Protocol of the Session on April 10, 2013

(Lars Holster SPD: Dann muss man nichts tun, oder was? – Gabi Dobusch SPD: Lesen Sie doch bitte mal im gleichstellungspoliti- schen Rahmenprogramm!)

Seien Sie doch nicht so nervös, Frau Dobusch.

(Gabi Dobusch SPD: Lesen Sie doch mal bitte nach!)

Sie regen sich auf, es scheint ein wenig ein schlechtes Gewissen dabei zu sein.

Wenn wir bei der Schulpolitik nachschauen – das ist keine ganz einfache Sache, denn wir wissen alle, dass die Schulen seit Jahren im Umbruch sind –, dann begrüßen wir, dass es hier weitergegangen ist. Frau Senatorin, ich bin lange dabei, und eine sehr wichtige Sache fehlt bei den Dingen, die entwickelt wurden. Ich bitte Sie, persönlich darauf zu schauen, dass die Homepage in naher Zukunft neben dem Projekt "SOORUM", das sehr wichtig ist, kommt. Die Homepage war eine der wenigen guten Dinge, die entwickelt wurden, auf der man als Lehrerin, als Eltern, aber auch als Jugendlicher schnell erkennen kann, was beim Coming-out los ist, wo ich mich hinwenden kann, wo ich Materialien bekomme und wo die Beratungsstellen sind. Das war angedacht und ist nun völlig außen vor. Mag sein, dass es interne Gründe dafür gibt, aber extern ist die Homepage ein sehr wichtiger Baustein und sollte es auch bleiben. Ich würde mir wünschen, dass Sie darauf noch einmal einen Blick werfen, damit sie noch dieses Jahr kommt. Wie wir der Großen Anfrage entnehmen konnten, sind dafür 30 000 Euro zur Verfügung gestellt worden. Ich denke, damit ist auch noch die Entwicklung dieser dringend notwendigen Homepage möglich.

Zum Abschluss möchte ich offen sagen, was mich ein bisschen an den Senatsantworten gestört hat. Zum Thema Gewalt wird behauptet, dass es in den vergangenen fünf Jahren bei der Polizei keine Gewalttaten gab. Das wurde so dahingeschrieben und der unbedarfte Leser denkt: Dann ist alles gut, dann können wir ja nach Hause gehen, wunderbar. Wir wissen alle, dass die Dunkelziffer bei diesen Gewalttaten wahnsinnig hoch ist. Die Berliner Polizei schätzt, dass sie bei 90 Prozent liegt. Sie aber erwähnen das Thema nicht und belassen es bei der Aussage, es hätte sich niemand bei der Polizei gemeldet. Wir wissen alle, dass dies der Realität nicht entspricht. Das finde ich traurig, wir waren da schon einmal weiter, auch die SPD. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Frau von Treuenfels.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was Frau Schiedek heute vorlegt, macht auf uns den Eindruck, dass sich in Hamburg wirklich einiges im Bereich der Gleichstellung für Schwule und Lesben tut. So weit, so gut. Der Senat unterstützt etwa Jugendtreffs und Schulprojekte und er führt Vorgespräche mit Betroffenen und Experten im Rahmen des Runden Tisches Transsexualität. Ob er dort vorangekommen ist oder nicht, wissen wir nicht, wir können es nur hoffen. Eine Evaluation wird vielleicht Klarheit darüber bringen.

Im Falle des Memorandums zu den Zuständen in St. Petersburg möchte ich sehr deutlich sagen, dass wir den konstruktiven und kritischen Dialog, den Sie führen, nicht nur unterstützen wollen, sondern Sie auch immer wieder bitten und anmahnen werden, ihn konsequent fortzuführen, denn die Zustände sind unhaltbar. Wir können uns wirklich nicht der Tatsache verschließen – in dieser Hinsicht gebe ich Herrn Kühn recht –, dass es auch Auswirkungen auf unser Verhältnis zu Russland hat. Überhaupt sollte man die Augen nicht verschließen, und deswegen muss das fortgeführt werden.

(Beifall bei der FDP und bei Lars Holster und Karin Timmermann, beide SPD)

Die Projekte des Senats sind in unseren Augen hilfreich, aber nichts wirklich Neues. Das hat Herr Heintze schon ausgeführt, und deswegen will ich nicht weiter darauf eingehen. Die FDP hat allerdings auf Bundesebene wesentlich mehr bewegt. Ich möchte auf zwei Punkte hinweisen. Auf unsere Initiative hin wurde 2011 die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld gegründet und mit einem Stiftungskapital in Höhe von 10 bis 15 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt abgesichert. Interdisziplinäre Forschung und Bildung soll der Diskriminierung homosexueller Männer und Frauen entgegenwirken. Der Senat hat im November 2012 eine besoldungsrechtliche Änderung beschlossen und lobt sich nun dafür. Auf FDP-Initiative hin wurde jedoch schon im November 2011, also ein Jahr früher, im Bundesbesoldungsgesetz die ehebezogene Regelung zum Familienzuschlag und zur Auslandsbesoldung auf gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften ausgeweitet. Das ist ein Erfolg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Die Bundesratsinitiative des Senats zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts ist zwar schön und gut, bewirkt jedoch nicht mehr als das, was wir Liberalen schon seit langer Zeit anstreben. Die FDP tritt seit vielen Jahren für die rechtliche Gleichstellung von gleich

geschlechtlichen Partnerschaften mit der Ehe ein. Im Bund wollen wir für die eingetragenen Lebenspartner das volle Adoptionsrecht sowie künstliche Befruchtung unabhängig vom Familienstand ermöglichen. In Sachen steuerrechtlicher Gleichbehandlung wird eine Karlsruher Entscheidung noch in diesem Jahr erwartet, und wir sind guten Mutes und haben die Hoffnung, dass sich auch hier progressive Haltung durchsetzen wird.

(Beifall bei der FDP – Gabi Dobusch SPD: Das brauchte man ja nicht, wenn man an der Regierung wäre!)

Das ist offenbar längst, zumindest in einigen Teilen der Union und der CDU, angekommen. Wir sind weiterhin optimistisch, dass wir in der Bundesregierung noch sehr viel mehr für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben tun können. Seien Sie sicher, wir werden uns darum bemühen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Frau Artus.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Heterosexuelle Normen durchdringen die gesamte Gesellschaft. Das andere ist immer die Abweichung von der Norm. Will man lesbische, schwule, transsexuelle und transgender Jugendliche ernsthaft unterstützen, müsste in Schule, Elternhaus und Gesellschaft sexuelle Vielfalt konsequent vermittelt werden, denn wenn andere Formen als das heterosexuelle Begehren als normabweichend selbst im positiven Sinne gelten, dann begreifen sich diese Jugendlichen immer als defizitär. So verwundert es nicht, dass das Selbstmordrisiko überproportional hoch ist. Viele homosexuelle Jugendliche erzählen nach einem Suizidversuch, sie hätten ihre Eltern von der Schande erlösen mögen, ein homosexuelles Kind zu haben. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass nicht die Homosexualität an sich dazu führt, suizidal zu werden, sondern die eigenen und berechtigten Ängste, Erfahrungen mit den Reaktionen des Umfelds, Elternhaus, Gleichaltrige oder Schule und die gesellschaftliche Bewertung.

Auch Frauen galten – und dieser Vergleich ist mir wirklich sehr wichtig – und gelten zum Teil noch heute als das andere Geschlecht, das Geschlecht, das von der Norm, dem Mann, abweicht. Es hat lange, sehr lange gebraucht, um diese Sichtweise zu durchbrechen. Frauenwahlrecht, Strafbarkeit von Vergewaltigungen in der Ehe, Kampf gegen den Paragrafen 218 und Frauenquote waren Etappen dieses Kampfes der Frauen und der sich solidarisierenden Männer gegen eine patriarchale Ordnung. Auch hier sind wir noch lange nicht so weit, dass wir von der Frau als gleichberechtigtem Menschen in dieser Gesellschaft reden können.

Transsexuelle, Transgender und Intersexuelle sind noch einmal von besonderer gesellschaftlicher Ausgrenzung bedroht. So gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Gerichtsentscheidungen, die Teile dieses Transsexuellengesetzes aufgehoben haben, zum Beispiel, dass eine Änderung des Vornamens aufgrund einer neuen sexuellen Identität bei einer Eheschließung wieder rückgängig gemacht wird, oder dass eine Änderung des Geschlechtseintrags zur Voraussetzung hatte, dass die Person fortpflanzungsunfähig sein muss, oder dass eine Personenstandsänderung nur vorgenommen werden durfte, wenn man nicht verheiratet ist, was dann auch Zwangsscheidungen zur Folge hatte. Das sind alles keine alten Geschichten, das ist die allerjüngste Vergangenheit. Und gegenwärtig müssen immer noch aufwendige und mehrere tausend Euro teure Gutachten erstellt werden, um eine juristische und gesetzliche Anerkennung für eine Lebensweise mit dem gewünschten Geschlecht zu haben. Das sind Gutachten, in denen seitenweise jedes erinnerbare Detail des Sexuallebens ausgebreitet wird – ohne wirkliche Sinnhaftigkeit. Die Einschränkung der Prozesskostenhilfe wird sich im Übrigen auch hier dramatisch auswirken.

Was heißt das alles zusammengenommen für Hamburg? Reichen die Beratungsstrukturen aus? Reichen die Fortbildungsangebote aus? Wird in den Schulen genug getan? Werden ausreichend Fachleute ausgebildet? Wird die Jugendarbeit genug gefördert? Kann das Coming-out bei Älteren ausreichend unterstützt werden und diese Unterstützung der Unterschiedlichkeit von Lesben und Schwulen gerecht werden? Das alles beantwortet die Große Anfrage leider nicht. Sie stellt den IstStand dar, aber es werden keine Antworten gegeben, ob das ausreicht. Insofern kann ich Herrn Heintze nur recht geben, dass eine Evaluation der vorhandenen Angebote dringend erfolgen muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Große Anfrage beantwortet nicht einmal, wie Vereine, wie das MHC, pro familia, Intervention oder auch Hein & Fiete und die anderen Zuwendungsempfänger ihre durch den Tarifabschluss steigenden Personalkosten bei einem gedeckelten Etat bewältigen und ihre Arbeit weiterführen können. Mein Kollege Norbert Hackbusch hat darauf heute in der Aktuellen Stunde bereits eindringlich hingewiesen. Stattdessen begeht die SPD jetzt den, wie ich finde, wirklich großen Fehler, nach zwei Jahren eine relativ unkritische Bestandsaufnahme zu machen und außen vor zu lassen, wie sich zum Beispiel die Schuldenbremse auf diesen Politikbereich auswirkt. Auch wenn die SPD in ihrem Vorwort hervorhebt, dass es sich um eine vorläufige Bilanz handelt, damit weiter lösungsorientiert gehandelt werden kann, so verwirklicht sich der Anspruch nicht in den gestellten Fragen und

schon gar nicht in den Antworten. Das ist leider eine völlig ungenügende Bilanz.

(Beifall bei der LINKEN und bei Farid Müller GRÜNE)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage aus der Drucksache 20/6935 Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zum Punkt 58, Drucksache 20/7423, Antrag der SPD-Fraktion: Verlängerung des Glasflaschenverbotsgesetzes.

[Antrag der SPD-Fraktion: Verlängerung des Glasflaschenverbotsgesetzes – Drs 20/7423 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 20/7571 ein Antrag der GRÜNEN Fraktion vor.

[Antrag der GRÜNEN Fraktion: Verlängerung des Glasflaschenverbotes – Drs 20/7571 –]

Die SPD-Fraktion möchte beide Drucksachen an den Innenausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Herr Münster, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! St. Pauli wird als Vergnügungsviertel besonders am Wochenende von Tausenden oft alkoholisierten Menschen aufgesucht.

(Finn-Ole Ritter FDP: Aber nicht nur!)

Nicht nur.

Damit ist auch eine Schattenseite verbunden. Ein Vergnügungsviertel hat immer leicht negative Begleiterscheinungen. Diese müssen wir eingrenzen. Wenn man festgestellt hat, dass vermehrt Glasflaschen als Tatmittel eingesetzt werden, dann hat man Handlungsbedarf. Das wissen wir nicht erst seit heute. Im Jahr 2009 haben CDU, SPD und GAL deshalb das Glasflaschenverbotsgesetz beschlossen. Heute reden wir über eine Verlängerung dieses Gesetzes.

Machen wir uns doch nichts vor. Wir wissen doch, dass das Glasflaschenverbot ein wirksamer Beitrag ist, die Zahl der Körperverletzungen, bei denen Flaschen als Tatmittel eingesetzt werden, zu reduzieren. Die Daten aus meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage zum Glasflaschenverbot belegen die Effektivität des Glasflaschenverbotsgesetzes. Die mit Glasflaschen verübten Straftaten sind um

(Kersten Artus)

rund ein Drittel gesunken. Es ist das geeignete Mittel, um die äußert gefährliche Verwendung von Glasflaschen als Waffe einzudämmen. Auch hat es nachweislich keine Verdrängungseffekte in der Umgebung gegeben. Die Gebietsabgrenzung hat sich bewährt, das Glasflaschenverbot wird von den Anwohnern und Gewerbetreibenden akzeptiert, Umsetzung und Kontrolle funktionieren. Das heißt, das Gesetz ist auch in den Köpfen angekommen. Ein schöner Nebeneffekt ist, dass die Vermüllung und die Gefahr durch Scherben erheblich reduziert sind.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Es recht- fertigt aber keine Grundrechtseingriffe!)

Das Glasflaschenverbot nicht zu verlängern hieße, die Besucher der Reeperbahn dem erhöhten Risiko auszusetzen, Opfer einer gefährlichen Körperverletzung zu werden. Man weiß, wie es ist, angerempelt zu werden. Es gibt vielleicht böse Blicke hin und her und wenn dann eine Glasflasche in der Hand ist, kann sie als Tatmittel eingesetzt werden. Diesem gilt es entgegenzuwirken.

Das Glasflaschenverbot ist ein Gesetz mit Augenmaß. Wir dürfen bei der Bekämpfung der Gewaltkriminalität nicht nachlassen. Wir werden aber, wie üblich, auch dieses Gesetz im Ausschuss aufrufen und es dort in entsprechender Tiefe behandeln. Helfen Sie mit, Hamburg weiterhin zur sicheren Stadt zu machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Warnholz.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Dies ist ein scheinbar wahrhaft großer Tag für die SPD-Fraktion in diesem Hause. Die SPD-Fraktion darf einen Gesetzesantrag einbringen.

(Jan Quast SPD: Das haben Sie nie ken- nengelernt!)

Senator Neumann überlässt den Abgeordneten seiner ehemaligen Fraktion ein innenpolitisches Thema.

(Jan Quast SPD: Da sind Sie aber neidisch!)