Protocol of the Session on November 28, 2012

Ich höre Ihre Zwischenrufe wohl, ich verstehe sie aber nicht, denn ich denke, es ist in dieser Diskussion durchaus angemessen, Demut zu zeigen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion. Dieses Thema ist Ergebnis der Leistung oder besser der Nichtleistung der Vorgängersenate und ist nicht von diesem Senat zu verantworten. Daher sollten Sie ganz, ganz kleine Brötchen backen.

(Martina Kaesbach)

(Beifall bei der SPD – Hans-Detlef Roock CDU: Das ist die Unwahrheit, die Sie hier sagen! – Jörg Hamann CDU: Unmöglich!)

Ich hätte mir dieses Engagement und die Emotionalität, die Sie jetzt an den Tag legen, gewünscht, als Sie den Senat gestellt haben und in der Verantwortung waren. Dann hätten wir mehr Wohnungen in Hamburg.

(Beifall bei der SPD – Hans-Detlef Roock CDU: Sie sagen pausenlos die Unwahrheit!)

Das ist das Schöne an Zahlen, Herr Roock, Zahlen sind wahr, daran kann man nicht manipulieren. Sie haben eine miserable Bilanz vorzuweisen, das ist Ihre Leistung, mit der Sie lernen müssen zu leben.

(Beifall bei der SPD – Katharina Wolff CDU: Was soll bei einem solchen Thema eine sol- che Aussage? – Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Senator, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Heintze?

Nein. Wer die Hände in der Tasche hat, mit dem rede ich nicht.

(Roland Heintze CDU: Ihre Rhetorik ist nicht angemessen!)

Zum Antrag: Die Forderung, sowohl private als auch städtische Vermieter anzuhalten, mehr Wohnraum für obdachlose oder wohnungslose Menschen zur Verfügung zu stellen, ist mit Blick auf die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt durchaus nachvollziehbar. Die Wohnungswirtschaft ist bereits sehr engagiert, das müssen wir an dieser Stelle anerkennen. Im Bündnis für das Wohnen in Hamburg, das wir mit den Wohnungsverbänden und den Mieterverein geschlossen haben, ist die integrative Wohnungspolitik ein zentrales Thema. Vielleicht macht auch der Zwischenruf von Ihnen deutlich, dass das, was wir nun gemeinsam machen, in Ihrem Verständnis ein Job sein mag. Für den Senat und viele Abgeordnete ist es aber eine Aufgabe; auch das unterscheidet uns.

(Beifall bei der SPD)

Wir setzen dabei auf die Kooperation aller Beteiligten, die in der Wohnungswirtschaft Verantwortung tragen.

(Zurufe von der CDU)

Die Bereitschaft, gemeinsam die Situation zu verbessern, ist offensichtlich bei den Partnern in der Wohnungswirtschaft vorhanden. Die bemerke ich bei den Abgeordneten auf der rechten Seite dieses Hauses leider nicht.

(Beifall bei der SPD)

Allen voran ist natürlich die SAGA GWG gefordert, die als städtisches Unternehmen der Integration von Haushalten, die sich nicht selbst auf dem Wohnungsmarkt mit Wohnraum versorgen können, besonders verpflichtet ist. Neben der SAGA GWG haben wir aber auch zehn weitere Genossenschaften im Rahmen eines Kooperationsvertrags verpflichtet, wohnungslose Haushalte mit Wohnraum zu versorgen.

(Zurufe von der CDU)

Offensichtlich scheint Sie das Thema nicht wirklich zu interessieren. Sie müssen auch nicht zuhören, Sie können auch gern den Raum verlassen und draußen Ihre Diskussionen führen. Hier erwarte ich wenigstens die Fähigkeit zuzuhören.

(Beifall bei der SPD – Jörg Hamann CDU: Lesen Sie einfach mal langsamer vor! – Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Einen Moment, bitte, Herr Senator. Herr Abgeordneter Hamann, es ist durchaus in Ordnung, einmal einen Zwischenruf zu machen, nur die Art und Lautstärke und Häufigkeit ist nicht mehr parlamentsangemessen. Herr Senator, bitte fahren Sie fort.

(Jörg Hamann CDU: Ich habe ihn gebeten, langsamer vorzulesen!)

Die Kooperationsvereinbarung mit den entsprechenden Genossenschaften hat sich aus unserer Sicht bewährt, wir wollen sie weiter ausbauen. Über diese Kooperationen sind im Übrigen im Jahr 2011 fast 800 wohnungslose Haushalte in Wohnungen vermittelt worden, das sind 800 Familien, die Wohnungen zur Verfügung gestellt bekommen haben. Im ersten Halbjahr 2012 waren es fast 450 Haushalte. Trotz der Wohnungsknappheit arbeiten die Fachstellen für Wohnungsnotfälle der Bezirksämter überaus engagiert. Sie vermitteln obdach- und wohnungslose Menschen aus öffentlicher Unterbringung in Wohnraum. Das waren im Jahr 2011 mehr als 1500 Haushalte, und im ersten Halbjahr dieses Jahres waren es mehr als 700 Haushalte.

(Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Senator, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Stemmann?

Gern.

Herr Senator, plant der Senat die Umwandlung der SAGA in eine Genossenschaft? Sie haben eben

(Senator Michael Neumann)

gesagt: SAGA und andere zehn Genossenschaften.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Es ist ein interessanter Gedanke, wenn der innerhalb Ihrer Fraktion diskutiert wurde. Innerhalb des Senats ist das bisher noch nicht diskutiert worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer fordert, wie in dem Antrag, Flüchtlinge in leerstehenden Wohnungen unterzubringen, der macht es sich aus meiner Sicht vielleicht ein bisschen zu einfach. Denn der Leerstand städtischen Wohnraums ist in aller Regel auf Modernisierung oder Abriss beziehungsweise Neubau zurückzuführen. Daher steht der Wohnraum aktuell gar nicht zur Verfügung, und damit lässt sich das Problem der Unterbringung von Flüchtlingen auf diese Weise zumindest nicht lösen. Die Bekämpfung der Wohnungslosigkeit kann uns in Hamburg nur gelingen, wenn alle Akteure gemeinsam zusammenarbeiten. Das Gesamtkonzept der Wohnungslosenhilfe ist ein gutes Beispiel für ein gelungenes Zusammenwirken von Verbänden, von Verwaltung und Fachleuten vor Ort. Eine gemeinsame Voraussetzung dabei war, dass sich das Gesamtkonzept an Menschen mit einer dauerhaften Perspektive in Hamburg richtet. Mit Blick auf die gestiegenen Flüchtlingszahlen gilt es aber, für die Menschen, die zunächst keine Bleibeperspektive in Hamburg haben, schnell humanitär, will sagen anständig zu handeln. Wie bereits angesprochen wurde, steigt die Zahl der Asylbewerberinnen und Asylbewerber bundesweit seit August deutlich an. Das zuständige Bundesamt hat seine Zugangsprognose für das Jahr 2012 inzwischen deutlich nach oben, nämlich auf 70 000 Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Deutschland, erhöht. Man hatte Anfang 2012 noch mit circa 45 000 Zugängen gerechnet. Im gesamten Jahr 2010 kamen 1445 und im Jahr 2011 1644 Asylbewerber nach Hamburg. Allein bis Ende Oktober 2012 dieses Jahres kamen dagegen bereits 1823 Menschen in unsere Stadt. Während im ersten Halbjahr dieses Jahres durchschnittlich rund 147 Asylbewerber monatlich nach Hamburg gekommen sind, verdoppelte sich diese Zahl seit September 2012 auf mehr als 300 Asylsuchende pro Monat. Sie kommen insbesondere aus Afghanistan, dem Iran, Syrien, Serbien und Mazedonien. Das bedeutet, dass die zuletzt 270 Plätze der Zentralen Erstaufnahme für eine Unterbringungszeit in den ersten drei Monaten langfristig eben nicht ausreichen. Durch die intensiven Anstrengungen in den vergangenen Wochen ist es aber jetzt endlich gelungen, zügig neue Kapazitäten für die Erstaufnahme von Asylbewerbern in der Stadt zu schaffen. Für dieses große Engagement möchte ich allen Beteiligten ausdrücklich danken. Ein besonderer Dank geht in Richtung der Bezirke, gerade nach Altona und Hamburg-Nord, wo es aus meiner

Sicht eine sehr sachliche, sehr fundierte, sehr ernsthafte und gute Diskussion gab und auch kluge Beschlüsse. Deswegen an dieser Stelle einen herzlichen Dank dafür an Altona und HamburgNord.

(Beifall bei der SPD)

Ich will aber auch die Gelegenheit nutzen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Einwohner-Zentralamts zu danken, denn sie haben in weiß Gott schwieriger Zeit Großes geleistet. Auch wenn die Arbeit dort nicht selten, sei es begründet oder unbegründet, im Zentrum der Kritik steht, so ist es heute aufseiten der Bürgerschaft, zumindest aber des Senats an der Zeit, einen ausdrücklichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu richten. Es ist wirklich großartig, was die Kolleginnen und Kollegen dort geschafft haben.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Bis Ende dieser Woche stehen fast 800 Plätze insgesamt in Hamburg zur Verfügung. Davon sind, das ist richtig, 200 Plätze in Nostorf/Horst, die Entscheidung hat die Bürgerschaft in der Vergangenheit – wie ich finde, richtigerweise – getroffen. Die Sportallee wird zukünftig ausschließlich für die Zentrale Erstaufnahme genutzt; ein gegenüberliegendes Gebäude mit Sozial- und Funktionsräumen wurde Anfang November angemietet. Damit steigt die Aufnahmekapazität an diesem Standort schrittweise auf nahezu 300 Plätze. Darüber hinaus geht in Altona an der Schnackenburgallee ein Containerdorf mit der Aufnahmekapazität von bis zu 300 Plätzen in Betrieb. Die Notunterbringung in Zelten hat damit rechtzeitig vor Beginn des Winters ein Ende. Ich gestehe zu, das ist auch nach meinem Gefühl und meiner Einschätzung sehr spät, vielleicht zu spät, aber sie geht in Betrieb. Es ist ein Verdienst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass sie das hinbekommen haben, und deshalb danken wir ihnen an dieser Stelle noch einmal. Wir danken aber auch den Menschen, die es hingenommen haben, so untergebracht zu werden – das will ich an dieser Stelle auch sagen – und die sehr diszipliniert und anständig damit umgegangen sind; das hätte auch ganz anders ablaufen können. Von daher gilt mein Dank auch ausdrücklich den Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, die dort ein Verhalten an den Tag gelegt haben, das es uns einfacher gemacht hat, eine so ordentliche Lösung zu finden.

(Beifall bei der SPD)

In den insgesamt 53 Einrichtungen des Trägers "fördern und wohnen" leben zurzeit 8400 Menschen, darunter auch wohnungslose und wohnungsberechtigte Flüchtlinge. Gegenüber dem Jahr 2010 sind dies rund 600 zusätzliche Plätze, die von der zuständigen Behörde zur Verfügung gestellt wurden. Wir müssen dabei in Betracht zie

(Hjalmar Stemmann)

hen, dass Hamburg als Stadtstaat nur über begrenzte Raumressourcen verfügt und dass auch bei besten Intentionen Interessenkonflikte vorprogrammiert sind. Die Bereiche Natur, Wohnen und Erholen, Handel und Wirtschaft konkurrieren ständig miteinander und hier sind an vielen Punkten Interessenausgleiche herzustellen. Bereits bei anderen Vorhaben hat sich gezeigt, welche erheblichen Mühen damit verbunden sein können, neue Standorte zu finden und sie mit den Interessen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort in Einklang zu bringen. Es ist eine große Aufgabe von uns allen – und ich stimme der Kollegin ausdrücklich zu –, für Akzeptanz zu sorgen. Da stehen wir gemeinsam in der Pflicht, und ich bin froh über die Presseerklärung der CDU-Bezirksfraktionsvorsitzenden, die sich dort selbst ebenfalls in der Verantwortung sehen. Von daher kann ich an dieser Stelle nur danke schön in Richtung der CDU sagen, zumindest was die Bezirksfraktionen angeht.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer bei ohnehin knappem Wohnraum in unserer Stadt fordert, mehr Wohnungen für die Anmietung durch wohnungslose Menschen zur Verfügung zu stellen, und dabei gleichzeitig die öffentliche Unterbringung von Asylbewerbern aufgeben und diese stattdessen in Wohnungen in den Quartieren unterbringen will, der verschärft aus meiner Sicht unnötig eine schwierige gesellschaftliche Diskussion und nimmt in Kauf, dass unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen gegeneinander ausgespielt werden.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das machen Sie doch gerade!)

Das machen wir nicht. Wir spielen Menschen nicht gegeneinander aus.

Das Gebot der Stunde ist vielmehr, gemeinsam mit allen Partnern aus Politik, Verwaltung und Unternehmen und vor allen Dingen mit den Menschen vor Ort tragfähige Lösungen zu finden.

Die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration sowie die Behörde für Inneres und Sport haben eine gemeinsame Koordinierungsgruppe gegründet, die den Auftrag hat, zeitgerecht adäquate Unterkünfte zu schaffen. Für die zuständige Behörde ist es dabei selbstverständlich, ordentliche und anständige Unterkünfte bereitzustellen. Die Zuwanderer erhalten in den Unterkünften Beratung und Unterstützung und die Mitarbeiter von "fördern und wohnen" helfen bei den ersten Schritten im Alltag, zum Beispiel bei der Vermittlung von Gesundheitshilfen, der Anmeldung der Kinder in der Schule oder im Kindertagesheim. Vor Ort gibt es außerdem Angebote und Hilfestellungen durch freie Träger mit Gruppenangeboten für Erwachsene und Kinder.

In der öffentlich-rechtlichen Folgeunterbringung ist geplant, 1000 neue zusätzliche Plätze zu schaffen.

Im ersten Schritt ist der kurzfristige Aufbau von neuen Unterbringungsplätzen an folgenden Standorten vorgesehen: erstens in Bergedorf an der Rothenhauschaussee und am Sandwisch, zweitens in Eimsbüttel am Offakamp, drittens in Hamburg-Mitte am Oststeinbeker Weg und viertens in Hamburg-Nord an der Borsteler Chaussee.

Die bezirklichen Anhörungsverfahren wurden am 27. November eingeleitet und es ist das Ziel, in allen Bezirken zusätzliche Plätze für öffentlich-rechtliche Unterbringung zu schaffen. Sobald die Prüfung weiterer, kurzfristig nutzbarer Liegenschaften und Gebäude abgeschlossen ist, werden zügig weitere Anhörungsverfahren auf den Weg gebracht. Jetzt gilt es, gemeinsam alle vorhandenen Möglichkeiten auszuschöpfen und die notwendigen Verfahren zügig zu betreiben. Wir haben das Heft des Handelns in die Hand genommen und bedanken uns an dieser Stelle bei allen Akteuren, die unser Ziel unterstützen und mit Rat und Tat Unterbringungsplätze schaffen.

Die Forderungen nach Rückbau öffentlicher Unterbringung und Unterbringung der Flüchtlinge in Wohnungen stehen in Bezug auf Zuwanderer tatsächlichen Bedarfen entgegen. Während des Asylverfahrens haben Asylbewerber nur eine zum vorübergehenden Aufenthalt berechtigende Aufenthaltsgestattung. Sobald das Verfahren mit einer vollziehbaren Ausreisepflicht oder einer Duldung gemäß Paragraf 60a Aufenthaltsgesetz abschließt, bleibt der Aufenthalt dieser Personengruppe bis zur Erteilung eines zum längeren Aufenthalt berechtigenden Aufenthaltstitels vorübergehender Natur. Das ist wichtig, denn es besteht kein gesichertes Bleiberecht und mit diesem Status ist der Abschluss eines Mietvertrags äußerst schwierig. Aus diesem Grund verbleibt diese Zielgruppe in öffentlicher Unterbringung und erhält in der Regel keine Zustimmung zu einem Umzug in eine eigene Wohnung. Deshalb ist es aus meiner Sicht gut, dass sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bemüht, zügig über Asylanträge zu entscheiden. Diese Entscheidung ist dann auch der Startschuss für engagierte und ambitionierte Integrationsmaßnahmen.