Protocol of the Session on June 13, 2012

(Beifall bei der FDP)

Sie haben also eine originelle Antwort auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil gegeben, nämlich genau das, was Sie ändern sollten, nicht geändert. Stattdessen haben Sie unsinnige Regelungen fortgeschrieben und noch mehr Bürokratie geschaffen.

Wir haben einen Zusatzantrag gestellt, das wurde schon erwähnt. Es geht dort darum, dass genau diese Ungleichbehandlung von Schank- und Speisewirtschaften beendet wird. Wir bitten daher um Zustimmung, um gerade das zu vermeiden, was ich beschrieben habe.

Meine Damen und Herren! Ich habe wirklich großes Verständnis dafür – Sie wissen, dass ich es auch schon mehrfach getan habe –, bei diesem emotionalen Thema einen möglichst breiten Konsens in der Bürgerschaft und der Politik insgesamt herbeizuführen. Deshalb hat die FDP, wie Sie vielleicht wissen, eine ganze Menge Kröten geschluckt.

(Arno Münster SPD: Zubereitet oder nicht? – Dr. Andreas Dressel SPD: Flambiert?)

Sie erinnern sich, an dieser Stelle habe ich im Februar die ursprüngliche FDP-Meinung dargelegt. Wir sind der Meinung, dass Erwachsene sich einer Gefahr des Passivrauchens aussetzen können. Deshalb war unser Vorschlag, dass Wirte generell frei entscheiden können, ob in ihrem Restaurant geraucht wird oder nicht. Sie müssen nur dafür sorgen, dass Minderjährige keinen Zutritt haben, und es muss ein deutlicher Warnhinweis an der Tür sein. Das war unser ursprünglicher Vorschlag und den finden wir auch immer noch gut.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Kein Bundesland macht das so, wie Sie das sagen!)

Wir waren bereit, selbst Ihre Bürokratie, die ich vorhin bezüglich der Raucherräume beschrieben habe, hinzunehmen. Wir finden es zwar nicht toll, aber wir hätten das hingenommen im Sinne eines Kompromisses und würden es auch immer noch hinnehmen. Aber die SPD sattelt drauf. Sie will auch Spielhallen und die Raumgröße hinzufügen. Da frage ich mich, ob das noch hinnehmbar ist. Man würde möglicherweise dazu kommen, aber eines ist klar: Die Grenze ist für uns erreicht, die Grenze zur Nicht-Hinnehmbarkeit. Eine Ungleichbehandlung von Schank- und Speisewirtschaften akzeptieren wir nicht. Sie ist unsinnig, sie ist unzulässig und sie provoziert Rechtsstreitigkeiten um warme Frikadellen. Das machen wir nicht mit. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Frau Artus.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Sie ist eine unendliche Geschichte und wird hoffentlich mit dem heutigen Tag vorbei sein. Die teilweise kapriolenhafte Auseinandersetzung um das Hamburgische Passivraucherschutzgesetz muss endlich beendet werden.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und der FDP)

Seit ich der Bürgerschaft angehöre und auch schon davor befassen wir uns immer wieder damit. Die Hauptverantwortung dafür tragen CDU und GAL, weil sie damals ein nicht rechtssicheres Gesetz beschlossen haben. Das war wettbewerbsverzerrend,

(Jens Kerstan GAL: Das ist es doch immer noch!)

worauf die Linksfraktion im Übrigen auch stets hingewiesen hat. Das war das Einfallstor für den DEHOGA, seine Mitglieder zu mobilisieren und vor Gericht zu ziehen. Die Gesellschaft hat sich jedoch trotz dieses Feldzugs erstaunlich und weitgehend einvernehmlich gewandelt. Es ist heute nicht mehr normal, überall zu qualmen. Restaurants, Schulen, Betriebe, Wartezimmer auf den Ämtern, Bahnhöfe und Züge sind rauchfrei. Das ist ein ziviler Fortschritt, der einen unschätzbaren gesundheitlichen Wert hat.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das ist den Nichtraucherschutzgesetzen zu verdanken und deswegen ist es wichtig, dass Hamburg endlich wieder eines bekommt, und zwar eines, das rechtssicher ist. Die LINKE ist zu der Auffassung gelangt, dass das Gesetz, dem der Gesundheitsausschuss am 16. Mai zugestimmt hat, rechtssicher ist. Ich finde das insofern bedeutsam und erwähnenswert, weil es wider besseren Wissens unzählige Mythen um das Rauchen und um Nikotin gibt und diese sich durch eine regelrechte Desinformationskampagne seitens interessierter Kreise, vor allem der Tabak-Lobby, immer noch verbreiten können. Das geht bis hin zur Verleugnung von Tatsachen.

Wir brauchen aber auch einen größtmöglichen Jugend- und Beschäftigtenschutz. Deswegen ist es auch sehr wichtig, dass wir die Bundesratsinitiative beschließen, die ich auf der letzten Bürgerschaftssitzung angekündigt habe und die heute auch auf der Tagesordnung steht, die die Ausnahmeregelung für Gastro-Betriebe beim Nichtraucherschutz noch vorsieht. Da stimme ich Frau Fegebank zu, das war auch im Wesentlichen der Punkt II des alten GAL-Antrags. Ich gebe zu, das war eine kleine Schwäche von uns im Ausschuss. Unser Antrag ist

(Dr. Wieland Schinnenburg)

noch ein bisschen konkreter. Ich würde mich freuen, wenn Ihr nachher unserem Antrag auch zustimmen würdet.

Wir wissen zudem leider auch, dass in Deutschland ungefähr 50 Prozent aller Kinder in Haushalten aufwachsen, in denen geraucht wird. Hier kommen wir übrigens auch mit dem Passivraucherschutzgesetz nicht weiter. Hier muss mit Aufklärung und Hilfe angesetzt werden. Ich finde es sehr beruhigend, was die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gestern in ihrer Presseerklärung vermeldet hat: In zehn Jahren ist der Anteil rauchender Jugendlicher, also von 2011 in Bilanz zu 2001, von 28 Prozent auf 11,7 Prozent zurückgegangen, und das ist ein gutes Signal.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Der Fraktion DIE LINKE ist der Beschluss des SPD-Parteitags am letzten Sonnabend natürlich nicht entgangen. Aber die LINKE fühlt sich an Beschlüsse der SPD nicht gebunden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir hatten bereits am 16. Mai unsere Zustimmung zu dem vorgelegten Gesetzentwurf gegeben, auch vor dem Hintergrund, dass es künftig eine ganz konkrete, für circa 10 000 Glücksspielsüchtige in Hamburg sehr wichtige Regelung geben wird. Mit dem heute zu beschließenden Gesetz wird nämlich auch, das haben meine Vorredner zum Teil schon erwähnt, das Rauchen in den vier Hamburger Spielhallen verboten. Hier haben uns Suchtexpertinnen und Suchtexperten – meiner Erinnerung nach war auch der FDP-Abgeordnete, der eben geredet hat, dabei – bei der Anhörung zum Thema vor Kurzem glaubhaft und eindringlich dargestellt, dass jede Unterbrechung an den Spielautomaten hilft, den zerstörerischen Teufelskreis zu durchbrechen. Ohne diesen Zusatz, das sage ich ganz klar, würden wir dem neuen Passivraucherschutzgesetz heute nicht zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wird das neue Gesetz heute beschlossen, gibt es künftig einen umfassenderen Nichtraucherschutz als zuvor. Das möchten wir mit unserer Zustimmung unterstützen.

(Jens Kerstan GAL: Das war jetzt aber eine billige Unterstützung!)

Der Antrag der GAL-Fraktion hat mich heute um 12.55 Uhr per E-Mail erreicht. Er ist identisch mit dem Antrag – wie Frau Fegebank auch sagte – der GAL aus Drucksache 20/3315, der am 21. Februar in die Bürgerschaft eingereicht und an den Gesundheitsausschuss überwiesen wurde. Dort wurde er am 16. Mai angenommen, mit einem geänderten Petitum. Da dieser Antrag also bereits behandelt wurde, nimmt die Fraktion DIE LINKE an einer erneuten Abstimmung nicht teil. – Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD – Zuruf von der CDU: Drückeber- ger!)

Das Wort bekommt Senatorin Prüfer-Storcks.

Meine Damen und Herren! Wenn meine persönliche Strichliste stimmt, dann debattieren wir heute zum dritten Mal über die Novellierung des Passivraucherschutzgesetzes in Hamburg. Normalerweise tragen solche Debatten dazu bei, dass von Plenum zu Plenum die Klarheit, wer wofür steht, zunimmt. Aber ich stelle fest, es geht auch umgekehrt.

(Beifall bei Anja Hajduk und Antje Möller, beide GAL – Heiterkeit bei der SPD, der GAL und der LINKEN)

Ich kann trotzdem der Tatsache, dass das Parlament sich so oft und so intensiv mit diesem Thema befasst hat, natürlich viel abgewinnen, denn niemals in den letzten Monaten hat begleitend so viel über die Schädlichkeit des Rauchens in der Zeitung gestanden. Allein dafür hat sich diese ausführliche Befassung schon gelohnt.

Aber natürlich sollte gewissermaßen der Hauptgewinn dieser Beratungen auch ein deutliches Vorwärts für den Passivraucherschutz in Hamburg sein. Dazu haben wir jetzt zwei Vorschläge auf dem Tisch zur Abstimmung. Und wenn ich mir den Entwurf der SPD-Fraktion ansehe, dann ist klar, dass er nicht das absolute Rauchverbot bringt. Er bringt allerdings ein absolutes Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen außerhalb der Gastronomie, und der Vorschlag führt dazu, dass wir innerhalb der Gastronomie die strengsten Auflagen für Raucherräume bundesweit haben. Das heißt, wir haben ein deutliches Mehr an Passivraucherschutz.

(Beifall bei der SPD)

Mit der entsprechenden Verordnung, die wir als Behörde sehr schnell vorlegen können, werden wir damit in Hamburg die höchsten Anforderungen an Raucherräume bundesweit stellen.

Der Passivraucherschutz funktioniert aber in diesem Sinne auch nur mit dieser Verordnung, denn ansonsten bleibt dieser Schutz theoretisch. Dadurch, dass Sie an einen Raum "Raucherraum" schreiben, haben Sie noch nicht die Nichtraucher außerhalb dieses Raumes geschützt. Messungen des Krebsforschungszentrums stellen fest, dass nach kurzer Zeit die Luft außerhalb des Raucherraums nicht viel anders ist als die innerhalb des Raucherraums. Deshalb sind diese technischen Auflagen keine Bürokratie, sondern sie sind ein ernsthafter Beitrag zum Passivraucherschutz.

(Kersten Artus)

(Beifall bei der SPD und bei Kersten Artus DIE LINKE – Dirk Kienscherf SPD: Richtig!)

Und dass diese Auflagen nicht nur theoretischer Natur wären und auf dem Papier stünden, sondern auch tatsächlich akribisch nachgehalten würden, davon dürfen Sie ausgehen.

Was nun das Thema des absoluten Rauchverbots für Hamburg in öffentlichen Einrichtungen betrifft, stelle ich fest, dass dies heute in diesem Parlament nicht zur Abstimmung steht, denn wir haben keinen entsprechenden Vorschlag auf dem Tisch. Der Vorschlag der GAL-Fraktion läuft nach wie vor darauf hinaus, dass in allen öffentlichen Einrichtungen außerhalb der Gastronomie weitergeraucht werden kann, und das, obwohl das öffentlich – hier und auch im Ausschuss – öfter thematisiert worden ist und Sie sich eigentlich auch zu einer anderen Lösung bekannt haben.

(Antje Möller GAL: Aber wir haben das ja er- klärt!)

Dass Sie aber denselben Entwurf heute wieder vorlegen, lässt aus meiner Sicht nur zwei Schlüsse zu: Entweder war dann die lange Beratungszeit doch nicht lang genug und Sie haben heute hektisch in die Schublade gegriffen und da lag nur der alte Vorschlag, oder Sie wollen nicht wirklich ein absolutes Rauchverbot. Wie auch immer, ich rege an, dass die Verwendung des Begriffs "Murks" im Hinblick auf den SPD-Entwurf vielleicht doch noch einmal überdacht wird von der GAL.

(Beifall bei der SPD)

Zu den verfassungsrechtlichen Bauchschmerzen der FDP-Fraktion: Verfassungsgerichtsurteile zu lesen, ist gut, sie ganz zu Ende lesen, ist besser. Ich glaube, Herr Schinnenburg, Sie haben sich heute in Ihren Ausführungen nicht mit Teilen dieses Parlaments angelegt, sondern direkt mit dem Bundesverfassungsgericht selbst,

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist ja fast verfas- sungsfeindlich!)

denn das, was hier aufgegriffen wird, was durch den Entwurf unverändert bleibt, geht zurück auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts selbst. Und das Verfassungsgericht hat keinen Anlass gesehen, sich selbst zu korrigieren in der Frage der Differenzierung bei den kleinen Eckkneipen zwischen Speisegastronomie und Schankwirtschaften. Ich weiß nicht, ob deshalb das Hamburger Parlament klüger sein muss als das Bundesverfassungsgericht, zumal ich auch nicht davon ausgehe, dass das Bundesverfassungsgericht sich in dieser Frage selbst korrigieren möchte und damit dann auch die Verfassungswidrigkeit von 13 Landesgesetzen in Deutschland feststellen würde, denn das wäre das Ergebnis, wenn man Ihrer Auslegung folgen würde.

(Beifall bei der SPD)

Die Definition der getränkegeprägten Kleingastronomie ist gewissermaßen eine Erfindung des Bundesverfassungsgerichts selbst. Und es hat damit nicht ausdrücken wollen, dass man sich mehr schadet, wenn man zum Rauchen auch noch isst, sondern hier wurde ein Typus von Kleingastronomie gekennzeichnet, in den die Menschen zum Trinken gehen und vielleicht zum Rauchen, aber nicht zum Essen. Deshalb kann das im Gesetz auch Bestand haben.