Protocol of the Session on February 27, 2013

Meine Damen und Herren! Ich gebe Ihnen in vielen Dingen auch recht. Sie haben es angesprochen, Frau von Treuenfels, und auch Frau von Berg spricht es immer wieder an: Sie beklagen, dass das Essen in der Schule nicht immer so schmeckt wie zu Hause, und

(Dr. Andreas Dressel SPD: Manchmal auch besser!)

dass die Lehrerinnen und Lehrer teilweise sehr hoch belastet sind. Frau Heyenn, Sie haben angesprochen, dass die Inklusion eine riesige Herausforderung ist, der wir uns stellen müssen. Aber ich kann nur an alle appellieren, keine neue Schulstrukturdebatte zu führen, sondern das Thema in den Fokus zu nehmen, was eigentlich eine Schule ausmachen soll, nämlich guten Unterricht.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man dann beobachtet, wie sich in der CDU-Fraktion die beiden schulpolitischen Sprecher in der Öffentlichkeit äußern, dann ist das nichts anderes als Realsatire. Um 9 Uhr schreibt Herr Dr. Scheuerl, wie furchtbar das G8 an den Gymnasien sei, um 12 Uhr muss dann Herr Heinemann das Ganze wieder geradebiegen, um 14 Uhr legt Herr Dr. Scheuerl noch einmal nach, und Herr Wersich will dann abends um 20 Uhr bei Schalthoff Live nichts davon gehört haben. Was für ein Chaos in der CDU-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir haben keine Zeit für neue Grabenkämpfe in der Schulpolitik. Wir sind es den Schülerinnen und Schülern in unserer Stadt schuldig. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Heintze hat das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin begeistert darüber, dass auch Herr Holster gerade eben noch einmal das Grundmuster des SPD-Regierens dargestellt hat. Zuerst wird mehr oder minder realistisch etwas geplant, dann wird – darin ist der Schulsenator ein Held, aber der Finanzsenator kann das auch ganz gut und der Bürgermeister übrigens auch – mit großartiger Rhetorik medial verkauft, wie toll das alles ist. Danach hält man sich nicht daran und Informationen darüber werden verweigert. Schließlich kommt es irgendwie doch heraus und dann wird sich bei der Opposition beschwert, dass man sich nicht an seine eigenen Versprechen gehalten hat und wie schrecklich es doch sei, dass Zahlen offengelegt werden, von denen man lieber nichts gehört hätte. Wenn das Ihr Regierungsstil ist, und der zieht sich durch alle Bereiche, dann haben Sie es bisher relativ gut geschafft, diesen Stil durchzuhalten. Der Stadt hat es leider in keinem der Bereiche etwas gebracht und es würde uns sehr helfen, wenn Sie weniger verkaufen und sich mehr an Ihre Versprechen halten würden. Das würde die Stadt ungemein weiterbringen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Finanzsenator, es tut mir leid, dass wir immer mal wieder mit Fragen und Zahlen dazwischenfun

(Lars Holster)

ken, denn eines funktioniert zum Glück nicht: Weder Opposition ist planbar noch Transparenz ist planbar.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Opposition ist planlos!)

Sich darüber zu beschweren, dass die Opposition sich nicht an Ihre Planungen hält und auf Transparenz dringt und dabei auch Zahlen veröffentlicht, die vom Bund kommen und die Sie noch nicht geliefert haben, ist sehr, sehr schlechter Stil. Das hat nichts mit Transparenz in der Haushaltspolitik zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Nun kommt der Erste Bürgermeister und sagt: Bleiben Sie mir mit Ihren Fantasien vom Halse. Dazu muss ich sagen, dass der Erste Bürgermeister anscheinend nicht zugehört hat, wenn er so reagiert. Es wurde hier sehr ernsthaft von Bildungspolitik, Haushaltspolitik, Umweltpolitik, Wirtschaftspolitik gesprochen und darüber, was die SPD in diesen zwei Jahren dazu veranstaltet hat und was Sie, Herr Dressel, eben nicht geliefert haben. Ich muss sagen, Herr Bürgermeister, bleiben Sie uns doch bitte mit Ihren Phrasen vom Hals, als da wären "pay as you go", 0,88 Prozent Neuverschuldung und "I want my money back". Uns wäre es deutlich lieber, wenn Sie sich weniger an Rhetorik und mehr an der Realität orientieren würden. Sie können uns nicht vorwerfen, Herr Finanzsenator, dass wir das in der Haushaltspolitik nicht getan hätten. Wir haben uns nicht an den großen rhetorischen Aufschlägen der SPD orientiert, sondern wir haben uns an der Realität orientiert. Die Realität ist schmerzhaft. Realität ist, dass Sie 500 Millionen Euro weniger hätten ausgeben können, wenn Sie sich an den Ist-Zahlen des Haushalts orientiert hätten und nicht an Ihren Planungen. Mir wäre als Hamburger Steuerzahler die Ist-Orientierung deutlich lieber gewesen als die Plan-Orientierung. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie weg von Ihren Planungen und zurück in die Realität kommen, wenn Sie in der Haushaltspolitik beim Ist bleiben und nicht bei dem, was Sie sich theoretisch bis zum Jahr 2020 wünschen. Dann wäre der Stadt geholfen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist aber nicht gewollt. Es gibt, besonders beim Bürgermeister, eine Mentalität, die stark an Scheckbuch-Mentalität erinnert. Er redet über 1 Prozent Neuverschuldung, gibt aber 4,5 Prozent mehr aus, und niemand weiß so genau, wo das Geld hingegangen ist. Wenn man sich die Politik der vergangenen zwei Jahre einmal ansieht, dann kann man das relativ gut belegen. Es ist als Erstes zu Hapag-Lloyd gegangen. Zu einem unnötigen Preis und einem unnötigen Zeitpunkt wurden Anteile gekauft und, Entschuldigung, Herr Bürgermeister, die Garantiedividende ist 2012 auch aus

gebleiben. Ich frage mich, warum Sie das Garantiedividende genannt haben, wenn sie dann doch nicht ausgezahlt wird. Das Geld ist auch in 25,1 Prozent der Energienetze gegangen. Bis heute hat uns niemand erklärt, wie der Kaufpreis zustande gekommen ist, weil man das nicht wirklich kann. Auch hier hat man sich auf eine Garantiezahlung verständigt, die maximal die Zinszahlungen deckt. Auch das ist Scheckbuch-Politik und diese Scheckbuch-Politik erleben wir jetzt wieder bei der Elbphilharmonie mit 200 Millionen Euro Mehrausgaben und dem Verzicht auf Regressforderungen. Herr Bürgermeister, reden Sie doch einfach darüber, was Sie tun. Das wäre eine deutlich ehrlichere Bilanz, als wenn Sie ständig darüber reden, was Sie planen, allerdings leider dann doch nicht tun. Mehr Geld auszugeben als Sie müssen, das ist verantwortungslos.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU würde sich freuen, wenn Sie anstatt über Ideen zu reden und die Opposition für andere Ideen zu kritisieren, einfach einmal aus dem Verwaltungssessel hochkommen und mit Regieren und Gestalten in dieser Stadt beginnen. Hamburgs Stärke liegt nicht darin, verwaltet zu werden. Sie liegt darin, dass politisch Verantwortliche Ideen entwickeln, die Hamburg im Wettbewerb nach vorn bringen, die es ermöglichen, in dieser Stadt das Wohlstandsniveau für alle, die hier leben, auf dem jetzigen Stand zu halten. Das erreicht man nicht durch mittelmäßiges Verwalten, sondern das erreicht man nur durch gutes Regieren. In der Halbzeitbilanz sehe ich diesbezüglich eine deutliche Fehlanzeige, hier müssen Sie nachbessern.

(Beifall bei der CDU)

Frau Dr. von Berg hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema Schule ist tatsächlich ein sehr, sehr wichtiges in der Halbzeitbilanz. Das lässt sich daran messen, wie oft es hier gerade genannt wurde. Im Zentrum unserer Kritik steht nach wie vor das Thema Inklusion. Wir erkennen an, dass Inklusion eine große Herausforderung ist. Wir wussten in der vergangenen Legislaturperiode durchaus, dass noch mehr auf uns zukommt, auch ressourcenmäßig. Doch sich immer hinzustellen und zu sagen, wir hätten die Inklusion damals schon nicht richtig ausgestattet – daran bemisst sich Regierungshandeln nicht, meine Damen und Herren. Die Qualität von Regierungshandeln bemisst sich daran, wie man mit den aktuellen politischen Herausforderungen umgeht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Karin Pri- en CDU)

(Roland Heintze)

Und da ist Fehlanzeige. Was im Moment in den Stadtteilschulen passiert – und wir reden beim Thema Inklusion immer über Stadtteilschulen –, ist, dass einige Stadtteilschulen, hier muss man sehr genau differenzieren, zu Notstandsgebieten werden. Davor können wir nicht die Augen verschließen, und Herr Senator Rabe tut dies.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte dringend darauf hinweisen – Herr Bürgermeister Scholz, hier spreche ich Sie persönlich an –, das dies mittlerweile Chefsache ist.

(Dirk Kienscherf SPD: Schon wieder!)

Wir erwarten, dass sich der Chef persönlich um die Stadtteilschulen und um Inklusion kümmert.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Wir können doch nicht die Augen davor verschließen, dass die GEW auf die Straße geht, dass ver.di auf die Straße geht. Wir können doch nicht die Augen davor verschließen, dass Brandbriefe aus Wilhelmsburg kommen. Ich sage Ihnen noch einmal: Das wird erst der Anfang sein. Wir können doch nicht so tun, als ob in der Schulpolitik alles in Ordnung ist. Wir haben hier ein ernstes Problem und das ist Chefsache. Ich spreche hier wirklich Bürgermeister Scholz persönlich an.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben im Rahmen der Haushaltsberatungen einen Vorschlag gemacht. Wir haben den Notstand gesehen und vorgeschlagen, einen Inklusionsfonds einzurichten. Die SPD ignoriert es. Sie ignoriert die Probleme in dieser Stadt. Die tolle Schulform Stadtteilschule, und es ist eine tolle Schulform, wird systematisch zugrunde gerichtet durch viele kleine Maßnahmen, die auch Herr Rabe vorgenommen hat. Die Abschaffung des besonderen Anmeldeverfahrens zum Beispiel bricht den Stadtteilschulen, die wirklich gute Arbeit machen und eine starke heterogene Schule sind, das Genick. Aber der Dreh- und Angelpunkt ist Inklusion, und solange wir hier nicht umsteuern, solange wir nicht auch die Gymnasien mit in die Verpflichtung nehmen, solange wir vor allen Dingen nicht mehr Ressourcen reinstecken, wird sie nicht gelingen. Ich fordere die SPD-Fraktion auf, das anzuerkennen und zu unterstützen und den Chef dabei zu unterstützen, seine Arbeit zu machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, vereinzelt bei der CDU und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Frau Heyenn hat das Wort.

Eigentlich wollte ich heute nichts zur Schulpolitik sagen, aber das muss ich wohl.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen – Beifall bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Gute Ideen haben bekanntlich viele Väter. Für die Schulabgangsstatistik sind wir die Mutter, um das einmal deutlich zu sagen. Die Jugendberufsagentur ist ein Versuch; wir sehen das kritisch.

(Finn-Ole Ritter FDP: Versuch macht klug!)

Wir warten auf den Beweis, dass es dadurch mehr Ausbildungsplätze gibt und dass kein Jugendlicher zurückbleibt. Fakt ist, das haben wir durch eine Anfrage herausbekommen, dass zurzeit 25 Prozent aller Schulabgänger aus der 8. und 9. Klasse einen Ausbildungsplatz bekommen, die anderen nicht. Dazu kann ich nur in der Verbalakrobatik der SPD sagen: Versprechen gebrochen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Schule entwickelt sich leider nicht so, wie auch wir das gern hätten. Frau von Berg hat die Brandbriefe angesprochen. Die müssen wir zur Kenntnis nehmen, die können wir nicht einfach ignorieren. Wir sind von der Idee, dass wir in Hamburg zwei gleichberechtigte Säulen im Schulsystem haben, weiter entfernt als vor einigen Jahren. Wir haben drei Gesetzesinitiativen im Parlament gehabt, die das Schulgesetz geändert haben und alle drei gingen zulasten der Stadtteilschule. Es ist verstärkt so, dass die soziale Herkunft in Hamburg für den Schulerfolg oder Schulmisserfolg von Jugendlichen entscheidend ist. Das muss dringend geändert werden, die Stadtteilschulen müssen gestärkt werden, und dabei haben Sie uns an Ihrer Seite.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Bürgermeister hat in seiner bemerkenswerten Rede der neuen Sachlichkeit darauf hingewiesen, dass er mit der Opposition gern viel gemeinsam machen würde und dass er uns immer wieder auffordern würde, ihn zu unterstützen. Ich möchte den Spieß jetzt einmal umdrehen und darstellen, wie eigentlich der Umgang dieses Senats mit der Opposition ist.

Erstens: Das Parlament wird häufig vor vollendete Tatsachen gestellt, zum Beispiel bei den Verträgen mit Vattenfall und E.ON. Unter Zeitdruck, und zwar nach dem Zeitplan von Vattenfall, mussten wir die Beratungen in den Ausschüssen durchführen. Es wurde immer gesagt, dass Vattenfall zurücktritt, wenn es bis zu dem und dem Zeitpunkt nicht funktioniert. Das ist kein ordentlicher Umgang mit der Opposition.

(Beifall bei der LINKEN)