Protocol of the Session on August 16, 2012

Die nun erforderliche Trennung zwischen Privatund Geschäftsreisenden stellt alle erst einmal vor eine neue Herausforderung, das stimmt. Aber ich bin mir sicher, dass sich auch hier in gewohnter, guter Zusammenarbeit und nach Anhörung entsprechender Sachverständiger praktikable und durchaus für alle Seiten akzeptable Lösungen finden lassen. Wir haben nämlich, dass hoffe ich zumindest, ein gemeinsames Ziel, die Erhöhung der Attraktivität Hamburgs vor allem im Hinblick auf das kulturelle Angebot für Touristinnen und Touristen einerseits, aber natürlich auch für die Hamburgerinnen und Hamburger.

Ich bin daher der festen Überzeugung, dass es trotz der verschiedenen Interessenlagen möglich sein wird, Vereinbarungen zu finden, die von allen Beteiligten gestützt werden. Herr Kluth, das ist eine Situation, um die Hamburg übrigens von vielen anderen Bundesländern beneidet wird. An dieser Linie sollten wir festhalten. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Herr Wersich, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kluth, für die FDP war das ein bisschen wenig Kultur in Ihrer Rede, vielleicht war es die Kultur des Rechnens. Aber ansonsten habe ich den gesamten kulturpolitischen Teil vermisst.

(Beifall bei der CDU)

Bei der SPD war es nicht so richtig viel mehr außer der Erkenntnis, die ich von diesem Tag mitnehme, dass auch Nichtstun mittlerweile ins Repertoire des guten Regierens der SPD gehört.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Euer Entwurf war rechtswidrig! Das war leider so!)

Mit der Idee der Kulturtaxe verbindet sich in der Stadt eine große Hoffnung: Kultur als bedeutender Bestandteil einer Metropole, die wiederum bedeutend in Europa sein möchte, aber auch eine wachsende Bedeutung für Kultur in Zeiten des Schuldenstopps und dieser SPD-Haushaltspolitik. Als dann die Pläne der SPD für die Kulturtaxe bekannt wurden, ist in der Stadt eine herbe Enttäuschung ausgebrochen.

(Beifall bei der CDU und bei Christa Goetsch GAL)

Die Kulturtaxe wurde nämlich angesichts der Schuldenbremse als auf Jahre hin letzte Chance gesehen, substanzielle Fortschritte für die Kulturmetropole in Hamburg in ihrer ganzen Vielfalt zu erreichen. Aber was erleben wir jetzt? Nur die Hälfte des Geldes soll für Kultur verwendet werden, der Rest für Sport, Medienveranstaltungen und Events. Im Ausschuss wird das Ganze dann noch gekrönt von einem Kulturverständnis, zu dem offenbar Vereinsjubiläen und Musik bei Straßenfesten gehören.

Meine Damen und Herren! Dieser Ansatz der SPD-Kulturtaxe verdient nur einen Begriff: Es ist ein Etikettenschwindel.

(Beifall bei der CDU und bei Christa Goetsch GAL und Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP)

Das Zweite Schwerwiegende, vielleicht noch Schlimmere, ist, dass diese Kulturtaxe nicht genutzt wird, um damit neue Impulse für die Stadt zu setzen, sondern um den Haushalt zu konsolidieren. Sie nennen – Herr Kluth hat darauf hingewiesen – bestehende Veranstaltungen. Wir finden im neuen Haushaltsplan-Entwurf beispielsweise den Ausstellungsfonds für die Museen auf null gesetzt, das heißt, man hat das Geld für anderes ausgegeben mit Hinweis auf die Kulturtaxe. 50 Prozent ohnehin nur für die Kultur und dann noch nicht einmal für Neues und Zusätzliches, das ist politischer Betrug an der Hamburger Kultur.

(Beifall bei der CDU und bei Christa Goetsch GAL)

Der dritte Punkt ist, dass wir uns natürlich fragen, wie denn die Einnahmen verteilt werden – nicht durch die Kulturbehörde oder eine Fachjury, sondern durch den Senat, durch den Bürgermeister. In der Drucksache heißt es, er würde aus den Vorschlägen der Fachbehörden auswählen.

(Roland Heintze CDU: Na, toll!)

Damit ist klar, dass der Bürgermeister das fördert, was ihn schmückt. Seine Kultursenatorin darf zwar über die Vollstreckung der verordneten Kürzungen

(Gabi Dobusch)

selbst entscheiden, für Neues vertraut er ihr aber keinen einzigen Cent an.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Die CDU hat bisher allen Anträgen zu- gestimmt beim Sanierungsfonds!)

Wir erleben das doch schon beim Sanierungsfonds. So wird auch die Kulturtaxe offenbar zur SPD-Schatulle für Brot und Spiele. Während im Kulturhaushalt massiv gekürzt wird, wird die Kulturtaxe nicht für die Förderung der Kultur verwendet. Der Kultur in Hamburg stehen harte und traurige Zeiten bevor. Ich finde es an der Zeit, dass sich die Gutwilligen in der Stadt zusammentun, um gegen diese neue Provinzialität und für die Kulturmetropole Hamburg zu kämpfen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei Christa Goetsch GAL und Norbert Hackbusch DIE LINKE – Dr. Andreas Dressel SPD: Und zu seinem rechtswidrigen Entwurf kein Wort!)

Frau Goetsch, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich könnte natürlich sagen, ich schließe mich den Worten meines Vorredners an. Das werde ich zum einen tun, zum anderen jedoch durch das eine oder andere ergänzen.

Einerseits war es sicherlich klug, dass Frau Kisseler gesagt hat, sie warte noch, bis das Bundesverwaltungsgerichtsurteil feststehe,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das war nicht nur klug, das war notwendig!)

sodass wir jetzt in den Beratungen diesen Gesetzentwurf entsprechend anpassen können. Ich muss aber viel Wasser in den Wein gießen. Es ist erstens natürlich keine Bettensteuer; Herr Kluth, darauf komme ich gleich noch zurück. Aber leider ist dieses Gesetz nicht das wert, was es beinhalten sollte.

Ich möchte ein Zitat von Matthias von Hartz, dem scheidenden künstlerischen Leiter des Sommerfestivals auf Kampnagel, anbringen:

"Hamburg ist keine Kulturstadt. Kultur findet statt von Kaufmanns Gnaden. Die ist zwar relativ groß, aber Kultur ist nicht das identitätsstiftende Moment der Stadt."

Leider muss man sagen, dass der Gesetzentwurf dies in der Ausgestaltung 50:50 leider so bestätigt; Herr Wersich hat dazu schon einiges gesagt.

Meine Damen und Herren! Immerhin haben wir seit dem Leipziger Urteil Rechtssicherheit. Herr Dr. Kluth, die Kulturtaxe ist zulässig, die DEHOGA hat nicht recht, und sie kann am 1. Januar 2013 eingeführt werden. Sie liegen vollkommen falsch mit Ihrem Bürokratiemonster. Selbst nach dem Bundes

verwaltungsgerichtsurteil hält sich der bürokratische Aufwand in Grenzen.

(Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Das Bun- desverwaltungsgericht hat genau das Ge- genteil festgestellt!)

Jetzt brüllen Sie doch nicht dazwischen, sondern melden sich noch einmal.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN)

In Köln wurde eine Erstattungsklausel in die Satzung eingebaut, die Hotels müssen die Gäste nur auf die Erstattungsmöglichkeit hinweisen. Geschäftsreisende können dann beim zuständigen Finanzamt um Erstattung bitten.

Andere Daten, die Sie aufgeführt haben, wie Zimmerbelegung, Minibarbenutzung und was auch immer, erheben die Hotels sowieso schon. Bei den automatisierten Verfahren der Hotelbranche ist das Abführen der Kulturtaxe nur noch ein Mausklick, alles Weitere werden wir im Kultur- und Wirtschaftsausschuss beraten.

Sie liegen vor allen Dingen auch falsch mit der Behauptung, dass die Kulturtaxe der Tourismusbranche schade. Wir haben schon mehrfach Weimar angeführt, das trotz der Kulturtaxe steigende Übernachtungszahlen hat. Dies ist in Köln ebenfalls der Fall, im Gegensatz zu Düsseldorf und Bonn, die keine Kulturförderabgabe haben. Die Touristen kümmert die zusätzliche Abgabe überhaupt nicht, im Gegenteil, viele Touristen machen doch Städtereisen gerade wegen der Kultur. Und dass Kultur Geld kostet, wissen die Touristen auch. Ich glaube, dass ein Tourist und eine Touristin lieber bereit sind, Geld für Kultur auszugeben als für versteckte Preiserhöhungen der Tourismusbetriebe durch die Umsatzsteuerermäßigung.

(Beifall bei der GAL)

Der Skandal dieser Taxe liegt nicht in ihrer Erhebung, sondern in ihrer Verwendung. Die SPD hat das Wort "Kulturförderung" aus dem Gesetzestext gestrichen. Hamburg soll jetzt attraktiv werden, wir haben es eben gehört, über alle möglichen Events und Projekte; der Sport soll auch noch etwas davon abbekommen. Die Kultur erhält nur noch ein Almosen statt innovativer Projekte, wie man es sich bei einem Elbekunstfonds vorstellen könnte.

Man muss sich auch einmal das Procedere der Entscheidungsfindung vor Augen führen, das wurde eben schon erwähnt. Für die mickrigen 50 Prozent Kulturanteil soll die Kulturbehörde zwar Verwendungsvorschläge machen dürfen, diese sollen aber dann dem Aufsichtsrat von Hamburg Tourismus zur Beratung vorgelegt werden.

(Anja Hajduk GAL: Wo eigentlich?)

Dort liegt anscheinend die größte Kulturkompetenz der Stadt. Dann gehen die Vorschläge an den Senat und in großer Runde wird entschieden. Das

(Dietrich Wersich)

heißt, der Bürgermeister bekommt einen neuen Spielgeldtopf. Das heißt auch, die fachkompetente Kultursenatorin hat nur ein Vorschlagsrecht, keine Entscheidungsmacht. Und drittens heißt es, für die Kulturszene in Hamburg bleibt kaum etwas übrig. Mit unserer Idee der Kulturförderabgabe hat das überhaupt nichts mehr zu tun.

(Beifall bei der GAL, der CDU und bei Nor- bert Hackbusch DIE LINKE)

Wenn man sich den Haushaltsplan-Entwurf anschaut – ich möchte da einige Beispiele nennen –, dann kann man nur schreien angesichts dessen, was Sie an Kultur kaputtsparen. Da sind Kürzungen durch nicht ausfinanzierte Tarifsteigerungen. Allein die Bücherhallen müssen jedes Jahr 500 000 Euro einsparen. Die Modellregion Kinderund Jugendkultur ist hoch gefährdet, die Geschichtswerkstätten will ich erst gar nicht ansprechen. Dann wird dem Fass auch noch der Boden dadurch ausgeschlagen, dass der Kulturhaushalt neuerdings auch für die Elbphilharmonie 2 Millionen Euro zusätzlich im Betriebshaushalt berappen muss.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Neuerdings? Nein, nein, nein! – Dirk Kienscherf SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Das ist ein gebrochenes Versprechen. Ich könnte das so fortsetzen, es ist katastrophal, ich will gar nicht über das Desaster der Museumsstiftung sprechen.

Meine Damen und Herren! Sie greifen ganz schön die Kultur an wie schon lange nicht mehr. Ich finde, die Kulturschaffenden dürfen sich das in Hamburg nicht bieten lassen.