Protocol of the Session on April 11, 2013

Vor diesem Hintergrund fordern wir – und das betone ich – den vorläufigen Verzicht auf die Westerweiterung des Hafens, denn wir glauben, dass dieses Projekt, das nicht nur sehr teuer ist – es geht hier um 250 Millionen Euro –, in der jetzigen Lage wirklich mehr Probleme schafft als es lösen würde. Wir haben schon ein Problem im Haushalt, insbesondere neben der HPA, und da braucht man dieses Projekt nicht noch zusätzlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Es trifft sich gut, dass gestern die Jahrespressekonferenz des Unternehmens EUROGATE war, das Unternehmen, dem

wir diese Viertelmilliarde Euro bescheren wollen. Die Begründung des Unternehmens, warum sie die Westerweiterung dringend brauchen würden, lautete – Zitat –:

"Es gibt […] Anzeichen, dass wir neue Dienste für Hamburg akquirieren können."

Wir haben eine Situation, in der EUROGATE auf diesen Anlagen nur noch 1,8 Millionen TEU umschlägt; es waren einmal 2,9 Millionen TEU. Das bedeutet ein Minus von mehr als einer Million. Nicht unbedeutende Leute im Hafen behaupten, dass die alle nach Bremerhaven gewandert sind. Die gegenwärtige Situation in Hamburg lässt einen Umschlag von fast 4 Millionen TEU zu. Das heißt, sie könnten auf der bestehenden Fläche ein Wachstum von mehr als 100 Prozent realisieren. Gleichzeitig haben sie einen komplett neuen Hafen gebaut, nämlich in Wilhemshaven, den sie auch auslasten wollen und der in der Endausbaustufe mehrere Millionen Container umschlagen kann. Vor diesem Hintergrund fragt man sich wirklich, wo denn die neuen Dienste herkommen sollen. Es gibt weltweit kein Containerwachstum in Richtung Europa. Dieses Unternehmen hat große Umschlagskapazitäten, und es ist wirklich die schwächste Begründung dafür, dass die Stadt eine Viertelmilliarde Euro für eine neue Kaianlage ausgeben soll.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vor diesem Hintergrund und weil das Thema insgesamt natürlich komplex ist, freuen wir uns, dass Sie der Ausschussüberweisung zustimmen und wir dann in Kürze einige Themen dieser Art im Wirtschaftsausschuss bereden können. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Balcke, Sie haben das Wort.

(Olaf Ohlsen CDU: Was schleppt er denn da mit? – Anja Hajduk GRÜNE: Eine selbstge- machte Karte!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die GRÜNEN fordern, die Planungen zur Westerweiterung einzustellen, also einen Verzicht. Sie benennen aber keine Alternative.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Wir haben 30 Prozent Umschlagrückgang!)

Ohne Alternative ist das aus unserer Sicht wenig überzeugend. Die Begründung ist lediglich auf einen Rückgang im Containerumschlag bezogen. Das reicht unseres Erachtens nicht aus.

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg übernimmt den Vorsitz.)

Ein Verzicht auf die sogenannte Westerweiterung wäre hafenpolitischer Unsinn, um nicht zu sagen

Irrsinn. Das wäre kurzsichtig. Ihre Forderung, Herr Tjarks, lässt vor allem außer Acht – und das ist etwas, worüber wir uns nicht nur in der Bürgerschaft, sondern auch in den Ausschüssen regelmäßig unterhalten –, dass die Prognosen, eben weil es sich um Prognosen handelt, mehr in Richtung Glauben gehen, als dass sie valide sind. Wenn ich daran erinnern darf: Im Jahr 2000 hatten wir einen Containerumschlag von ungefähr 4,5 Millionen TEU. Eine Verdoppelung des gesamten Containerumschlags innerhalb von zehn Jahren auf mehr als 11 Millionen TEU war damals nicht absehbar. So ist, Herr Tjarks, auch heute nicht absehbar, ob wir, ausgehend vom heutigen Volumen von knapp 10 Millionen TEU, bis 2025 nicht doch einen Umschlag von 20 Millionen TEU erreichen. Hierbei geht es nicht um eine Prognose, das benennen Sie natürlich bewusst falsch. Der Hafenentwicklungsplan ist keine Prognose, sondern er stellt einen Korridor an Möglichkeiten dar, und dafür müssen wir uns heute vorbereiten. Unserer Meinung nach ist diese Zahl durchaus realistisch, und dafür müssen wir heute Entscheidungen treffen; dieser Verantwortung stellen wir uns.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Es ist eben nicht absehbar, wie sich das Wachstum entwickelt. Absehbar ist aber, Herr Tjarks, das lassen Sie natürlich bewusst außer Acht, dass die Schiffe größer werden, die Hamburg anlaufen, und zwar unabhängig davon, ob die Fahrrinnenanpassung nun kommt oder nicht. Die Schiffe werden größer, und darauf müssen wir eine Antwort finden. Die derzeitige Stagnation kann nicht bedeuten, dass wir notwendige Infrastrukturmaßnahmen aufschieben. Das wollen wir ausdrücklich nicht in einem, wie Sie es auch gesagt haben, zyklischen Geschäft. Auf diese Zyklen müssen wir heute mit bestimmten Infrastrukturmaßnahmen und den notwendigen Aufwendungen, die dafür erforderlich sind, eingehen und diese berücksichtigen. Wir müssen also die Chancen heute wahrnehmen, auch wenn wir heute nicht genau prognostizieren können – das können auch Sie nicht –, wie sich das Umschlagsvolumen entwickelt. Es ist aber absehbar, und alle Konkurrenzhäfen der Nordrange reagieren auf diese Weise, dass heute Kapazitäten vorgehalten werden müssen und mit entsprechenden Infrastrukturmaßnahmen beantwortet werden müssen, obwohl eine Ausweitung des Volumens noch gar nicht auf den letzten TEU absehbar ist. Der Hafenentwicklungsplan, wir können das nur immer wieder betonen – Sie kennen ihn doch auch, so hoffe ich zumindest –, gibt genau diesen Rahmen vor, dass entsprechende Infrastrukturmaßnahmen heute notwendig sind, um in Zukunft ein derartiges Volumen abfedern zu können.

Warum ist die Westerweiterung notwendig? Wir brauchen eine Ertüchtigung der Kaimauern, um die notwendigen Volumina, nämlich zwei Großschiffe und ein Feeder, abfertigen zu können. Es geht da

(Dr. Anjes Tjarks)

bei, wie im Antrag richtig steht, um 38 Hektar. Das Ausbauvolumen sieht ungefähr 6 Millionen TEU vor. Aus unserer Sicht ist das richtig. Wir müssen heute diese Infrastrukturmaßnahmen für eines der modernsten Terminals vornehmen. Wir ermöglichen einen schnellen Umschlag und erreichen damit – Herr Tjarks, das sollte für Sie als GRÜNE wichtig sein – eine Reduktion von Lärm-, Licht- und Luftemissionen. Das sollte Ihnen bekannt sein. Was allerdings das Entscheidende ist – das haben Sie natürlich nicht berücksichtigt und bewusst nicht gesagt, ich zeige es Ihnen aber einmal –, ist dieser Drehkreis für Großschiffe. Der ist notwendig, Ole Ohlsen kennt das, weil die großen Schiffe natürlich genau diese Voraussetzung brauchen, um Wendemanöver fahren zu können. Die Intention der GRÜNEN ist natürlich durchschaubar. Indem sie heute die Westerweiterung infrage stellen, stellen sie natürlich auch infrage, ob es überhaupt sinnvoll und notwendig ist, diese großen Schiffe hier abfertigen zu können. Es geht dabei aber natürlich auch um die Sicherung von Arbeitsplätzen, und darauf kommt es uns besonders an. Darüber, Herr Tjarks, sprechen Sie nicht.

(Beifall bei der SPD)

Was zieht sich im Grundsatz durch Ihre hafenpolitischen Äußerungen? Konkrete Vorschläge machen Sie nicht, es ist die allgemein vernehmbare Antistimmung, eine Dagegen-Stimmung.

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh, oh!)

Wir hören nichts Konkretes, keine konstruktiven Vorschläge von Ihnen. Ich betone noch einmal, Ihre Einlassungen sind kurzsichtig. Sie lassen die Prognosen außer Acht, und Sie sprechen, Herr Tjarks, von einem Paradigmenwechsel. Bezeichnenderweise haben Sie diesen Paradigmenwechsel vorige Woche auf den CTS bezogen. Ich zeige Ihnen das einmal. Das ist nämlich der CTS, und das sind die 8 Prozent der Fläche, die in Zukunft für ein Kreuzfahrtterminal zur Diskussion stehen. Die GRÜNEN verstehen unter einem Paradigmenwechsel also diese 8 Prozent; das ist bezeichnend.

(Beifall bei der SPD)

Besonders problematisch finde ich aber, Herr Tjarks, und davon wollen wir uns eindeutig abheben, dass Sie mit diesen Einlassungen das Geschäft der Konkurrenz betreiben. Sie verweisen auch in Ihrem Antrag bewusst auf Wilhelmshaven, auf den Jade-Weser-Port. Das ist ausdrücklich nicht im Interesse Hamburgs. Das betone ich ganz bewusst.

(Beifall bei der SPD)

Zur Oppositionsarbeit gehören, das ist richtig, Kontrolle, Kritik,

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Wir reden über meinen Antrag!)

aber auch konkrete Vorschläge, wie es anders gehen kann. Ihr Antrag sagt darüber gar nichts. Sie sagen nur, was Sie nicht wollen. Das reicht uns nicht; wir unterstützen den Senat ausdrücklich bei der Fortsetzung dieser wichtigen Infrastrukturpläne. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Balcke. – Das Wort hat Herr Ohlsen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Tjarks, bei aller Freundschaft, Sie entwickeln sich zum Dauermiesredner des Hamburger Hafens.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Kurt Duwe FDP)

Ich halte die 2008 beschlossene Westerweiterung auch heute noch für notwendig, und, lieber Herr Tjarks, ich kann mich erinnern, dass Ihre Partei dem zugestimmt hat. Deswegen verstehe ich auch Ihre heutige Einstellung nicht. Von daher sollten Sie noch einmal in sich gehen. Die Westerweiterung bringt Arbeitsplätze, das ist angesprochen worden, sie bringt 2 Millionen TEU mehr und ich denke, auch in einer strukturschwachen Zeit ist es Sache des Parlaments zu fragen: Wie sieht die Konkurrenz aus, wie stellen wir uns für die Zukunft auf? Und wenn wir hören, dass die Wirtschaft wieder Fahrt aufnehmen wird, dann sind der Hamburger Hafen und der Wirtschaftssenator gut beraten, Vorsorge zu treffen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das haben wir in der Vergangenheit getan, das werden wir auch in Zukunft tun. Lieber Herr Tjarks, es gibt Verträge. Dieses Bauverfahren ist in zwei Monaten abgeschlossen. Was erwarten Sie denn? Es sind mittlerweile 20 Millionen Euro dort hineingeflossen. Soll das wieder alles auf null gestellt werden? Ich denke, das sollten wir nicht tun. Die HPA hat mit Vopak und mit Bominflot Verträge geschlossen, die viel Geld kosten. Die Umsiedlung beider Firmen kostet insgesamt 145 Millionen Euro. Das ist kein Pappenstiel, wir reden hier nicht über einen Appel und ein Ei, sondern wir reden über richtige Entwicklungen im Hamburger Hafen, und zwar über eine positive Entwicklung.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Was ich ein bisschen vermisse, lieber Herr Tjarks, ist die Ehrlichkeit. Wenn Sie sagen, Sie wollen die Westerweiterung nicht, dann wollen Sie den Drehkreis nicht. Das ist für mich völlig klar, Sie wollen diesen Drehkreis nicht, der benötigt wird, um die zukünftigen Großschiffe vernünftig in Hamburg am EUROGATE und am Burchardkai abfertigen zu können und sie nicht in den mittleren Freihafen fahren zu lassen, denn diese Großschiffe eignen

(Jan Balcke)

sich nicht dafür. Sie fahren mit der Flutwelle rein und sie fahren mit der Flutwelle wieder raus. Insofern würde ich Sie wirklich bitten, sich doch einmal zu erkundigen, Herr Tjarks. Es ist alles über das Ladungsaufkommen und über die Zukunft des Hamburger Hafens gesagt worden. Ich würde Sie bitten, die Füße in Zukunft ein bisschen ruhiger zu halten und ein bisschen ruhiger zu werden, sachlicher zu werden und sich besser zu informieren. Dann können wir miteinander reden und weiter diskutieren. – Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD und bei Dr. Kurt Duwe FDP)

Vielen Dank, Herr Ohlsen. – Das Wort hat Herr Dr. Kluth.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Tjarks, ich glaube, dass Sie gerade zwei verschiedene Punkte gewaltig durcheinanderbekommen. Das eine ist die Frage, wie sich Senator Horch gegenwärtig durch das Thema Hafenentwicklung mäandert: mal so, mal so und eigentlich immer zu spät. Das andere Thema ist, wie wir mit der Westerweiterung als Teil der langfristigen Hafenentwicklung umgehen wollen, und ich finde, wir sollten beide Themen sehr sorgfältig voneinander trennen.

Zunächst zu Herrn Horch. In der Tat – Sie haben es gesagt – gab es im Oktober noch optimistische Umschlagsprognosen von 25 Millionen TEU im Jahr 2025. Fünf Monate später dann am Dienstag nach Ostern ein Pressegespräch. Der Wirtschaftssenator beschreibt die Zukunft des Containerumschlags in düsteren Farben. Es stellt sich die Frage, was sich in den vergangenen fünf Monaten an der Situation des Güterverkehrs geändert hat. Eigentlich gar nichts, Herr Horch, und das lässt dann nur die Schlussfolgerung zu, dass Sie entweder im Oktober mit dem Hafenentwicklungsplan falsch gelegen haben oder heute mit Ihrer Einschätzung falsch liegen, oder dass beides falsch ist. Das ist die Konsequenz, die sich daraus ergibt.

(Beifall bei der FDP – Wolfgang Rose SPD: Das ist doch Quatsch!)

Nun kommen wir zur Kostenentwicklung. Das Thema hat Herr Tjarks auch angesprochen. Mitte März muss Wirtschaftssenator Horch auf meine Anfragen zunächst einräumen, dass die Kosten für die elf wichtigsten Infrastruktur- und Verkehrsprojekte des Hafens im Vergleich zum November 1011 um rund 250 Millionen Euro gestiegen sind, scheinbar unbemerkt, scheinbar verschlafen von der Wirtschaftsbehörde. Auf die Frage, wie denn dieses finanzielle Loch gestopft werden soll, wie das finanziert werden soll, sagt Senator Horch am 14. März im "Hamburger Abendblatt" – Zitat –:

"[…] durch mehr Effizienz, durch Einnahmensteigerungen und durch die stärkere Einbeziehung privater Dritter in die Projektfinanzierung."

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das nennt man Hafen finanziert haben!)