Protocol of the Session on May 29, 2013

In dem Anfang des Jahres beschlossenen Konzept, mit dem wir in Hamburg große Fortschritte in der Integrationspolitik einleiten konnten, wurde hierzu im Kapitel "Einbürgerung und politische Mitgestaltung" formuliert – Zitat –:

"Außerdem sollten nach dem Willen des Senats auch Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger auf kommunaler Ebene wählen dürfen."

Zitatende.

(Farid Müller GRÜNE: Was machen Sie da- für?)

Im nachfolgenden Satz kommt dann der wichtige Hinweis, dass dies jedoch nicht auf Landesebene entschieden werden kann, da es sich hierbei um Bundesrecht handelt. Auch Bundesratsinitiativen hat es zu dem Thema schon gegeben. 1997 beschloss der Bundesrat einen Gesetzentwurf mit rot-grüner Mehrheit. 2007 gab es einen Gesetzesantrag des SPD-regierten Landes Rheinland-Pfalz. So wird in Punkt 2 des Petitums des hier vorliegenden Antrags der GRÜNEN auch wieder gefordert, dass wir uns einer Bundesratsinitiative zur Einführung des kommunalen Wahlrechts für Nicht-EUStaatsangehörige anschließen sollten. Ich denke aber, und ich habe schon ausführlich darauf hinge

(Phyliss Demirel)

wiesen, dass dieses Unterfangen angesichts der bestehenden Zusammensetzung auf Bundesebene und der wiederholten Ablehnung im Bundestag wenig erfolgversprechend ist.

(Farid Müller GRÜNE: Deswegen ist der Bremer Vorstoß doch umso wichtiger! – Anja Hajduk GRÜNE: Genau!)

Nun beschreibt der vorliegende Antrag der GRÜNEN auch Initiativen anderer Bundesländer, so auch die aus Bremen. Anfang 2013 wurde in erster Lesung ein Gesetz zur Einführung des Wahlrechts für EU-Bürger zur Bremer Bürgerschaftswahl sowie für Nicht-EU-Bürger zur Wahl der dortigen Stadtparlamente beschlossen.

(Beifall bei der SPD – Katharina Fegebank GRÜNE: Was sagt die SPD-Fraktion dazu? – Gegenruf von Ksenija Bekeris SPD: Das haben wir doch schon gesagt!)

Dabei hat sich der zuständige Ausschuss einer Rechtsmeinung angeschlossen, dass die Bindung der Länder an den Staatsvolkbegriff mit der Änderung von Artikel 28 Grundgesetz zur Öffnung des Kommunalwahlrechts für EU-Bürger aufgehoben worden sei. Die Bürgerschaft in Bremen hat nun von der dort bestehenden Möglichkeit der präventiven Normenkontrolle Gebrauch gemacht. Der Bremer Staatsgerichtshof prüft gegenwärtig also die verfassungsrechtliche Tragfähigkeit. Die zweite Lesung ist bis zu einer Entscheidung des Staatsgerichtshofs über die Verfassungsgemäßheit ausgesetzt.

(Jens Kerstan GRÜNE: Was denken Sie denn jetzt? Finden Sie das alles gut?)

Wir sind also in Hamburg gut beraten, wenn wir das Ergebnis dieser Entscheidung abwarten und in die Überlegungen für unser weiteres Handeln einbeziehen.

(Beifall bei der SPD)

Dies macht auch Sinn mit Blick auf das Petitum im Antrag der GRÜNEN. In Punkt 1 wird die Prüfung einer Einführung des Wahlrechts zu den Bezirksversammlungen für Nicht-EU-Staatsangehörige gefordert. Eine neue Sachlage ist aber erst mit dem Urteil des Staatsgerichtshofs Bremen zu erwarten, weil wir dann erstmalig neben den Rechtsmeinungen der Rechtslehre auch eine aktuelle landesverfassungsgerichtliche Rechtsmeinung hätten. Noch einmal möchte ich betonen, dass es unser Anliegen ist, auf allen Ebenen die Integration von in Deutschland lebenden ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern umfassend zu fördern. In Hamburg haben wir dafür das Integrationskonzept auf den Weg gebracht, in dem sich der Senat übrigens auch vorgenommen hat, die gleichberechtigte Beteiligung von ausländischen Staatsangehörigen im Rahmen der Hamburger Volksgesetzgebung zu prüfen.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend auf zwei Initiativen dieses Senats zu sprechen kommen, von denen Nicht-EU-Bürger entscheidend profitieren werden. Im Herbst 2011 hat der Senat die größte Einbürgerungsinitiative seiner Geschichte gestartet.

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh! – Ksenija Bekeris SPD: Das gefällt Ihnen wohl nicht! – Glocke)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie Frau Steppat doch bitte ausreden.

Bürgermeister Olaf Scholz hat rund 137 000 in Hamburg lebende Menschen mit Migrationshintergrund ohne deutschen Pass angeschrieben und sie aufgefordert, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen. Diese Initiative des Senats ist auf großes Interesse gestoßen und hat zu einem Schub bei den Einbürgerungen geführt.

(Beifall bei der SPD – Klaus-Peter Hesse CDU: Wer hat Ihnen das denn aufgeschrie- ben?)

Sie hat zur Folge, dass Menschen mit Migrationshintergrund volle Mitwirkungsrechte erhalten, insbesondere das volle aktive und passive Wahlrecht, das für alle Parlamente auf allen politischen Ebenen gilt. Außerdem setzen wir uns für die Ermöglichung der doppelten Staatsbürgerschaft und die Abschaffung des Optionszwangs auf Bundesebene aktiv ein.

(Beifall bei der SPD)

Hamburg will das unter anderem mithilfe einer Bundesratsinitiative erreichen. Die Menschen, die danach die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben, würden dann das volle Wahlrecht erhalten.

Meine Damen und Herren! Den Antrag der GRÜNEN und auch den Zusatzantrag der FDP sollten wir an den Verfassungsausschuss überweisen, um dort auch mit Blick auf die Entscheidung des Bremer Staatsgerichtshofs über das weitere Vorgehen und die einzelnen rechtlichen Details zu beraten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Voet van Vormizeele.

(Ksenija Bekeris SPD: Auch die CDU macht mit! – Dr. Andreas Dressel SPD: Wenigstens bei der Überweisung macht die CDU mit!)

– Auch hier, lieber Kollege Dr. Dressel, muss ich Sie enttäuschen. Wir werden bei der Überweisung nicht mitmachen.

(Sabine Steppat)

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh!)

Ich finde es sehr faszinierend, was wir eben gehört haben, und das alles, Frau Demirel, hat überhaupt nichts mit dem 22. September zu tun.

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Das hat überhaupt nichts mit Wahlkampf zu tun. Ich freue mich schon auf die vielen Themen, die in den nächsten Sitzungen alle wieder aufkommen werden und die komischerweise allesamt mit Wahlkampf nichts zu tun haben. In der vorigen Sitzung war es die doppelte Staatsangehörigkeit. Hier trauen Sie doch offensichtlich Ihrem eigenen Beschluss nicht richtig, denn wenn Sie wirklich die doppelte Staatsangehörigkeit als das Nonplusultra fordern, warum wollen Sie dann eigentlich noch das kommunale Wahlrecht einführen?

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Weil es auch an Ihnen scheitert!)

Mit der doppelten Staatsangehörigkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, hätten Sie doch längst das, was Sie haben wollen, aber hier trauen Sie Ihrer eigenen Begründung offensichtlich nicht.

(Beifall bei der CDU)

Ich finde auch den Beitrag, den die Kollegin eben vorgelesen hat, sehr faszinierend. Die Aussage war deutlich: Wir als Sozialdemokraten stehen hier weit vorn, sehr weit vorn. Wir haben das schon seit Jahren gefordert, und deshalb überweisen wir den Antrag nun zur Prüfung an den Ausschuss. Sie sollten sich wirklich einmal selbst fragen, was Sie eigentlich beschließen. Sie haben eben all die hervorragenden Anträge, die Sie schon gestellt haben und was Sie alles beschließen wollten, aufgezählt. Sie haben aber offensichtlich große Zweifel daran, ob das, was Sie beschließen wollen, überhaupt rechtlich zulässig ist und, mit Verlaub, zu Recht. Es ist mit unserer Verfassung schlichtweg nicht vereinbar. Das wissen auch die Kollegen in Bremen.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt, glaube ich, nicht allzu viele Bundesländer, die in ihrer Verfassung diese präventive Normenkontrolle stehen haben. Die ist für Politiker ganz toll. Man beschließt erst einmal jeden Blödsinn, und dann fragt man vorsichtshalber ein Gericht, ob man das überhaupt beschließen darf. Das haben wir glücklicherweise in Hamburg nicht, und auch der Bund hat es nicht.

Es hat sich unserer Auffassung nach nichts verändert. Aus unserer Sicht ist es der richtige Weg, dass EU-Bürger natürlich das kommunale Wahlrecht haben, und ich finde es bemerkenswert, Frau Demirel, wie wenig Sie eigentlich den Unterschied zwischen einem EU-Bürger und einem Drittstaatsbürger verstanden haben. Wir haben eine europäische Bewegung, die genau die EU geschaffen hat

und die nicht nur irgendein loses Wirtschaftsbündnis ist. Wir wählen im nächsten Jahr wiederum ein gemeinsames europäisches Parlament, und wir haben so etwas wie eine europäische Staatsangehörigkeit, an der wir seit langer Zeit arbeiten. Das ist ein riesiger Unterschied, und wenn Sie das nicht verstehen, dann tun Sie mir leid. Dann haben Sie auch den Grundgedanken, der Europa eigentlich ausmacht, nicht verstanden.

(Zuruf von Mehmet Yildiz DIE LINKE)

Ich freue mich, dass Sie sich darüber aufregen, aber es wird daran auch nicht viel ändern, liebe Kollegen.

(Glocke)

Sofort, ich will nur einen Satz zu Ende bringen, dann darf Frau Demirel gerne fragen.

Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die Mehrheiten im Bundestag dafür nicht vorhanden gewesen sind und es auch nicht sein werden, und das, liebe Kollegen, ist auch gut so. – Frau Demirel.

Sie machen mich um 21 Uhr richtig arbeitslos. Frau Demirel hat das Wort, das ist schon okay.

Ich dachte mir, es geht schneller.

Ich möchte Sie noch einmal kurz fragen, ob Sie wissen, dass auch einige Kollegen im Hamburger Westen unseren Antrag in gewisser Weise interessant finden?

Die Kollegen im Hamburger Westen, da gebe ich Ihnen recht, fanden das sehr interessant. Sie haben dann noch einmal nachgefragt und sich überlegt, ob es wirklich eine gute Idee ist, das gut zu finden, nachdem Sie gerade Ihren Antrag gelesen haben. Die Formulierungen in diesem Antrag – besonders im Antrag in der Bezirksversammlung, der noch viel faszinierender ist – zeigen, mit welchem staatsrechtlichen Feingefühl Sie arbeiten. Da wird die Innenbehörde aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, und danach sollen Innenbehörde und Senat gemeinsam in den Bundesrat gehen. Sie zeigen, welch diffizile Kenntnisse Sie von unserem Staatsrecht in Hamburg haben. Verehrte Kollegen, dieser Antrag führt nicht zum richtigen Ergebnis. Wir werden hier heute erneut Nein sagen,