Protocol of the Session on November 28, 2012

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Damen und Herren! Liebe SPD, ich glaube, es ist in der Tat wichtig, Ihnen an dieser Stelle einmal den Spiegel vorzuhalten.

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Tut es nicht!)

Ihr Auftreten, insbesondere im Haushaltsausschuss, legt doch sehr nahe, dass das, was der Kollege Kleibauer gesagt hat, nicht ganz ohne Basis ist. Jedes Mal, wenn wir im Haushaltsausschuss die Universität zu fassen bekommen, dann tut sich insbesondere Ihre Fraktion in einer Weise hervor, dass sich der Opposition der Gedanke aufdrängt, da gibt es doch dieses Mittel der Vorbesprechung. Warum in Gottes Namen wählen die Senatorin oder der Staatsrat nicht einmal dieses Mittel, um ein wenig Klarheit über die Strukturen der hochschulinternen Haushaltsführung zu schaffen?

(Thilo Kleibauer CDU: Vielleicht liegt das nicht an der Senatorin!)

Ich kann mir vorstellen, dass so etwas für die Abgeordneten nicht in dieser Weise klar ist, aber Ihr Auftreten im Haushaltsausschuss legt nahe, dass Sie wirklich in keiner Weise Verständnis für die innere Struktur der Hochschulen haben und dass Sie, mehr noch, ein sehr großes Misstrauen diesen Institutionen entgegenbringen, und das finde ich ausgesprochen schade. Ich würde mir wünschen, dass dieses Misstrauen einer etwas objektiveren Haltung den Hochschulen gegenüber weicht. Herr Petersen, Sie waren gestern auch da, Ihnen hat sich das offensichtlich so nicht dargestellt. Ich bin immer sehr erschrocken, wenn ich Ihre Fraktion

(Dr. Sven Tode)

zum Thema Wissenschaftsstandort Hamburg im Haushaltsausschuss sprechen höre.

(Beifall bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE – Zuruf von Robert Heinemann CDU)

Herr Tode hört zu, das ist doch schon einmal etwas. Vielleicht hört die Senatorin auch zu, und vielleicht gibt es in der Tat Möglichkeiten der internen Kommunikation.

Insofern glaube ich, dass es wichtig ist, dieses Thema in einen großen Rahmen zu stellen, so wie der Kollege Kleibauer es getan hat. Im Haushaltsausschuss haben wir doch auch gehört, dass die Rücklagen der Universität, die für Sie immer so extrem störend sind, auch dazu da sind, um den Aufwuchs, wie Sie es nennen, von 0,88 Prozent, gegengerechnet gegen die kalkulierte Inflation von 2 Prozent, für die Jahre aufzufangen, für die der Hochschulvertrag angelegt ist. Das müsste Ihnen doch eigentlich zu denken geben. Ich will mich aber hier auf den Antrag der CDU-Fraktion zur Personalautonomie beschränken. Anders als die SPD-Fraktion halten wir Personalautonomie durchaus für den richtigen Weg, und anders als der Kollege Tode es dargestellt hat, ist das auch eine zentrale Forderung aus der Expertenkommission zur Modernisierung der Universitätsverwaltung. Von daher kann man mitnichten von einem völlig unwichtigen und abwegigen Thema sprechen. Das ist es nicht, es ist die zentrale Forderung der Expertengruppe, und die war prominent besetzt. Herr Tode, Sie waren doch dabei, als das vorgetragen wurde, insofern verwundert mich das.

Herr Professor Lenzen ist ebenfalls ein starker Befürworter einer solchen stärkeren Autonomie und – wir haben es gehört – in NRW ist dies umgesetzt. Aber selbstverständlich gebe ich auch Ihnen recht, wenn Sie sagen, dass wir mit Schwierigkeiten zu rechnen haben, wenn das in vollem Umfang umgesetzt würde. Da ist die Frage nach der Dienstherreneigenschaft und die Frage, was mit den Pensionslasten passiert. Werden die dann auch auf die Universitäten übertragen, wie haben die das zu stemmen? Das sind Fragen, da gebe ich Ihnen völlig recht, die besonders im Lichte der Entwicklung am UKE sicherlich schwierig sind. Insofern wären unsere Erwartungen an das vom Senat zu entwickelnde Konzept, dass diese Fragen geklärt werden. Ich glaube, dass der Weg dahin gehen müsste, die Dienstherreneigenschaft eben nicht in voller Höhe zu übertragen, sondern das abzuschichten, wenn es dazu Möglichkeiten gibt. Aber genau das abzuwägen und darzustellen, wäre Aufgabe eines solchen Konzepts. Ich kann im Ernst nicht verstehen, warum Sie als Fraktion sich weigern, einen solchen Weg zu gehen. Der CDUAntrag fordert ja nicht, die kompletten Dienstherreneigenschaften jetzt und heute zu übertragen, sondern es geht um die Ablegung und Ausleuchtung dieses Problems. Dass die Hochschulen das ein

fordern und dass der Weg weiter beschritten werden soll, ist in Ihrem Hochschulvertrag auch schon so angelegt. Insofern finde ich es geradezu widersinnig, dass Sie sich dieser Forderung entziehen wollen. Natürlich haben Sie recht, dass es auch andere Probleme im Hochschulbereich gibt, Kollege Kleibauer hat es angesprochen. An allererster Stelle stehen hier die Studienplätze, die mangelhafte Ausstattung an Mitteln, Masterstudienplätze und so weiter. Es gibt viele Baustellen, aber das sollte Sie nicht daran hindern, diese eine in diesem Fall auch anzufassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Herr Dr. Schinnenburg, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen zunächst zwei Zitate vortragen. Das erste lautet:

"Das Ausmaß der Regulierung in dieser Stadt ist mir in keinem anderen Bundesland bekannt."

Zweites Zitat, auch wörtlich:

"Allein im letzten Jahr sind es 800 Fälle gewesen von Personalsachbearbeitungsfällen, die zusätzlich durch das Personalamt gelaufen sind."

Beide Zitate stammen von Professor Lenzen vom 7. Juni 2011 vor dem Wissenschaftsausschuss. Ganz offensichtlich liegt in Hamburg einiges im Argen: Doppelarbeit, Belastung der Hochschulen und des Personalamts und Verzögerungen. Das ist so, und darum geht der Antrag der CDU genau in die richtige Richtung. Allerdings könnte man nun, wenn man gemein wäre, natürlich anmerken, Herr Kleibauer, dass sich die Aussagen von Herrn Lenzen auf das Jahr 2010 bezogen. Wenn ich mich recht entsinne, war damals nicht die SPD, sondern Sie an der Regierung. Sie hatten neun Jahre Zeit, das zu ändern. Aber gut, man kann dazulernen, das ist auch völlig in Ordnung.

Meine Damen und Herren! Die SPD hat in ihren Hochschulvereinbarungen nun wirklich nur marginale Verbesserungen eingeführt. Ich nenne nur ein paar Stichworte: Anerkennung von Berufserfahrung bei der Eingruppierung, bei den Arbeitnehmerüberlassungen dürfen die Hochschulen ein bisschen machen, Ausnahmen von der Vorschussrichtlinie und bei einigen Zulagen. Das ist zwar durchaus ein Schritt in die richtige Richtung, aber eindeutig zu wenig. Worüber ich nun schockiert war, ist das, was Herr Tode über Nordrhein-Westfalen gesagt hat. Dort haben CDU und

(Dr. Eva Gümbel)

FDP zusammen in der Tat etwas Richtiges gemacht, und Sie haben den Eindruck erweckt, das würde in Nordrhein-Westfalen nicht gut geheißen. Dazu darf ich Ihnen auch ein Zitat vortragen, und zwar aus einer Stellungnahme. Am 16. Dezember 2011 gab es im Landtag von Nordrhein-Westfalen eine Anhörung. Die Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen hat sich – man beachte, nicht der Universität – wie folgt eingelassen:

"Nur durch die gewonnene Autonomie haben die Hochschulen die Flexibilität erhalten, die Herausforderungen durch Studierendenanstieg, durch Öffnung der Hochschulen für neue Zielgruppen sowie durch die damit verbundene zunehmende Heterogenität der Studierendenschaft erfolgreich zu bewältigen."

Das Gegenteil von dem, was Sie gesagt haben, ist richtig. NRW hat genau das Richtige gemacht, und wir sollten in Hamburg das Gleiche tun. Die Ergebnisse geben uns recht. Die FDP ist als einzige Partei ohne Wenn und Aber – bei der CDU und bei den GRÜNEN klangen Differenzierungen heraus – für eine Personalautonomie der Hamburger Hochschulen. Wir haben dazu – Herr Kleibauer hat es schon erwähnt – mit der Drucksache 20/3551 einen recht umfangreichen Antrag vorgelegt. Hochschulpersonal soll im Dienst der Hochschulen stehen, Hochschulen können Beamte haben und vor allem, das wird auch die Gewerkschaft interessieren, Hochschulen sollten auch tariffähig werden. Das ist etwas weitergehender als das, was Sie schreiben. Wir stimmen dem CDU-Antrag zu, wir wären auch bereit, ihn an den Wissenschaftsausschuss zu überweisen. Im Grundsatz halten wir ihn für richtig, es ist ein bisschen wenig, aber die Tendenz ist genau richtig. Herr Tode, fragen Sie einmal bei Ihren Genossen in Nordrhein-Westfalen nach. Sie werden Antworten bekommen, die ganz und gar nicht dem entsprechen, was Sie gerade zum Besten gegeben haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Heyenn, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kleibauer, wenn dieser Antrag von der CDU gekommen ist, um eine lange überfällige Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes anzumahnen, dann war es ein nützlicher Antrag, aber auch nur dann. Personalautonomie und Flexibilität sind Begriffe, die man nicht ungeprüft im Raum stehen lassen kann. Letztendlich läuft die Umsetzung dieser Begriffe darauf hinaus, dass wir eine unternehmerische Hochschule bekommen. Dem Verständnis von Autonomie liegt die Freiheit von Forschung und Lehre

zugrunde. Jetzt haben wir es mit einer Umdeutung des Autonomiegedankens zu tun. Die Idee der Autonomie der Hochschule hat ihren Ursprung nicht in der Betriebswirtschaftslehre und sie kommt auch nicht aus Gütersloh, weil wir wissen, dass die Bertelsmann Stiftung an diesen Begriffen fleißig mitgestrickt hat. Die Festlegung der Wissenschaft auf den Begriff Autonomie von Forschung und Lehre liegt darin, dass Hochschulen sich frei entfalten können und weder vom Staat noch von der Wirtschaft in irgendeiner Form gegängelt werden. Die Hochschulen sind keine Unternehmen, sie dürfen es auch nicht werden. Sie können ihren Aufgaben in einer demokratischen Gesellschaft auch nur durch Unabhängigkeit gerecht werden, und die müssen wir wahren, ob es uns passt oder nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Hochschulen dienen auch nicht der Steigerung des Bruttosozialprodukts, sondern sie haben eine wichtige Funktion für die gesamte soziale, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Entwicklung des Landes. Die Übertragung von umfassenden Personalverantwortlichkeiten auf die Hochschulen erfordert eine sehr differenzierte Auseinandersetzung mit rechtlichen Fragen, aber auch mit Hochschulfinanzierung und mit Themen wie Prekarisierung an den Hochschulen und auch mit dem Thema der demokratischen Teilhabe. Die Personalentwicklung der Hochschulen darf kein Freibrief für eine weitere Prekarisierung sein. Wenn wir den Antrag der CDU lesen, dann ist ganz klar unsere Befürchtung, dass es darauf hinausläuft. Die Personalautonomie der Hochschulen muss, und zwar zeitgleich, mit einer ausreichenden Finanzierung einhergehen. Herr Kleibauer, das können wir so nicht lösen. Wir können jetzt nicht die Personalautonomie der Hochschulen beschließen, und in zwei Jahren reden wir über die Ausstattung der Hochschulen; das geht überhaupt nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir befürchten, dass die Leidtragenden einer Personalautonomie der Hochschulen à la CDU die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem wissenschaftlichen Bereich und auch aus dem technischen und dem Verwaltungsbereich sind, da die Summen der zur Verfügung gestellten Personalmittel nicht steigen, sondern lediglich umverteilt werden. Somit greift die Personalautonomie der Hochschulen für die Eliten- und Spitzenförderung in die Rechte und Pflichten der wissenschaftlichen Mitarbeiter und der aus Verwaltung und Technik ein. Ich möchte darauf hinweisen, dass dieser schillernde Begriff Flexibilität, den wir auch von Ihnen, Herr Kleibauer, in einer Presseerklärung …

(Glocke)

Verzeihen Sie bitte, Frau Heyenn. Es ist entschie

(Dr. Wieland Schinnenburg)

den zu laut im Plenum. Ich bitte darum, die Gespräche einzustellen. Fahren Sie bitte fort.

Danke schön.

Herr Kleibauer, Sie haben in einer Presseerklärung den Begriff der Flexibilität klar im Zusammenhang von Wettbewerbsfähigkeit der Hamburger Hochschulen definiert. So sind wir wieder dabei – Hochschulen sind kein Wirtschaftsunternehmen.

Ich möchte noch auf Frau Gümbel eingehen. Ich bin doch sehr erstaunt, dass die GRÜNEN ohne Wenn und Aber diesem Antrag zustimmen, denn wenn ich richtig gelesen habe, ist zum Beispiel die GRÜNE JUGEND – und man sollte immer auf seine jungen Leute hören – ganz anderer Auffassung.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Isabella Vértes-Schütter SPD)

Die hat zum Beispiel zum Modellstatus der TU Dresden betreffs der Personalautonomie sehr deutlich gesagt, das Problem sei, dass die Angestellten der Universität nicht weiter beim Staat angestellt seien, und das bedeute, sie stünden nicht zwangsläufig unter dem Tarifvertrag, sondern allein beim Rektorat, und damit wäre die Möglichkeit, Löhne zu kürzen und Stellen umzuverteilen, einfach gegeben. Die GRÜNE JUGEND befürchtet, dass besonders unwirtschaftliche Fakultäten mit Stellenkürzungen rechnen müssen, was die Qualität der Lehre stark beeinträchtigen oder sogar unmöglich machen würde. Ich glaube, das sind Gründe, die man wirklich ernst nehmen muss. Auch wir als LINKE nehmen die GRÜNE JUGEND ernst.

(Beifall bei der LINKEN – André Trepoll CDU: Da sind Sie aber die Einzigen!)

Das glaube ich nicht, dass wir die Einzigen sind.

Frau Gümbel, ein Präsident ist noch nicht die Hochschule, aber eines muss man natürlich sagen: Wenn Herr Dr. Lenzen sich für die Personalautonomie ausspricht, dann immer mit dem Zusatz, dass dabei die Einhaltung des Tarifrechts gewahrt werden muss. Das ist etwas, was ich im Antrag der CDU vermisse, und das kommt sicherlich nicht von ungefähr. Auch ver.di und GEW sind sehr skeptisch, was die Personalautonomie anbetrifft und sprechen sich dagegen aus. Das sind durchaus Menschen, die etwas davon verstehen, weil sie auch in den Hochschulen vertreten sind. Viele Forderungen wie Deregulierung, Hochschulautonomie, Hochschulfreiheitsgesetz, Personalautonomie entpuppen sich sehr häufig als Angriff auf die grundrechtlich verankerte Freiheit von Forschung und Lehre, denn die Freiheit von Forschung und Lehre enthält die Verpflichtung des Staates, sie gegenüber ökonomischen Interessen zu schützen. Es geht letztendlich um die Frage, wer in den Hochschulen welche Entscheidungen trifft. Wir,

DIE LINKE, wollen das Verhältnis zwischen Hochschulen, Gesellschaft und Staat in der Weise geregelt wissen, dass auch in Zukunft unsere Hochschulen zur demokratischen Entwicklung unserer Gesellschaft beitragen können, dass auch in Zukunft Partizipation und Mitbestimmung in den Hochschulen wieder eine prägende Rolle spielen und dass die Hochschulen auf soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit verpflichtet werden. Nur so können die Hochschulen für zukunftsfähige und qualifizierte Arbeitsplätze sorgen. Deshalb lehnen wir den Antrag der CDU nachhaltig ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Dr. Petersen hat das Wort.