Die Ansiedlung der Siemens-Wind-Zentrale, Division Wind Power, sei nur ein Beispiel von vielen. Das ist mustergültiges Standortmarketing, hier im Hinblick auf das Cluster Erneuerbare Energien.
Besonders wichtig ist natürlich der persönliche Kontakt auf Messen, Kongressen, Events – national wie international – durch kompetente Beratungs- und Servicestellen der Bezirke, durch die Handels- und Handwerkskammer und die Innovationstiftung heute und morgen durch die Investitions- und Förderbank. Gerade Letztgenannte wird einen substanziellen Beitrag zur praktischen Wirtschaftsförderung leisten. Ein Zahlenwerk, meine Damen und Herren, ist eben kein Standortmarketing. Welche naive Vorstellung, dass ein potenzieller Investor seine Standortentscheidung auf der Grundlage eines Wirtschaftsberichts fällen würde. Dabei verfügt die Freie und Hansestadt bereits heute über aussagekräftige Datensammlungen: Mittelstandsbericht, Hafenentwicklungsplan; beide Berichte enthalten wichtige und umfangreiche Daten über Gegenwart und Zukunft unserer Stadt. Die acht Cluster stellen jeweils Daten und Informationen branchenspezifisch zur Verfügung, die im Übrigen einen viel höheren Mehrwert haben als ein Sammelsurium von Daten, Zahlen und Fakten, das nicht an eine spezifische Zielgruppe adressiert ist.
Wie erfolgt Ihrer Vorstellung nach Wirtschaftspolitik? Sind Sie der Meinung, Standortentscheidungen würden heute nach umfangreicher Analyse eines mehrere hundert Seiten starken Berichts, sei er gebunden, auf CD oder im Internetauftritt dokumentiert, gefällt? Diese Entscheidungen werden auf der Grundlage von langfristigen Beziehungen, auf der Grundlage von Vertrauen und vor allem auf der Grundlage eines attraktiven, prosperierenden wirtschaftlichen Umfelds mit exzellenten Perspektiven gefällt.
Die Rahmenbedingungen sind entscheidend. Absatzmärkte, Infrastruktur, Transportwege, Steuerabgaben spielen eine immense Rolle genauso wie qualifizierte Fachkräfte, Schulen, Universitäten, Freizeitangebote und natürlich eine attraktive Wohnungsbaupolitik. All diese Faktoren machen die Metropolregion zu einem attraktiven Umfeld und befördern Entscheidungen zugunsten unseres Standorts. Diese Einflussfaktoren werden in dem von Ihnen geforderten Bericht leider nicht abgebildet. Eine kompakte Wirtschaftsübersicht, wie es bei Ihnen heißt, ist für einen potenziellen Investor die falsche Quelle. Das mag für den Gemeinschaftskundeunterricht oder ein Volkshochschulseminar einen Mehrwert darstellen, für die praktische Wirtschaftsförderung ist dies das falsche Instrument.
Überhaupt frage ich mich, wer Ihr Datensammelsurium lesen soll oder will, außer vielleicht jene, die es Korrektur lesen. Ich frage mich aber noch etwas viel Entscheidenderes. Wer soll dieses Zusammentragen von Zahlen, Daten und Fakten überhaupt leisten? In Zeiten von Haushaltskonsolidierung und Aufgabenkritik, in denen in allen Bereichen gespart wird, ist ein solches Bürokratiemonster nicht zu verantworten. Wir haben ausgerechnet, dass die Kosten für ein solches Unterfangen ungefähr bei 100 000 Euro pro Jahr für Fremdvergabe liegen und ein Vollzeitäquivalent innerhalb der Behörde abbilden würden. Das ist meiner Meinung nach nicht zu rechtfertigen.
Meine Damen und Herren! Das Kurioseste an diesem Antrag ist allerdings seine Geschichte. Es war Ihr Wirtschaftssenator Gunnar Uldall, der 2002 den Jahreswirtschaftsbericht ohne laute Proteste mit der lapidaren Begründung, das brauche niemand, einstellen ließ; recht hatte er.
Der vorliegende Antrag ist unserer Meinung nach wirtschaftspolitisch nicht weiterführend, er ist nicht zeitgemäß, verursacht unnötige Kosten und bietet vor allem keinen Mehrwert für unsere Stadt. Wir lehnen diesen Antrag ab.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Balcke, ich möchte nicht die Wirtschaftspolitik der CDU und Frau Prien verteidigen, ich glaube, das kann sie selbst besser. Ich denke auch nicht, dass die CDU glaubt, dass die Wirtschaftspolitik allein über einen Jahreswirtschaftsbericht zu regeln ist, aber ich habe mich bei Ihrer Argumentation Folgendes gefragt: Es gibt den Masterplan Industrie und den
Masterplan Handwerk, es gibt den Kreativwirtschaftsbericht und diverse weitere Berichte, die Sie auch zum Teil erwähnt haben. Ich warte dann bei den Haushaltsanträgen darauf, welchen dieser bürokratischen Berichte Sie denn eigentlich einsparen wollen, wenn das das Argument ist, um einen Jahreswirtschaftsbericht abzulehnen.
Trotzdem haben Sie in Ihrer Argumentation durchaus ein Kernproblem dargestellt. Wir haben eine gewisse Informationsflut, dennoch könnte es helfen, wenn man das bündeln und zusammenfassen kann. Es könnte auch helfen, wie im Antrag geschrieben, wenn man die Metropolregion stärken würde. Ich glaube nur, dass der Punkt ist, was dort nicht explizit steht, was aber aus unserer Sicht diesen Antrag annehmbar machen würde, dass man einen unabhängigen Jahreswirtschaftsbericht hätte, in dem nicht nur das, was man sowieso aus den einzelnen Clustern kennt, neu zusammengeschrieben ist, sondern in dem sich ein paar Gedanken darüber gemacht worden sind, wie bestimmte Dinge aussehen könnten.
Der Senator sitzt hier und erzählt uns unbeirrbar, wir würden – den Hafenentwicklungsplan haben Sie auch angesprochen – 25 Millionen Container in 2025 umschlagen. Das ist fast so etwas wie eine Alliteration. Erst einmal war es ein Ziel, dann war es irgendwie das Potenzial. Ich kann nur feststellen, dass jeder, dem ich in Hamburg diese Zahl vorstelle, erst einmal anfängt zu lächeln. Und selbst Herr Bonz hat letzte Woche im "Hamburger Abendblatt" bemerkt, dass es doch hochgradig unrealistisch ist. Ich muss sagen, dass die Hamburgerinnen und Hamburger verstanden haben, dass genau dieses Wachstum ziemlich unwahrscheinlich ist und dass wir vernünftige Planung brauchen und keine Märchenstunden. Wenn das ein Jahreswirtschaftsbericht leisten kann, dann wäre er auch ein guter Bericht.
Dasselbe gilt auch für den Hafen. Wir haben ein Gutachten, das diese Zahlen vor sich herträgt, beispielsweise, dass es im Hafen 150 000 Arbeitsplätze geben würde. Das Gutachten ist, wie wir alle wissen, zehn Jahre alt. Es wurde seit zehn Jahren nicht aktualisiert, sondern lediglich hochgerechnet. Es beruht auf einer Methodik, die relativ schwierig ist. Niemand weiß, ob es eigentlich stimmt. Und dann kommt Herr Hackbusch und sagt, wir würden gerne einmal von einer unabhängigen Firma, nicht von PLANCO, überprüfen lassen, ob das stimmt. Dieser Antrag liegt seit etlichen Monaten im Wirtschaftsausschuss und bewegt sich kein Stück. Das wäre auch ein Beitrag, das auf eine solide Planungsgrundlage zu stellen und zu schauen, wie man in Hamburg Wirtschaftspolitik auf einer ehrlichen und realistischen Grundlage machen kann.
Wir haben versucht, dieses über eine Große Anfrage zu lösen, und den Senat gefragt, welche Branchen relevant zur Beschäftigung in Hamburg beitragen. Der erste Satz war – ich zitiere –:
Es gibt also gar keine amtliche Statistik. Dieses Hafengutachten und dieses PLANCO-Gutachten zählen irgendetwas zusammen, das kein Mensch kennt. Auch da würde es sich lohnen, einen vernünftigen Jahreswirtschaftsbericht zu machen. Dann wären das übrigens, Herr Balcke, gut investierte 100 000 Euro, denn wenn die Summe der indirekten Beschäftigungswirkungen, die für bestimmte Branchen angegeben werden, die Gesamtbeschäftigung in Hamburg und der Metropolregion um ein Vielfaches übersteigt, dann könnte ein unabhängiger Jahreswirtschaftsbericht ein vernünftiges und glaubwürdiges Bild der Wirtschaft geben und damit auch als Grundlage unserer Wirtschaftspolitik dienen. Das wäre wirklich im Interesse des Wirtschaftsstandorts Hamburg.
Wenn man sich das Wörtchen "unabhängig" dazu denkt, bietet ein Jahreswirtschaftsbericht eine durchaus große und auch realistische Chance. Entscheidend ist – Sie haben explizit auf München rekurriert –, dass man auch ein paar andere Aspekte, die ich kurz ansprechen will, ernst nimmt. Das sind nämlich auch die weichen Standortfaktoren, wie es sich eigentlich mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf verhält. Ich würde mich freuen, wenn die Wirtschaftsbehörde es einmal als ihre inhärente Aufgabe begreifen würde, diese weichen Wirtschaftsfaktoren in Hamburg weiterzuentwickeln. Sie werden nämlich zunehmend wichtiger im Standortwettbewerb.
Insofern bleibt mir nur, an Sie zu appellieren, diesen Antrag zu überweisen. Dann könnten wir fachlich noch einmal darüber reden, wie man so etwas richtig macht. Ich glaube, darin könnte Potenzial für Hamburg stecken, aber man muss es eben auch wollen. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Tjarks, Ihre Ausführungen waren streckenweise durchaus interessant, insbesondere, was die Ha
fenentwicklung betrifft. Das ist auch meiner Auffassung nach durchaus zutreffend. Aber sie waren etwas losgelöst von dem Thema, das heute zur Debatte steht beziehungsweise von dem Antrag, den wir heute zur Abstimmung vorliegen haben.
Herr Balcke hat die richtige Frage gestellt, nämlich die Frage nach dem Nutzen eines solchen Jahreswirtschaftsberichts, wie ihn die CDU gern beschließen würde. Es ist wohl ziemlich unbestritten in diesem Hause, vielleicht mit Ausnahme der Kollegen der LINKEN, dass wir zur Förderung von Wachstum und Dynamik eine weitere Ansiedlung von Unternehmen brauchen und neue Investoren für unsere Stadt gewinnen müssen; das ist unerlässlich. Auch für Unternehmensgründer und internationale Unternehmen muss Hamburg interessant bleiben.
Die Vorteile des Wirtschaftsstandorts müssen besser gebündelt dargestellt werden. Hamburg muss als Wirtschaftsstandort noch besser profiliert werden. Transparenz und Demonstration der eigenen wirtschaftlichen Stärke sind nach unserer Auffassung gerade in Zeiten steigenden Wettbewerbs und eines härteren Kampfes um Ressourcen und Standortvorteile von hoher Bedeutung.
Der Konkurrenzkampf um Standorte nimmt zu. Auch wenn wirtschaftliche Faktoren, Daten und Fakten klar für Hamburg sprechen, mangelt es aber bislang an einer transparenten Aufbereitung des Zahlenmaterials und an einem strategischen Marketingkonzept für Hamburg. Imagebroschüren der Hamburg Marketing GmbH und der Handelskammer werben zwar für den Wirtschaftsstandort Hamburg, werden jedoch nur gelegentlich überarbeitet und liefern relativ wenig Vergleichbarkeit im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung.
Hamburg braucht also einen Jahreswirtschaftsbericht, um effektives Wirtschaftsstandort-Marketing zu betreiben, Fact-Finding vor allen Dingen zu erleichtern und Transparenz herzustellen. Dieser Bericht muss die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt dokumentieren, Standortvorteile hervorheben, branchenspezifische Fortschritte sowie relevante Daten und Fakten über den Wirtschaftsstandort Hamburg liefern. Hierzu zählen – das ist bereits erwähnt worden – auch Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsentwicklung, eine differenzierte Betrachtung nach Wirtschaftsfaktoren und Branchen sowie der öffentliche Haushalt und Informationen zur Wirtschaftsförderung.
Neben einer Gesamtbilanz des Vorjahres gehören auch eine Prognose und die Vorstellung neuer, relevanter Projekte in den Fokus gerückt. Das Ziel muss also ein kompakter Jahresbericht sein, der wesentliche Fragen zum Wirtschaftsstandort Hamburg beantwortet, daneben einen transparenten
Meine Damen und Herren! Verschiedene deutsche Städte haben bereits solche Jahreswirtschaftsberichte veröffentlicht mit durchaus guten Erfahrungen. Das Bundeswirtschaftsministerium gibt einen bundesweiten Jahreswirtschaftsbericht heraus. Hamburg als Wirtschaftsmotor Deutschlands mit einer immensen Bedeutung auch für Europa muss ebenfalls seine Stärke demonstrieren. Ein Jahreswirtschaftsbericht ist ein gutes Medium, um dieses zu tun. Die FDP-Fraktion wird daher den CDU-Antrag unterstützen, einmal jährlich einen solchen Jahreswirtschaftsbericht zu veröffentlichen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Die CDU fordert mit ihrem Antrag einen Jahreswirtschaftsbericht für Hamburg, das haben wir jetzt schon gehört. Informationen über die Qualität der wirtschaftlichen Entwicklung der Freien und Hansestadt Hamburg sind unbestritten sinnvoll. Mittlerweile gibt es aber schon eine Flut von Quellen, die derartige Informationen auch hergeben. Dazu gehören alle wirtschaftlichen Unternehmen mit Publizitätspflicht, Statistikämter, Kammern, Metropolregionen, Senat und auch der offizielle Internetauftritt der Freien und Hansestadt Hamburg. Dies sind nur einige regionale Informationsquellen, ergänzend zum Jahreswirtschaftsbericht des Bundes.
Wenn man das Spektrum der regionalen Jahreswirtschaftsberichte betrachtet, ist der Münchner Jahreswirtschaftsbericht vom Aufbau her eine Ausnahme, die eher an einen Rechenschaftsbericht erinnert, mit viel Text und vielen Zahlen. Die meisten Berichte dieser Art aus anderen Regionen sind deutlich kürzer. Sie bestehen, wie zum Beispiel der Jahreswirtschaftsbericht des Landes Baden-Württemberg, auf jeder zweiten Seite lediglich aus einem bunten, ganzseitigen Bild.
Für die Fraktion DIE LINKE möchte ich aber dennoch sagen, dass überhaupt nicht einzusehen ist, wieso sich ein derartiger Bericht für Hamburg auf die Wirtschaft fokussieren soll beziehungsweise das, was die CDU unter Hamburg als Standort versteht.
Es gibt viele Bereiche des öffentlichen Miteinanders, die gleichfalls berücksichtigt werden müssen. Außerdem blickt doch wirklich jedes Unternehmen aus seiner ganz spezifischen Branchensicht auf seinen jeweiligen Markt.
Herr Dr. Kluth, ich habe Ihren Äußerungen entnommen, dass Sie von linker Wirtschaftspolitik nicht sonderlich viel Ahnung haben. Ich empfehle Ihnen die Lektüre meiner Genossin Dr. Sahra Wagenknecht, damit machen Sie sich etwas wissender.