Protocol of the Session on May 29, 2013

Ich bin sehr froh darüber, dass wir nachher noch einmal über die Stadtteilschule sprechen. Etwas sollten wir jetzt wirklich tun: Wir müssen das G8 stärken, wir müssen die Stadtteilschule stärken und auch die Oberstufe stärken. Die CDU sollte sich aus verschiedenen Meinungen einmal eine Haltung bilden, das würde auch ein bisschen weiterhelfen. Dann können wir das schaffen, und dann können wir auch den Elternwillen entspannt ernst nehmen; man sollte ihn nur nicht totreden. Das ist es, warum ich hier angetreten bin. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Frau Prien hat noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Anna von Treuenfels, wenn Sie keine Schulstrukturdebatte führen wollen, dann lassen Sie es doch einfach und reden über die Probleme, die tatsächlich an den Gymnasien und den Stadtteilschulen zu bearbeiten sind.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Es hilft nämlich auch kein Schönreden, lieber Herr Senator Rabe. Sie selbst haben doch im Januar eine Arbeitsgruppe eingesetzt, weil die Probleme den Stadtteilschulen auf den Nägeln brennen. Sie selbst wollen doch im Juni Vorschläge vorlegen.

Offensichtlich haben Sie keine Lust, über unsere Vorschläge im Ausschuss zu debattieren. Das finde ich ein bisschen dünn. Es geht doch aber völlig an der Realität vorbei, so zu tun, als gäbe es an der Stadtteilschule keine Probleme.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Nun weiß ich, dass es totalen Spaß macht, Herrn Dr. Scheuerl immer falsch zu verstehen. Das ist sozusagen schon Volkssport in unserem Hause geworden. Den Spaß will ich Ihnen auch nicht nehmen. Es steht aber doch völlig außer Frage, dass Stadtteilschule und Gymnasium zwei gleichwertige Schulformen sind, das ist doch gerade das Wesen des Zwei-Säulen-Systems.

(Lars Holster SPD: Das hat er aber nicht ge- sagt!)

Eine künstliche Debatte heraufzubeschwören, als ob die CDU das in irgendeiner Weise bestreiten würde, ist, ehrlich gesagt, lächerlich. Dem Niveau in diesem Hause wird das nicht gerecht, jedenfalls nicht dem Niveau, das wir haben sollten.

(Beifall bei der CDU – Gerhard Lein SPD: Gut, dass Sie das noch einmal sagen!)

Das ändert aber doch nichts an der Tatsache, dass die Schülerinnen und Schüler an der Stadtteilschule nicht nur die Chance haben sollen, nach neun Jahren ein gutes Abitur zu machen, sondern die sollen auch einen guten mittleren Schulabschluss, so heißt das inzwischen, Herr Senator, und einen ersten Abschluss machen können. Das ist unsere Absicht, und das hat Herr Dr. Scheuerl zu Recht angesprochen. Ihn dafür zu diffamieren, ist wirklich lächerlich.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Dr. Scheuerl.

(Lars Holster SPD: Jetzt kann er sich ent- schuldigen!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Als ich im Oktober 2009, als über das Primarschulgesetz abgestimmt wurde, das erste Mal dort oben saß und Frau Heyenn, glaube ich, mich sah und ansprach, habe ich nicht damit gerechnet, dass mein Name in dieser Schuldebatte eine solche Rolle spielt, dass plötzlich jeder anfängt, sich an mir abzukämpfen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Das spricht dafür, dass es gute Argumente sind. Die Wahrheit hört niemand gern, und deswegen möchte ich an einer Stelle noch einmal einhaken. Herr Holster, wir sind uns doch völlig einig darin, dass das Abitur an einer Stadtteilschule nicht nur

nach außen, wenn es darum geht, sich damit zu bewerben, sondern auch nach innen in der Vorbereitung auf das Abitur und in der Fachlichkeit und im Anspruch dieser Abiturprüfung mit den Gymnasien völlig gleichwertig sein muss. Sie nicken, wir sind uns darin einig.

(Karin Timmermann SPD: Gott sei Dank!)

Dann, Herr Holster, müssen Sie aber auch zur Kenntnis nehmen – das muss man einfach sehen und man muss überlegen, welche Folgerungen man daraus zieht –, dass zum Beispiel bei der LAU-13-Untersuchung Herr Vieluf, der nun völlig unverdächtig ist, schulpolitisch mit mir einer Meinung zu sein – Herr Vieluf war Staatsrat unter Frau Goetsch –, sagt, eine Schule für alle sei das Beste überhaupt. Er hat damals bei der LAU-13-Untersuchung, bei der der Leistungsstand von Gesamtschülern und Gymnasiasten verglichen wurde, glasklar festgestellt, dass die Gesamtschüler am Ende von Klasse 10 in Mathe und Deutsch ungefähr ein Jahr hinter den Gymnasiasten zurückliegen. Er hat ferner in derselben Untersuchung festgestellt – und davon distanziert er sich bis heute nicht –, dass in den Abiturjahrgängen der Gesamtschulen die Leistungen der Schülerinnen und Schüler in Klasse 13 oft immer noch auf dem Niveau sind, das am Gymnasium mehrheitlich schon in der Vorstufe, damals Klasse 11, erreicht wurde. Wenn ich das sehe, dann muss Herr Rabe doch reagieren und überlegen, wie man die Vorbereitung dieser angehenden Abiturienten in der Zeit bis zum Übergang in die Oberstufe, also bis zum Ende von Klasse 10, so verändert, dass diese dann auch – Sie sprechen immer von Gleichwertigkeit – eine gleichwertige Vorbereitung haben, um in der Oberstufe zu brillieren und ein gutes Abitur machen zu können. Das ist eine Verantwortung, die die Schulbehörde hat. Wir erleben aber – und deswegen ist für die Abiturienten die Stadtteilschule im Moment nicht gleichwertig –, dass Herr Rabe es zugelassen hat, dass selbst im Vergleich zu den Gesamtschulen ein inhaltlicher Rückschritt erfolgt ist, noch weniger äußere Differenzierung, noch weniger Fachlichkeit. Und da setze ich an und sage: Das muss sich ändern.

Unabhängig davon zum Bildungsauftrag.

(Glocke)

Gestatten Sie, bevor Sie mit dem Thema beginnen, eine Zwischenfrage von Frau Dr. von Berg?

Selbstverständlich.

Herr Dr. Scheuerl, 50 Prozent der Kinder gehen zum Gymnasium, 50 Prozent zur Stadtteilschule. Sie fordern für die Stadtteilschule eine äu

ßere Differenzierung, aber für das Gymnasium nicht. Das verstehe ich nicht. Sie tun gerade so, als ob die 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler auf dem Gymnasium nicht heterogen wären. Ist das richtig?

Richtig, Frau Dr. von Berg, ist, dass Schülerinnen und Schüler dann besonders gut gefördert werden, wenn sie im Rahmen einer äußeren Differenzierung – und das Gymnasium ist eine Differenzierung auf den Schulabschluss Abitur – die Möglichkeit bekommen, sich in Kursen oder Klassen auf ihre Schulabschlüsse vorzubereiten; so sieht es unser Schulgesetz vor. Die Schulabschlüsse an der Stadtteilschule sind nun einmal: Hauptschulabschluss, Realschulabschluss und Abitur – drei Abschlüsse.

(Dr. Stefanie von Berg GRÜNE: Das war nicht die Frage!)

Das heißt, wir müssen endlich zurück zu einer äußeren Differenzierung in den Stadtteilschulen,

(Zuruf von Jens Kerstan GRÜNE)

damit die Schülerinnen und Schüler dort vernünftig vorbereitet werden. Und, Herr Holster, Sie müssen für den Teil, der dort das Abitur macht – das werden nie alle sein, Sie werden nie 100 Prozent Abiturienten in Hamburg erreichen –,

(Juliane Timmermann SPD: Na Gott sei Dank!)

eine gleichwertige Vorbereitung sicherstellen, und daran fehlt es im Moment. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Wenn es keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Thema gibt, rufe ich das nächste Thema auf, angemeldet von der Fraktion DIE LINKE:

Kein Dach, kein Essen, kein Gespräch. Senat verschließt Ohren, Augen und Herz für die Not der Flüchtlinge aus Libyen

Das Wort bekommt Frau Schneider.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Seit dem 15. April, seit über sieben Wochen, lebt eine große Gruppe von Kriegsflüchtlingen aus Libyen in Hamburg auf der Straße – Wind, Regen und Kälte ausgesetzt. Sie sind ohne ein Dach über dem Kopf, mittellos und ohne Anspruch auf öffentliche Leistungen. Viele sind krank und waren wochenlang ohne medizinische Versorgung. Auch wenn Sie sich auf die Rechtslage berufen können, diese Missachtung der Menschenwürde von Kriegsflüchtlingen ist eine Schande für diese Stadt.

(Dr. Walter Scheuerl)

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Kürzlich hat Hamburg über 100 000 Menschen auf dem Evangelischen Kirchentag begrüßt und mit seiner Gastfreundschaft geworben.

(Erster Vizepräsident Frank Schira über- nimmt den Vorsitz.)

"Soviel du braucht" – mit dieser Losung hat sich der Bürgermeister bei der Eröffnung des Kirchentags gerne geschmückt. Das scheint für die in Hamburg gestrandeten Flüchtlinge aus Libyen nicht zu gelten. Für sie gelten nicht einmal humanitäre Mindeststandards; selbst ein Gespräch hat ihnen der Senat verweigert. Hätten sie sich nicht selbst öffentliche Aufmerksamkeit erkämpft und gäbe es nicht so viele solidarische Menschen, die sie unterstützen, dann würde der Senat die humanitäre Katastrophe vor seinen Augen einfach ignorieren. Auch jetzt ist nicht klar, wann diese Menschen wenigstens eine Unterkunft erhalten. Handeln Sie sofort und ohne Wenn und Aber.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Ziehen Sie sich nicht auf die rechtliche Situation zurück. Ja, die ist, wie sie ist. Diese Kriegsflüchtlinge fallen rechtlich durch den Rost, sie sind einfach nicht vorgesehen. Aus Libyen teils geflohen, teils vertrieben, Opfer des Bürgerkriegs und des Kriegs, an dem NATO und EU beteiligt waren, waren sie zunächst in Italien gestrandet. Und natürlich können Sie sich jetzt empören, wie Italien versucht, die Flüchtlinge loszuwerden. Man hat einfach ihre Elendsunterkünfte geschlossen und ihnen Papiere und bis zu 500 Euro in die Hand gedrückt mit der Aufforderung, nach Norden zu verschwinden. Auch wir kritisieren den Umgang Italiens mit den Flüchtlingen, aber wir erinnern auch daran, dass die EU 2011 unter Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge aus Libyen verweigert hat. Wir erinnern daran, dass der EU-Flüchtlingsfonds die Finanzierung von Notunterkünften für Flüchtlinge in Italien im Februar 2013 eingestellt hat. Die Aufnahme der Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Nahen Osten ist aber eine gesamteuropäische Aufgabe, keine südeuropäische, die nur die EU und ihre Mitgliedsländer gemeinsam lösen können.

Wenn Sie sich als Europäer begreifen, Herr Scholz, der Sie nicht da sind, Herr Scheele, der Sie hinausgegangen sind, Herr Neumann

(Dr. Andreas Dressel SPD: Herr Scheele sitzt da!)

Herr Scheele, der Sie nicht hinausgegangen sind –, dann handeln Sie als Europäer. Setzen Sie sich für eine europäische Lösung ein, nicht irgendwann, sondern unverzüglich,