Liebe Kolleginnen und Kollegen, es kann nicht sein, dass eine Inkassofirma oder gar ein Gerichtsvollzieher bei Familien anklopfen muss, nur weil ein Kind in den Genuss der frühkindlichen Bildung kommen will.
So etwas ist eine Bankrotterklärung der Gesellschaft. Eine reiche Stadt wie Hamburg muss dafür sorgen, dass alle Kinder tatsächlich in die Kita können, ohne dass ihre Eltern finanziell ruiniert werden. Wir haben heute mehrere Diskussionen gehabt. Wenn wir etwa bei der Elbphilharmonie 700 Millionen Euro für Beton, Stahl und Glas ausgeben, aber für Tausende von Kindern, die unsere Zukunft bestimmen, nicht einmal 5,6 Millionen Euro jährlich übrighaben, dann ist das eine Schande.
Sogar der Senat und auch Herr Scheele selbst sagen, dass frühkindliche Bildung die Chancen nachhaltig verbessert. Deshalb ist er gefordert, die ohnehin benachteiligten Familien so zu unterstützen, dass frühkindliche Bildung nicht vom Geldbeutel der Familien abhängt.
Wir fordern auch, dass der Senat die Mindestzahler sofort von den Gebühren befreit und die Schulden übernimmt, die entstanden sind. Was ich auch kritisieren möchte und was ich nicht verstehe: Es ist ein Thema in der Vertragskommission, es ist SPD-intern ein Thema, und auch im Senat wird darüber gesprochen, dass man da handeln muss und irgendetwas geschehen muss. Dass dieser Antrag dann nicht einmal an den Ausschuss überwiesen wird, um dort sachlich zu diskutieren, wie man vielleicht gemeinsam zu einer Lösung kommt, finde ich für eine SPD-Fraktion, die sich sozialdemokratisch nennt, peinlich. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Für viele Kolleginnen und Kollegen hier im Haus ist dieser Antrag – oder zumindest das Anliegen, das Sie mit diesem Antrag bewegen – ein alter Bekannter. Allein in den letzten drei Jahren haben Sie viermal und auch im Familienausschuss schon häufig Ihr Bedürfnis geschildert, die Leistungsbezieher von ihrem Mindestbeitrag zu befreien. Das ist das eine.
Als Zweites haben Sie Ihren heutigen Antrag um den Vorschlag ergänzt, dass die Stadt für die bei den Kitas entstandenen Beitragslücken aufkommen und die Zahlungsrückstände säumiger Kita
Beitragszahler erstatten soll. An dieser Stelle sollten Sie sich einmal die Frage stellen, wie das zum Beispiel Eltern finden, die knapp über der Beitragsgrenze liegen, wenn genau denjenigen, die knapp darunterliegen, der Beitrag oder die Beitragsschulden erlassen werden,
oder welche Auswirkungen ein solches Signal, dass wir alle Außenstände zahlen, an andere Eltern hätte, die regelmäßig bezahlen, oder an die Kitas, die sich darum bemühen, mit Eltern in oft schwierigen Verhandlungen Einzelvereinbarungen zu treffen. Wenn Sie sich solche Fragen gestellt hätten und auch die letzten drei Jahre zu dem Thema einmal hätten Revue passieren lassen, dann hätte dieser Antrag in der Form vermutlich gar nicht das Licht der Welt erblicken können.
Darüber hinaus möchte ich noch einmal etwas zu dem Thema sagen, was für eine sozialdemokratische Fraktion in Ordnung ist und was nicht: Wir haben alle gemeinsam in diesem Haus und insbesondere der SPD-Senat auf dem Gebiet der Kinderbetreuung viel erreicht und geleistet. Ich will hier nur ein paar Beispiele nennen, um Sie auch nicht überzustrapazieren, weil wir häufig an dieser Stelle darüber sprechen. Da ist einmal die Beitragsfreiheit im vorschulischen Jahr, auch für Kann-Kinder inzwischen, sie zahlen alle keinen Beitrag mehr. Dann gibt es den Rechtsanspruch ab zwei Jahren schon seit vergangenem August. Dann haben wir das Thema der Qualitätsverbesserung bei KitaPlus – all das mit einem enormen Mitteleinsatz und einem enormen Engagement; das hat die Qualität in den Kitas sehr verbessert. Und darüber hinaus haben die allgemeinen Rechtsansprüche dafür gesorgt, dass immer mehr Kinder davon profitieren können.
Darüber hinaus ist es schon heute so – das wissen Sie auch –, dass in begründeten Einzelfällen Kindern mit dringlichem sozialem oder pädagogischem Bedarf die Gebühren komplett erlassen werden. Wenn zum Beispiel die Eltern sich von vornherein verweigern, dann eröffnet auch schon heute das Gesetz die Möglichkeit, in begründeten Einzelfällen von den Beiträgen Abstand zu nehmen, und das wissen Sie.
Wir als SPD-Fraktion und auch der Senat halten sich daran, was wir mit dem Landeselternausschuss vereinbart haben, und das ist die bereits beschlossene Beitragsfreiheit – Sie haben es auch gesagt – ab 1. August 2014. Dann entfällt sowieso der Beitrag, und zwar für alle Kinder durch die Bank für fünf Stunden Betreuung plus Mittagessen. Und wer mehr braucht, bekommt mehr, die Beiträge werden dann sozial gestaffelt. Das gilt ab August 2014. Diese und andere Maßnahmen nützen dann vor allem auch den Familien, die Sie hier an
Aus den eben genannten und eigentlich schon lange bekannten Gründen halten wir an unserem Vorgehen, alle Eltern finanziell ab 2014 zu entlasten, fest. Daher können wir Ihren Antrag nicht überweisen, und wir glauben auch, dass wir ihn nicht zum vierten Mal im Familienausschuss diskutieren müssen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Frau Leonhard, mit der ich sonst nicht immer übereinstimme,
hat fast alles Wesentliche schon gesagt. Ich will nur noch einmal betonen, dass wir uns in der CDUFraktion – und ich glaube, wir alle hier im Hause – darin einig sind, dass es unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit wichtig ist, dass alle Kinder unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern eine optimale Förderung in den Kitas erhalten sollen und dass gerade auch Kinder aus sozial eher schwächer gestellten Familien natürlich den Zugang in die Kitas und eine möglichst frühe Förderung haben sollen. Man muss sich aber auch einmal vor Augen führen, dass in den letzten 10, 15 Jahren die Grundsteine dafür insbesondere von den Vorgängersenaten unter der CDU-Regierung gelegt worden sind, aber selbst in den letzten zwei Jahren hat sich daran nicht viel, jedenfalls nicht zum Schlechten für die Eltern verändert.
Über welche Beträge sprechen wir? Herr Yildiz, Sie haben mit Ihrer Anfrage eine Menge Rückstände aus den verschiedenen Kitas genannt bekommen, aber nur betragsmäßig. Es gibt keine Informationen darüber, ob es wirklich die Mindestzahler sind, die, wie Sie unterstellen, die Beiträge nicht zahlen können, oder ob es nicht andere Eltern sind, die einfach einmal ihre Rechnungen über 300 Euro oder 500 Euro liegen lassen. Auch diejenigen, die mehr zahlen, sind möglicherweise nicht so schnell mit dem Zahlen ihrer Rechnungen, und da wird vielleicht auch einmal bei Privatpatienten die Zahnarztrechnung liegen gelassen. Es ist also eine reine Mutmaßung, dass es die Mindestzahler seien, die hier in großer Zahl zu diesen Rückständen beigetragen hätten.
Fakt ist aber doch, dass schon heute der Mindestanteil für eine achtstündige Betreuung in den Krippen im Elementarbereich gerade einmal bei 39 Euro im Monat liegt und für eine vierstündige
Betreuung gerade einmal bei 27 Euro. Auch bei den Mindestzahlern ist es so: Wer solche Beträge nicht zahlt, trifft eine Zahlungsentscheidung, diesen Beitrag, der wirklich gering ist und vom Steuerzahler mit vielen Hundert Euro subventioniert wird, nicht zu zahlen und diese 27 Euro lieber für etwas anderes auszugeben. Ich will nicht fragen, was das ist, aber ich finde, wir können an die Verantwortung der Eltern appellieren und sagen: Liebe Eltern, in der Kita gibt es eine gute Förderung, und wenn ihr die aufgrund eurer Einkommensverhältnisse für 27 Euro bekommt, dann sind diese 27 Euro wirklich verdammt gut angelegt, zahlt sie bitte auch.
Um das abzurunden, möchte ich zum Schluss noch auf ein Thema eingehen, weil Sie auch den Antrag gestellt haben, nicht nur die Beiträge für die Mindestzahler generell entfallen zu lassen, sondern auch auf die Einforderung der Rückstände bei den Mindestzahlern, also nur bei einem kleinen Teil der Beitragszahler, zu verzichten. Machen Sie sich doch einmal klar, was das für die Zahlungsmoral aller regelmäßig Zahlenden bedeutet. Frau Leonhard hat es am Beispiel der Kita-Zahler angesprochen, aber für alle die, die sagen, das Thema Kita sei ihnen so fremd und so fern, nehmen wir doch einmal das Beispiel Steuern, das im Moment in aller Munde ist. Stellen Sie sich vor, der Bund käme auf die Idee, per 25. April alle ausstehenden Steuerverbindlichkeiten zu erlassen.
Dann würden in diesem Hause eine ganze Reihe aufstehen – wahrscheinlich auf Ihrer Seite – und sagen, welch große Ungerechtigkeit das sei. Man habe seine Steuern schon bezahlt und all die Selbstständigen, die möglicherweise noch nicht gezahlt haben, müssten jetzt aber unbedingt auch und so weiter, und jetzt zahle man auch nicht mehr. An dem Beispiel, in das Sie sich hineinversetzen können, sehen Sie, dass es nicht hilft zu sagen, wer bis jetzt nicht gezahlt habe, den nehme man ohne Prüfung der Ursachen und Gründe davon aus, sondern diese momentanen Mindestgebühren, die ohnehin nur noch bis 2014 gelten, die gering sind und vom Steuerzahler hochsubventioniert. Sie sind gut angelegte Beiträge für die Eltern zur Förderung ihrer Kinder, und deswegen ist Ihr Antrag schlicht überflüssig in dieser Zeit. – Vielen Dank.
Frau Blömeke, Sie haben das Wort. Herr Ritter, Sie sind danach dran, Sie können auch zusammen hier reden.
Genau, Herr Ritter, kommen Sie doch her, Sie bekommen dieses Mikro hier. Ich weiß aber nicht, ob wir das Gleiche sagen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! DIE LINKE legt eine gewisse Hartnäckigkeit an den Tag, das ist aber in der Politik nicht unbedingt verkehrt.
Man muss bei manchen Themen, die einem wichtig sind, schon hartnäckig sein, und wenn wir einmal ehrlich sind, ist auch die SPD sehr hartnäckig, wenn es darum geht, ihre Erfolge hier immer wieder zu präsentieren. Da hat Frau Leonhard heute zum Glück die Kurzversion gebracht, und darüber bin ich auch ganz froh, weil wir sie inzwischen alle kennen.
(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Till Stef- fen GRÜNE – Ksenija Bekeris SPD: Wir kennen auch Ihre Litanei!)
Es ist nicht das erste Mal, dass wir über Kita-Gebühren reden, und ich würde gerne noch einmal einen anderen Zungenschlag in die Debatte hineinbringen. Ich finde es nämlich sehr einseitig, hier immer wieder über Kita-Gebühren zu reden. Wir reden viel zu wenig über die Qualität. Über den Ausbau und eben die Gebühren reden wir viel, aber die Qualität bleibt meiner Wahrnehmung nach auf der Strecke. Darüber haben wir auch gestern im Familienausschuss noch einmal gesprochen. Wenn ich von Qualität spreche, dann meine ich nicht nur den Erzieher-Kind-Schlüssel. Es geht also nicht nur um das Betreuungsverhältnis, wobei das sehr wichtig ist, wenn wir einmal davon ausgehen, dass es in der Krippe immer noch einen Betreuungsschlüssel von 1:6 gibt, das heißt, dass auf sechs Kinder eine Erzieherin kommt. Aber ich will mich jetzt nicht wiederholen, weil ich das schon in der letzten Debatte erzählt habe.
Es geht auch um die Akademisierung unseres pädagogischen Personals, und hier haben wir dringenden Handlungsbedarf. Die Kolleginnen und Kollegen aus dem Familienausschuss wissen es schon, aber ich möchte das Beispiel dennoch einmal erzählen. Wir waren auf einer Veranstaltung der HAW, wo sich Studenten geäußert haben, die am Studiengang frühkindliche Bildung der HAW teilnehmen. Die haben in der Diskussion um die Erzieherausbildung gesagt, sie könnten keinem jungen Menschen raten, diesen Studiengang anzugehen. Ich finde es ziemlich dramatisch, wenn Studenten und Studentinnen selbst sagen: Leute, studiert nicht frühkindliche Pädagogik, das lohnt sich nicht, denn wenn wir später in die Kitas gehen, werden wir nicht anders bezahlt als die Erzieher und Erzieherinnen. Das geht nicht. Wenn wir die Kita als Bildungseinrichtung voranbringen wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass wir dort einen
Das hat insofern mit dem Antrag zu tun, als wir viel über Gebühren reden und wir auch einmal einen anderen Blickwinkel haben müssen, nämlich auf die Qualität in der Kita.
Ich wollte nicht alles wiederholen, aber jetzt komme ich noch einmal auf den Antrag zurück. Er hat natürlich eine gewisse Berechtigung, deswegen kann ich ihn nicht schlichtweg ablehnen und deswegen enthalten wir uns auch, denn wir können nicht wegreden, dass jedes vierte Kind in Hamburg immer noch in Armut lebt und dass Entlastungen dringend erforderlich sind. Ich finde es auch ein bisschen vermessen, jetzt von der CDU zu hören, die Mindestbeitragszahler würden doch nur 38 Euro und für fünf Stunden nur 27 Euro zahlen. Das hört sich für alle Normal- oder Besserverdiener natürlich nach ganz wenig Geld an, aber wir wissen doch alle, wie hoch der Hartz-IV-Regelsatz ist und dass diese Menschen damit wirklich am Existenzminimum schrammen. Und ich behaupte, dass man diese Menschen in unserer Gesellschaft als arm bezeichnen kann. Daher ist die Intention des LINKEN-Antrags natürlich richtig, hier zu helfen und zu entlasten.