Protocol of the Session on May 15, 2013

Wir werden diese Fragen in den anstehenden Beratungen mit ehemaligen und aktuellen Akteuren eingehend erörtern, seien Sie dessen gewiss. Nicht transparent machen Sie in diesem Zusammenhang auch Mehrkosten, die im Zuge einer Neuausschreibung von Gewerken und weiteren Verzögerungen durch eine Neuaufstellung der Organisation erforderlich werden. Ohne eine fundierte Erörterung auch dieser Punkte ist Ihre pauschale Behauptung, die Stadt würde einfach auf 244 Millionen Euro verzichten, nichts weiter als eine Luftbuchung.

(Beifall bei der SPD)

Kaum jemand, ob nun der Bund der Steuerzahler oder "Spiegel Online", bestreitet noch, dass die Neuordnungsvereinbarung gut und hart verhandelt ist; das ist nicht der Punkt. Ob hierzu tatsächlich eine realistische Alternative besteht, das wird Gegenstand der parlamentarischen Beratungen und der anstehenden Sachverständigenanhörung sein, und das entlang der komplett vorliegenden Akten und endlich nicht nur mehr in der Aktuellen Stunde. Das ist die gute Botschaft. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Nun hat das Wort Herr Wersich.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Olaf Scholz hat vor Weihnachten behauptet, der Eigenbau sei genauso teuer wie ein Weiterbau mit HOCHTIEF. Wenn die Zahlen von "Spiegel Online" stimmen, dann hat der Bürgermeister die Öffentlichkeit nicht nur getäuscht, sondern er hat die Hamburgerinnen und Hamburger belogen.

(Beifall bei der CDU)

Zu seinem erfolglosen Konfliktkurs, der anderthalb Jahre Baustillstand erzeugt und Stillstandskosten von mehr als 100 Millionen Euro verursacht hat, kommt damit noch die geschädigte Glaubwürdigkeit. Es ist auch völlig gleichgültig, wie gut oder wie schlecht der Nachtrag 5, die Neuordnung, ist. Die Täuschung der Öffentlichkeit bleibt ein unerträglicher Makel. So etwas darf ein Bürgermeister nicht tun.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD – Karin Timmermann SPD: Und das aus dem Munde der CDU!)

Ich halte es mit Blick auf Transparenz und demokratische Kontrolle für unerträglich,

(Dirk Kienscherf SPD: Eine parlamentari- sche Kontrolle gab es bei Ihnen doch gar nicht!)

dass der Senat unter dem Vorwand von Geschäftsgeheimnissen die Kosten der Alternativszenarien für immer unter Verschluss halten will, nur um selbst in einem besseren Licht dazustehen. Auf meine Schriftliche Kleine Anfrage hin hat der Senat ausgeführt, dass er die Daten der ReGe für immer als Geschäftsgeheimnisse betrachtet und nicht veröffentlichen will. Geschäftsgeheimnisse sind nach höchstrichterlicher Feststellung an vier Bedingungen geknüpft, die alle erfüllt sein müssen. Sie müssen unternehmensbezogen sein und ihnen muss die Offenkundigkeit fehlen – beide Bedingungen sind erfüllt –, aber es muss auch ein Geheimhaltungsinteresse und einen Geheimhaltungswillen des Inhabers geben. Der Inhaber der ReGe ist die Stadt, vertreten durch den Senat. Es ist ausschließlich das Interesse des Ersten Bürgermeisters, diese Daten geheim zu halten, und es ist ausschließlich der Wille des Ersten Bürgermeisters zur Geheimhaltung. Es ist dies der Grund, dass die Neuordnung derart hastig durch das Parlament gejagt werden soll in der Hoffnung, dass niemand die Risiken und Nebenwirkungen aufdecken kann. Es muss Schluss sein mit der Androhung erheblicher strafrechtlicher Konsequenzen für alle, die in die Akten schauen und zur Geheimhaltung verdonnert sind. Es muss Schluss sein mit diesen vorgeschobenen Geschäftsgeheimnissen.

(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Das war doch immer so, auch bei Ihnen!)

Herr Bürgermeister, Sie und nur Sie haben es in der Hand. Schaffen Sie öffentliche Transparenz über den Plan B, über den Weiterbau ohne HOCHTIEF. Legen Sie die vollständigen Kostenberechnungen inklusive der Vertragsstrafen und Schadensersatz vor, denn sonst provozieren Sie doch geradezu einen neuen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Wir als CDU werden in jedem Fall mit den anderen Oppositionsparteien eine en

(Dr. Isabella Vértes-Schütter)

ge Abstimmung darüber suchen, wie wir das Recht der Hamburgerinnen und Hamburger auf politische Transparenz durchsetzen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN – Karin Timmermann SPD: Wie Sie es immer gemacht haben!)

Das Wort hat nun Herr Bläsing.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an dieser Stelle auf zwei Punkte eingehen, zum einen auf die fehlende Transparenz bei der Entscheidung und zum anderen auf die Größenordnung der möglichen Schadensersatzforderungen und der diesbezüglichen Entscheidung des Bürgermeisters.

Zu der fehlenden Transparenz: Der Senat und vor allem der Erste Bürgermeister haben in der letzten Sitzung der Bürgerschaft immer wieder die hohe Transparenz des Verfahrens betont. Diese Transparenz sollte allerdings nicht nur gegenüber dem Parlament gelten, sondern vor allem gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt. Hierfür wurden die Unterlagen zur Neuordnungsvereinbarung ins Internet gestellt. Das möchte ich an dieser Stelle durchaus lobend anerkennen, Herr Bürgermeister. Allerdings dürfte inzwischen nicht nur jedem Mitglied des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses Elbphilharmonie bekannt sein, dass es bei Bürgerschaftsdrucksachen nicht nur um die reine Wahrheitsverkündung geht, sondern dass es durchaus um die Auslegung der Wahrheit seitens des Senats geht.

(Jan Quast SPD: Das ist Ihre Auslegung!)

Nur durch das von den Oppositionsfraktionen beantragte Aktenvorlageersuchen kann die Senatsentscheidung auch nur ansatzweise nachvollzogen werden, aber aufgrund der Geheimhaltungspflicht – darauf wurde eben schon eingegangen – dürfen die Abgeordneten nicht über die Informationen Auskunft geben.

(Dirk Kienscherf SPD: Das war früher auch nicht anders!)

Es handelt sich immerhin um 171 Aktenordner. Wichtige und entscheidungsrelevante Informationen bleiben somit der Öffentlichkeit verborgen. Nun ist zumindest eine Information an die Öffentlichkeit gelangt, nämlich die, dass 244 Millionen Euro mögliche Schadensersatzforderungen gegenüber HOCHTIEF im Raum stehen. Der Bürger kann vor diesem Hintergrund nur erahnen, welche Informationen der SPD-Senat in dieser Angelegenheit der Öffentlichkeit vorenthält. Wir Abgeordnete haben in gewisser Weise einen Maulkorb. Transparenz, Herr Bürgermeister, sieht anders aus, und auch gutes Regieren sieht anders aus.

(Beifall bei der FDP, der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Nun komme ich zu Ihrer Entscheidung bezüglich der Schadensersatzforderungen, hier sozusagen eine Exkulpation zu machen und gänzlich darauf zu verzichten. Wenn man davon ausgeht, dass vielleicht nur 80 Prozent realisiert werden könnten, dann wären das immer noch circa 195 Millionen Euro, die der Senat für den Weiterbau in Eigenregie zur Verfügung hätte. Allerdings möchte ich nicht verschweigen – das gebietet die Redlichkeit zumindest seitens der FDP-Fraktion –, dass das in gewisser Weise eine Milchmädchenrechnung ist. HOCHTIEF würde sicherlich Gegenforderungen stellen und diese gerichtlich verfolgen. Auch beim Facility-Management gibt es viele Fragen.

(Jens Kerstan GRÜNE: Dann fallen aber trotzdem diese 200 Millionen weg!)

Sie haben völlig recht. Wir kritisieren auch, Herr Kerstan, dass eben dafür die nötigen Informationen letzten Endes fehlen.

Ich will aber auch darauf hinweisen, dass es nicht eine völlig klare Schwarz-weiß-Geschichte ist, wie Herr Wersich es eben dargestellt hat. So einfach sollten wir es uns an der Stelle nicht machen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

In jedem Fall gilt, dass diese Entscheidungen nun gründlich weiter zu hinterfragen sind. Es ist bedauerlich, dass alles häppchenweise irgendwo an die Öffentlichkeit kommt. Auf jeden Fall sitzen wir alle in der Klemme, weil wir diesen großen Zeitdruck haben. Hier möchte ich dann doch noch einmal anmerken, dass es noch nie zu guten Lösungen geführt hat, solche schwerwiegenden Entscheidungen unter Zeitdruck zu fällen.

(Beifall bei der FDP)

Nun hat Herr Hackbusch das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Immerhin im letzten Punkt hatte mein Vorredner auf jeden Fall recht. Das zeigt natürlich auch die Schwierigkeit der Debatte auf. Weil wir so etwas unter einem solchen Zeitdruck und ohne unabhängige Gutachten machen, die einfach in der Zeit nicht ordentlich herzustellen sind, ist diese Debatte einfach unheimlich kompliziert und wird dementsprechend, wie gegenwärtig, immer Eskapaden hervorbringen.

Zweitens ist die Darstellung, wir seien umfänglich informiert worden, natürlich falsch. Das ist doch durch diese Veröffentlichung im "Spiegel" noch einmal deutlich geworden. Ich möchte die Schwierigkeit noch einmal genau darstellen. Die ReGe hat

(Dietrich Wersich)

über Monate hinweg ein Ausstiegsszenario aus dem Vertrag mit HOCHTIEF vorbereitet, hat ausgerechnet, warum das vernünftiger ist, hat Schadensersatzforderungen eingerechnet und überlegt, wie man dementsprechend möglichst kostengünstig vorgehen kann. Dann ist der Senat, und zwar der Bürgermeister höchstpersönlich, umgeschwenkt und hat gesagt, er wolle das nicht mehr. Ein solches Umschwenken darf nicht vom Bauchgefühl eines Bürgermeisters oder von ungefähren Zahlen bestimmt werden,

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Martina Kaesbach, Katja Suding, beide FDP, und Dietrich Wersich CDU)

sondern das muss mit konkreten Zahlen belegt werden. Sie müssen darstellen, wie viel Schadensersatz möglich wäre. Wir haben uns doch all die Konflikte angesehen und es scheint, dass für die Schadensersatzfragen vor allen Dingen HOCHTIEF verantwortlich gewesen ist. Das zeigen die ReGe-Diskussionen, die wir hatten, und dementsprechend muss man das auch monetär unterlegen. Alles andere ist fahrlässig. Alles andere ist nicht Klarheit und Wahrheit, auf deren Grundlage das Parlament vernünftig entscheiden könnte, und entspricht meiner Meinung nach auch nicht der Landeshaushaltsordnung. Ich halte es nicht für möglich, was hier gemacht wird.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Dietrich Wersich CDU)

Das muss öffentlich debattiert werden mit öffentlichen Zahlen. Ich verstehe gar nicht, wie man sagen kann, alles sei umfänglich dargestellt worden. Das ist es an diesem Punkt nicht. An diesem Punkt ist nur ein Bauchgefühl dargestellt worden.

Meine Damen und Herren! Die Sache mit dem Bauchgefühl hat ein noch grundsätzlicheres Moment. Der Bürgermeister hat uns dargestellt, die Kosten für das eine wie für das andere seien ungefähr gleich hoch. Auch das ist keine Grundlage, um sich vernünftig entscheiden zu können.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Martina Kaesbach FDP)

Selbst wenn es ungefähr das Gleiche kostet, dann müssen wir uns völlig klar darüber sein, was die Aussage des Bürgermeisters für die Stadt und für die ReGe zusätzlich bedeutet. Er sagt: Ich vertraue den Institutionen in dieser Stadt nicht, ich vertraue meinem Unternehmen nicht, sondern ich vertraue eher dem Unternehmen HOCHTIEF.

(Dirk Kienscherf SPD: Bisher war es doch genau umgekehrt! – Gabi Dobusch SPD: Das ist Quatsch!)

Das zeigt, in welcher Art und Weise der Bürgermeister den Institutionen dieser Stadt gegenüber steht. Ich halte diese Art zumindest für diskussionswürdig,

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

und wir müssen sie dementsprechend mit Zahlen demontieren. Wenn beides gleich teuer ist, warum schmeiße ich mich dann demjenigen an den Hals, der uns monatelang, wie wir in unseren gemeinsamen Diskussionen festgestellt haben, vera… hat? – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Das Wort erhält nun Frau Senatorin Kisseler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist absolut verständlich, dass wir uns heute zum zweiten Mal in einer Aktuellen Stunde mit der Neuordnung der Elbphilharmonie beschäftigen, ist doch die Zustimmung zur Neuordnung, um die der Senat die Bürgerschaft am 23. April gebeten hat, in der Tat eine wichtige Entscheidung. Erst mit Ihrer Zustimmung wird diese Neuordnung rechtswirksam, und wir alle können bei diesem scheinbar unendlichen Bauvorhaben wieder nach vorn blicken.