Sie haben dann eben erwähnt, dass Sie ganzheitlich vorgingen. Unabhängig davon, dass es ein Jubelantrag ist, beleuchtet der Antrag angesichts der Musikstadt Hamburg und, wie es vollmundig in der Antragslyrik heißt, der "europäischen Musikmetropole" wirklich nur einen kleinen Teil.
Wenn Sie sich einmal an 2009 erinnern, da gab es bei der "Musikstadt Hamburg" fast 20 Punkte, die dazu gehören. Es ist sicherlich ein wichtiger Punkt genannt, aber es ist wirklich nur ein Ausschnitt. Wir brauchen zweifelsohne eine tolle, ausgeprägte Clubszene, und Hamburgs Ruf hat natürlich auch damit zu tun. Natürlich bedeutet ein Reeperbahn Festival – ich erwähne nebenbei das Dockville Festival, das hätten Sie fast fallengelassen –
mehr Wertschätzung. Wir haben auch gesagt, dass es eine originäre Aufgabe ist, die Festivals abzusichern und nicht immer nur von Resten zu finanzieren.
Deshalb ist gerade die Kulturtaxe gut dazu geeignet. Sie haben sie reduziert, auf 50 Prozent, wir dagegen fordern weiterhin 100 Prozent. Aber anscheinend wollen Sie das Reeperbahn Festival im Haushalt etatisieren. Dann verstehe ich nur nicht, warum Sie den Senat das prüfen lassen wollen. Sind Sie nicht die Legislative, die eigentlich so etwas macht? Das ist mir schleierhaft.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei Dietrich Wersich CDU – Jens Kerstan GRÜNE: Und wer beschließt den Haushalt?)
Da braucht man natürlich mehr als nur diesen einen Bereich. Schauen Sie sich doch die Investitionen in den anderen Bereichen an, der musikalischen Bildung, ich will jetzt nicht die ganzen Felder aufzählen, die dazu gehören. Ich will aber exem
plarisch und jenseits der Elbphilharmonie – dazu haben wir heute einen verzweifelten Intendanten gehört, über die Verzögerungen will ich mich jetzt nicht auslassen – aufzeigen, wo Sie sträflich vernachlässigen und damit natürlich die Musikmetropole Hamburg hintanstellen, gerade auch durch drastische Sparmaßnahmen Ihrerseits. Ich nenne nur das Beispiel "Ensemble Resonanz", das Sie sträflich hängenlassen. Es ist ein Ensemble, das international reüssiert, aber es hat mit anderen Kammerorchestern einen Mini-Etat. Und dann knüpfen Sie es noch an die Fertigstellung des großen Konzerthauses; das ist natürlich Quatsch. Das ist im Grunde genommen so, als würden Sie den FC Bayern für die Champions League fördern mit dem Etat vom Karlsruher FC. So geht das natürlich überhaupt nicht.
Also unterm Strich: Es ist ein abenteuerlicher Fensterantrag, der die ernsten Probleme im Kulturbereich nicht sieht und der die drastischen Kürzungen ebenfalls nicht beachtet. Sie schmücken sich zudem noch mit fremden Federn. Wir stimmen dem Antrag natürlich zu, aber es ist nichts Substanzielles, gerade angesichts der drohenden Kürzungen, die im Kulturbereich auf uns zukommen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion möchte also Hamburg als europäische Musikmetropole stärken.
Dem Ansinnen kann man eigentlich nicht widersprechen. Ob das allerdings mit dem vorliegenden Antrag gelingen wird, da habe ich doch meine Zweifel.
Keine Zweifel bestehen wohl daran, dass Hamburg eine der bedeutendsten Musikmetropolen Deutschlands ist und auch zu Recht international einen sehr guten Ruf genießt. Besonders erfreulich finde ich dabei den Facettenreichtum, den unsere Stadt bietet. Hamburg hat sich eben nicht auf ein Genre festgelegt. Hamburg hat zahlreiche Festivals, das haben wir schon gehört. Hamburg ist wichtiger Standort für Labels und auch für Musikverlage. Wir haben eine namhafte Oper, Ballett und Symphoniker. Überregional bedeutsame Musiker leben und arbeiten hier und Hamburg ist auch Standort für Jazz und Kammermusik. Dann haben wir noch viele kleine und auch größere Privatinitiativen, die das
kulturelle Angebot bereichern und auch ihren Anteil an der Musikmetropole Hamburg haben. Die finden auch nicht nur in den dafür szenetypischen Stadtteilen statt. Einige der Initiativen sind staatlich gefördert oder unterstützt, andere arbeiten komplett auf privater Grundlage. Mit der Reeperbahn und mit dem Schanzenviertel hat die Stadt tatsächlich schöne Schmelztiegel moderner Pop- und Clubmusik. Die Gesamtheit all dieser Aktivitäten macht Hamburg zur Musikmetropole.
Der vorliegende Antrag fasst das auch alles irgendwie ganz nett zusammen. Letztendlich, wir haben es schon gehört, formuliert er aber nur Prüfaufträge, und das ist tatsächlich zu wenig. Liebe Kollegen von der SPD-Fraktion, da hätte ich mir von Ihnen, insbesondere als Regierungsfraktion, doch deutlich mehr Mut gewünscht. Ich hoffe, dieser Mut kommt noch, wir sind nämlich noch mitten in den Haushaltsberatungen. Frau Goetsch hat es gesagt, dem Senat einen Prüfauftrag zur Festschreibung der Förderung des Reeperbahn Festivals in diesen Antrag zu schreiben, ist natürlich viel zu kleinlaut, das ist viel zu bescheiden. Wenn Sie die Förderung für notwendig halten, dann erwarte ich von Ihnen, dass Sie das in den Haushaltsplan-Entwurf schreiben, und dann erwarte ich auch den entsprechenden Antrag von Ihnen.
Ich möchte ein paar Anmerkungen zu den Prüfaufträgen machen, die Sie gestellt haben, und zu den aufgeführten Punkten. Ich glaube, die Notwendigkeit einer Viertausender-Halle bestreitet niemand ernsthaft. Wir begrüßen es auch, dass die Stadt private Initiativen nach Kräften unterstützt und hoffentlich dann auch zum Erfolg verhilft.
Zu den Sonderwerbeflächen, die Sie erwähnen: Der Vertrag mit JCDecaux über die Plakatwerbung im öffentlichen Raum läuft noch einige Jahre, allerdings sind darin auch heute schon Sonderwerberechte für Kulturplakate festgeschrieben. Wenn man dann eine Neuverhandlung über eine neue Ausschreibung macht, kann man sicherlich auch diese Sonderrechte noch einmal besonders beleuchten.
Die Situation bei der Stellplatzabgabe ist schon etwas schwieriger. Wir sind sowohl aus kulturpolitischer als auch aus stadtentwicklungspolitischer Perspektive an dem geforderten Bericht sehr interessiert. Klar ist, dass ausreichend Parkplätze und Fahrradstellplätze für den Erfolg auch von Kultureinrichtungen, von Clubs und so weiter wichtig sind. Denn gerade da, wo sie sich ansiedeln – und das sind oft auch die szenetypischen Stadtteile –, haben wir eine notorische Parkplatzknappheit. Von daher dürfte es auch im Interesse der Unternehmen liegen, dass es dort eine vernünftige Stellplatzsituation gibt und geben wird.
Die Tonlage des Prüfauftrags lässt aber eher vermuten, dass Sie Kulturunternehmen künftig von der Stellplatzabgabe befreien möchten. Ob das nun wirklich im Interesse aller Beteiligten sein wird, werden wir sicherlich nach Vorlage des Berichts noch einmal intensiver diskutieren müssen.
Dann habe ich mich über die Auslands-Vermarktungsaktivitäten ein bisschen informiert. Es gibt da eine Hamburger Richtlinie zur Förderung für Markterschließungsmaßnahmen kleinerer und mittlerer Unternehmen. Damit ist im letzten Jahr auch ein gemeinsamer Auftritt bei der wichtigsten Messe und Convention für Kreativwirtschaft in Austin/Texas gefördert worden. Es gibt also schon Unterstützungen in diesem Bereich. Was Sie jetzt an der Richtlinie ändern wollen, das bleiben Sie konkret in diesem Antragstext schuldig. Wir werden uns Ihre Vorschläge allerdings genau anschauen und sicherlich auch in den entsprechenden Ausschüssen zum Thema machen.
Zusammengefasst: Wir finden einige Ansätze in Ihrem Antrag richtig, über andere Punkte wird sicherlich zu diskutieren sein. Anderes halten wir für überflüssig. Wir werden Ihrem Antrag aber zustimmen, denn Sie tun schließlich niemandem weh mit Ihren Prüfaufträgen. Wir hätten aber sehr gern im Ausschuss über die konkrete Ausgestaltung einiger Punkte gesprochen. So werden Sie mit Ihren größtenteils doch butterweichen Formulierungen sicherlich nicht viel bewegen können. Herr Schmidt, da wird es leider bei dem Signal bleiben, das Sie schon angesprochen haben, was schade ist.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist manchmal ein Nachteil, dass man schon länger in der Kulturpolitik aktiv ist.
Dementsprechend muss ich Ihnen leider sagen, dass dieser Antrag nur aus alten Kamellen besteht. Es ist alles schon einmal diskutiert worden, da steht nichts Neues drin.
Das Zweite, was mir daran nicht gefällt, ist eine Sprache, die ich Marketing-Sprech nennen würde. Da haben Sie irgendein Mittelchen genommen und aufgrund dessen so luftige, fluffige Formulierungen benutzt, die den wahren Problemen, die wir dort haben, überhaupt nicht gerecht werden. Man kann vielleicht so herangehen wie die CDU und sagen, dass alles so schön luftig und fluffig sei,
man kann auch sagen, es gibt eine Chance; das ist alles möglich. Nur man muss bei aller Begeisterung auch fragen, wie die Situation ist und wo wir stehen, besonders angesichts der Meldungen in den letzten Tagen über die sich zuspitzende Situation bei der Elbphilharmonie. Man muss sich damit auseinandersetzen, was Herr Lieben-Seutter heute gemacht hat nach dem Motto, dass Hamburg momentan wie ein Witz musikmäßig vor der Welt dasteht.
Wir haben letzte Woche festgestellt, dass wir im Kulturranking der Berenberg Bank insgesamt schlecht abgeschnitten haben. Das wären doch Punkte, um so etwas einmal kritisch zu betrachten.
Deswegen will ich einmal aufführen, was eigentlich die Probleme sind, die man mitbehandeln muss. An diesem Antrag verstehe ich einfach nicht, dass gesagt wird, die Reeperbahn sei der Inbegriff von lebendigem Clubleben und internationaler Livemusik.
Das ist Ihnen doch von der Reeperbahn-Festival-Gang hineingeschrieben worden, denn in der Realität gibt es an der Reeperbahn so gut wie keinen vernünftigen Liveclub mehr und so gut wie keine vernünftige Livemusik. Gehen Sie doch einmal dahin.
Das ist doch völliger Unsinn. Das ist irgendein Sprechkram, der dort gemacht wird, weil sich das gegenwärtig im Marketingverfahren gut anhört und Reeperbahn Festival heißt. Die Welt denkt, das wäre an der Reeperbahn, aber die Wirklichkeit ist nicht so. In den kleinen Straßen drum herum finden Sie die lebendige Clubszene und dort werden Sie dann auch die Probleme sehen. Sie haben keine günstigen Mieten mehr und haben dementsprechend in Zukunft ein richtiges Problem. Wenn Sie sich diese Probleme richtig angesehen hätten und nicht nur den Sprechzettel der Marketinggesellschaft des Reeperbahn Festivals, wäre ich glücklicher.
Ein weiterer Punkt ist, dass Sie sich auch damit auseinandersetzen müssen, welche Probleme dort gegenwärtig existieren. Einige hat Frau Goetsch schon angesprochen, die will ich nicht wiederholen. Wir haben riesige Probleme mit Übungsräumen, das kann man doch nicht übersehen. Jeder, der in dieser Stadt versucht, Musik zu machen, hat große Probleme damit, aber Sie benennen das Problem noch nicht einmal. Das geht nicht.
Wir haben eine völlig verängstigte SPD, die noch nicht einmal wagt, in einem Ort wie Harburg ein zweitägiges Festival draußen stattfinden zu lassen.