Protocol of the Session on May 19, 2011

Meine Damen und Herren! Wir appellieren an den Senat: Verspielen Sie das nicht. Wenn Sie Hamburg auf diesem Weg weiterentwickeln wollen, können Sie sich der Unterstützung meiner Fraktion sicher sein. Wie bereits erwähnt, ist hierfür die Kooperation mit Schleswig-Holstein von zentraler Bedeutung. Möglicherweise haben die Schleswig-Holsteiner recht, wenn sie sagen, dass Hamburg stärker auf die Kooperation angewiesen sei. Zweifellos aber hat Hamburg als Metropole große Strahlkraft für die gesamte Metropolregion und darüber hinaus.

(Andy Grote SPD: Was hat das mit dem An- trag zu tun?)

Ausländische Investoren wissen nicht um die föderalen Strukturen Deutschlands. Wir dürfen uns nicht aus Gründen der Kleinstaaterei wichtige Unternehmensansiedlungen durch die Lappen gehen lassen. Von Gewerbeansiedlungen auf Hamburger Gebiet profitiert unser nördlicher Nachbar genauso wie Hamburg von denen in Schleswig-Holstein. Sogenannte Tandemlösungen schaffen Synergieeffekte und fördern die Wachstumsrendite in beiden Ländern.

Meine Damen und Herren! Die Einrichtung des gemeinsamen Gewerbeflächeninformationssystems und -konzeptes innerhalb der Metropolregion geht in die richtige Richtung, reicht aber bei Weitem nicht aus. Hier bedarf es einer stärkeren Impulskraft. Es ist notwendig, eine Institution für eine abgestimmte Ausweisung von Flächen zu schaffen. In Schleswig-Holstein gibt es dazu bereits sehr konkrete Vorstellungen, um Norddeutschland als europäische Wachstumsregion Nord und Technologiestandort zu profilieren. Möglich wäre eine stärkere Funktions- und Arbeitsteilung, denn Hamburg und das Land zwischen den Meeren haben unterschiedliche Stärken und bieten unterschiedliche Perspektiven. Es gilt, den Hafen- und Luftfahrtstandort Hamburg mit seiner maritimen Wirtschaft mit den schleswig-holsteinischen Unternehmen im Bereich Life Sciences und erneuerbare Energien sinnvoller zu vernetzen.

Wenn man diese Kooperation intensiviert und die jeweiligen Stärken beider Länder effizient bündelt, wird das gerade auch dem Arbeitsmarkt zugute kommen. Schon jetzt ist die relativ geringe Arbeitslosenzahl in Hamburg erfreulich, durch intensive

Kooperation werden die Chancen auf Vollbeschäftigung sicher gesteigert werden.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das steht gar nicht in Ihrem Antrag!)

Das Ziel von Senator Horch, eine Arbeitslosenquote von unter 6 Prozent bis 2015, ist uns zu verzagt; da ist wirklich mehr möglich. Es steht für uns außer Frage, dass eine verstärkte Kooperation für beide Bundesländer und ihre Bewohner gerade auch fiskalisch immer eine Win-Win-Situation bedeutet. Ich fordere den Rest der Senatskollegen wirklich auf, sich bei ihrem Bürgermeister dafür stark zu machen. Daran sollten Sie gemeinsam arbeiten. – Danke schön

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Grote.

(Dietrich Wersich CDU: Da strömt aber nie- mand rein, Herr Grote!)

– Ich gebe der CDU, die das Thema angemeldet hat, erst einmal die Chance, die Reihen wieder ein bisschen zu füllen. Aber das sieht noch nicht so gut aus.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Die sind alle in Norddeutschland unterwegs!)

Das glaube ich auch.

Der Antrag soll sich eigentlich um norddeutsche Zusammenarbeit drehen und insbesondere um das Landesplanungsamt. Das konnte man Ihrem Beitrag, Herr Roock, über weite Strecken nicht entnehmen. Da ging es mehr um Wahlkampfschützenhilfe für Ihren Spitzenkandidaten in SchleswigHolstein, der sich nicht ordentlich behandelt fühlt. Das gehört hier nicht her, sondern wir sollten uns vielleicht doch ein bisschen mehr mit dem Thema Ihres Antrags beschäftigen.

Norddeutsche Zusammenarbeit ist wichtig. Es wäre übrigens auch gut gewesen, wenn das Thema zu Ihrer Regierungszeit schon wichtiger genommen worden wäre. Beim Thema Elbvertiefung hätte zum Beispiel gemeinsam mit Niedersachsen wirklich etwas erreicht werden können. Da sind Sie leider deutlich unter dem geblieben, was erforderlich gewesen wäre. Insgesamt praktizieren wir gerade in der Metropolregion seit vielen Jahren, und nicht erst seit Ihrer Zeit, erfolgreich eine Zusammenarbeit und das stellt niemand in Frage. Das soll weiterbetrieben und überall intensiviert werden, wo es notwendig ist.

Natürlich gehört dazu auch die Zusammenlegung von Verwaltungseinheiten, und zwar überall dort, wo es eine identische Interessenlage gibt und wo sich Synergien ergeben. Das funktioniert allerdings nicht immer. Die Erfahrungen werden Sie auch ge

macht haben, zum Beispiel hat Hamburg jetzt mit dem Statistikamt Nord höhere Kosten als mit dem Statistischen Landesamt. Das ist sicherlich kein gelungenes Beispiel für eine Zusammenlegung. Insofern sollte man den Nutzen und den Sinn solcher neuen gemeinsamen Verwaltungseinheiten vorher sorgfältig prüfen. Natürlich müssen auch nicht überall, wo es Koordinierungs- und Abstimmungsbedarfe gibt – die gibt es in fast jedem Themenbereich –, gleich gemeinsame Behörden geschaffen und Verwaltungseinheiten zusammengelegt werden, sondern es gibt eine Vielzahl von Abstimmungsmechanismen und Instrumenten und man kann sicher auch noch über weitere nachdenken. Aber bevor man neue Behörden schafft, sollte man zunächst Vorsicht walten lassen.

Das hat die CDU auch schon gewusst, denn sie hat zu Beginn der letzten Legislaturperiode schon einmal einen Antrag zu dem Thema eingebracht; Herr Roock, Sie werden sich vielleicht noch daran erinnern. Da schreiben Sie:

"Der Senat wird ersucht,

1. die Abstimmung mit dem Land SchleswigHolstein und dem Land Niedersachsen und den Kreisen und Gemeinden in der Metropolregion Hamburg fortzusetzen und sich für die Schaffung einer Gemeinsamen Planungskonferenz für die Metropolregion Hamburg der Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg einzusetzen […].

2. zu klären, wo die Schnittstellen der Planungskonferenz zu Regionsrat […] und Regionalkonferenz […] der Metropolregion liegen sollen."

Und irgendwann kommt dann:

"4. zu prüfen, ob und inwieweit eine zukünftige Verschmelzung zumindest der Landesplanungen von Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen [das ist jetzt weggefallen] sinnvoll und umsetzbar ist."

Da muss ich Sie doch fragen, was denn in den drei Jahren passiert ist, in denen Sie das selbst in der Hand hatten. Was ist denn das Ergebnis dieser Prüfung? Was hat denn Ihr Senat, dem das so wichtig war, wie Sie gerade noch einmal erzählt haben, eigentlich getan? Was ist denn dabei herausgekommen? Ich kenne keine Ergebnisse. Das hätte mit Hochdruck bearbeitet werden müssen und es hätte uns etwas vorliegen müssen. Das ist aber in Wahrheit nicht passiert, das wissen Sie auch; es liegt dazu nichts vor. Jetzt kippen Sie die unerledigten Restposten Ihrer Regierungszeit dem neuen Senat vor die Füße und sagen: Macht mal. Sie halten die Prüfung, die Sie vor drei Jahren für erforderlich gehalten haben und die Ihr eigener Senat nicht vollzogen hat, nicht einmal mehr für notwendig, sondern jetzt soll das gleich umgesetzt

(Hans-Detlef Roock)

werden. Das ist keine besonders überzeugende und ernsthafte Politik,

(Beifall bei der SPD)

das ist ein Verlegenheitsantrag in Ermangelung substanzieller inhaltlicher Initiativen; das wissen Sie auch.

Im Übrigen gibt es natürlich auch Gründe dafür, warum Ihr Senat das nicht konsequent weiterverfolgt hat. Die Landesplanung ist nicht ein Bereich, in dem unsere Interessen zwingend gleichlaufend sind mit denen der Nachbarländer; das ist doch völlig klar. Bei der Ansiedlung wichtiger Nutzungen und bei der Frage, wie wir über bestimmte Flächen disponieren, gehen die Interessen gelegentlich auseinander. Insofern ist da eine Abstimmung gut, aber eine Vereinheitlichung in einer gemeinsamen Behörde schwierig.

(Hans-Detlef Roock CDU: Das kann man re- geln!)

Dann warte ich auf Ihren konkreten Vorschlag, wie man das regeln kann, Herr Roock.

(Hans-Detlef Roock CDU: Steht doch im An- trag!)

Landesplanung ist ein entscheidendes Gestaltungsinstrument, um Hamburger Interessen durch Planverfahren auf Hamburger Flächen auch umzusetzen, und Sie wissen genau, wenn wir das aus der Hand geben und keinen direkten Zugriff mehr haben, dann ist der Einfluss eingeschränkt. Deswegen ist es sehr genau zu überlegen, ob das sinnvoll ist. Natürlich ist die Landesplanung eng verzahnt mit der Arbeit der Stadtplanungsabteilungen in den Bezirken. Auch das können Sie doch nicht sauber koordinieren, wenn Sie die eine Ebene gemeinsam mit Schleswig-Holstein organisieren und die andere Ebene in Hamburg bleibt. Im Übrigen sind natürlich für 90 Prozent aller Planungen, die wir in Hamburg betreiben, keine Abstimmungen im engeren Sinne mit den Nachbarländern notwendig, sondern wir können das auch in Hamburg alleine machen. Insofern fragt sich auch an der Stelle, wo der Sinn einer Zusammenlegung wäre.

Gerade beim Wohnungsbau ist die Abstimmung mit Schleswig-Holstein nun wirklich nicht unser größtes Problem. Gerade hier wünsche ich mir eine Steuerung und Kontrolle auf Hamburger Ebene und nicht in einer neuen Behörde, über die wir natürlich – das ist doch völlig klar – auch weniger politischen, steuernden Einfluss haben, denn der entfällt natürlich bei diesen übergeordneten Behörden weitgehend. Es sollte unser aller Selbstverständnis sein, dass das Parlament entsprechend eine enge Kontrolle und Mitentscheidungsmöglichkeit haben muss. Ich sehe keinen Ansatz, wie Sie das gewährleisten wollen, wenn Sie eine gemeinsame Behörde bilden.

Im Ergebnis spricht viel dafür, dass es richtig war, dass Ihr eigener Senat das nicht weiterverfolgt hat. Und ich denke, dass für die Fraktion der CDU viel dafür spricht, wenn Sie das ernsthaft weiter verfolgen wollen, sich bessere Argumente, klarere Konzepte und Antworten auf die vielen offenen Fragen auszudenken. Wir werden das überweisen und dann im Ausschuss diskutieren und ich hoffe, dass Sie bis dahin bessere Argumente als die haben, die wir heute gehört haben. – Vielen Dank.

Das Wort bekommt Herr Duge.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren! Hamburg als Zentrum einer Metropolregion mit expandierendem Charakter kann es sich nicht leisten, eine Insel der Glückseligen zu sein. Wir werden in dem einen oder anderen Bereich sicherlich mehr mit den benachbarten Ländern zusammenarbeiten müssen und ich wäre froh, das sage ich Ihnen ganz ehrlich, wenn das in dem einen oder anderen Punkt auch schon etwas früher geschehen wäre.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Wir haben eine ganze Reihe von Punkten, in denen diese Zusammenarbeit in einigen Fachgebieten schon läuft. Da sprechen wir im planungsrechtlichen Bereich natürlich insbesondere über die nichtvermehrbaren Ressourcen, über die Gewässer, die Bodenflächen und die Nutzung dieser Bereiche. Es gibt eine ganze Reihe von Nutzungen, die hier eben schon relativ ausführlich dargestellt worden sind. Das ist nicht nur das Wohnen, das ist die Frage von Verkehrsachsen, die Frage von Gewerbe, aber es ist vor allen Dingen auch die Frage von naturschutzräumlichen Sicherungen, die über die Landesgrenzen hinausgehen. Wir alle wissen, dass Umwelt und Natur keine Grenzen kennen.

Was wir brauchen, ist ein koordiniertes Flächenmanagement, und das gilt natürlich auch im wirtschaftlichen Bereich. Wir haben lange über die Frage von Flughäfen diskutiert, das ist schon einige Zeit her. Ich wäre froh, wenn wir in der Frage von Tiefseewasserhäfen schon etwas eher kooperiert hätten, dann hätten wir uns nämlich die leidige Vertiefung der Elbe ersparen können.

(Beifall bei der GAL)

Meine Damen und Herren! Wenn wir über diese Kooperation sprechen, dann sollten wir natürlich auch darüber sprechen, mit welchen Inhalten wir sie in diesen planungsrechtlichen Bereichen füllen wollen. Die Erfahrung zeigt, dass man langsam anfängt und Schritt für Schritt weitergeht. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Wir sollten mit unseren Nachbarländern diesen Kontakt aufnehmen; in welcher Form und mit welchen Schwerpunkten,

(Andy Grote)

das sollte dann im Ausschuss genauer beraten werden.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort bekommt Herr Dr. Duwe.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Titel dieses schönen Antrags, "Ausbau der norddeutschen Zusammenarbeit", ist relativ pompös, um es einmal so auszudrücken. Wenn ich aus meiner Haustür trete und nach rechts gehe und nach 200 Metern eine Landesgrenze überschreite, dann bin ich scheinbar in Süddeutschland, denn das wäre Niedersachsen. In diesem Antrag wird nur SchleswigHolstein erwähnt und das empfinde ich als FastNiedersachse fast als eine Beleidigung. Das ist aber nur eine Petitesse.

(Beifall bei der FDP und bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Das ist der eine Punkt, nun zum zweiten. Wenn man die Begründung liest, merkt man, dass wir doch auf einer Insel der Glückseligen beziehungsweise auf der Insel der Ahnungslosen sind. Hamburg realisiert, dass es ein Problem hat, und zwar ein drängendes Problem. Jetzt erinnert sich Hamburg siedend heiß, dass es Nachbarn hat, die diese Probleme für uns lösen können. Das ergibt sich aus dieser Begründung. Und es ist eine Geisteshaltung, die wir vielleicht langsam ablegen sollten, wenn wir in Augenhöhe mit unseren Nachbarländern zusammenarbeiten wollen. Ich glaube auch nicht, dass Herr von Boetticher sich vor Jubel gar nicht mehr einkriegen kann, wenn er diesen Antrag liest.

Es ist auch wichtig zu berücksichtigen, dass wir bei einer gemeinsamen Landesplanung auch Interessenkonflikte haben. Ein Stadtstaat hat andere Interessen als Flächenländer. Wenn wir das nur auf ganz spezifische Probleme fokussieren, dann haben wir immer einen Verlierer und einen Gewinner. Da sollten wir lieber das System Basar anwenden und zusehen, dass wir mehrere Dinge gleichzeitig besprechen und dann am Ende des Verfahrens für alle das Beste erreichen. Wenn wir uns nur auf einen Problembereich fokussieren und nur zusehen, ob wir in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein Ausgleichsflächen für unsere Gewerbeansiedlungen oder unsere Wohnungsbauprojekte finden, dann kommen wir nicht weiter.