Protocol of the Session on August 29, 2012

Chance, die Ressourcen aus der Zentrale in die Schulen zu bringen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Dr. von Berg hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir als GRÜNE begrüßen im Grundsatz die Intention des FDP- und auch des SPD-Antrags.

(Olaf Ohlsen CDU: Sehr schön!)

Das ist keine große Überraschung. Was wir in den Fokus rücken wollen, ist die Größe der Verwaltungsaufgaben aufgrund der Einführung der selbstverantworteten Schule. Ich finde es falsch, nur die Reformen in den vergangenen Jahren für die vielen Verwaltungsaufgaben verantwortlich zu machen. Hauptverantwortlich ist die Übertragung von Aufgaben aus der BSB in die selbstverantwortete Schule. Das sind sehr komplexe Verwaltungsaufgaben, die sehr professionell ausgeführt werden müssen, und dafür brauchen wir ausgebildete Verwaltungsleiterinnen und -leiter. Was wir am FDPAntrag schwierig finden – das hat Herr Heinemann schon deutlich gemacht –, ist erstens, dass er undifferenziert ist. Er differenziert nicht zwischen kleinen einzügigen, teilweise Grundschulen und richtig großen Systemen mit weit über tausend Schülerinnen und Schülern.

Das Zweite ist auch schon genannt worden, das ist das Timing. Natürlich muss man zuerst eine Evaluation abwarten – auch das fordern wir als GRÜNE immer wieder ein –, bevor man an die Umsetzung geht. Für mich ist das eher ein Haushaltsantrag und nicht ein Antrag, der jetzt gestellt werden sollte. Ich habe einmal ausgerechnet, was die Forderung der FDP kosten würde. Wenn man von E10 Stellen ausgeht, nach TV-L, also von 57 200 Euro pro Stelle im Jahr, dann wären es 25 Millionen Euro im Jahr, sofern man das an allen Schulen einführt. Selbst wenn man sagt, man macht Verbünde und schafft ungefähr 300 Stellen, sind wir bei 17,1 Millionen Euro. Die FDP macht in ihrem Antrag keinen Vorschlag, woher dieses Geld kommen soll. Daher plädieren wir für eine Überweisung an den Schulausschuss. Was den SPD-Antrag anbelangt, ist das für mich ein wunderbares Beispiel für das Auspressen von Zitronen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man muss sich auf der Zunge zergehen lassen, was in der Lyrik steht, nicht im Petitum des Prüfauftrags. Da steht:

"Das Bündeln von Funktionsstunden der Schulleitung […]"

Der Schulleitung sollen also Funktionszeiten abgezogen werden, damit Verwaltungsstellen geschaf

(Robert Heinemann)

fen werden können. Das, meine Damen und Herren, wird die Schulleitungen schrill begeistern.

Der Wunsch meiner Fraktion wäre, einmal den Blick über den Zaun und über die Ländergrenzen hinweg schweifen zu lassen. Dann kommt man nämlich nach Niedersachsen, dort gibt es diese Verwaltungsleitungen schon seit vielen Jahren an den berufsbildenden Schulen. Man hat damit sehr, sehr gute Erfahrungen gemacht. Diese Erfahrungen mit Kosten- und Leistungsrechnung, Personalmanagement und dergleichen mehr kann man einspeisen, um in den Beratungen im Schulausschuss zu einer vernünftigen, finanzierbaren Lösung zu kommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Heyenn hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ganz im Gegensatz zu Ihnen, Herr Holster, teilen wir die Vorstellungen der FDP, was die Bildungspolitik anbetrifft – insbesondere bei diesem Antrag –, nicht.

(Beifall bei der LINKEN – Finn-Ole Ritter FDP: Das beruht auf Gegenseitigkeit!)

Ich bin auch stolz darauf, dass es auf Gegenseitigkeit beruht.

Ich habe, Frau von Treuenfels, nicht richtig begriffen, was Sie uns eigentlich sagen wollten. Im Antrag steht etwas anderes als das, was Sie vorgetragen haben. Ich teile Ihre Auffassung, dass die Lehrkräfte in Hamburg völlig überlastet sind, aber nicht wegen der Bürokratie, sie sind generell überlastet.

(Finn-Ole Ritter FDP: Grundsätzlich!)

Ich will auch sagen, wer die Ursache ist. Der Name ist Dinges-Dierig. Das ist die Ursache für diese Überlastung.

(Beifall bei der LINKEN)

Was Sie eigentlich wollen, ist nicht, dass die Lehrer weniger arbeiten.

(Zuruf von Robert Heinemann CDU)

Brüllen Sie doch nicht ständig dazwischen. Melden Sie sich zu Wort, wenn Sie etwas sagen wollen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP: Wie in der Schule!)

Wie in der Schule, genau.

Was Sie eigentlich wollen, sind Schulmanager nach dem angelsächsischen System, das wagen Sie nur nicht so genau zu sagen. Sie nennen das Ganze effizientes Arbeiten. Wer wünscht sich nicht

effizientes Arbeiten? Jeder. Gerade die Schule ist ein Bereich, wo Effizienz spätestens seit den PISAUmfragen immer wieder eine ständige Herausforderung ist, in jeder Beziehung, für Unterricht, für Verwaltung, für alles. Dieses Themas hat sich auch die schwarz-grüne Koalition angenommen und einen Modellversuch an drei allgemeinbildenden und vier beruflichen Schulen durchgeführt. Ziel des Pilotprojekts war es zu untersuchen, ob durch die Funktion einer Verwaltungsleitung die schulische Arbeit vor Ort verbessert werden kann, indem eine Vielzahl von Verwaltungsaufgaben bei einer Person – das haben wir eben gehört – professionell gebündelt wird. Zudem sollte geprüft werden, inwieweit Schulleitungen sowie Kollegien von Verwaltungsaufgaben entlastet werden können. Im Rahmen dieses Modells wurden sowohl für die Schulverbünde im allgemeinbildenden Bereich als auch für die Standorte in den beruflichen Schulen je eine befristete neue Stelle der Wertigkeit E10 TV-L eingerichtet – so der Senat.

(Robert Heinemann CDU: Das haben wir al- les gelesen, Frau Heyenn!)

Dieses Pilotprojekt läuft zum 31. August 2012, also in zwei Tagen, aus. Die Frage ist doch, welche Erkenntnisse gewonnen wurden. Eine Auswertung liegt noch nicht vor. Der Abschlussbericht für die allgemeinbildenden Schulen erfolgt auf Basis einer internen Evaluation ohne wissenschaftliche Begleitung. Für die beruflichen Schulen erfolgte eine wissenschaftliche Begleitung in Form einer MasterThesis durch zwei Studentinnen von der HAW. Das ist keine Evaluation; insofern ist schon einmal der Antrag der FDP völlig falsch. Stattdessen wurden individuelle Rückmeldungen der beteiligten Personen im Schulbereich erfragt.

Der Senat hat auf eine Schriftliche Kleine Anfrage gesagt, dass die Bündelung von Verwaltungsaufgaben bei entsprechend ausgebildetem Fachpersonal positiv gesehen wird. Vor diesem Hintergrund sollten Verwaltungstätigkeiten an Schulen grundsätzlich von ausgebildeten Verwaltungsfachkräften durchgeführt werden, um, ich betone, die pädagogische Arbeit an den Schulen zu stärken – so der Anspruch. Ich habe an einigen Schulen, in denen das Pilotprojekt durchgeführt wurde, nachgefragt.

In der G19 hatten sie für drei berufliche Schulen eine Verwaltungskraft. Das hat, zugegeben, der Schulleitung genützt, das sagen auch die Betroffenen vor Ort. Für die Schulleitung war es eine Entlastung, aber für die Lehrerinnen und Lehrer – Ihr Anspruch ist doch, dass die pädagogische Arbeit verbessert werden soll – hat es in keiner Weise irgendeine Hilfe gebracht.

Das Gleiche bei der Stadtteilschule am Hafen, da habe ich auch nachgefragt. Die Verwaltungskraft hat Hausmeister und Büros unter sich, sie entlastet die Schulleitung. Fazit: Auch hier ist gesagt wor

(Dr. Stefanie von Berg)

den, dass die Lehrkräfte durch diese Kraft keine Entlastung hatten und sich nicht, wie im FDP-Antrag steht, besser auf die pädagogische Arbeit konzentrieren konnten.

Nun hat die FDP in mehreren Schriftlichen Kleinen Anfragen und auch im vorliegenden Antrag betont,

(Robert Heinemann CDU: Wir haben die An- träge gelesen!)

dass genau das passieren müsste. Zweckfremde Verwaltungstätigkeiten sollen die Lehrer nicht machen und schon ist der Unterricht gut, bestens, prima. Das glaube ich noch lange nicht. Die FDP meint, es sei überhaupt nicht sinnvoll, dass Lehrkräfte die Zeugnisse stempeln und drucken. Ich will Ihnen einmal sagen, was bei Zeugnissen Arbeitszeit kostet: das Erstellen der Noten, das Erstellen der Texte und das Arbeiten mit diesem traumhaften Zeugnisprogramm, das sich jedes Jahr ändert, ein Alptraum für jede Lehrkraft. Das kostet 40 bis 50 Stunden, dagegen ist das Abheften und Bedrucken wirklich lächerlich.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN – Olaf Ohlsen CDU: Dann soll man nicht Pädagoge werden, wenn man das nicht kann!)

Dann soll Lehrern der Zeitaufwand für das Sortieren von Schülerakten erspart werden, um besseren Unterricht machen zu können. Auch das ist kompletter Blödsinn. Ich will Ihnen einmal sagen, was wirklich Zeit kostet, nämlich Lernentwicklungsgespräche zu führen und die Protokolle anzufertigen, die Kopien mit den Schülerinnen und Schülern zu erstellen, die Beschlüsse von Klassen- und Zeugniskonferenzen zu erstellen, die Gesprächsnotizen von Elterngesprächen. Das nimmt Zeit in Anspruch, aber doch nicht das Abheften von Schülerakten. Das ist komplett albern.

(Beifall bei der LINKEN und bei Christa Goetsch GRÜNE)

Weiter spricht die FDP davon, dass es bei Aufgaben im Finanz- und Rechnungswesen auch eine Entlastung geben soll, ich nehme an für die Lehrer. Nun habe ich mich gefragt, welche Aufgaben denn eigentlich Lehrerinnen und Lehrer im Finanz- und Rechnungswesen an der Schule haben. Ich bin darauf gekommen, dass wohl das Einsammeln von Beiträgen für Ausflüge und Klassenfahrten oder für Klassen- und Schülerfotos die von den Lehrern zu bewältigenden finanziellen Aufgaben sind. Ich frage mich, wie eine TV-L-Kraft dieses alles einsammeln will, beispielsweise an einer Stadtteilschule mit 40 Klassen. Das funktioniert überhaupt nicht. Das können nur die Klassenlehrer und Klassenlehrerinnen machen, daran wird sich überhaupt nichts ändern.

(Olaf Ohlsen CDU: Das muss man nur orga- nisieren können, dann klappt es auch!)

Und nun diese geniale Idee, die Lehrer müssen nicht mehr kopieren. Das ist eine ganz geniale Idee. Das haben auch schon einige Schulen probiert, aber den Auftrag zu erteilen, schriftlich, bitte einen Klassensatz von dieser Kopie anfertigen, das dauert länger, als sich an den Kopierer zu stellen und auf den Knopf zu drücken – alles Blödsinn.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Sie hören schon, ich bin von diesem Antrag komplett begeistert. Der Antrag der FDP ist völlig unausgewogen, bar jeder Kenntnis der Schulpraxis. Sie fordern außerdem in Ihrem Antrag, dass eine Evaluation vorgelegt werden soll – die kann gar nicht vorgelegt werden, weil es keine gibt, und nachträglich kann man keine machen. Da ist der SPD-Antrag schon ehrlicher. Er spricht von einem Schlussbericht, und das ist auch in Ordnung. Wir können uns natürlich mit Effizienz im Schulalltag anfreunden, aber bitte immer nur unterhalb der Ebene des Schulleiters, der selbstverständlich Pädagoge bleiben muss.

(Beifall bei der LINKEN und bei Christa Goetsch GRÜNE)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Zunächst zum Überweisungsbegehren der FDP-Fraktion.

Wer einer Überweisung der Drucksachen 20/4950 und 20/5112 an den Schulausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist die Überweisung abgelehnt.