesse der Kirchengemeinden selbst. Nichts dürfte für eine Kirchengemeinde unangenehmer sein, als auch nur in Verdacht zu geraten, möglicherweise eine von der internationalen Gemeinschaft gesuchte Person zu
beherbergen. Mitleid aus Menschlichkeit und der Wille zu helfen sind sicherlich richtig und wichtig.
Dies muss aber kontrollierbar sein, wie es Senator Neumann vorgetragen hat. Jene, die meinen, den Flüchtlingen dadurch zu helfen, indem sie Steine und Flaschen auf Polizisten werfen, schaden dem gesellschaftlichen Konsens. Das ist nicht hinnehmbar und darf nicht wieder vorkommen.
Ich bin schon sehr verwundert, dass nicht nur die GRÜNEN, sondern auch die SPD Asylsuchende ins Rathaus eingeladen haben, anstatt die Menschen vor Ort in den Einrichtungen anzusprechen. Die vor uns stehende Aufgabe können und sollten wir gemeinsam angehen – mit Weitsicht, gegenseitigem Respekt und ohne Profilierung auf Kosten betroffener Menschen.
Ich erwarte daher von Ihnen, Herr Senator Neumann, dass Sie weiterhin auf die Kirchen zugehen und auf die Einhaltung von Recht und Gesetz hinwirken. Ich begrüße es sehr, dass Bischöfin Fehrs für eine an den Gedanken des Rechtsstaats orientierte Lösung eintritt. Gleichzeitig sollte die Kirche einmal überlegen, ob sie auch Grundstücke – und die gibt es in Hamburg sehr zahlreich, bei mir in Rahlstedt sind es eine ganze Menge – für die öffentliche Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung stellen könnte. Sozialsenator Scheele würde dieses Angebot sicherlich sehr dankbar annehmen. Sehen Sie, jetzt habe ich Sie angesprochen, Herr Senator. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass der größte Affront anscheinend darin besteht, dass die GRÜNEN und auch die SPD Asylsuchende ins Rathaus eingeladen haben – Herr Warnholz, das haben Sie eben gesagt –, finde ich bei dieser Debatte fast schon wieder amüsant.