Protocol of the Session on November 7, 2012

(Hjalmar Stemmann)

dem Positiven an. Das Thema Meisterdarlehen ist in der Tat ein schönes Beispiel dafür, dass gute politische Ergebnisse dabei herauskommen, wenn vernünftige Sozialdemokraten auf kluge Vorschläge der FDP-Fraktion hören.

(Beifall bei der FDP – Jens Kerstan GRÜNE: Wir sind hier doch nicht im Karneval!)

Das Senatskonzept geht von einem Systemwechsel aus, Frau Rugbarth hat es erläutert. Statt wie früher eine Zuschussförderung gibt es jetzt eine Darlehensgewährung mit Erlassmöglichkeiten. Das halten wir zunächst für einen Schritt in die richtige Richtung. Und so ein Darlehenserlass soll bei einer Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen gewährt werden. Hier finden wir es gut, dass der Senat den FDP-Vorschlag aus der Drucksache 20/1547 übernommen hat, den Darlehenserlass nicht nur bei der Schaffung von Vollzeitarbeitsplätzen zu gewähren, sondern auch für Teilzeitbeschäftigung. Das stärkt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und trägt dazu bei, in Zeiten eines akuten Fachkräftemangels, über den wir heute auch noch debattieren werden, zusätzliche Beschäftigungspotenziale zu schaffen.

Daher war es gut und sinnvoll, dass der SPD-Senat diesen Vorschlag der FDP übernommen hat. Und wir wissen, dass dies auch von der Handwerkskammer und den betroffenen Gründern und Gründerinnen so gesehen wird.

Weiter halten wir es für richtig, die Handwerkskammer mit einer obligatorischen Beratung und Beurteilung der Gründungsvorhaben in das Meistergründungsprogramm mit einzubinden. Aber wir appellieren auch an die Kammer, die Hürden für die Gründer und Gründerinnen, also formelle Anforderungen, Bearbeitungszeiten und Kosten, niedrig zu halten. Wir sind überzeugt, dass die Kammer das auch so handhaben wird.

Um es aber mit dem Lob für den Senat nicht zu übertreiben, kann ich Ihnen leider auch einige kritische Bemerkungen nicht ersparen.

Erstens: Wir halten das Umsteuern von Zuschussförderung auf Darlehensförderung mit Erlassmöglichkeit für grundsätzlich richtig, aber wir halten die Begrenzung der Höhe der Investitionsdarlehen auf 25 000 Euro für zu niedrig. Mit diesem Betrag ist kaum eine Neugründung oder ein Betriebsübergang substanziell zu fördern. Hier hätten wir uns einen Darlehensrahmen von bis zu 100 000 Euro gewünscht.

Zweitens: Warum soll die Kreditabwicklung über die Wohnungsbaukreditanstalt erfolgen? Einfache Antwort: um für das politische Lieblingsprojekt des Senats, nämlich die Hamburgische Investitionsund Förderbank, ein neues Geschäftsfeld zu generieren. Aber das ist ein sachfremder Gesichtspunkt, der die Umsetzung des Meistergründungsdarlehens und die Umsetzung des Programms in

Wahrheit nur behindert. Die Wohnungsbaukreditanstalt hat keinerlei fachliche Expertise bei der Vergabe von Existenzgründungsdarlehen. Außerdem ist zu befürchten – Herr Tjarks hat es schon angesprochen –, dass das Programm damit in den zeitlichen Strudel Ihrer Investitions- und Förderbank gerät, also verzögert und behindert wird, genau aus denselben Gründen, weshalb sich gegenwärtig auch die Unterzeichnung der Mittelstandsvereinbarung verzögert.

Die FDP-Fraktion hätte deshalb eine Abwicklung nach dem Hausbankprinzip bevorzugt, einerseits, weil Sparkassen, genossenschaftliche Institute und Geschäftsbanken bereits viele Jahre im Bereich der Existenzgründung erfolgreich unterwegs sind und daher wissen, was sie tun, andererseits auch deshalb, weil die meisten Gründungen von Meisterbetrieben neben dem Meistergründungsdarlehen ohnehin eine zusätzliche Bankfinanzierung benötigen und somit bei der Anwendung des Hausbankprinzips eine unnötige und auch zeitlich und kostenmäßig belastende Doppelung der Kreditprüfung vermieden worden wäre.

Drittens: Die Bürgerschaft hatte beschlossen, dass der Senat prüfen solle, wie die Bedingungen des Meisterdarlehens speziell nach dem Gründungsverhalten von Frauen ausgerichtet werden können und dem stärker gerecht werden können.

Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Senats zu diesem Aspekt sind nicht nur ein Totalausfall, sondern sie sind grotesk. Da heißt es, die Existenzgründungen von Frauen seien angeblich investitionsmäßig kleiner, zögerlicher und vorsichtiger. Und die Folgerung des Senats für das Programm ist, dass man daher geringere Mindestinvestitionssummen festgesetzt und lange Nachweisfristen ermöglicht habe. Hier hat der Senat offensichtlich Ursache und Wirkung im Gründungsgeschehen miteinander verwechselt.

(Beifall bei der FDP)

Viertens: Ausführungen und eine besondere Fördermaßnahme für Existenzgründungen im Wege der Betriebsübernahme oder Betriebsnachfolge fehlen völlig.

Fünftens: Es hat bei diesem Senat – man möchte fast sagen, wie immer – wieder einmal viel zu lange gedauert. Zwischen dem Beschluss der Bürgerschaft und dem Datum der Drucksache liegen erneut über ein Jahr; Herr Stemmann hat darauf hingewiesen. Warum der Senat für diese wirklich schmale Drucksache so lange gebraucht hat, ist nicht verständlich. Das ist wertvolle Zeit, die nun den Gründerinnen und Gründern fehlt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Frau Artus.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Ich werde Ihre wertvolle Zeit nicht so lange in Anspruch nehmen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU, der FDP und bei Jens Kerstan GRÜNE)

Wir begrüßen an dem Gründungsprogramm für Meister und Meisterinnen des Handwerks vor allem, dass die Schaffung von sozialversicherungspflichtigen, unbefristeten und tarifgerechten Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu einem Darlehenserlass führt. Wir finden es auch richtig, dass auf das spezifische Gründungsverhalten von Frauen eingegangen wird. Müssen Handwerkerinnen Maschinenräume, Fahrzeuge, Werkzeuge, Warenlagerausstattung und Anlauffinanzierung finanzieren, wird dieser Betrag natürlich nicht ausreichen, soweit gebe ich Ihnen recht, Herr Kluth. Andererseits werden laufende Kosten wie zum Beispiel Personal- und Mietkosten, Roh- und Hilfsstoffe, Betriebsstoffe und das Wiederauffüllen des Warenersatzteillagers nicht mit finanziert. Daher kann dieses Darlehen nur eine Ergänzung zu anderen Finanzierungsformen sein.

Es sind weitere Dinge zu berücksichtigen. Der Kapitaldienst für diese maximal 25 000 Euro kann ein junges Unternehmen liquiditätsmäßig ziemlich belasten, denn nach den ersten sechs tilgungsfreien Monaten muss das Geld innerhalb von fünf Jahren zurückgeführt werden. Der reine Tilgungsanteil belastet den jungen Handwerksbetrieb dann mit monatlich 465 Euro, was doch recht happig ist.

Wenn eine Handwerksmeisterin oder ein Handwerksmeister dieses Gründungsdarlehen beantragt, sollte ihr beziehungsweise ihm bewusst sein, dass wenigstens die Fluktuationsrate der Belegschaft so niedrig wie möglich gehalten werden sollte. Sollten nämlich einem jungen Handwerksbetrieb die Beschäftigten, aus welchen Gründen auch immer, in kurzen Abständen verloren gehen, dann kann das sehr, sehr teuer werden.

Insgesamt finden wir, dass die Gründungsprämie eine gute und sinnvolle Ergänzung für ein Start-up-Unternehmen ist, jedoch auch nur als solche zu sehen ist. Und deswegen halten wir auch die Höhe des Darlehens für ausreichend. Aus unserer Sicht ist allerdings die Investitions- und Förderbank, um die Finanzierungsbedarfe eines Handwerksbetriebs letztendlich abdecken zu können, dringend erforderlich.

(Beifall bei der LINKEN und bei Andrea Rug- barth SPD)

Das Wort bekommt Senator Horch.

(Olaf Ohlsen CDU: Es ist eine Kenntnisnah- me!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Handwerk in Hamburg bildet mit mehr als 15 000 Betrieben gemeinsam mit dem Mittelstand das Rückgrat der Hamburger Wirtschaft, und das sind immerhin 80 Prozent der gesamten Hamburger Wirtschaft. Die handwerkliche Werteorientierung, die hohe Qualität und das auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Handeln im Handwerk haben dazu beigetragen, dass das Handwerk auch früheren und aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrisen immer standhalten konnte.

Wir haben in Hamburg rund 130 000 Handwerkerinnen und Handwerker, über 7000 Lehrlinge werden jährlich in diesen Betrieben ausgebildet. Das Handwerk ist für die Weiterentwicklung Hamburgs ein ganz wichtiger Partner. Die Sicherung und Weiterentwicklung des Hamburger Handwerks hat für den Senat eine sehr zentrale Bedeutung. Deshalb hat der Senat in seinem Arbeitsprogramm den Masterplan "Handwerk 2020" aufgenommen und zur Verwirklichung gebracht und, das darf ich hier sagen, mit Erfolg.

Am 13. September 2012 wurde bereits die erste Fortschreibung des Masterplans "Handwerk 2020" gezeichnet. Fast zeitgleich ist ein wichtiger Punkt des Masterplans erfüllt worden, und zwar der Start des Gründungsprogramms der Meisterinnen und Meister des Handwerks ab 1. Oktober 2012. Mit diesem Programmstart kommt der Senat zudem dem Ersuchen der Bürgerschaft nach, die bisher als reiner Zuschuss gewährte Gründungsprämie Handwerk, die leider, wie heute schon gehört, nicht in notwendigem Maße nachgefragt wurde, zu einer darlehensorientierten Förderung fortzuentwickeln. Das neue Förderungsprogramm ermöglicht die Gewährung von verzinslichem und rückzahlbarem Gründungsdarlehen zwischen 10 000 Euro und maximal 25 000 Euro. Die Raten des Darlehens werden so berechnet, dass am Ende der Laufzeit der Darlehen eine Restschuld bis zu maximal 7000 Euro verbleibt. Diese werden, das ist ein wichtiger Punkt, durch einen Zuschuss der Stadt getragen und damit dem Darlehensnehmer erlassen, wenn entsprechend sozialversicherungspflichtige Ausbildungs- und Beschäftigungsverhältnisse gesichert oder neu geschaffen werden.

Das Programm greift, unabhängig davon, ob die Meisterinnen und Meister sich erstmalig allein oder mit einem Partner oder einer Partnerin bei einer Neugründung oder bei einer Übernahme von Betrieben als Unternehmensnachfolger selbstständig machen wollen. Bei der Ausgestaltung des Programms wurde besonderer Wert auf eine möglichst geringe Bürokratie gelegt, auch gerade im Handwerk eine wichtige Größe.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Das heißt, wir haben die Rahmenbedingungen an die Bedürfnisse der Meisterinnen und Meister angepasst. Meisterinnen und Meister werden bei der Planung ihres Unternehmens, ihrem sogenannten Businessplan, durch die Handwerkskammer auch in dieser Kooperation zwischen Senat und Handwerkskammer intensiv beratend unterstützt. Diese berücksichtigungsfähigen Investitionskosten, die auch dazu gehören, wurden im Interesse der Gründerinnen und Gründer weiter ausgeweitet. Neben den reinen Investitionen werden zum Beispiel auch – und das ist neu – die Erstausstattung eines Waren- und Ersatzteillagers oder auch eine einmalige Marketingmaßnahme mit berücksichtigt. Man kann sagen, wir haben das Gründungsprogramm praxistauglich gemacht.

(Beifall bei der SPD – Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel übernimmt den Vorsitz.)

Im Rahmen der programmbegleitenden Evaluation überprüfen wir regelmäßig, wo das Handwerk noch besser und effizienter unterstützt werden kann. Mit dem Gründungsprogramm für Meisterinnen und Meister des Handwerks zeigt der Hamburger Senat eindeutig sein besonderes Interesse am Bestand und an der Weiterentwicklung des Handwerks in unserer Stadt. Das Handwerk, das sei hier noch einmal betont, ist eine der elementaren Säulen der Hamburger Wirtschaft. –Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 20/5603 Kenntnis genommen hat.

Dann rufe ich den Punkt 16 auf, das ist die Drucksache 20/5578, Bericht des Verkehrsausschusses: Carsharing-Offensive in Hamburg starten.

[Bericht des Verkehrsausschusses über die Drucksache 20/3989: Carsharing-Offensive in Hamburg starten – Drs 20/5578 –]

Wird das Wort gewünscht? – Herr Buschhüter, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gestern meldete die "Allianz pro Schiene" in einer Pressemitteilung:

"Die Hälfte der Reisenden ist wechselfreudig. […] Fast 50 Prozent der Befragten aus sechs europäischen Ländern haben in den

vergangenen Jahren ihren Mobilitätsmix verändert."

(Olaf Ohlsen CDU: Ist ja unglaublich!)

Sie sind nicht ein für alle Mal auf das Auto oder den öffentlichen Verkehr festgelegt, die Wechselnutzer sind laut Umfrage vermehrt multimodal unterwegs. Zwei Drittel der Reisenden wählten einen Mix aus verschiedenen Verkehrsmitteln für ihre täglichen Wege, während nur ein Drittel auf ein einziges Verkehrsmittel umstieg. Besonders in den Großstädten ist dieser grundlegende Wandel in der Mobilitätskultur bereits zu spüren. Die Nutzung des privaten Pkws wird angesichts langwieriger Parkplatzsuche in innerstädtischen Gebieten zunehmend von der Lust zur Last. Pendelnde Autofahrer merken, dass sie mit Bus und Bahn häufig schneller und bequemer ans Ziel kommen als mit dem eigenen Auto. War früher das Wohnen auf der grünen Wiese angesagt, so ist mittlerweile ein Trend zum Wohnen in zentralen Stadtbereichen mit kurzen Wegen erkennbar.

(Olaf Ohlsen CDU: Ist richtig!)

Steigendes Umweltbewusstsein, aber auch steigende Kosten für das eigene Auto lassen mehr und mehr Bürgerinnen und Bürger die Vorzüge des ÖPNV erkennen und auf das eigene Auto verzichten. Doch nicht immer geht es ohne Auto. Auf ein Auto zugreifen zu können, wenn man es braucht, ohne eines besitzen zu müssen, ist daher der Trend der Zeit. Der Antrag der GAL-Fraktion greift aus unserer Sicht zu kurz. Es geht eben nicht mehr nur um das klassische Carsharing mit festen Stellplätzen für jedes Fahrzeug, sondern es geht um eine intelligente Vernetzung des öffentlichen Verkehrs mit allen möglichen Angeboten der komplementären Mobilität.

(Beifall bei der SPD)

Bei dieser komplementären Mobilität geht es um Mobilitätsangebote, die den ÖPNV ergänzen: Kurzzeitmietautos wie car2go, Fahrradverleihsysteme wie das StadtRAD, auch klassisches Carsharing, aber auch Taxen und das eigene Fahrrad. Bei der Vielfalt dieser Angebote darf aber nicht verkannt werden, dass im Mittelpunkt dieser komplementären Mobilität der öffentliche Verkehr mit Bahnen und Bussen steht.

(Beifall bei der SPD)