Ich höre Ihnen ganz gut zu und darum weiß ich, dass nach den Ausführungen von Frau Leonhard nichts mehr kommt außer einem tiefen schwarzen Loch, und genau da hinein wollen Sie jetzt die beiden Anträge versenken. Ich finde das peinlich.
Nun wollen wir einmal sehen, wovor die SPD eigentlich Angst hat. Vor der Beratung im Fachausschuss, die vielleicht zu dem Ergebnis kommt, dass Kinderbeauftragte oder vielleicht eine Kommission sinnvoll wären? Vielleicht ist es das. Noch naheliegender ist für mich aber, ehrlich gesagt, das Politische. Ich glaube, dass die SPD Angst hat, dass eine Kinderkommission oder ein Beauftragter entdecken würden, dass die Politik der SPD alles andere als familienfreundlich und kinderfreundlich ist.
(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU – Karin Timmermann SPD: Warum haben Sie es denn nicht gemacht? – Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)
Herr Kienscherf, ich finde es schön, wenn wir wieder einmal richtig lebendig diskutieren. Aber dann kommen Sie auch hier nach vorn.
Ich bin fest davon überzeugt, und dazu können Sie gleich etwas sagen, dass Maßnahmen wie die Kürzungen bei den Kinderkuren, die Einsparungen in der offenen Kinder- und Jugendarbeit
(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: 14 Prozent geben wir mehr aus!)
die Einsparungen bei der Familienförderung oder bei den Zuwendungen für Angebote im Stadtteil natürlich bei einer Kinderkommission oder bei ei
nem Beauftragten keine Zustimmung gefunden hätten. Vermutlich hat die SPD daher Angst, auch nur in die Beratung über eine derartige Kinderkommission zu gehen.
Das ist meiner Ansicht nach peinlich. Jeder Versuch der SPD zu begründen, warum sie die Anträge nicht überweisen will, macht meiner Ansicht nach die Sache noch schlimmer.
Wenn Sie wirklich meinen, Frau Leonhard, dass eine Kinderkommission auf Bundesebene nichts bringt, dann wundert es mich, dass Ihre eigene Fraktion seit 1988 in einer solchen mitarbeitet. Wie selbstverständlich werden dort Belange von Kindern und Jugendlichen in die parlamentarische Arbeit mit aufgenommen und, wie wir eben erwähnten, auch in den anderen Bundesländern, unter anderem in Bayern.
Nur hier in Hamburg gibt es leider Stillstand. Ich befürchte, das liegt daran, dass sich die SPD in der Sonne der absoluten Mehrheit aalt und nicht den Mut hat, zwei Prüfanträge der Opposition an den Fachausschuss zu überweisen und einmal darüber zu reden. Dann hätten Sie immer noch etwas ablehnen können. Sie verweigern sich einer Diskussion. Das ist ein Trauerspiel für die Politik und ein schlechter Tag für Hamburgs Kinder.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg zur kinderfreundlichsten Stadt zu machen klingt gut.
Und dass es dazu mehr braucht als Kita-Plätze und Ganztagsangebote an Schulen, ist sicherlich auch allen oder zumindest den meisten bewusst. Kinder brauchen Freiräume und Freizeitangebote und eine kinder- und familienfreundliche Infrastruktur. Nachbarn, die vor Gericht ziehen, damit Kitas nachmittags den Garten nicht benutzen oder um die Eröffnung einer Kita gleich ganz zu verhindern, tragen sicherlich nicht dazu bei, dass sich Eltern und Kinder in unserer Stadt willkommen fühlen.
Die Einführung eines Kinderbeauftragten allerdings, der sich für die Belange und Interessen von Kindern einsetzt, der vermittelnd eingreift und eigene Initiativen voranbringt, klingt deshalb erst einmal richtig gut. Allerdings ist die Einführung von Kinderbeauftragten bundesweit alles andere als ei
ne Erfolgsgeschichte. In den Neunzigerjahren gab es einen regelrechten Boom von Kinderbeauftragten. Heute stellen wir fest, dass die meisten Stellen nicht mehr existieren, die Kinderbeauftragten sind wieder in der Versenkung verschwunden.
Was sind die Gründe dafür, was konnten die zahlreichen Kinderbeauftragten eigentlich erreichen? Vielleicht hatten sie doch nur eine Alibifunktion? Unter welchen Bedingungen ist ihre Arbeit erfolgreich? Das sind aus unserer Sicht Fragen, die es zu klären gilt, wenn man sich bereiterklärt, einen Kinderbeauftragten einführen zu wollen. Bei einer kurzen Internetrecherche habe ich zudem festgestellt, Herr de Vries, dass viele Aufgaben, die Kinderbeauftragte in anderen Städten übernehmen, in Hamburg schon von unterschiedlichen Stellen wie Behörden, Familiencentern und Jugendämtern ausgeführt werden. Eine Bündelung könnte durchaus sinnvoll sein.
Ob überhaupt eine Stelle notwendig ist, würden wir Liberale gern im zuständigen Ausschuss diskutieren. Deshalb würden wir einer Überweisung zustimmen. Die SPD hat angekündigt, diesen Antrag nicht zu überweisen, deshalb werden wir uns aufgrund der offenen Fragen enthalten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gesetzgeber und Verwaltung sind verpflichtet, bei allen die Kinder betreffenden Maßnahmen das Kindeswohl zu berücksichtigen. Das sagt Artikel 3 der UN-Kinderrechtskonvention und das sieht auch die Fraktion DIE LINKE so.
Herr de Vries hat es in seiner Rede erwähnt, dass Kinderfreundlichkeit nicht nur Fragen der Erziehung und Bildung betrifft, denn genauso geht es um Integration, um Wohnverhältnisse oder auch um die Stadtentwicklung. Hier ist der CDU zuzustimmen. Herr de Vries hat zu diesem Thema eine Schriftliche Kleine Anfrage gestellt, und aus ihr wird ganz deutlich, dass die Beteiligung von Kindern in den Bezirken nicht ausreichend ist, und das, obwohl es im Bezirksverwaltungsgesetz heißt – ich zitiere –:
"Das Bezirksamt muss bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, diese in angemessener Weise beteiligen."
Eine Kinderbeauftragte oder ein Kinderbeauftragter wie in anderen Städten könnte hierbei die Position und Beteiligung der Kinder und Jugendlichen
stärken, aber sie oder er könnte auch noch mehr, nämlich die UN-Kinderrechtskonvention bekannt machen, Gesetzesvorhaben prüfen und Maßnahmen der Landespolitik aus der Sicht der Kinder und Jugendlichen durchführen, kurz gesagt, eine kinderfreundliche Umgebung schaffen. Dass das bitter notwendig ist, zeigen die Kürzungen in der offenen Kinder- und Jugendarbeit oder die Situation beim Kinderschutz.
Die Fraktion DIE LINKE setzt sich deshalb für die Einrichtung eines Kinderbeauftragten oder einer Kinderbeauftragten in Hamburg ein.
Aber diese Stelle muss unabhängig gegenüber staatlichen Entscheidungen sein, so wie beispielsweise ein Ombudsmann oder eine Ombudsfrau. Aus diesem Grunde sollte der Kinderbeauftragte auch über ein eigenes Budget verfügen, über ein eigenes Büro mit einem wissenschaftlichen Apparat, den er sich finanzieren kann, damit er unabhängige wissenschaftliche Stellungnahmen in Auftrag geben kann.
Auch wenn hier wieder nur evaluiert und geprüft wird, stimmt DIE LINKE dem Antrag der CDU-Fraktion zu. Mit diesem Antrag können die rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen für die Einrichtung einer solchen Institution geschaffen werden. Auch den Antrag der GRÜNEN Fraktion finden wir gut, auch darüber möchten wir gern sprechen. Aber leider kann sich die SPD noch nicht einmal bei Prüfanträgen einen Ruck geben und diese Themen mit uns im Ausschuss besprechen – schade.
Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Zunächst zum Überweisungsbegehren der GRÜNEN Fraktion.
Wer einer Überweisung der Drucksachen 20/5233 und 20/5137 an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.
Wer diesen annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? –Der Antrag ist abgelehnt.
Diese Drucksache möchte die GRÜNE Fraktion an den Schulausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau von Berg, bitte.