Protocol of the Session on August 16, 2012

Gleichwohl wissen wir alle, dass es aufgrund der verschiedenen Eigentümer – das ist etwas ande

(Heike Sudmann)

res, als wenn man es mit einem Einkaufscentermanagement zu tun hat –natürlich schwierig ist und dass die heutigen Eingriffsmöglichkeiten sehr begrenzt sind. Frau Sudmann, Punkt 1 Ihres Antrags, die Behörden mögen mal aufschreiben, wie alles viel besser wird, ist natürlich ein bisschen locker heruntergeschrieben. Wir alle wissen, und Sie wissen es insbesondere, denn Sie haben sich in der letzten Legislaturperiode damit befasst, dass die jetzigen Eingriffsmöglichkeiten in der Tat relativ beschränkt sind. Diese Runden Tische müssen die Bezirke starten, dafür sind die Bezirksversammlungen da. Wir alle haben den Bezirken mehr Rechte übertragen, und deswegen hoffen wir, dass es auch von dort kommt.

Das Zweite, und das haben Sie zu Recht angesprochen, ist das Thema Bundesrecht. Was wir hier auf SPD-Seite diskutiert haben, muss auf Bundesebene fortgeführt werden, und zwar, ob wir das Mietrecht im Gewerbe dem Wohnungsmietrecht anpassen müssen und ob es wirklich statthaft ist – aus unserer Sicht ist es das nicht –, dass Mietsteigerungen um mehrere hundert Prozent kommen, wenn Verträge auslaufen. Das mag freiheitlich im Sinne der FDP sein, macht aber Märkte und Quartiere kaputt. Deswegen sind wir der festen Überzeugung, dass wir alle gemeinsam auf Bundesebene dazu beitragen müssen, dass wir uns das Gewerbemietrecht sehr kritisch anschauen und zu einer anderen Regelung kommen; das ist das Gebot der Stunde.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben auch etwas zum Thema Anhörung geschrieben. Im ersten Bezirk, in Sankt Georg, tun wir bereits das, was man tun kann. Es ist wichtig, mit den Menschen zu sprechen, bei den Eigentümern Druck aufzubauen und die Handelskammer und den Einzelhandelsverband mitzunehmen. Bei dem, was wir auf Bundesebene tun müssen, sind wir dabei. Wir werden das gemeinsam im Stadtentwicklungsausschuss diskutieren und beraten, das Thema ist es wert. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Roock.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Verehrte Frau Sudmann, seit rund 25 Jahren – erst im Bezirk, dann in der Bürgerschaft – setze ich mich im Planungsbereich mit dem Strukturwandel im Einzelhandel auseinander. Uns war immer klar, dass von öffentlicher Seite planungsrechtlich kaum Einflussmöglichkeiten bestehen, den Strukturwandel aufzuhalten. Das ist nicht erst seit heute so, Herr Kienscherf, sondern war schon in den vergangenen Jahrzehnten so. Ich erinnere an die Zeit, als Supermarktketten massiv in die Stadtteile drängten und den Nahver

sorgungseinzelhandel an die Wand drückten. Wir haben immer wieder versucht, diesen Prozess aufzuhalten, aber die Möglichkeiten waren doch sehr eingeschränkt. Und deshalb ist es auch nicht richtig, Frau Sudmann, wenn Sie sagen, dass Politik und Verwaltung nicht reagiert hätten. Probleme und Ursachen des Strukturwandels sind weitgehend bekannt und im Wesentlichen auf das Verbraucherverhalten zurückzuführen. Einerseits wird beklagt, dass alteingesessene Geschäfte aufgeben müssen, andererseits wird lieber in Supermärkten und Einkaufszentren eingekauft, weil dort ein breiteres Angebot zu finden ist.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Und weil es billi- ger ist!)

Sie haben selbst darauf hingewiesen, Frau Sudmann, nach Städtebaurecht kann der Eingriff in das Grundeigentum nach der Bauleitplanung auf Basis des Baugesetzbuches allein aus städtebaulichen Gründen erfolgen, und das heißt, der Wettbewerbsaspekt – zum Beispiel die Höhe der Ladenmiete, die Betriebsform et cetera – darf dabei keine Rolle spielen. Ein Schutz vor Konkurrenten kann durch städtebauliche Planung nicht geleistet werden. Dazu gibt es ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2011, welches besagt:

"Ein Mitgliedstaat kann die Eröffnung großer Einzelhandelseinrichtungen nicht von wirtschaftlichen Erwägungen – z. B. den Auswirkungen auf die bestehenden Einzelhandelsgeschäfte oder der Ansiedlung eines Unternehmens auf dem Markt – abhängig machen".

Und auch Paragraph 172 Baugesetzbuch, Teil des besonderen Städtebaurechts, Herr Kienscherf, Erhaltungssatzung, bietet keine Möglichkeit, auf Miethöhen und Betriebsformen im Einzelhandel Einfluss zu nehmen. All das liegt, wie bereits angesprochen, in der Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Hamburg hat keine Möglichkeit, eigene Regeln zu verabschieden. Außerdem halten wir das soziale Mietrecht einschließlich Paragraph 5 Wirtschaftsstrafgesetz nicht für geeignet, inhabergeführte Läden und alteingesessene Familiengeschäfte zu schützen. Ich erinnere an die Diskussion über das Mietrecht im Stadtentwicklungsausschuss. Änderungen im Bundesrecht sind schwierig, langwierig und haben in der Regel sehr wenig Aussicht auf Erfolg. Insofern ist Ihr Antrag zwar gut gemeint, aber wir werden diesem nicht zustimmen. Ich kann nur an Sie appellieren, Vorschläge für konkrete Hamburger Handlungsansätze zu machen. Dann können wir uns darüber gern weiter im Stadtentwicklungsausschuss unterhalten. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

(Dirk Kienscherf)

Das Wort bekommt Herr Duge.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich muss zunächst vorwegschicken, dass ich der LINKEN dafür dankbar bin, dass dieses Thema aufgeworfen worden ist.

(Beifall bei Tim Golke DIE LINKE)

Ich bin auch nicht der Auffassung, dass die Stadt keine Verantwortung dafür hätte, wie die Entwicklung bezüglich der Nahversorgung verläuft, insbesondere bei den kleineren inhaberbetriebenen Geschäften in unseren Stadtteilen. Die Stadt trägt eine große Verantwortung für die Strukturen, wenn sie beispielsweise bestimmte Quartiere durch städteplanerische Maßnahmen aufwertet. Die rechtliche Problematik ist durchaus vorhanden, diese sehe ich auch. Aber das ist kein Grund, Herr Roock, die Hände in den Schoss zu legen, sondern wir müssen mit ein bisschen Gehirnschmalz überlegen, welche Wege wir gehen können. Das Rechtliche ist sicher nicht einfach, aber es gibt vielleicht auch noch andere Möglichkeiten.

Der gesamte Bereich der inhaberbetriebenen Einzelhandelsgeschäfte ist im Wandel und dies zieht sich schon über Jahrzehnte hin; dafür gibt es viele verschiedene Ursachen. Die Stadt muss aber noch mehr überlegen, denn Nahversorgung ist wichtig, insbesondere, was die Grundversorgung betrifft. Wir haben in den letzten Jahrzehnten immer wieder einen Prozess in Hamburg gestärkt, der die Einkaufszentren weiterentwickelt und die kleinen Nahversorgungszentren an der Seite liegengelassen hat. Diese Entwicklung wird sich im Buchhandel sicher noch fortsetzen, insbesondere durch Einkäufe im Internetbereich. Die Frage ist, wie sich das Verbraucherverhalten weiterentwickeln wird. Es gibt also eine Vielzahl von Fragen, die man weiter aufgreifen kann. Wenn dann allerdings noch die Vermieter mit solchen Mietforderungen kommen, dann ist das sicherlich nicht mehr tragbar. Da sind wirklich Grenzen, wo wir überlegen müssen, dieses anders zu regeln, und zwar nicht nur im Sinne der Inhaber selber, sondern im Sinne der Versorgung eines Quartiers mit dem, was fürs Leben und Wohlfühlen in diesem Quartier wichtig ist. Deswegen freue ich mich, dass wir im Ausschuss darüber beraten werden.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Dr. Duwe.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dass ich noch einmal erlebe, dass DIE LINKE ihr Herz für den Kapitalisten um die Ecke entdeckt, ist Wahnsinn.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben ein Problem erkannt, aber dieses existiert schon seit Jahrzehnten, das wurde schon erwähnt. Der Strukturwandel hat diverse Ursachen, und viele dieser alteingesessenen Familienunternehmen arbeiten nur noch bis zur eigenen Pensionsgrenze, weil von den Erben, wenn es überhaupt welche gibt, kaum jemand den Betrieb übernehmen will.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Davon ist doch jetzt gar nicht die Rede!)

Genau davon ist die Rede, das ist ein großer Teil dessen.

Was Sie implizit verlangen, ist eigentlich ein Schutz vor Konkurrenz. Man muss überlegen, ob man ein Recht für eine bestimmte Gruppe in unserem Rechtsstaat einführen will, auch, wenn man das gerne hätte und gute Absichten hat. Diesen Strukturwandel kann man vielleicht verhindern, indem man selbst in diese Geschäfte geht.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Sie können 3000 Euro Mietsteigerung nicht auffangen durch mehr Bücherverkäufe!)

Und wenn Sie ehrlich sind, wer von Ihnen geht denn überhaupt in diese Geschäfte?

(Heike Sudmann DIE LINKE: Halb St. Georg geht dahin!)

Dieses Problem werden Sie nicht lösen können.

(Glocke)

Wenn es Mietpreise gibt, die sich erhöhen, bedeutet das, dass es jemanden gibt, der in diesem Haus ein Geschäft einführen will, dass sich trägt und Kunden anzieht.

(Glocke)

Herr Dr. Duwe, wenn die Klingel ertönt…

Nein, danke.

Aber Sie wissen noch gar nicht, was ich Sie fragen wollte.

Ich gebe nicht vor, dass ich weise bin, aber andere haben sich auch das Recht herausgenommen, Zwischenfragen abzulehnen. Sie können sich hinterher wieder melden.

Da haben Sie mich falsch verstanden, ich hatte nicht einmal die Chance, Sie zu fragen, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen.

Entschuldigung, Sie dürfen natürlich fragen, ganz klar.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Ich will das nicht unendlich fortführen, aber da Frau Sudmann, die eigentlich eine Zwischenfrage an Sie richten wollte, sich mittlerweile hingesetzt hat, weil sie erkannt hat, dass Sie diese nicht zulassen werden, können Sie nun in Ihrer Rede fortfahren.

– Vielen Dank.

Ich wollte damit eigentlich schließen. Das Problem ist erkannt.

Ich finde es gut, dass es Runde Tische gibt.

(André Trepoll CDU: Ich auch!)

Runde Tische sind immer gut, nach einer gewissen Zeit finden sich alle sympathisch. Vielleicht werden auch ab und zu Probleme dabei gelöst. Wenn in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte die Hoffnung besteht, dass man für St. Georg und andere Quartiere vernünftige Lösungen erzielt, dann können wir das machen. Dass wir das im Stadtentwicklungsausschuss noch einmal beraten werden, bedauere ich, aber das kann ich überstehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP – Christiane Schneider DIE LINKE: Da klatscht ja nicht mal die FDP!)

Nun bleibt es dem Hause überlassen zu beurteilen, ob Herr Dr. Duwe Ihren Wortbeitrag, Frau Sudmann, provoziert hat oder nicht, aber Sie haben das Wort.