Es ist politisch immer gut, wenn man den Senat auffordert, mehr Ressourcen an die Schulen zu geben, und genau das hat der Senat in den vergangenen Monaten getan. Hamburgs Schulen haben so viel Personal wie nie zuvor, das heißt, mehr als 15 000 Lehrerstellen und rund 1 600 Stellen für weiteres Personal. Das liegt nicht nur daran, dass es mehr Schülerinnen und Schüler gibt, sondern auch am noch nie dagewesenen Ausbau der Ganztagsschulen und einer erheblich höheren Ressource für die Inklusion, als Sie auch nur ansatzweise geplant hatten.
Einige Ressourcen werden in Hamburg nach einem Sozialindex verteilt. Es war die Schulsenatorin Alexandra Dinges-Dierig, die ab dem Schuljahr 2005/2006 die Höhe einiger Ressourcen vom KESS-Faktor abhängig machte. Damit wurde dieser zum ersten Mal strukturell ressourcenrelevant. Nach der Aktualisierung der KESS-Faktoren für die Grundschulen im Rahmen der Primarschulreform im Jahr 2008 ist nun eine Neuberechnung der KESS-Indizes für alle allgemeinbildenden Schulen erfolgt. Dies, Frau Prien, war dringend notwendig, denn bisher war keine einzige Stadtteilschule in KESS 1 geführt. Ich darf Sie einmal fragen, warum sich Ihre Kritik nur auf Grundschulen bezieht und Sie die Daten aus Ihrer Regierungsverantwortung nie kritisch hinterfragt haben. Die neuen Sozialindizes führen zu einer bedarfsgerechten Verteilung von Lehrkräften auf Hamburger Schulen. Diese
Umverteilung ist gerecht, denn alle Schulen wurden nach den gleichen Kriterien untersucht. Sie verabschieden sich mit Ihrem Antrag von der solidarischen Umverteilung von Ressourcen und verbreiten, dass der SPD-Senat die Grundschulen kaputtsparen wolle. Das ist kompletter Unsinn, meine Damen und Herren.
Der Senat hat ein umfangreiches Programm zur Förderung von Schulen in schwieriger sozialer Lage aufgelegt. Genau im Stadtteil Steilshoop, den Sie eben erwähnt haben, greift dieses Programm. Das sind die richtigen Schritte für eine Umverteilung von Ressourcen.
Eines muss noch einmal klargestellt werden: Sie erwecken den Eindruck, Sozialraumdaten würden in der Neuberechnung keine Berücksichtigung finden. Das wird in der Öffentlichkeit falsch dargestellt, denn in der Berechnung des Sozialindex sind die Sozialraumdaten enthalten. Natürlich gab es bei der Neuberechnung durchaus auffällige Ergebnisse, Frau Prien. Das streiten wir nicht ab. Das Institut für Bildungsmonitoring hat deswegen bereits diverse Informationsveranstaltungen durchgeführt und die Neuberechnung den betroffenen Schulen transparent erläutert. Bei Schulen, die sehr betroffen sind, wird die Anpassung über mehrere Jahre gestreckt. Hier wird maßvoll gehandelt. Zudem ist das Verfahren nach internationalen wissenschaftlichen Standards durchgeführt worden, und Ihre Kritik an den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der Schulbehörde weisen wir als SPD-Fraktion zurück. Ihre Forderung nach externer wissenschaftlicher Überprüfung ist vollkommen überflüssig.
Der Zusatzantrag der Fraktion DIE LINKE, Frau Heyenn, ist zwar sehr schlüssig und auch wesentlich konsequenter als der Antrag der CDU-Fraktion, aber wir werden auch diesen nicht unterstützen.
Meine Damen und Herren! Der Sozialindex ist ein gerechtes Instrument zur Verteilung der Ressourcen, und wir als SPD-Fraktion werden diese solidarische Umverteilung nicht infrage stellen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am 29. Juli dieses Jahres hat Senator Rabe in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung seine Empörung darüber zum Ausdruck gebracht, dass sich die Opposition und auch einige Schulleitungen von der Solidarität verab
schieden würden, weil wir uns gegen die Neuermittlung des Kess-Index stellen würden. Das ist schlicht falsch. Wir als Opposition sind solidarisch. Wir sind mit den Schulen dieser Stadt solidarisch, vor allen Dingen mit den Schulen, die in sozial schwierigen Gebieten liegen.
Die Neuermittlung des Sozialindex ist sozial ungerecht; das hat Frau Prien schon ausgeführt. Ich will Ihnen das kurz in Zahlen erläutern, damit Sie verstehen, worum es geht. Ich habe das einmal für eine fiktive dreizügige Grundschule ermittelt, also für drei Parallelklassen in vier Jahrgängen, das sind zwölf Klassen und somit 228 Kinder in KESS 1. Nehmen wir einmal an, dass diese Schule nun in KESS 3 eingestuft wird. Es gibt einige Schulen, die von KESS 1 auf KESS 3 gerutscht sind. Allein die Ressourcen für Sprachförderung werden dann um mehr als die Hälfte gekürzt. Bei Einstufung in KESS 1 stehen für 228 Kinder 4,4 Lehrerstellen nur für Sprachförderung und die Umsetzung der Inklusion zusätzlich zur Verfügung. Einer KESS-3Schule stehen dafür nur noch 1,7 Lehrerstellen zu. Die Kinder haben sich nicht verändert – das haben uns die Schulen bestätigt –, aber die Ressourcen werden mehr als halbiert. Ich finde, das ist wirklich ein Skandal.
Lieber Herr Holster, Sie haben dazu keine Gegenargumente gebracht. Sie waren doch auch bei dem Gespräch in Lurup dabei und haben gehört, was die Schulleitungen dort erzählt haben und was die Eltern erzählt haben. Die Kinder haben sich nicht verändert, das trifft auch auf viele andere Grundschulen in Hamburg zu. Die Sozialraumdaten sind gleich geblieben. Es wird von sozial hochbelasteten Gegenden gesprochen, und trotzdem werden die Ressourcen derartig gekürzt. Was soll aus diesen Schulen und aus diesen Kindern werden, wenn nicht nachhaltig vorgesorgt wird?
Die Erklärung für das Phänomen, dass es einen großen Unterschied zwischen den Sozialraumdaten und dem tatsächlichen KESS-Index gibt, ist relativ einfach. Erstens war das Ermittlungsverfahren fehlerhaft. Die Rückläufe der Elternfragebögen sind sehr unterschiedlich gewesen, trotzdem sind sie in die Berechnung voll eingegangen. Ich habe auf Facebook einmal mitgelesen. Es gab Facebook-Gruppen, die sich getroffen haben, um gemeinsam diese Bögen auszufüllen. Es kursierten Ratschläge wie: Bloß nicht mehr als ein Buch im Haushalt angeben. Auf solcher Basis wurden die Daten ermittelt. Was soll dabei schon herauskommen?
Obendrauf kommt nun noch diese Kürzung – das ging kürzlich durch die Presse – bei den außerordentlichen Lernhilfen und die Deckelung der Schulbegleitung. Das alles macht uns als Opposition deutlich, dass die SPD bei der sozialen Frage im großen Stil patzt. Was mich empört, Herr Rabe, ist, dass Sie die Überweisung dieses Antrags an den Schulausschuss verweigern werden. Ich habe im Schulausschuss einen Antrag auf Selbstbefassung gestellt, um dieses komplexe Thema einmal gemeinsam zu durchdringen, da Sie, wie immer, mit Zahlen, mit Nebelkerzen werfen. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Nun haben wir einen Antrag der CDU vorliegen. Den sollten wir zusammen mit dem Antrag der LINKEN im Schulausschuss erörtern. Die Opposition hat hier ein offensichtliches Aufklärungsbedürfnis. Sie lehnen diese Überweisung ab, und das erscheint mir politisch wirklich mehr als fragwürdig. Das ist die Arroganz der Macht, die wir wieder zu spüren bekommen, und das finde ich sehr schwierig. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der CDU, mit der Überschrift "Nachhaltige Chancengerechtigkeit" meinen Sie wohl zunächst einmal – und hoffentlich nichts weiter –, als dass Hamburg gerecht verteilte Chancen auf gute Bildung braucht. Hier sind wir im Grundsatz ganz bei Ihnen. Trotzdem – und das vermittelt der Titel ein bisschen – sollte sich in der CDU jeder davor hüten, dem Gutmenschen-Irrglauben zu verfallen, der Staat könne alle Kinder gleich machen. Das ist nicht so und das wird auch nie so sein.
Das gilt für die 13 000 Kinder, die vor wenigen Wochen eingeschult wurden, und das gilt auch für die 12 500 Kinder, die von der Grundschule auf eine weiterführende Schule wechseln. Sie alle bringen unterschiedliche Startvoraussetzungen mit. Deshalb sollen Schulen besonders jene fördern, die schwierige Eingangsvoraussetzungen mitbringen. Dabei helfen Kategorisierungen wie KESS auf jeden Fall. Diese Daten sind nun seit einem Jahrzehnt eine gute Grundlage für die Ressourcenverteilung, und sie könnten es eigentlich auch bleiben. Bestimmte Quartiere und Schulen erhalten mehr personelle Unterstützung, um den Schülern eine erfolgreiche Schullaufbahn zu ermöglichen. Das ist schon deshalb nötig, weil in manchen Stadtteilen Lernrückstände bis zum Ende der Grundschulzeit nur schwer oder überhaupt nicht aufgeholt werden können. Eine unterschiedliche Ausstattung für Sprachförderung und Inklusion, abhängig von der Schülerschaft, ist also grundsätzlich richtig. Eine
Neuberechnung des Sozialindex war also dringend notwendig, zum einen, weil sich in Hamburg die Bevölkerung in einzelnen Stadtteilen stetig verändert, zum anderen wurde die Neubewertung durch die Einführung der Stadtteilschule notwendig. Deren KESS-Index beruhte bisher nämlich in etwa auf der Berechnung Pi mal Daumen.
Nun liegen die Ergebnisse der neuen KESS-Bewertung schon seit einiger Zeit vor und sorgen vielerorts für ungläubiges Staunen. Der Index hat sich verbessert, obwohl sich die soziale Lage an der Schule nicht verändert hat – Fragezeichen. Das kann niemand verstehen. Gerade Grundschulen zählen zu den Verlierern der Neubewertung. Es wurden 19 Grundschulen hochgestuft, alle mit einem Mal. Bei einigen hat sich die Schülerschaft tatsächlich etwas verändert, weil sie in Vierteln liegen, die heute sozial durchmischter sind als noch vor einigen Jahren. Bei anderen Grundschulen ist die Eintragung jedoch völlig unverständlich. Sie liegen zum Beispiel in Kita-Plus-Gebieten. Das bedeutet, dass die Kitas im Umkreis der Schule zusätzliches Personal bekommen. Auch die umliegenden Stadtteilschulen erhalten mehr Ressourcen, weil ihnen eine schwierige Schülerschaft attestiert wird. Und ausgerechnet an den Grundschulen in demselben Gebiet soll sich die Situation erheblich gebessert haben? Wem wollen Sie das erzählen? Niemand kann das verstehen, und das wird auch nicht so sein. Das ist unlogisch und unglaubwürdig, meine Damen und Herren.
Ich will nicht lange über die Frage lamentieren, ob die SPD nun sozial umverteilt, ob sie es gerecht oder ungerecht gemacht hat. In jedem Fall ist das unlogisch, für niemanden nachvollziehbar und funktioniert für die Grundschulen nicht. Sie müssen ihre Arbeit fortsetzen können. Deswegen erfordert das unserer Auffassung nach eine sehr kritische Überprüfung. Es kann nicht sein, dass Schulen, die noch höhere Herausforderungen bestehen müssen als vorher, dafür weniger Ressourcen erhalten. Das geht nicht. Und wenn Bildungsgerechtigkeit – was auch immer jeder Einzelne darunter versteht – wirklich unser gemeinsames Ziel ist, dann müssen gerade diese Schulen ihre erfolgreiche Arbeit weiter machen können.
Deshalb stimmen wir dem CDU-Antrag in allen Punkten zu, und ich möchte auch hinzufügen, dass wir sehr erstaunt darüber sind, dass Sie es noch nicht einmal schaffen, dieses Thema an den Schulausschuss zu überweisen. Ich sehe das genauso wie Frau von Berg. Wir wollten eine Selbstbefassung machen, die haben Sie abgelehnt. Sie haben nun einen Antrag vorliegen, den wollen Sie ableh
nen. Wollen Sie irgendwelche Daten verstecken, wollen Sie uns nicht aufklären, wollen Sie die Schulen im Dunkeln lassen? Wie kann es sein, dass Sie über dieses Thema einfach nicht sprechen wollen? – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Erhebung von Sozialindizes in Relation zu sechs verschiedenen KESSFaktoren zu bringen, diese den Schulen zuzuordnen und dann dafür zu sorgen, dass Schulen, die mehr Bedarf haben, besser ausgestattet sind als andere, die weniger Bedarf haben, ist eigentlich eine sehr gute Idee. Das Problem ist die Praxis. Durch die Erhebung der Sozialdaten über Elternund Schülerfragebögen gibt es in vielen Fällen inzwischen erhebliche Differenzen zu den amtlich erhobenen Sozialraumdaten. Das hat zur Folge, dass höhergestufte Schulen – wir haben von einigen Schulen gehört, die von KESS 2 auf KESS 3 gestuft wurden – bestimmte Ressourcen nicht mehr haben. Dadurch sind erstens die Lehrer völlig überfordert, und zweitens bekommen die Kinder viel zu wenig Förderung, die sie dringend brauchen, um in etwa gleiche Chancen zu haben wie Kinder an einer vergleichbaren anderen Schule. Von daher muss man sich überlegen, was falsch gelaufen ist und was neu gemacht werden muss. Ein Problem ist auch – das haben einige Anfragen gezeigt –, dass es bei manchen Schulen Rückläufe der Fragebögen von 20 Prozent gibt und bei anderen von fast 90 Prozent oder sogar darüber. Unabhängig davon, wie viele Fragebögen zurückkommen, werden sie genau gleich behandelt. Ich will gar nicht über die Organisation der Ausfüllung sprechen. Das ist einfach ein Riesenproblem.
Das dritte Problem ist, dass die Zuerkennung der KESS-Faktoren völlig intransparent ist. In mehreren Anfragen haben die Kollegen nachgefragt, und es ist vom Senat geantwortet worden, dass die KESS-Faktoren auf der Basis komplexer statistischer Verfahren ermittelt werden, soll heißen, ein normaler Mensch versteht das nicht, ich wahrscheinlich schon gar nicht. Es geht dann noch weiter. Es wurde gesagt, dass die direkte Vergleichbarkeit der Werte für die einzelnen Kriterien nicht gegeben sei, weil man die KESS-Faktoren nicht nachvollziehen könne. Es kann überhaupt nicht sein, dass man Faktoren erhebt und kein Mensch weiß, wie die zustande gekommen sind. Auch von daher muss man sich überlegen, was man mit dieser guten Idee macht. So wird sie jedenfalls ad absurdum geführt.
Das vierte Problem ist das gedeckelte System. Das heißt – auch das haben wir in mehreren Anfragen gehört –, dass die Bestimmung der sozialen Belastung der einzelnen Schulen relativ erfolgt, nämlich im Verhältnis zur sozialen Belastung an anderen Schulen. Gibt es Schulen, die es noch schwerer haben, dann bekommen die den KESS1-Faktor und die, die eigentlich KESS 1 haben müssten, bekommen KESS 2 oder KESS 3, egal wie die soziale und pädagogische Situation ist. Das hat natürlich große Auswirkungen. Hier widerspreche ich Ihnen sehr, Herr Holster. Das ist keine bedarfsorientierte Ressourcenzuweisung an die Schulen, sondern es ist ein Rechenexempel, das zulasten der Schülerinnen und Schüler geht.
Wir als LINKE machen deswegen einen Vorschlag, wie man neu damit umgehen könnte. Sie haben doch gesagt, es sei ein sehr schlüssiger Antrag. Wir würden es sehr begrüßen, wenn wir diese grundsätzliche Debatte im Schulausschuss führen könnten. Wir sind nämlich der Auffassung, dass man überlegen sollte, ob es nicht schlau wäre, auf die Erhebung der KESS-Faktoren über die Schüler- und Elternbögen zu verzichten und die amtlichen Sozialdaten als Grundlage zu nehmen. Das wäre unserer Meinung nach ein gutes Stück gerechter. Zweitens können wir nicht einsehen, dass Schüler, die an einer KESS-4-Schule sind, aber einen erhöhten Sprachförderbedarf haben, diese Förderung nicht bekommen, weil sie nicht an einer KESS-2-Schule sind. Das ist gegenüber den einzelnen Schülern auch sehr ungerecht. Deswegen fordern wir, dass es eine Grundausstattung geben muss für die Sprachförderung, die auf der Ressourcenzuweisung von KESS 1 beruht, damit man später nicht hohe Folgekosten hat und den einzelnen Schülern gerecht wird.
Nun haben wir das Problem, dass es 19 Grundschulen gibt, die von KESS 1 und KESS 2 höhergestuft sind. Es ist schon von mehreren Vorrednerinnen gesagt worden, dass dadurch Ressourcen wegfallen und nun bestimmte Dinge wie Sprachförderung nicht stattfinden können. Damit diese Schulen nicht durchs Raster fallen, wäre es unserer Meinung nach eine sehr schlaue Idee, wenn diese 19 Schulen vorerst einfach weiter nach dem alten KESS-Faktor ihre Ressourcen bekommen würden.
Wir würden uns freuen, wenn sich die SPD anders entscheidet und wir im Ausschuss gemeinsam überlegen könnten, wie wir die gute Idee der KESS-Faktoren retten können.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war mehrfach die Rede davon, dass Hamburgs Schulen besser ausgestattet werden sollen und kein Sparprogramm erfolgen soll. Genau das hat diese Regierung sehr ernst genommen. Ein Drittel des Hamburger Haushalts wird mittlerweile nur für Kinderbetreuung, Schulbildung, Ausbildung und Hochschulen ausgegeben.