Meine Damen und Herren! Auch wenn die Staatsanwaltschaft noch ermittelt, müssten doch allein die Anschuldigungen ausreichen, umgehend die Kinder aus diesem Klima der Gewalt herauszuho
len. Stellen Sie sich bitte vor, ein Kind aus einer – in Anführungszeichen – normalen Familie würde zur Polizei gehen und ähnliche Anschuldigungen gegenüber der eigenen Familie erheben. Dieses Kind würde sofort aus der Familie herausgenommen werden. Warum kommen die Kinder aus der Haasenburg nicht heraus, warum wird bei Hamburgs Kindern mit zweierlei Maß gemessen?
So tatenlos der Senator beim Umgang mit der Haasenburg ist, so tatenlos ist er auch, wenn es um die Frage der Alternativen zur geschlossenen Unterbringung geht. Seit zwei Jahren werden Gespräche geführt, das mussten wir einer Senatsanfrage entnehmen. Aber aktuell haben wir jetzt gehört, dass die Gespräche, die der Senat immerhin geführt hat, nur für die Kinder bis zwölf Jahren gelten. Das heißt, es geht hier nur um die Frage, wo man Kinder bis zu zwölf Jahren unterbringt. Das heißt also, der Senat hat noch nicht einmal angefangen, sich Gedanken zu machen, was man mit den Kindern machen kann, wenn sie nicht geschlossen unterzubringen sind; das ist ein Trauerspiel.
Ich kann Ihnen gern etwas über die Gründe sagen, denn ich habe auch spekuliert, warum der Senat so tatenlos ist. Ich habe mich gefragt, ob es am Ende vielleicht die Ideologie ist, die politische Erfahrung aus der verlorenen Wahl 2001 und die Angst, von der CDU rechts überholt zu werden. Ist es vielleicht das, was höher aufgehängt ist als das Kindeswohl und die Suche nach der besten Lösung für jedes einzelne Kind?
Oder ist es am Ende vielleicht der SPD-Schatzmeister, Professor Christian Bernzen, der, das wissen wir, gleichzeitig Anwalt der Haasenburg ist. Sein Bruder ist übrigens der Pressesprecher dort, das passt wunderbar.
Und Professor Christian Bernzen ist nicht nur der Anwalt der Haasenburg, sondern war noch bis Dezember Vorsitzender der Kontrollkommission der Haasenburg. Ist vielleicht hier das Schweigen des Senators begründet? Am Ende wird nur die SPD wissen, welche Gründe zu dieser Tatenlosigkeit des Senats führen. Vielleicht gelingt es uns auch noch, dahinter zu schauen. Aber egal, welche Gründe Sie auch immer anführen, sie münden eindeutig darin, dass der Senator seine politische Verantwortung nicht wahrgenommen hat. Und das ist für uns nicht akzeptabel.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Blömeke, das war ein bisschen viel Verschwörungstheorie auf einmal. Es ist haarsträubend, dass Sie das in dieser Fülle noch nicht einmal im Ausschuss haben präsentieren können, obwohl Sie da unter Punkt 0 eigentlich schon seit der letzten Ausschusssitzung immer Ihre Bilanzen zuerst präsentiert haben, bevor Sie überhaupt einmal zugehört haben, was es zu berichten gibt.
Zu Beginn Ihrer Rede dachte ich, dass Sie vielleicht doch noch einmal die Kurve bekommen und einige Ihrer Behauptungen relativieren würden, für die Sie bis heute überhaupt keinen Beleg gebracht haben, sondern sich hinter nebulösen Formulierungen verstecken. Sie beziehen sich im Zweifelsfall auf Presseberichte, die ihrerseits, wenn man das einmal nachliest, auf Jahre verweisen, in denen es in Hamburg eine ganz andere Regierung gab.
Und an dieser Regierung waren Sie beteiligt. Wir reden genau über diesen Punkt gleich noch ausführlicher, nämlich was der Beitrag der damaligen GAL an der Unterbringung in der Haasenburg ist. Dazu sage ich jetzt schon: sehr viel, Sie verantworten sie mit.
Ein Großteil der Ereignisse, über die berichtet wird und für die Frau Blömeke Begriffe wie Hals- und Körperfesseln gefunden hat, sind Dinge, die sich nach unserem Wissen zu schwarz-grünen Zeiten in Hamburg ereignet haben. Wo waren da die Aufklärer der GRÜNEN? Sie waren in der Regierung, auch im Senat.
Aber anders als damals ist Herr Senator Scheele in den Familienausschuss gekommen. Ich war damals auch in diesem Parlament, und es ist kein Senator Wersich in den Ausschuss gekommen und hat über Misshandlungen berichtet und über die Konsequenzen, die der Senat daraus gezogen hat. Herr Senator Scheele ist jedoch gekommen und hat uns detailliert informiert über das, was er weiß und was die Jugendlichen berichtet haben.
Wir als SPD haben zugehört, und wir haben mitgenommen, dass die Jugendlichen, die Hamburg dort unterbringt und die dort noch untergebracht sind, in keiner Weise das bestätigen, was in den Medien
behauptet wird, sondern es sind Ereignisse, die in Ihre Regierungszeit und Ihre Verantwortung fallen.
(Jens Kerstan GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht! Und jetzt passiert da gar nichts, jetzt ist alles gut? – Norbert Hackbusch DIE LIN- KE: Und jetzt ist alles okay?)
Es ist auch richtig, dies wurde schon angesprochen, dass der Senat keine weiteren Jugendlichen dort neu unterbringt. Das ist auch kein Widerspruch, wie das gelegentlich formuliert wurde. Das ist das, was die Länder Brandenburg und Berlin machen.
Das ist im Übrigen genau das, was Ihr damaliger schwarz-grüner Senat gemacht hat. Er hat nämlich auch erst einmal einen Belegungsstopp angeordnet. Es kamen auch damals keine weiteren Jugendlichen in diese Einrichtung, bis geklärt war, was damals geschehen ist, und bis dort auch einige Veränderungen stattgefunden haben. Das, was damals geschehen ist, ist im Vergleich zu dem, was heute behauptet wird, wirklich ernst zu nehmen.
Ich bin dankbar, dass von Ihnen im Moment nicht so viel an Protest kommt. Das zeigt doch wohl, dass wir damit ganz richtig liegen.
Es ist auch nicht zufällig geschehen, dass Sie die Belegung in der Haasenburg gemeinsam verantwortet haben. Sie haben das im Koalitionsvertrag von GAL und CDU damals so vereinbart.
Sie haben gesagt, in Hamburg solle das nicht geschehen, aber auswärts schon. Sie haben eine Liste mit Einrichtungen gemacht und dort die Kinder und Jugendlichen hingeschickt. Dazu sagte Frau Blömeke, das sei halt so in einer Koalition, da müsse man Kompromisse machen. Dazu fallen mir noch ein paar andere Kompromisse ein, die Sie gemacht haben, und ich frage mich, warum Ihnen damals die Kinder und Jugendlichen und das ganze Thema nicht so viel wert gewesen sind, als Sie diese Verabredung mit der CDU getroffen haben. Vielleicht hören wir dazu noch ein wenig.
Im Zweifel wird es aber so sein, dass Sie ein Problem damit hatten, eine vernünftige Alternative anzubieten. Um welche Personen handelt es sich denn, die wir dort unterbringen? Das haben wir im
Ausschuss gelernt. Es sind ältere Jugendliche, es sind Jugendliche, die in hohem Maße straffällig gewesen sind beziehungsweise noch sind und die in anderen Bundesländern gar nicht mehr in Einrichtungen der Jugendhilfe kommen. Da befindet sich Hamburg vielleicht ein bisschen in einer Sonderposition.
Wenn man sich anschaut, was diese anderen Bundesländer machen, dann stellt man fest, dass diese Jugendlichen in Untersuchungshaft gehen. Bisher ist mir auch nicht klar, wie Sie dieses Problem lösen wollen.
(Jens Kerstan GRÜNE: Und das finden Sie gut? – Dr. Till Steffen GRÜNE: Beschäftigen Sie sich erst mit dem Thema und reden dann!)
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Einen Moment, bitte. Herr Eisold hat das Wort und sonst niemand. Fahren Sie bitte fort.
Ich fand den Hinweis völlig richtig, dass es einen Zusammenhang gibt. Sie fragen doch selbst, was man denn eigentlich wolle. Ich frage die GRÜNEN, wenn Sie heute einen Antrag vorlegen, die geschlossene Unterbringung abzuschaffen, ob Sie das einmal mit dem Kollegen Farid Müller als justizpolitischem Sprecher abgeklärt haben. Was hält er denn von mehr Minderjährigen in Untersuchungshaft? Wir finden es erst einmal keine gute Idee, wenn Jugendlichen Erziehungschancen genommen werden.
Die dritte Variante, nämlich eine plausible Alternative zu finden, ist Ihnen damals unter Schwarz-Grün nicht gelungen, und das ist zugegebenermaßen eine ziemliche Herausforderung. Wenn die anderen Bundesländer da den Königsweg wüssten, würde sich dem auch hier sicherlich niemand verschließen. Aber es gilt, an dieser Alternative zu arbeiten, und sicherlich reicht dafür dieser Antrag überhaupt nicht aus. Ich würde mir auch wünschen, dass sich die GRÜNEN in Hamburg vielleicht einmal anschauen, wie realistisch andere grüne Landesverbände und Fraktionen damit umgehen. Sie haben zum Beispiel in Hessen einen jugendpolitischen Sprecher, Herrn Bocklet, der dazu sagt, dass der Freiheitsentzug für Kinder nur als allerletztes Mittel in der Jugendhilfe eingesetzt werden dürfe. Man