Protocol of the Session on May 19, 2011

(Wolfgang Rose SPD: Dass Sie bei diesem Thema Brecht zitieren, ist ja ein dolles Ding!)

Vielen Dank. Ich habe mir gedacht, dass Ihnen das gefällt, Herr Rose.

(Beifall bei der CDU)

Schluss zu machen mit dem Schuldenmachen, ist die Aufgabe einer verantwortlichen und soliden Haushaltspolitik. Wir werden Sie daran messen, ob es Ihnen gelingt, auf der Aufgabenseite einen Paradigmenwechsel herbeizuführen. Dazu müssen Sie Mut und Ehrgeiz haben und das werden Sie nur dann haben, wenn Sie die öffentlichen Aufgaben begrenzen und auf das Notwendige beschränken. Man kann eben heute nicht mehr alles machen, was wünschenswert ist.

(Beifall bei der CDU)

Der einzige Weg, die Einnahmen unserer Stadt zu sichern, ist, die Wirtschaftskraft unserer Metropole zu stärken

(Wolfgang Rose SPD: Jup!)

und da ist die Wiedereinführung einer Vermögensteuer leider eben genau der falsche Weg. Sie sind auf einem Irrweg, meine Damen und Herren. Die Vermögensbesteuerung, das wissen Sie, ist

zwangsläufig eine Substanzbesteuerung und führt zu einer Mehrfachbesteuerung. Sie ist letztlich eine Enteignung auf Raten.

(Zurufe von der LINKEN: Huh, huh! – Andy Grote SPD: Das ist ja noch nicht mal in der CDU mehrheitsfähig!)

Ich weiß, das finden Sie gut, meine Damen und Herren von der Linken. Wir hingegen unterstützen einen solchen Kurs sicherlich nicht.

(Beifall bei der CDU)

Sie vergessen jedoch zu erwähnen, dass diese Umverteilung, die Sie so gerne möchten, tatsächlich schon stattfindet. Sie erleben Sie doch täglich über die Einkommens- und die Körperschaftsteuer. Und was Sie auch zu vergessen scheinen, ist, dass wir die Globalisierung nun einmal nicht ausblenden können. Kapital ist nun einmal mobil und Produktionsfaktoren sind ebenfalls mobil und gehen dahin, wo die Belastung am geringsten ist.

Nicht ohne Grund – ich darf Sie daran erinnern, manchmal scheinen Sie auch ein bisschen vergesslich zu sein –

(Dirk Kienscherf SPD: Ich glaube, eher bei Ihnen!)

hat die rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder die Absenkung des Spitzensteuersatzes beschlossen, und zwar haben Sie den Spitzensteuersatz von 53 auf 42 Prozent gesenkt, das war nicht die CDU-Regierung.

(Beifall bei der CDU)

Auch die Abgeltungssteuer ist nichts anderes als der Versuch, dem unausweichlichen Wettbewerb der Steuersysteme Rechnung zu tragen. Wenn unsere europäischen Nachbarn weitgehend die Vermögensteuer abgeschafft haben, dann ist das auch der Versuch, einen Wettbewerb zu bestehen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Vermögensteuer doch nicht umsonst ausgesetzt, sondern deshalb, weil die Bewertungsverfahren verfassungswidrig waren und sind. Und wenn Sie jetzt versuchen, diese Bewertungsverfahren zu ändern, dann wird es außerordentlich schwierig sein, ein System zu finden, das tatsächlich der verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten wird.

Außerdem, meine Damen und Herren, ist der Aufwand dieser Steuererhebung groß. Sie müssen sie periodisch wiederholen, schon deshalb ist die Sinnhaftigkeit dieser Steuer infrage zu stellen. Entscheidend ist aber etwas ganz anderes. Sinnvoll sind Steuern, die an dynamische Faktoren anknüpfen, nicht Steuern, die an die Substanz anknüpfen.

(Andy Grote SPD: Das haben wir ja gerade gehört, wie dynamisch das ist!)

Wenn Sie nun für die Vermögensteuer light eintreten und den selbstgenutzten Wohnraum freistellen

wollen, dann werden Sie die Mieter zukünftig belasten. Aber bis zu Ende denken scheint in dieser Angelegenheit nicht Ihre Sache zu sein.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Soll das jetzt Ihre Bewerbungsrede für den Parteivorsitz sein?)

Die Vermögensteuer ist eine Einladung zur Kapitalflucht und das gilt dann auch für die Einkommensteuer. Daher werden wir diesen unausgegorenen Versuch nicht mittragen, den Bürgern Sand in die Augen zu streuen nach dem Motto: Wenn es bei der Ausgabenkürzung nicht reicht mit der Fantasie,

(Dirk Kienscherf SPD: Dann zeigen Sie mal, was Fantasie ist!)

dann nehmen wir es bei den Reichen weg. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke. – Herr Dr. Bischoff hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Sie wirklich bitten, uns doch im Ausschuss zu erklären, wie das mit der Kapitalflucht oder der Mobilität aussieht.

Wenn ich es richtig lese, dann haben wir gerade die Situation, dass selbst US-Staatsanleihen nicht mehr gekauft werden, das heißt, die Bundesrepublik Deutschland ist ein sicherer Hafen. Wir können gerne noch einmal im Ausschuss darüber diskutieren, warum das Kapital beispielsweise nicht nach Lettland geht, wo sie die geringsten vermögensbezogenen Steuersätze haben, und warum es gerade in der Bundesrepublik einen Bezugspunkt gibt – dies nur, weil Sie immer sagen, das würde sofort eine Kapitalflucht auslösen. Dem würden wir alle relativ gelassen entgegensehen.

Herr Tschentscher hat es eben noch einmal gesagt: Die Vermögensteuer ist ausgesetzt, weil es kein akzeptables Verfahren mehr gab, die Bodenund Immobilienwerte festzustellen. Deshalb haben wir jetzt vor dem Bundesfinanzgericht die Urteilsebene, die Grunderwerbsteuer auszuhebeln. Das heißt, wir sind dringend gezwungen, wirklich andere Maßstäbe zu etablieren, und wenn man das macht – man kann das heute –, dann kann man auch wieder über einen reformierten Erhebungsmodus der vermögensbezogenen Steuern nachdenken. Wir reden, das ist doch das Problem, über fast zehn Billionen Euro Vermögen, wenn ich die Geldvermögen und Immobilien netto zusammennehme.

Wenn Sie sich das im historischen Vergleich anschauen, dann ist – das sagen auch viele andere Ökonomen – der eigentlich tiefere Grund der Finanzkrise, über die wir noch nicht hinweg sind – da

werden Sie mir zustimmen –, eine Verteilungsstruktur, die sich gegenüber den Sechziger- und Siebzigerjahren radikal verschoben hat. An dem Punkt könnten Sie uns fassen, weil dies ein richtig reformistisches Argument ist. Unser gemeinsam mit vielen anderen Ökonomen in den USA und Europa vorgebrachtes Plädoyer lautet: Lassen Sie uns eine andere Vermögensverteilung etablieren.

(Christoph de Vries CDU: Nie im Leben!)

Wir können damit schrittweise öffentliche Aufgaben finanzieren. Das alleine würde dem Kapitalismus vielleicht noch einmal neuen Atem einhauchen und nicht das, was Sie gegenwärtig machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Herr Rickmers hat das Wort.

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Die SPD ist in Hamburg angetreten, um unsere Stadt nach vielen Jahren schwarz-grüner Misswirtschaft wieder nach vorn zu bringen, und die Bürgerinnen und Bürger haben uns hierfür ein klares Mandat gegeben.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind mit einer zentralen Wahlaussage angetreten: Haushaltskonsolidierung. Wir wollen und wir werden die finanzielle Situation Hamburgs langfristig und sozial verträglich wieder in Ordnung bringen. Wir haben die letzten zehn Jahre, aber auch die Jahre davor – das möchte ich gerne konzedieren – über unsere Verhältnisse gelebt. Es war absehbar, dass Haushaltskonsolidierung in Hamburg keine leichte Aufgabe sein würde. Wir kannten die vielfältigen Probleme unserer Stadt, insbesondere die katastrophale Haushaltslage, aber seit März dieses Jahres mussten wir lernen, dass viele Haushaltspositionen keine solide Finanzierungsgrundlage aufwiesen und nach dem Prinzip Hoffnung ignoriert beziehungsweise in die Zukunft verschoben wurden.

Im Ergebnis stehen wir trotz einer günstigen Wirtschaftslage, trotz eines entsprechend höheren Steueraufkommens und trotz niedriger Zinsen vor großen Herausforderungen, um unseren Haushalt zu konsolidieren. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse gebietet einen festen Rahmen für die zukünftige Haushaltspolitik und das ist gut so. Wir wollen und werden sie einhalten, weil es der Gerechtigkeit entspricht und weil es unsere Verantwortung gegenüber jüngeren Generationen gebietet.

(Beifall bei der SPD)

Aber beim Konsolidieren gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder wird weniger Geld ausgegeben oder es wird mehr eingenommen; umgekehrt funktioniert es leider nicht, auch wenn einige Politiker

(Karin Prien)

dies die Bürger glauben lassen wollen. Wir werden also in einer Art und Weise sparen müssen, die für viele Menschen in dieser Stadt Zumutungen mit sich bringt. Denn jeder Euro unserer Staatsausgaben kommt schließlich der Allgemeinheit zugute und jeder Euro, der fehlt, wird schmerzlich vermisst.

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Das haben wir alle erst gestern in der Diskussion zu Wissenschaft, Forschung und Universitäten gemeinsam zu Recht beklagt.

Auf der Einnahmenseite sind unsere Handlungsmöglichkeiten jedoch beschränkt. Um also das strukturelle Defizit zu verringern, unseren Haushalt zu sanieren und um auch in Zukunft Hamburgs Handlungsfähigkeit sicherzustellen, müssen wir dafür sorgen, dass unsere Stadt systematisch und dauerhaft höhere Einnahmen hat. Die Vermögensteuer ist dabei eine reelle Möglichkeit.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich ist die Vermögensteuer ein politisch emotionales Thema, das man kontrovers diskutieren kann. Und wir kennen die Argumente dagegen sehr wohl: Die Vermögensteuer bringt nichts ein. Sie ist zu aufwendig in der Erhebung. Sie kostet Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze. Sie ist eine ideologisch verbrämte Neidsteuer der Linken, wobei ich davon ausgehe, dass dieser Punkt bei mir persönlich zumindest nicht verfängt. Auf all diese Aspekte müssen diejenigen, die letztlich das Gesetz formulieren, in gebotener Weise eingehen.