Vor diesem Hintergrund ist es meines Erachtens ein erster richtiger und auch wichtiger Schritt, dass der Senat ein Gutachten zur Überprüfung der Gewerbeflächennachfrage bis zum Jahr 2025 in Auftrag gegeben hat, um zu schauen, welche Gewerbeflächen wir eigentlich wirklich brauchen. Man mag dabei einwenden, dass Prognosen bis 2025 so eine Sache sind. Wir sind der Meinung – und hier sind wir wieder bei den 100 oder 254 Hektar –, dass es nicht reicht, die reine Quantität zu betrachten, sondern wir müssen schauen, was wir brauchen. Wir alle wissen, dass 100 Hektar nicht gleich 100 Hektar sind. Viele davon kann man eigentlich gar nicht für Gewerbe- und Industrieflächen nutzen. Wir wollen, dass sich klar angeschaut wird, was gebraucht wird und dass man von dieser sturen Forderung nach einer bestimmten Maximalsumme, die man dann irgendwie erfüllen kann, abkommt, denn das fordern nur jene wie zum Beispiel Vertreter der Handelskammer, denen Umweltschutz, Wohnungsbau und, wie wir seit der Neujahrsrede wissen, auch demokratische Interessen weniger wichtig sind.
Flächenrecycling, Nutzungsintensivierung, Brachflächenintensivierung – noch so ein schönes Wort – sind wie beim Wohnungsbau die richtigen Stichworte. Wir müssen über Nahverdichtung und auch über vertikales Wachstum sprechen. Vor diesem Hintergrund ist unsere Meinung klar. Solange wir es uns leisten, mit den Flächen so umzugehen wie beispielsweise im Hafen, wo die Autos einflächig parken statt sie zu stapeln – diese Parkhaustechnologie wurde vor 80 Jahren erfunden –, so
lange wir die Flächen im Hafen für 3,30 Euro pro Quadratmeter und Jahr vermieten, scheinen genug Flächen da zu sein, um sie besonders auf hohem oder, je nachdem, wie man es sieht, auf niedrigem Niveau zu verschleudern.
Wir glauben, dass der Hafen bei der Ineffizienz leider nur die Spitze des Eisbergs ist. Für die Wirtschaftsförderung gibt es eine Regelung, die besagt, dass pro 100 von der Stadt an Unternehmen ausgegebene Quadratmeter ein Arbeitsplatz entstehen soll. Bei den Logistikunternehmen entstehen weniger als die Hälfte dieser Arbeitsplätze. Damit entwickeln wir eine Situation, in der es riesige Logistikparks ohne großartige Wertschöpfung, ohne Arbeitsplätze gibt. Wir schaffen mit anderen Worten eine Innovationsbremse mit großem Flächenfraß, und am Ende wird nicht einmal kontrolliert, ob diese Arbeitsplätze auch wirklich entstehen. Hier muss unseres Erachtens dringend umgesteuert werden.
Wir empfehlen, den Hafenentwicklungsplan an dieser Stelle als Vorbild zu nehmen. Wir würden uns freuen, wenn Wertschöpfung ein entscheidendes Kriterium für die Flächenvergabe würde. Dann kämen wir in die Situation, Flächen sinnvoll zu vergeben. Momentan leisten wir es uns, dass Unternehmen nichts für die Flächen zahlen. Dann muss man sich auch nicht wundern, wenn sich dort Unternehmen ansiedeln, die kaum wirtschaften und produzieren. Wir glauben, dass dies der entscheidende Umsteuerungspunkt an dieser Stelle ist. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Keine Frage, Hamburg ist bereits heute ein hochverdichteter Wirtschaftsraum, zugleich ein hochinteressanter Standort gerade für kleine und mittelständische Unternehmen. Gleiches gilt für die Stadt als Wohn- und Lebensraum. Um die sich daraus ergebende Nutzungskonkurrenz um Flächen in den Griff zu bekommen, bedarf es in der Tat eines klugen Managements, um ausreichend Gewerbeflächen einerseits und Wohnraumflächen andererseits bereitzustellen. Daher begrüßt die FDP-Fraktion zunächst die Initiative der CDU, dieser Thematik mit einer Großen Anfrage nachzugehen und hier zur Debatte zu stellen, obwohl – Frau Prien, das muss man schon sagen – die Große Anfrage der CDU etwas merkwürdig daherkommt. Die Einleitung ist fast länger als der Fragenkatalog. Das mag mit Vergangenheitsbewältigung oder auch vielleicht mit etwas Verlustschmerz zu tun haben, aber, Frau Prien, auch dann darf man nicht die Vergangenheit verklären.
Zur Wahrheit gehört eben auch, dass der damalige CDU-Senat die Zusagen der Mittelstandsvereinbarung 2002, was die Bereitstellung der Gewerbeflächen betrifft, eben nicht eingehalten hat. Ich kann mich persönlich noch an eine Podiumsdiskussion mit Ihrem damaligen parlamentarischen Geschäftsführer, ich glaube, das war Herr Krüger, beim Verband Freier Berufe erinnern. Damals räumte Herr Krüger sehr freimütig ein und bemerkte etwas lakonisch, man könne nicht alles haben im Leben, oder wie Herbert Grönemeyer sagen würde:
Lassen Sie uns aber zurück zum eigentlichen Thema kommen. Der Zuzug von mittelständischen Unternehmen bedeutet Beschäftigung, Wachstum und Wohlstand für die Stadt. Daher ist eine entsprechende Ausweisung von Gewerbeflächen für erweiterungs-, verlagerungs- und ansiedlungswillige Unternehmen aus liberaler Sicht in der Tat ein Muss. Eine effiziente Gewerbeflächenpolitik sollte jedoch vorausschauend sein und Gewerbetreibenden auch Anreize setzen, Hamburg als Unternehmensstandort zu wählen. Das Ziel sollte dabei sein, jedem ansiedlungswilligen Unternehmen innerhalb kürzester Zeit nutzbare Gewerbeflächen zur Verfügung zu stellen.
Die FDP-Fraktion fordert daher, eine ständig verfügbare Flächenreserve von mindestens 100 Hektar Gewerbe- und Industrieflächen vorzuhalten. Außerdem muss eine Umwandlung von Gewerbeflächen in andere Nutzungen mit gleichzeitiger Ausweisung von Ersatzflächen einhergehen. Das gilt auch für die Umnutzung von Gewerbeflächen in Wohnraum. Wir meinen, der Saldo muss dabei stimmen. Diese Verfügbarkeit von Flächen innerhalb Hamburgs muss gewährleistet sein, um die Abwanderung von Unternehmen ins Umland zu verhindern. Die FDP bekennt sich daher ausdrücklich dazu, zur Deckung der vorhandenen Flächenbedarfe in allen Stadtteilen und Lagen Flächen auch neu für Gewerbenutzung auszuweisen. Dabei spielen insbesondere auch die sich ergebenden Miet- und Pachtpreise eine zentrale Rolle, denn eine Untersuchung der Handelskammer aus dem Jahr 2011 hat gezeigt, dass Unternehmen bei Vergrößerung oder Verlagerung gerade aufgrund der Preisentwicklung von Gewerbeflächen eine Abwanderung ins Umland in Betracht ziehen. Dem gilt es entschieden entgegenzuwirken. Zu diesem Thema gehören an dieser Stelle auch die Stichworte Gewerbesteuer, Grundsteuer und Grunderwerbsteuer mit auf die Agenda.
Frau Rugbarth hat bereits erwähnt, dass auch das Gewerbehofkonzept des Senats noch immer auf sich warten lässt. Wir sind, das will ich freimütig sagen, skeptisch, ob es wirklich Aufgabe der Stadt sein sollte, kommunale Gewerbehöfe zu planen, zu bauen und anschließend auch zu bewirtschaften.
Wir meinen, Politik und Verwaltung sollte sich darauf beschränken, geeignete Flächen auszuweisen. Alles andere kann man auch getrost privaten Investoren überlassen, wie das heute bereits in Billbrook, Hammerbrook, Rothenburgsort oder anderen Gewerbestandorten der Fall ist. Dort verfügen wir bereits über eine große Zahl gut funktionierender privat organisierter und bewirtschafteter Gewerbehöfe.
Die Fortschreibung des Masterplans Industrie lässt ebenfalls auf sich warten. Ein Entwurf zu Wirtschaftsförderungskriterien befindet sich gegenwärtig noch in der Abstimmung. Zumindest das Gutachten zur Gewerbeflächennachfrage ist in Arbeit, man kann sagen, immerhin. Dabei verweisen die Antworten des Senats in der Großen Anfrage der Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion auf den dringenden Handlungsbedarf. Der Senat verkennt offensichtlich gerade im Bereich des Gewerbeflächenmanagements den Handlungsbedarf.
Wir meinen, dort muss mehr Tempo rein. Die FDP empfiehlt bei der Konzepterstellung eine enge Abstimmung, und zwar mit den Kammern und Bezirken, und eine Beteiligung der Verbände. – Vielen Dank.
Herr Präsident, sehr geehrte Herren und Damen! Ich mache es kurz, weil ich das Potenzial dieser Drucksache nur sehr bedingt zur Debatte geeignet finde. Die CDU stellt 26 Fragen zu Gewerbeflächen in Hamburg. Ich finde die Antwort auf Frage 1 von einzig relevanter Bedeutung. Darin heißt es, dass ein Gutachten, das die Gewerbeflächennachfrage bis 2025 ermitteln soll, in Auftrag gegeben wurde. Dieses Gutachten würde derzeit erstellt. Was fehlt, ist das Datum, zu dem das Gutachten fertig sein soll und veröffentlicht wird. Es wäre schön, wenn diese Auskunft heute gegeben werden könnte.
Damit stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage aus der Drucksache 20/6049 Kenntnis genommen hat.
ordnungspunkt 53, Drucksache 20/6658 in der Neufassung, Antrag der SPD-Fraktion: Vielfalt fördern – Diskriminierung abbauen / Kein Raum für Rechtsextremismus und Alltagsrassismus in Hamburg
[Antrag der SPD-Fraktion: Vielfalt fördern – Diskriminierung abbauen / Kein Raum für Rechtsextremismus und Alltagsrassismus in Hamburg – Drs 20/6658 (Neufassung) –]
Hierzu liegen Ihnen als Drucksache 20/6860 ein Antrag der Fraktion DIE LINKE und als Drucksache 20/6892 ein Antrag der GRÜNEN Fraktion vor.
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Diskriminierung ernsthaft bekämpfen – Antidiskriminierungsberatung ausbauen – Drs 20/6860 –]
[Antrag der GRÜNEN Fraktion: Beteiligung der Bürgerschaft bei Erarbeitung des Landesprogramms gegen Rechtsextremismus und konkrete Stärkung der Antidiskriminierungsberatung – Drs 20/6892 –]
Alle drei Drucksachen möchte die GRÜNE Fraktion federführend an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration sowie mitberatend an den Innenausschuss überweisen. Von der CDU-Fraktion liegt ein Antrag auf Überweisung der drei Drucksachen an den Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung vor.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Hamburg als internationale und weltoffene Stadt hat in den vergangenen Jahren gute Fortschritte auf dem Weg zu Vielfalt und Interkulturalität gemacht. Bereits 2008 ist Hamburg der Charta der Vielfalt beigetreten. Bürgermeister Scholz hat 2011 gemeinsam mit der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine Absichtserklärung unterschrieben, deren Ziel es ist, gemeinsame Anstrengungen gegen Diskriminierung zu organisieren. Die Hamburgerinnen und Hamburger haben am 2. Juni 2012 ein beeindruckendes Zeichen gegen Rassismus und Rechtsradikalismus gesetzt.
Diesen Weg gegen Rassismus, Rechtsradikalismus und Diskriminierung werden wir weitergehen. Wir wollen dafür sorgen, dass Menschen nicht wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder Weltanschauung, wegen einer Behinderung, wegen ihres Alters oder ihrer sexuellen Identität diskriminiert und benachteiligt werden.
Dieses sind Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, dessen Geist wir uns verpflichtet fühlen. Uns ist bewusst, dass dieser Vorgang ein gesellschaftlicher Prozess ist, der nie abgeschlossen sein wird und den wir dennoch immer vorantreiben müssen.
Viele Studien zeigen, dass die Diskriminierung von Menschen negative Folgen für die gesamte Gesellschaft hat. Je mehr sich Menschen diskriminiert fühlen, desto geringer ist ihr Willen, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Benachteiligung und Beleidigung werden vor allem in Bereichen erlebt, in denen eine ökonomische oder soziale Konkurrenz um knappe Ressourcen herrscht. Wenn ich von diesen Studien spreche, dann geht es mir nicht darum, jemanden an den Pranger zu stellen und zu sagen, die Mehrheitsgesellschaft sei diskriminierend. Es geht vielmehr darum, sich die Ursachen anzusehen und dagegen vorzugehen. Hier setzt auch die Politik des Senats an, nämlich in den Bereichen Bildung, Wohnungsbau und Arbeitsmarktpolitik die Lebensrealitäten der Menschen in der Stadt Stück um Stück zu verbessern.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz enthält in diesem Sinne zum Glück nicht nur Benachteiligungsverbote. Es werden auch Möglichkeiten zu sogenannten positiven Maßnahmen eröffnet. Hamburg versucht erfolgreich seit mehreren Jahren, die Anteile von Frauen, Migranten, Menschen mit Behinderung in der Verwaltung zu erhöhen. Diese positive Diskriminierung zeigt Erfolge. Im vergangenen Jahr lag der Anteil der Auszubildenden mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst bei 17,3 Prozent. Das ist insgesamt ein guter Erfolg, er ist uns aber nicht gut genug. Unser Antrag enthält unter anderem das anonymisierte Bewerbungsverfahren. Das anonymisierte Bewerbungsverfahren könnte als ergänzendes Instrument dazu dienen, Benachteiligung weiter abzubauen. Das wollen wir im Rahmen eines Pilotprojekts ausprobieren. Dabei müssen wir aber darauf achten, wie dies mit der bisher erfolgreichen Strategie der interkulturellen Öffnung der Verwaltung zusammenpasst. Obwohl die Stadt Hamburg eine Vorreiterrolle einnimmt, ist es uns auch wichtig, die Privatwirtschaft dafür zu gewinnen, ebenfalls das anonymisierte Bewerbungsverfahren zu testen. Die Privatwirtschaft soll für Vielfalt und Diversität gewonnen werden. Einige Hamburger Unternehmen tun dies bereits; wir wünschen uns aber, dass es noch mehr werden.
Die Fraktionen der GRÜNEN und der LINKEN haben zu unserem Antrag Zusatzanträge gestellt. Sie möchten unter anderem die Einsetzung eines Unterausschusses von Sozial- und Innenausschuss einrichten. Das entscheidet aber nicht der Senat, und es bedarf dazu auch keines Antrags. Es wird
in absehbarer Zeit einen Zwischenbericht der BASFI zum Landesprogramm gegen Rechtsextremismus geben, den wir federführend an den Sozialausschuss, aber auch an den Innenausschuss überweisen werden. Dadurch ist die Beteiligung der Fraktionen an der Erarbeitung des Landesprogramms, wie im Übrigen auch jetzt schon, gesichert. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, wollen offenbar die "Arbeitsstelle Vielfalt" wiederbeleben. Das wollen wir aber nicht. Unserer Auffassung nach sind dezentrale und niedrigschwellige Beratungsangebote vorzuziehen. Die Diskriminierung soll dort bekämpft werden, wo sie stattfindet, und das ist mit einer zentralen Beratungsstelle nicht getan. Die Ergebnisse von Untersuchungen und auch die Erfahrungen der "Arbeitsstelle Vielfalt" zeigen, dass dies nicht unbedingt sehr zielführend war.
Daher werden wir Ihre Anträge ablehnen. Wir werden sie auch deshalb ablehnen, weil viele von Ihnen erwähnte Punkte auch in unserem Antrag enthalten sind.
Meine Damen und Herren! Wir sind uns alle einig, dass es sich lohnt, Anstrengungen gegen Rechtsextremismus, Alltagsrassismus und Diskriminierung auf sich zu nehmen. Eine diskriminierungsfreie Gesellschaft ist nicht nur lebenswerter, sie ist auch leistungsfähiger. Unternehmen und Verwaltungen, in denen Männer und Frauen, Ältere und Jüngere, Einheimische und Zugewanderte, Behinderte und Nichtbehinderte zusammenkommen, arbeiten nachweislich besser. Vielfalt ist auch ein entscheidender Faktor für wirtschaftlichen Erfolg. Vielfalt ist Chance – diese Erkenntnis hat sich durchgesetzt, ebenso wie die Einsicht, dass wir ein Einwanderungsland sind. Wir sind also insgesamt auf einem guten Weg und sollten ihn gemeinsam weiter beschreiten.
"Vielfalt, die sich nicht zur Einheit ordnet, ist Verwirrung. Einheit, die sich nicht in Vielfalt gliedert, ist Tyrannei."