Protocol of the Session on September 25, 2013

(Beifall bei der CDU)

Um das sicherzustellen, brauchen wir jetzt kein alternativloses Hauruckverfahren, sondern eine Prüfung und eine Transparenz über alle denkbaren Varianten mit ihren Vor- und Nachteilen.

(Dr. Andreas Dressel)

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Da waren Sie ja vorher Spezialist!)

Als Kriterium für diese Prüfungen ist es unerlässlich, dass die Versorgungssicherheit immer gewährleistet bleibt. Wir können es uns weder leisten, dass der Strom für die Industriebetriebe ausfällt, noch können wir es uns leisten, dass 40 000 Haushalte ohne Fernwärme dastehen, weil die notwendigen Investitionen in den Ausbau der Fernwärme unterbleiben.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Das zweite Kriterium muss sein, dass wir eine diskriminierungsfreie Ausschreibung bekommen, und dazu passt nicht, dass der Bürgermeister bereits, bevor die Ausschreibung gestartet worden ist, das Ergebnis vorwegnimmt. Wir brauchen ein juristisch einwandfreies Vorgehen und wir brauchen auch keinen politischen Druck, der am Ende dazu führt, dass wir einen überhöhten Preis zahlen müssen. Hamburg droht das Energiechaos, und es drohen jahrelange juristische Rechtsstreitigkeiten mit immensen Kosten. Deshalb bieten wir Ihnen unsere Zusammenarbeit an, Herr Scholz,

(Wolfgang Rose SPD: Das hört man!)

eine Zusammenarbeit der Vernunft auf der Basis der von uns heute in unserem Antrag vorgelegten Vorschläge. Wir werden aber nicht wieder einer selbstherrlichen SPD die Kohlen aus dem Feuer holen.

(Beifall bei der CDU)

Nun hat Herr Kerstan das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach einer jahrelangen Diskussion in dieser Stadt über den Rückkauf der Energienetze haben der Streit und die Auseinandersetzung nun ein Ende. Die Bürgerinnen und Bürger haben entschieden, und sie haben entschieden, dass die Stadt nun alles dafür tun soll, damit die Energienetze und die Fernwärmeversorgung wieder in die öffentliche Hand zurückkommen. Nach dieser teilweise sehr hart geführten Auseinandersetzung, die mit Sicherheit auch auf beiden Seiten ihre Spuren hinterlassen hat, ist es jetzt die gemeinsame Aufgabe von Bürgerschaft und Senat, den Bürgerwillen zügig und umfassend umzusetzen. Und wir als GRÜNE Fraktion möchten der SPD ausdrücklich anbieten, in diesem Prozess, der nicht einfach werden wird, konstruktiv mitzuarbeiten, damit wir in dem Umsetzungsprozess die Spaltung der Stadt in dieser wichtigen Frage auch überwinden können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Erlauben Sie mir die Bemerkung, lieber Kollege Wersich von der CDU: Mit Ihrer Rede eben haben

Sie keinen Beitrag dazu geleistet, die Spaltung dieser Stadt aufzuheben.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Gemeinsam mit der SPD haben Sie gegen die Bürgerinnen und Bürger gekämpft und schieben nun, da der Volksentscheid verloren gegangen ist, einzig und allein der SPD die Schuld zu.

(Wolfgang Rose SPD: Hier hat niemand ge- gen die Bürger gekämpft!)

Gegen die Initiative. Entschuldigen Sie, ich weiß, die Emotionen kochen noch hoch, und deshalb ist diese Debatte auch wichtig.

Sie haben gemeinsam gegen die Volksinitiative gekämpft, und ich finde es eigentlich nicht anständig, dann einzig und allein der SPD die Schuld dafür zuzuschieben und zu versuchen, weiterhin vor dem Ergebnis des Volksentscheids Stimmung zu machen. So kommen wir hier nicht konstruktiv weiter.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Norbert Hackbusch DIE LINKE)

Deshalb begrüßen wir es ausdrücklich, dass die SPD sich nach dem Volksentscheid auf den Weg gemacht hat, diesen ohne Wenn und Aber umzusetzen. Uns GRÜNEN muss niemand sagen, was es bedeutet, einen Volksentscheid zu verlieren und dann hinterher genau das umsetzen zu müssen, wogegen man vorher inhaltlich gekämpft hat. Deshalb nehmen wir mit Anerkennung zur Kenntnis, dass die SPD sich diesem Auftrag stellt. Wir haben auch zur Kenntnis genommen und wollen das heute deutlich würdigen, dass es in den letzten Tagen, nachdem Sie uns Ihren Antrag vorgelegt haben, durchaus Bewegung in der Diskussion gegeben hat, diesen Antrag gemeinsam weiterzuentwickeln, denn eines ist wichtig: Wir können diesen Prozess nur gemeinsam zum Erfolg führen, wir haben da schon die ersten wichtigen Schritte getan, und das ist auch gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Deshalb werden wir heute vielen Punkten des SPD-Antrags, wenn wir am Ende bei der Debatte und der Abstimmung der Anträge sind, zustimmen. Es gibt aber auch bestimmte Punkte, in denen wir uns bisher noch nicht einig sind. Der Volksentscheid fordert Bürgerschaft und Senat auf, gemeinsam aktiv den Volksentscheid umzusetzen. Der Antrag der SPD sieht in diesem Bereich den Ball eher beim Senat, der, nachdem er angefangen hat zu handeln, die Bürgerschaft informiert, und die Bürgerschaft berät dann darüber.

Das ist kein guter Weg, um diese gespaltene Stadt zu einen, denn eines muss doch klar sein: Es darf nicht einmal der Ansatz des Verdachts entstehen,

(Dietrich Wersich)

dass bei der Umsetzung des Volksentscheids vielleicht der Wille oder die richtigen Schritte fehlen, die notwendig sind. Deshalb muss am Anfang dieses Prozesses aus unserer Sicht zwingend erfolgen, dass Bürgerschaft, Senat und die Volksinitiatoren gemeinsam über die nächsten notwendigen Schritte beraten. Genau das ist auch beim letzten Volksentscheid unter Schwarz-Grün geschehen. Es hat vier gemeinsame Sitzungen des Haushaltsausschusses und des Schulausschusses gegeben, in denen gemeinsam mit den Initiatoren von "Wir wollen lernen" über die nächsten Schritte beraten wurde. Da sehen wir noch Defizite im Antrag der SPD, aber wir haben zur Kenntnis genommen, dass Sie durch Neufassungen Ihres Antrags diesem teilweise Rechnung getragen haben und Sie jetzt diese Anträge an den Ausschuss überweisen wollen, sodass wir im weiteren Verfahren diese Punkte hoffentlich noch klären und einvernehmlich und ohne Streit das tun können, was die Bürgerinnen und Bürger uns aufgetragen haben, nämlich alles zu tun, um die Energienetze zurück in die öffentliche Hand zu holen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Suding.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Gleich vorweg: Die FDP-Fraktion akzeptiert selbstverständlich das Ergebnis des Volksentscheids vom letzten Sonntag, auch wenn ich natürlich nicht verhehlen möchte, dass wir uns ein anderes Ergebnis gewünscht hätten. Aber unabhängig davon, welches Ergebnis wir jetzt haben und wie knapp es am Ende gewesen ist, ist es nun Aufgabe von Senat und Bürgerschaft, mit diesem Votum der Hamburgerinnen und Hamburger vernünftig und verantwortungsvoll umzugehen. Die Frage des Rückkaufs der Energie- und Versorgungsnetze ist entschieden, jedenfalls vorerst. Die Befürworter eines Rückkaufs haben eine denkbar knappe Mehrheit errungen, und nun müssen die notwendigen Schritte zur Umsetzung erfolgen.

Wir als FDP-Fraktion werden uns den Beratungen dazu nicht verschließen, sondern sie konstruktiv unterstützen; dazu kommen wir heute später noch einmal.

(Beifall bei der FDP – Erster Vizepräsident Frank Schira übernimmt den Vorsitz.)

Politisch ist dieses Ergebnis aber ein Worst Case, denn es ist denkbar knapp. Die eine Hälfte der Hamburger ist für den Kauf, die andere ist dagegen, und nur 15 000 Hamburger haben am Ende den Ausschlag gegeben. Keiner der beiden Seiten ist es also am Ende gelungen, eine klare Mehrheit zu überzeugen. Die Stadt ist gespalten, und das ist

eine sehr schwierige Ausgangslage, die wir jetzt hier haben.

Ich möchte mich an dieser Stelle einmal für die gute Zusammenarbeit mit dem Bündnis "Nein zum Netzkauf" bedanken, aber auch für die Zusammenarbeit mit der SPD und der CDU. Trotz Bundestagswahlkampf haben wir in dieser etwas ungewöhnlichen Konstellation für unsere Überzeugung und gegen die Vollverstaatlichung der Netze gekämpft – dafür vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Andreas Dressel SPD)

Aber, und das gehört an dieser Stelle auch zur Wahrheit, das Ergebnis des Volksentscheids ist vor allem eine Niederlage für den Ersten Bürgermeister Olaf Scholz, denn eine breitere Unterstützung aus der Mitte unserer Gesellschaft, von Kammern, von Verbänden, von Gewerkschaften und von drei Bürgerschaftsfraktionen, hätte man sich in einer Sache kaum vorstellen können. Genützt hat es am Ende und im Ergebnis wenig, und das hat vor allem mit der inkonsequenten Haltung des Ersten Bürgermeisters zu tun. Dass diejenigen Argumente aus dem Mund des Bürgermeisters, die bei der Beteiligung von 25,1 Prozent noch stark und richtig gewesen sein sollen, bei einer Vollverstaatlichung plötzlich nicht mehr gelten sollten, das haben viele Hamburger nicht verstehen können, und ich kann es ihnen nicht verübeln.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir als FDP-Fraktion haben uns seit Beginn der Debatte grundsätzlich gegen jede Form der städtischen Beteiligung an den Energienetzen ausgesprochen. Wenn Sie, Herr Bürgermeister, uns da gefolgt wären, dann wäre Ihnen und vor allem der Stadt jede Menge Ärger erspart geblieben und vor allem wäre dem Steuerzahler erspart geblieben, jetzt 2 Milliarden Euro Schulden machen zu müssen.

Meine Damen und Herren! Energiepolitisch steht diese Regierung jetzt mit leeren Händen da. Der Senat steht wieder am gleichen Ausgangspunkt wie vor über zwei Jahren. Aus Sicht der FDP-Fraktion ist es nun notwendig, zügig in die Beratungen zu einem neuen Energiewendekonzept für Hamburg einzusteigen, und daran werden wir uns als Fraktion auch intensiv beteiligen.

Gestatten Sie mir aber noch einige grundsätzliche Anmerkungen zum Instrument des Volksentscheids und zur Umsetzung in Hamburg. Frau Heyenn, ich kann Ihre Euphorie nicht ganz teilen. Das aktuelle Beispiel vom letzten Sonntag sollte für die Bürgerschaft Anlass sein, die Ausgestaltung von Volksentscheiden und die Fragestellungen in den Vorlagen an die Bürger noch einmal zu analysieren. Dabei geht es mir in erster Linie um die Umsetzbarkeit und die Klarheit. Ich meine nämlich, dass irreführende und absolut vage Fragestellun

(Jens Kerstan)

gen, wie sie den Hamburgerinnen und Hamburgern beim Netzevolksentscheid von der Initiative "Unser Hamburg – unser Netz" vorgelegt wurden, ein riesengroßes Potenzial für Frust und Politikverdrossenheit bieten.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU – Zurufe von den GRÜNEN)

Problematisch ist, dass das, was in der Vorlage zum Volksentscheid stand, nämlich die Übernahme der Netze, gar nicht so einfach umgesetzt werden kann. Sicher ist nicht einmal, ob es überhaupt gelingt, auch nicht beim besten Willen und beim größten Engagement vonseiten der Stadt. Dessen sollten wir uns alle gemeinsam klar werden, und unabhängig davon, ob wir uns das Ergebnis dieses Volksentscheids so gewünscht haben oder nicht, sollten wir über eine Weiterentwicklung der Gesetzgebung nachdenken.

(Glocke)

Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Verzeihen Sie, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Frau Kollegin, was war denn Ihrer Ansicht nach bei der Formulierung irreführend, dass alle notwendigen Schritte eingeleitet werden müssten?

Wenn man eine solche Formulierung benutzt und einen solchen Wahlkampf dazu geführt hat, dann hat man den Bürgern schon klar gemacht, dass man mit einem Ja die Netze zurückbekommt. Und wenn Sie mit den Menschen gesprochen haben, dann haben sie genau das gesagt. Ich halte das wirklich für irreführend, da müssen wir uns als Bürgerschaft Gedanken machen,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Quatsch!)