Protocol of the Session on August 29, 2012

Wer einer Überweisung der Drucksachen 20/4950 und 20/5112 an den Schulausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist die Überweisung abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Ich beginne mit dem FDP-Antrag aus der Drucksache 20/ 4950. Hierzu hat die CDU-Fraktion eine ziffernweise Abstimmung beantragt.

Wer stimmt Ziffer 1 zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist die Ziffer abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 2 beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist auch Ziffer 2 abgelehnt.

Wer stimmt nun Ziffer 3 zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist auch Ziffer 3 abgelehnt.

Nun zum Zusatzantrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 20/5112. Die Fraktionen der GRÜNEN und der LINKEN haben hierzu eine ziffernweise Abstimmung beantragt.

Wer möchte die Ziffer 1 des Antrags aus der Drucksache 20/5112 annehmen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist die Ziffer 1 angenommen.

Wer stimmt Ziffer 2 zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Ziffer 2 ist ebenfalls angenommen.

(Dora Heyenn)

Wer möchte der Ziffer 3 seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch Ziffer 3 ist somit angenommen.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 24, Drucksache 20/4960, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Bericht zur Energiearmut als erster Schritt zur Bewältigung der zunehmenden Energiearmut in Hamburg.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Bericht zur Energiearmut als erster Schritt zur Bewältigung der zunehmenden Energiearmut in Hamburg – Drs 20/4960 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion federführend an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration und mitberatend an den Umweltausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Herr Golke wünscht das Wort und bekommt es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor einigen Tagen kam es in Burbach im Saarland zu einer wirklich schrecklichen Brandkatastrophe, bei der vier tote Kinder, zum Teil sehr kleine Kinder, hinterher in dem verbrannten Haus gefunden wurden. Ursache war wohl eine Kerze, die entzündet und außer Kontrolle geraten war; das kann passieren. Dazu muss man aber wissen, dass der Familie vorher der Strom abgestellt worden war. Sie hatten also keine andere Möglichkeit, sich Licht zu verschaffen. Man kann schon fragen, ob es verhältnismäßig ist, einer Familie mit vier, zum Teil kleinen Kindern, den Strom abzustellen, was die Existenz zu einem großen Teil beeinträchtigt. Ich stelle die Frage, ob es richtig ist, in regelmäßigen Verfahren jede Möglichkeit, Babynahrung zu erwärmen, zu verhindern, denn ob es E-Herde sind oder Mikrowellen – alles funktioniert mit Strom. Damit will ich nicht sagen, dass der Senat daran schuld hätte – mit Sicherheit nicht –, und auch kein Energieversorger hat schuld daran.

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Es bleibt eine furchtbare Tragödie, aber es ist ein weiteres Indiz dafür, dass wir uns mit dem Thema Energiearmut beschäftigen müssen, und das sollten wir jetzt tun.

(Beifall bei der LINKEN)

In Gesamtdeutschland ist es 2011 nach Schätzungen der GRÜNEN Fraktion im Bundestag in rund 800 000 Haushalten zu Stromsperren gekommen. Zu Stromsperren kommt es im Regelfall, wenn der Strompreis über einen bestimmten Zeitraum hin

weg nicht bezahlt wird; das sollte uns allen bekannt sein. Nach Auskunft von Vattenfall sind in Hamburg 2011 7165 und 2012 immerhin schon 5174 Stromsperren erlassen worden. Ich gehe davon aus, dass sich hinter diesen Zahlen eine höhere Dunkelziffer verbirgt, weil es dem Senat trotz seines Bemühens, uns Auskunft zu erteilen, selbstverständlich nicht möglich war, innerhalb von acht Tagen alle Energieversorger, die sich in Hamburg tummeln, nach Kunden zu befragen, die nicht zahlen, und sie deshalb den Strom abgestellt haben. Deswegen kann man davon ausgehen – Vattenfall hat eine Marktpräsenz von etwa 70 Prozent in Hamburg –, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt und mehr Stromsperren zu erwarten sind.

Wen betrifft das? Stromsperren betreffen zumeist einkommensschwache Haushalte. Vor zehn Jahren mussten einkommensschwache Haushalte noch 5 Prozent des Nettoeinkommens für Energiekosten verwenden, heute sind es schon über 10 Prozent. Daraus folgt – das ist fast eine Binsenweisheit –, dass der Anteil der Energiekosten am Nettoeinkommen für Haushalte mit geringem Einkommen deutlich höher ist als für Haushalte mit höheren Einkommen. Nach Informationen der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westphalen haben 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung bundesweit Probleme, die höheren Energiekosten zu finanzieren.

Dabei muss deutlich gesagt werden, dass die Energiewende an sich für die steigenden Preise im Strombereich nicht alleine verantwortlich ist. Der Strompreis ist aus mehreren Gründen deutlich zu hoch. Da geben Konzerne ihre Ersparnisse nicht an die Endverbraucher weiter, und das könnten – ich zitiere schon wieder die GRÜNEN im Bundestag –

(Jens Kerstan GRÜNE: Die GRÜNEN sind gut, oder? Wir sind einfach super!)

"bis zu 3 Milliarden Euro […]"

sein.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Soll ich die Bündnisgrünen sagen, ist euch das lieber?

(Jens Kerstan GRÜNE: Wir sind einfach gut, lass mal!)

Wenn ihr gut recherchiert, dann zitiere ich euch auch. Aber wenn Herr Kerstan sich freut, freue ich mich auch.

Großbetriebe sind von der Erneuerbare-EnergienUmlage befreit. Damit bezahlen am Ende die Verbraucher den Strom der Großbetriebe.

Sie wissen, dass ich Sprecher für Hartz IV in meiner Partei bin, deswegen darf das Thema Hartz IV hier natürlich nicht fehlen. Die Bemessung der Stromkosten im Regelsatz ist zu gering. Zum Teil

(Erster Vizepräsident Frank Schira)

ist der Strompreis in den letzten fünf Jahren um bis zu 40 Prozent angestiegen, der Regelsatz ist es an dieser Stelle aber nicht. Hartz-IV-Betroffene haben auch deshalb häufig einen überdurchschnittlichen Strombedarf, weil alte Geräte benutzt werden. Neuere Geräte sind sparsamer, kosten aber im Regelfall Geld und liegen damit außerhalb von Verfügungsmöglichkeiten. Demnach ist eine Erhöhung des Regelsatzes wegen sich stark verteuernder Energiekosten notwendig und längst überfällig.

(Beifall bei der LINKEN)

Das hilft jedoch nicht allen armen Menschen, denn der Zugang zu Hartz IV ist natürlich begrenzt auf diejenigen, die ganz wenig haben. Es gibt aber arme Menschen, die kein Hartz IV bekommen und trotzdem nicht wahnsinnig viel mehr Geld haben. Deswegen muss man über Alternativen nachdenken, wobei ich vorausschicken möchte, dass mir diese Alternativen auch nicht alle komplett gefallen und ich bei ihnen auch immer noch irgendwo ein Haar in der Suppe finden kann.

Eine Alternative sind Sozialtarife, eigentlich ein altes Modell, soziale Schwierigkeiten hinsichtlich der Strompreise abzufangen; das gibt es tatsächlich heute noch bei E.ON. Solche Tarife sind aber kompliziert, werden nicht überall angeboten und betreffen bei E.ON auch nur noch circa 1000 Haushalte, das kann man also wegfallen lassen. Aber Großbritannien, Frankreich, Belgien und Italien haben immer noch – oder vielleicht auch wieder – flächendeckende Sozialtarife.

Eine andere interessante Alternative wäre eine kostenlose Mindestversorgung, wie sie meine Parteivorsitzende neulich in "Der Welt" ins Gespräch gebracht hat. Jeder Haushalt erhält – ich persönlich würde eine Differenzierung nach Haushaltsgröße und dem Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein von Kindern oder pflegebedürftigen Menschen bevorzugen – eine bestimmte Menge Strom gratis, und das wird über einen höheren Arbeitspreis finanziert. Das ist ein spannender Ansatz. Das Problem höherer Energiekosten armer Menschen bleibt an dieser Stelle aber ungelöst. Denn auch, wenn ich kostenlosen Strom bekomme, mein Kühlschrank aber diese kostenlosen Kilowattstunden komplett auffrisst und ich mir keinen neuen leisten kann, habe ich am Ende einen höheren Preis. Das ist also auch nicht zielführend und muss gut bedacht werden.

Wie gesagt, an der Stelle ist einiges unklar und offen. Deswegen auch unser Antrag an den Senat, einen Energiearmutsbericht vorzulegen, der zum einen fundierte Zahlen zu Stromsperren, Zahlungsrückständen, Mahnverfahren und Ähnlichem enthält, sich aber auch den Fragen widmet, ob die technischen Voraussetzungen, etwa Smart Meter einzusetzen, gegeben sind und inwieweit dabei Datenschutzbelange betroffen wären. Erst mit dieser fundierten Datengrundlage wird es dann mög

lich sein, Maßnahmen zu beurteilen und weitere Schritte zu planen. Eines seien Sie am Ende versichert: Armut bedingt nicht unbedingt Energiearmut, aber Energiearmut bedingt immer Armut. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Bekeris.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion begrüßt es, dass die LINKE das Thema Energiearmut in der Bürgerschaft aufs Tableau bringt. Wir sehen ebenfalls die problematischen Folgen der seit Jahren steigenden Energiepreise für Menschen mit geringem Einkommen. Allerdings muss man dazu sagen, dass die Handlungsmöglichkeiten auf Hamburger Ebene sehr beschränkt sind. So werden die Regelsätze für Transferhilfeempfängerinnen und -empfänger, in denen auch die Energiekosten enthalten sind, auf Bundesebene festgelegt. Sie haben aber einige wichtige Punkte genannt, zum Beispiel die Zusammensetzung des Strompreises. Auch die Beratung von Transferleistungsbezieherinnen und -beziehern sowie Geringverdienenden ist natürlich ein wichtiges Thema, das wir auch schon in der letzten Legislaturperiode bewegt haben. Ich möchte an dieser Stelle gar nicht weiter ins Detail gehen. Lassen Sie uns das Ganze in den Fachausschüssen beraten, im Sozialausschuss und auch im Umweltausschuss. Ich werbe für eine Überweisung an die Fachausschüsse. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Stöver.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Golke, Ihren Ausführungen habe ich entnommen, dass es noch nicht ganz sicher ist, welche Ziele die Fraktion DIE LINKE verfolgt. Sie waren etwas wirr und deswegen ist es gut, wenn wir das im Ausschuss beraten.

Ich habe auch feststellen müssen, wie unterschiedlich die Auffassungen unserer Fraktionen sind, wie einer Energiearmut von einkommensschwachen Bürgern vorgebeugt werden kann. Dass wir einkommensschwachen Bürgern helfen müssen, steht außer Frage.

Ich möchte einige Punkte Ihres Antrags kurz anreißen. Ja, die Energiekosten sind gestiegen, ja, auch die Energiewende wird die Energiekosten weiter steigen lassen, und ja, es ist Aufgabe der Politik, diese Steigerung für alle so gering wie möglich zu halten. Dabei ist es aber falsch, eine

(Tim Golke)

Umverteilungsdebatte zu führen. Es ist zu einfach zu sagen: Der Industrie nehmen wir es weg, weil sie reich ist, und dem armen kleinen Bürger nehmen wir es weg, weil er zu wenig hat. So einfach können wir es uns nicht machen. Daher sollten wir das Thema im Umwelt- und Sozialausschuss debattieren. Wir werden einer Überweisung zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Fegebank.