Protocol of the Session on June 13, 2013

durch die Möglichkeit, Faktenabläufe öffentlich und transparent darzustellen und sie vor allem auch richtig einzuordnen. Ich freue mich auch darüber – Herr Tjarks hatte das angesprochen –, dass am Ende der gut fünfstündigen Sitzung das gemeinsame Ergebnis stand, dass unsere Einsatzkräfte der Hamburger Feuerwehr ganz hervorragend reagiert und agiert haben. Deshalb an dieser Stelle – und das ist einvernehmlich, wie ich den Debattenbeiträgen entnommen habe – noch einmal ein Dank an die eingesetzten Kräfte von Feuerwehr und Polizei.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Am Ende dieser relativ langen Sitzung hatte ich bewusst die Frage gestellt, ob es noch weitere Fragen gibt, die der Senat beantworten kann. Zumindest zu dem Zeitpunkt gab es keine weiteren Fragen. Ob alle Abgeordneten mit den Antworten des Senats zufrieden waren, weiß ich nicht. Der Senat wird jedenfalls auch in Zukunft alle Fragen in diesem Zusammenhang offen, ehrlich und transparent beantworten, so, wie wir es immer getan haben.

Die an den Senat gerichteten Anfragen der letzten Tage und Wochen machen aber deutlich, dass es weiter ein Aufklärungsinteresse einzelner Abgeordneter oder Fraktionen gibt. Gestatten Sie mir den Hinweis, dass das Verfälschen oder Verfremden meiner Aussagen, Herr Tjarks, nicht dazu führt, Ihre persönliche Glaubwürdigkeit, geschweige denn Ihr Anliegen zu stärken. Man sollte redlich und anständig damit umgehen, und es war nicht in Ordnung, was Sie gerade gemacht haben. Das habe ich so nicht gesagt, es ist so nicht gefallen, ich vergleiche den Einsatz natürlich nicht mit dem Überfall eines Pizzaboten. Das macht auch keinen guten Eindruck auf diejenigen, die zuhören und auch Ihre Arbeit beurteilen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Der Brand und der anschließende Einsatz auf der Atlantic Cartier wurde dann zum Anlass genommen, sehr grundsätzliche Fragen erneut aufzugreifen, die nichts mit dem Einsatz unserer Feuerwehr oder Polizei zu tun haben, sondern hafen- und wirtschaftspolitischer oder auch umweltpolitischer Natur sind. Gestatten Sie mir deshalb auch die eine oder andere inhaltliche Anmerkung zu den in Rede stehenden Anträgen.

Es ist unbestritten, dass radioaktive wie auch andere Materialien Gefahren in sich bergen, und deshalb unterliegen sie als sogenanntes Gefahrgut gefahrgutrechtlichen Sicherheitsbestimmungen. Diese Sicherheitsbestimmungen schreiben, für den jeweiligen Stoff einzeln definiert, Verpackung, Transportwege und Transportbehältnisse vor, die verhindern, dass eine Freisetzung beziehungsweise Gefährdung nach außen treten kann. Wäre das nicht so, dann wäre es nicht vorgeschrieben, und würden diese Vorschriften nicht eingehalten wer

(Dora Heyenn)

den, dann dürften diese Stoffe überhaupt nicht transportiert werden. Oder umgekehrt formuliert: Es geht, wenn man sich an die Gefahrgutvorschriften hält und ein solcher Stoff entsprechend verpackt und gelagert ist, keine Gefahr für die Umwelt von diesen Stoffen aus. Unsere Wasserschutzpolizei hat, und das ist bereits am 18. Januar 2011 vom Vorgängersenat der Bürgerschaft berichtet worden, seine Kontrolldichte erheblich gesteigert, sodass nahezu jeder Transport von radioaktiven Stoffen im Hamburger Hafen kontrolliert wird. Ergebnis dieser nahezu vollumfänglichen Kontrollen ist, dass wir seit 2011 keine einzige sicherheitsrelevante Mängelfeststellung treffen mussten. Ich verweise im Übrigen auf die Drucksache 19/8470 des Vorgängersenats – ich zitiere –:

"Der Transport radioaktiver Stoffe wird insbesondere durch das Atom- und Gefahrgutrecht bestimmt. […] Durch das Zusammenwirken und Ineinandergreifen der Kontrollmaßnahmen der einzelnen Behörden […] wird ein hohes Maß an Überwachung sichergestellt. Durch die Einhaltung der Vorschriften wird durch das damit einhergehende Prinzip der Mengenbegrenzung und das Konzept der unfallsicheren Verpackung das Gefährdungspotenzial weitgehend minimiert."

Zitatende.

Auch als Nachfolgersenat kann ich meinen Vorgängern nicht widersprechen. Damit ist alles richtig und voll zutreffend beschrieben worden.

(Beifall bei der SPD)

An dieser Rechtslage und am Vollzug hat sich nichts geändert. Geändert hat sich lediglich im Positiven, dass dieser Senat die Kontrollen im Gegensatz zu seinen Vorgängern erheblich gesteigert hat, denn die fachlich zuständige Umweltbehörde überprüft die atomrechtlichen Genehmigungen und die sogenannten 48-Stunden-Meldungen ebenfalls zu hundert Prozent.

(Glocke)

Herr Senator, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Heyenn?

Gern.

Herr Senator, Sie haben eben gesagt, dass es keine sicherheitsrelevanten Unfälle mit radioaktiven Materialtransporten gegeben habe. Nun haben wir viele Anfragen gestellt – Frau Dr. Schaal hat gesagt, dass Sie dadurch Ihrer Legitimationspflicht nachkommen würden – und unsere Anfragen ausgewertet. Daraus geht hervor, dass im Jahr 2012

in Hamburg 38 sicherheitsrelevante Mängel beim Transport von radioaktiven Stoffen festgestellt worden sind. Können Sie dazu etwas sagen?

Das ist zutreffend. Ich habe aber gesagt, dass es keinen Verstoß gegen die Gefahrgutverordnung gab. Es kann andere Verstöße gegeben haben, so wie wir es zutreffend in der Anfrage beantwortet haben. Ich habe mich darauf bezogen, dass die Gefahrguttransportrichtlinien eingehalten und kontrolliert worden sind. Das ist der Hinweis, den ich geben wollte, und das ist kein Widerspruch in sich.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das beruhigt einen aber nicht!)

Dass dies nicht beruhigt, das mag sein. Aber zu Ende gedacht und in der Konsequenz würde das bedeuten, dass wir die Folgen der Errungenschaften der Industriegesellschaft, mit denen wir im positiven Sinne alle ein kommodes Leben führen, nicht wollen. Wir produzieren mit dieser Art von Gesellschafts- und Wirtschaftsform, wie wir sie im Moment noch betreiben, natürlich Gefahrstoffe. Es wäre blauäugig zu sagen, dass es diese Gefahrstoffe nicht geben darf. Es geht darum, mit ihnen durch eine Kontrolle staatlicherseits so verantwortungsvoll umzugehen, dass das Höchstmaß an Sicherheit gewährleistet ist. Das ist in Hamburg seit Jahren vom Vorgängersenat wie auch von diesem Senat sichergestellt.

(Beifall bei der SPD)

Ich will aber auch kurz etwas zu den angesprochenen grundsätzlichen hafen– und wirtschaftspolitischen Forderungen sagen. Der Hamburger Hafen und seine Zweckbindung, die durch das Hafenentwicklungsgesetz festgeschrieben ist, kann nicht mit einer landesrechtlichen Entwidmung oder Teilentwidmung für bundesrechtlich geregelte und vorgesehene Verkehrsarten gesperrt werden. Da der Bund mit dem Atomgesetz die friedliche Nutzung der Atomenergie – ich sage politisch: noch – und den Schutz gegen die Gefahren auch hinsichtlich der Transporte und deren Genehmigungsfähigkeit geregelt hat, unterliegen Atomtransporte nur bundesrechtlichen Einschränkungen. Jede einschränkende landesrechtliche Regelung wäre damit verfassungswidrig. Alle anderen theoretisch denkbaren landesrechtlichen Rechtsgrundlagen setzen im Hinblick auf die Sperrwirkung des Atomgesetzes und übrigens auch auf das bundesrechtlich geregelte Gefahrgutbeförderungsrecht voraus, dass konkrete Gefahren eine solche landesrechtliche Regelung erfordern. Die Gefahrenbeurteilung bei Atomtransporten ist jedoch bundesrechtlich im Atomgesetz geregelt und dem Bundesamt für Strahlenschutz zugewiesen. Gern wird – auch in der heutigen Debatte und Diskussion – das Beispiel Bremen genannt, denn die Bremische Bürgerschaft hat das in Rede stehende Gesetz be

(Senator Michael Neumann)

schlossen, das zu einer Teilentwidmung der bremischen Häfen gegen Atomtransporte führen soll. Dieses Gesetz wird jedoch vom Verfassungsgericht überprüft, und ich will ergänzend den Hinweis geben, dass das für Bremen gilt, aber nicht für Bremerhaven. Wenn man sich die Struktur Bremens und Bremerhavens anschaut, dann ist das vielleicht die Art und Weise, wie GRÜNE nach außen hin versuchen, erfolgreiche Umweltpolitik zu machen, aber ehrlich ist das nicht. Die Rolle Bremens – bei allem Respekt für unsere kleine Schwester an der Weser – ist in der Logistik eine untergeordnete. Bremerhaven ist entscheidend, und dort wird es auch weiterhin Atomtransporte geben. Wenn die GRÜNEN in Bremen sich damit abspeisen lassen, dann ist das das Problem der GRÜNEN dort. Sie sollten dem jedenfalls nicht auf den Leim kriechen.

(Beifall bei der SPD)

Es mag noch angehen, dass bundesrechtlich genehmigte Atomtransporte nur dort stattfinden können, wo gewidmete Verkehrsanlagen existieren. Natürlich trifft es zu, dass kein Bundesland verpflichtet ist, einen Hafen vorzuhalten. Die Forderung, den Hamburger Hafen komplett in seiner Tätigkeit einzustellen, habe ich in der Debatte heute noch nicht vernommen. Eine gezielte Teilentwidmung allerdings, die allein den Umschlag von Kernbrennstoffen oder radioaktiven Stoffen betrifft, wäre eine finale, gezielte Maßnahme zur Verhinderung eines bundesrechtlich abschließenden geregelten Sachverhalts, aber das ist den Bundesländern nicht nur wegen der Bundestreue untersagt, sondern auch deshalb, weil damit die grundgesetzliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern umgangen oder ausgehöhlt würde. Europarechtlich ist im Übrigen die Waren-, Verkehrsund Dienstleistungsfreiheit zu garantieren. Auch deshalb ist es richtig, den Weg, den der Vorgängersenat unter Beteiligung verschiedener Fraktionen in dieser Bürgerschaft eingeschlagen hat, schlichtweg konsequent fortzusetzen. Wir werden das jedenfalls so machen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Frau Möller, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das ist eine schön bunte Debatte.

(Olaf Ohlsen CDU: Sie hätten ja auch sitzen bleiben können!)

Nein, ich trage zur Buntheit bei, Herr Ohlsen, das wissen Sie doch.

Man kann sich dem Thema, um das es uns geht, von vielen Seiten nähern. Man kann sagen, dass

es eine neue Idee ist, dass die GRÜNEN für CO2 sind. Man kann vielleicht auch die Chance, die wir nach dem Glück mit der tatkräftigen erfolgreichen Feuerwehr und der Verhinderung eines größeren Ausmaßes dieses Brandes jetzt haben, ergreifen und fragen: Wo müssen wir nachsteuern, wo müssen wir etwas tun und wie arbeiten wir das am besten auf? Nichts anderes verbirgt sich hinter unserem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Neumann, neben dem Verbot des Transports von Kernbrennstoffen, deren Schwierigkeiten wir alle kennen, gibt es noch etwas, und das heißt verstärkte Kontrolle. Das findet sich zum Beispiel in unserem Antrag. Wenigstens an der Stelle wäre es vielleicht hilfreich, als Regierungsfraktion auf das eine oder andere einzugehen. Sie glauben doch nicht, dass Sie allein damit davonkommen, wenn bei uns im Hafen oder die Elbe herauf etwas passiert, diesen kleinen Vortrag zum Bundesrecht und zur Zuständigkeit des Bundesamtes für Strahlenschutz vorzulesen.

(Dr. Monika Schaal SPD: Das lesen Sie in der Drucksache! Das haben Sie doch mit- verantwortet!)

Dann wird die Frage sein, was Hamburg getan hat, um einen solchen Unfall zu verhindern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Thema Hochwasser könnte man auch auf die Bundesregierung abwälzen, aber niemand tut das, sondern jede Gemeinde und jede Kommune fragt sich, was sie gegen das Hochwasser tun kann und wie sie die Bevölkerung sichern kann. Wir hatten die Debatte gestern. Wir fordern nichts anderes, als dass das Problem diskutiert und eine Lösung gesucht werden muss. Wir brauchen diese eine Chance. Wenn man die 117 Seiten in Ruhe durchliest, dann kann man erkennen, dass die Feuerwehr in großer Not war und sehr wohl klar gesagt hat, was sie braucht. Und das ist nicht mit dem einen Löschboot getan, Herr Münster, zu dem Sie sich haben hinreißen lassen, sondern das hat auch etwas mit den Ermittlungsergebnissen zur Brandursache zu tun. Die Zahl der Einsatzkräfte ist nicht unwichtig, und wir brauchen stärkere Kontrollen bei den Gefahrgütern jeder Art. Es geht nicht darum, die Diskussion darüber zu führen, ob wir überhaupt Gefahrstoffe produzieren wollen, sondern wir wollen darüber sprechen, wie sicher diese Transporte sind, an welcher Stelle ein Nachsteuern möglich ist und wo Kontrollen verbessert werden können. Diese Chance, ich sage es noch einmal, des zum Glück mit viel Fach- und Sachverstand verhinderten größeren Unglücks sollten wir zur Überprüfung nutzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

(Senator Michael Neumann)

Herr Balcke, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Uns und mich ärgert, dass eine Scheindebatte geführt wird. GRÜNE und LINKE versuchen wider besseres Wissen etwas zu skandalisieren, was kein Skandal ist.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Das ist aber unter Ihrem Niveau!)

GRÜNE und LINKE akzeptieren wider besseres Wissen nicht, dass die Gefahren durch Gefahrgüter im Hamburger Hafen nicht neu, sondern bekannt sind und dass Maßnahmen vorhanden sind, diesen Gefahren zu begegnen. Mich würde nicht wundern, wenn wir demnächst eine Schriftliche Kleine Anfrage – vielleicht des sehr geschätzten Kollegen Tjarks – bekämen, ob der Hafen meteoritensicher sei.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Mal ehrlich, das ist doch Verharmlosung pur!)

Auf diesem Niveau bewegt sich diese Debatte.

(Beifall bei der SPD)