Wir kommen zu Punkt 93 der Tagesordnung, Drucksache 20/4814, Antrag der FDP-Fraktion: Wege zur Kostensenkung im öffentlich geförderten Wohnungsbau – IBA Ideenwettbewerb.
[Antrag der FDP-Fraktion: Wege zur Kostensenkung im öffentlich geförderten Wohnungsbau – IBA Ideenwettbewerb – Drs 20/4814 –]
Diese Drucksache möchten die Fraktionen der FDP und der LINKEN an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich denke, dass dieser Beitrag weniger kontrovers werden wird und nicht mehr als fünf Redner oder Rednerinnen verbrauchen wird. Wir kennen das Problem, es gibt die Ansage, den öffentlichen Wohnungsbau, insbesondere in Hamburg, zu fördern. Es gibt Probleme, die das ein wenig behindern beziehungsweise erschweren, insbesondere natürlich der Kostenfaktor, der durch diverse Standardvorschriften et cetera verursacht wird.
Unseres Erachtens ist es zumindest eine Möglichkeit, über den Tellerrand hinauszuschauen und auch einmal Menschen zu befragen, wo sie eigentlich noch Potenziale für einen kostengünstigeren öffentlichen Wohnungsbau sehen.
Es gibt zum Teil schon Vorstellungen, Vorschriften oder auch Größen zu verändern. Es ist natürlich so – das möchte ich noch einmal unterstreichen –, dass wir uns in unserer Stadt und vielleicht überall in Deutschland beim Neubau eher an das Äußere klammern, an Vorschriften und Idealvorstellungen und vielleicht etwas aus dem Blick verlieren, dass es auch Kostenfaktoren gibt, die wir einfach so hinnehmen, aber eventuell nicht hinnehmen müssten.
Warum ein Ideenwettbewerb? Es ist wichtig, einmal innezuhalten und jene Leute, die vom Fach sind, zu fragen, ob sie sich vorstellen könnten, einen Neubau in gleicher Qualität, aber zu niedrigeren Kosten zu erstellen. Das kann unter anderem durch veränderte Vorschriften gehen, zum Beispiel bei Stellplatzvorschriften, man kann aber auch überlegen, ob man wirklich jedes Haus unterkellern muss. Es ist nicht immer notwendig, aber oft denkt man nicht daran. Man kann auch beim Material einmal schauen, ob es nicht schon gängige Materialien gibt, die den Bau preiswerter gestalten.
Wir reden gerade bei der Subventionierung im öffentlichen Wohnungsbau über große Summen. Da sind Verbesserungen um 1 oder 2 Prozent auch schon große Summen. Deshalb regen wir diesen Ideenwettbewerb an.
Warum nun die IBA? Es bietet sich an, dies im Rahmen der IBA zu machen, zum Beispiel beim Handlungsfeld "Experimenteller Wohnungsbau" im Metrozonenbereich. Der Kostenfaktor wäre ein idealer Anknüpfungspunkt für so einen Ideenwett
bewerb. Er wird bestimmt nicht so groß sein, um etwas zu verhindern. Ich glaube, dass sich die Ideen, die uns dort vorgestellt werden können, auf jeden Fall refinanzieren werden. Wir sollten diese Chance wirklich nutzen. Wenn man an die IBA im nächsten Jahr denkt, könnte auch "immer bessere Alternativen" für IBA stehen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Duwe, vielen Dank für Ihren leidenschaftlich vorgetragenen Beitrag. Ich hoffe nicht, dass wir gleich fünf Rednerinnen verbrauchen werden, trotzdem will ich aber Ihre Hoffnung ein wenig eintrüben, denn Ihren Antrag werden wir natürlich nicht an den Ausschuss überweisen. Und warum nicht? Ich finde die Sache schon ein wenig lustig. Sie sind im Vergleich zum Antragstext jetzt relativ harmlos geworden. Der Antragstext ist nämlich ganz anders, der ist mehr so, wie man die FDP kennt. Es geht dort darum, dass die Einnahmesituation der armen Investoren in Hamburg eher unbefriedigend ist, dass man am sozialen Wohnungsbau nicht mehr so viel verdienen kann, dass die Neubauzahlen drastisch zurückgehen und auch weiterhin zurückgehen werden.
Es ist aus Sicht der FDP ehrlich, dass Sie das Thema Rendite ganz nach vorne bringen, aber wir Sozialdemokraten stehen eher dafür, Menschen mit mittlerem und niedrigem Einkommen weiterhin in dieser Stadt guten Wohnungsbau zu ermöglichen.
Es ist auch völlig falsch, wenn Sie in Ihrem Antrag schreiben, dass die Wohnungsbauzahlen im öffentlich geförderten Wohnungsbau drastisch zurückgegangen seien. Es ist zwar richtig – da werden mir GAL und auch CDU zustimmen –, dass es in den letzten Jahren unter Schwarz-Grün und insbesondere unter Schwarz so gewesen ist. Aber wenn man sich die aktuellen Zahlen für 2011 ansieht, dann liegen wir bei über 2100 öffentlich geförderten Wohnungen, die in der Förderung und im Neubau sind. Das ist mehr, als das Programm an sich umfasst. Das heißt, der öffentlich geförderte Wohnungsbau in Hamburg ist ein erfolgreicher Wohnungsbau.
Deswegen wollen wir weiterhin einen Wohnungsbau, der qualitativ hochwertig ist. Es hat natürlich auch etwas mit Energiestandards zu tun. Aber es wäre doch vermessen, wenn wir zum Beispiel bei
den Energiestandards jetzt den Fehler machen, diese herunterzusetzen, wohlwissend, dass diejenigen Mieter dies dann in 10 oder 20 Jahren teuer bezahlen müssen. Auch für solche Schichten und Gruppen wollen wir einen Wohnungsbau, bei dem man die Nebenkosten im Griff behalten kann; auch das ist soziale Verantwortung, die wir wahrnehmen.
(Beifall bei der SPD – Jens Kerstan GAL: Da erinnere ich Sie gern mal daran bei Gele- genheit, Herr Kienscherf!)
Deswegen werden wir dem natürlich nicht zustimmen. Woran liegt es denn, dass die Wohnungsbaukosten so dramatisch steigen?
Natürlich sind es auf der einen Seite Standards. Aber wenn man es sich genau ansieht, sind doch die Grundstückspreise einer der Kostentreiber. Wir wissen ganz genau, dass einige Spekulanten am Werk sind, die versuchen, große Gewinne zulasten der Stadt zu machen. Von daher ist es richtig, dass wir auch beim Thema Vergabe öffentlicher Grundstücke weggegangen sind vom Höchstpreisverfahren und dass für uns jetzt die Konzepte zählen.
Einen letzten Punkt finde ich besonders amüsant, das Thema IBA Modellprojekt. Mit der IBA sind wir seit Jahren im Gespräch und da wird etwas entwickelt. Wir wissen doch alle, dass in acht Monaten die Eröffnung ist. Jetzt kommen Sie damit ganz zum Schluss – obwohl Ihnen das damals im Stadtentwicklungsausschuss dargestellt wurde –, obwohl alle Projekte sozusagen im Endspurt sind. Es ist alles ausfinanziert und es gibt gar keine weiteren Mittel. Vor allem sollte man mit demjenigen, dem man etwas Gutes tun will, auch einmal reden. Wenn man bei der IBA anruft und fragt, ob sich die FDP-Fraktion einmal informiert habe oder ihre Vorstellungen vorgetragen habe, dann sind die ganz verwundert. Es sind zwar irgendwelche Liberale in den letzten zwei Wochen aufgeschlagen, aber kein einziger hat den Antrag angesprochen und kein einziger hat irgendetwas von dem Vorhaben erzählt. Wenn Sie das gemacht hätten, dann hätte Ihnen die IBA sicherlich auch erzählt, was sie alles an Modellprojekten hat. Es geht um ressourcenschonenden Einsatz, es geht um kostenstabiles Bauen und viele andere Dinge. Und deswegen ist es ganz gut, wenn Sie erst einmal mit den Menschen sprechen, bevor Sie sie beglücken wollen.
In Hamburg wäre das, was Sie wollen, die falsche Antwort. Wir wollen nicht die Rendite von einigen Investoren erhöhen, sondern wir wollen einen qualitativen, guten Wohnungsbau, der wirtschaftlich tragfähig ist. Das ist das Zeichen der Zeit, das sind die Erfordernisse und dafür stehen wir Sozialdemokraten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Dr. Duwe, Herr Kienscherf hat in vielen Dingen recht. Ich will es allerdings nicht so emotional machen wie er, sondern versuchen, noch ein paar sachliche Argumente zu bringen.
Ihr Antrag geht unserer Auffassung nach in die falsche Richtung, und von daher können Sie auch keine Zustimmung von uns erwarten. Hamburg betreibt seit vielen Jahren qualitativ hohen Mietwohnungsbau, und das ist auch gut so. Die gesetzlichen Standards sind nicht ohne Grund so entwickelt worden und tragen insbesondere zum Klimaschutz und zu nachhaltigem Bauen bei. Eine Billigvariante im Hinblick auf Wohnungsgrößen und Grundrissgestaltung bis hin zum Brandschutz würde weder den Menschen noch den Investoren helfen. Wir wollen keinen Wohnungsbau zweiter Klasse. Ich glaube, das kann auch nicht ernsthaft Ihr Interesse sein. Ein solcher Substandard-Wohnungsbau wäre auch nicht im Interesse der Investoren. Wohnungen sind ein langfristiges Investitionsgut über viele Jahrzehnte, sowohl im frei finanzierten als auch im geförderten Wohnungsbau, auch unter dem Stichwort Nachhaltigkeit.
Hinzu kommt, dass nach Auslaufen der Bindungen im geförderten Mietwohnungsbau die Billigwohnungen schlechtere Vermarktungschancen hätten. Das heißt, dass solche Standardabsenkungen den geförderten Mietwohnungsbau für Investoren unattraktiv machen würden. Herr Kienscherf hat auch darauf hingewiesen, dass die ständig evaluierten und angepassten Programme für den geförderten Mietwohnungsbau seit Jahren überzeichnet sind. Das deutet doch auf eine gewisse Attraktivität der Programme hin, die deshalb von den Investoren auch angenommen werden.
Unsere Kritik zielt eher darauf ab, dass die bestehenden Förderprogramme in der jetzigen Lage – Sie sprechen von 6000 Wohnungen, ich sage, wir brauchen mehr als 6000 Wohnungen – eine Aufstockung erfahren müssen, um die dringend benötigten Wohnungen in den preiswerten Segmenten auch erstellen zu können.
Ich habe in den Haushaltsplan-Entwurf 2013/2014 geschaut, aber von einer Aufstockung ist da nichts zu sehen. Hier muss dringend nachgearbeitet werden. Ich denke, dass aufgrund der Argumente klar geworden ist, dass wir eine Überweisung an den Stadtentwicklungsausschuss nicht mittragen werden. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dr. Duwe, wenn man Ihren Vortrag anhört, dann könnte man zunächst glatt glauben, die FDP habe ihre soziale Ader entdeckt. Aber da müssen wir ein bisschen genauer hinschauen.
Sie wollen geförderten Wohnungsbau weiter voranbringen und attraktiver machen und schlagen einen Ideenwettbewerb im Rahmen der IBA vor. Wenn man sich die einzelnen Punkte anschaut, dann haben Sie einige Vorschläge, die nicht vollständig sind und mehrere Aspekte enthalten, zum Beispiel das Stichwort Mindestanforderungen. Wir können gern über Mindestanforderungen sprechen. Wenn Sie aber Substandards meinen, dann ist der Bogen überzogen, das kann nicht sein. Wir müssen bestimmte Qualitätsstandards halten und nicht nach unten absenken.
Wenn Sie sagen, schnelle und günstige Bauweise sei notwendig, dann kann man über bessere Organisation sprechen, aber nicht dem Pfusch am Bau Vorschub leisten; auch dort ist eine Grenze. Und wenn Sie sagen, wir müssten das energetische Bauen kostengünstiger machen, dann ist auch das richtig, da gibt es eine ganze Reihe von Ansätzen. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die Mehrkosten gegenüber dem EnEV-Standard inzwischen nicht mehr zweistellig, sondern im mittleren einstelligen Bereich sind. Das ist eine Form von Routine, die sich Gott sei Dank langsam auch in der Bauwirtschaft eingefunden hat. Es ist auch eine Folge der besseren Planungen der Architekten, die sich mit dem Umgang energetischen Bauens zunehmend zurechtfinden.
Hier sind noch eine Menge Dinge zu klären. Wenn ich Ihren Antrag einmal sportlich betrachte, dann reißen Sie damit keine Medaille, das ist bestenfalls ein Hoffnungslauf.
Diesen Hoffnungslauf werden wir durch unsere Zustimmung zur Überweisung zum Ausdruck bringen, aber daran ist noch eine ganze Menge zu machen. Vielleicht können Sie Ihre Glaubwürdigkeit etwas deutlicher machen, wenn Sie das Soziale darin noch einmal herausstellen.
Warum wird denn eigentlich im privaten Grundstücksbereich der soziale und geförderte Wohnungsbau nicht in dem Maße vorgenommen? Das liegt doch daran, dass die Renditeerwartungen im freien Wohnungsbau entsprechend überhöht sind. Ich warte auf den Tag, wo Sie einen Antrag stellen, einen Wettbewerb durchzuführen, der die überzogenen Renditeerwartungen in der frei finanzierten Wohnungswirtschaft absenkt.