Protocol of the Session on June 13, 2012

um möglichen Klagen vorzubeugen und entgegenzuwirken und optimalen Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Als zweiten Punkt in unserem Antrag stellen wir noch einmal den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Gaststättengewerbe und in der Gastronomie nach vorn und fordern den Senat auf, sich auf Bundesebene dafür einzu

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

setzen, dass die Ausnahmetatbestände dort zurückgenommen werden. Das ist übrigens etwas, was DIE LINKE auch abgelehnt hat im Ausschuss und heute als eigenen Antrag einbringt. Da bin ich etwas erstaunt gewesen, dass das noch einmal auf die Tagesordnung kommt. In unserem Antrag haben Sie beides: absolutes Rauchverbot in der Gastronomie und den Gesundheitsschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Gastronomie. Das wäre eine gute Lösung. Springen Sie doch über Ihren Schatten, auch Sie, Herr Schäfer. Sie sagen, es gibt keinen Weg zurück. Warum machen Sie dann nicht gleich den Sprung nach vorn und stimmen auch für das absolute Rauchverbot? – Danke.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort bekommt Herr Dr. Schinnenburg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie uns doch einen Moment darüber nachdenken, warum wir dazu gekommen sind, über einen neuen Gesetzentwurf nachzudenken.

(Jens Kerstan GAL: Aber heute mal ernst- haft, Herr Schinnenburg!)

Das Bundesverfassungsgericht hat Teile des derzeitigen Passivraucherschutzgesetzes für verfassungswidrig erklärt, und zwar mit folgender Begründung – ich zitiere –:

"Die […] Unterscheidung zwischen Schankund Speisewirtschaften ist eine Berufsausübungsregelung, die als gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verletzt."

Zitatende, Randziffer 58.

Aus so einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann doch ein seriöser Gesetzgeber nur den Schluss ziehen, dass das Gesetz in Ordnung ist. Wir müssen nur überall die Differenzierung zwischen Schank- und Speisewirtschaften aus dem Gesetz entfernen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Lesen Sie doch mal das ganze Urteil! Das haben Sie immer noch nicht gemacht!)

Nichts anderes kann man doch aus dem Votum des Bundesverfassungsgerichts schließen. Was macht die SPD?

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir lesen das Urteil! Haben Sie das immer noch nicht gele- sen? Ich dachte, das hätten Sie vielleicht heute erst einmal gemacht!)

Herr Dressel, ein kurzer Hinweis: Sie zitieren immer Randziffer 56. Waren Sie bei 57, die Sie offen

bar schon nicht mehr gelesen haben? Ich dagegen habe Randziffer 58 gelesen. Daraus erkennen Sie schon, dass ich das Urteil bis zum Ende gelesen habe und Sie nur bis Randziffer 56. Das ist ein kleiner Unterschied.

(Beifall bei der FDP und bei Robert Heine- mann CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Je- der blamiert sich, wie er kann!)

Was macht nun die SPD aus diesem eigentlich klaren Auftrag des Bundesverfassungsgerichts? Zunächst führt die SPD in ihrem ersten Entwurf einmal mehr Bürokratie bezüglich der Raucherräume ein. Sie müssen auf einmal selbstschließende Türen bekommen. Sie müssen eine Luftschleuse bekommen. Sie müssen ein Messkonzept zur Überprüfung der Lüftungsanlage erhalten. Wir brauchen auch noch einen Unterdruck im Raucherraum. Das kennt man sonst von U-Booten, aber Sie wollen es in Raucherräumen einführen. Ich habe mich, ehrlich gesagt, gewundert, dass Sie nicht die Vorschrift eingeführt haben, dass jeder Gast eine elektronische Absauganlage auf seinem Rücken haben muss. Das haben Sie zwar nicht dabei, es hätte mich aber nicht gewundert.

(Antje Möller GAL: Da hätten Sie ja einen Zusatzantrag machen können!)

Kurz gesagt: Sie haben mehr Bürokratie und vor allem mehr Kosten für die Betreiber von Gaststätten eingeführt. Das war Ihre erste Antwort auf einen klaren Auftrag des Bundesverfassungsgerichts.

Dann fiel Ihnen ein, dass Sie gern die Linkspartei mit ins Boot holen wollten. Das würden die aber nur dann machen, wenn Sie ihnen einen Bonbon geben. Der Bonbon für die Linkspartei ist das absolute Rauchverbot in Spielhallen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das wollen Sie doch eh alles freigeben, Spielhallen! Das ist ja eh Ihr Thema!)

Meine Damen und Herren! Dieses ist zunächst einmal sachlich überhaupt nicht gerechtfertigt. Niemand wird gezwungen, Spielhallen zu betreten. Wir müssen bei Schulen und anderen Einrichtungen selbstverständlich ein absolutes Rauchverbot einführen. Bei Spielhallen verhält es sich nicht so.

Nebenbei bemerkt, liebe Kollegen von der Linkspartei, ich wundere mich schon ein bisschen. Vor wenigen Wochen haben Sie uns noch groß erzählt, dass Spielhallen deshalb gefährlich seien, weil die Gefahr der Spielsucht vergrößert werde. Diesen Gesetzentwurf haben wir mit Ihrer Unterstützung erst einmal vertagt. Jetzt scheint Ihre größte Sorge zu sein, dass Spielhallen die Menschen durch Passivrauchen gefährden – eine ganz merkwürdige Art und Weise der Prioritätenänderung.

(Katharina Fegebank)

(Beifall bei der FDP)

Dann haben Sie auch gesagt, die CDU wollten Sie zumindest teilweise auch mit ins Boot holen, also brauchten Sie auch noch einen Bonbon für die CDU. Da haben Sie gesagt, okay, dann muss der Raucherraum kleiner sein als die übrige Gastfläche.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das steht im gel- tenden Gesetz drin!)

Lieber Herr Dressel, hören Sie doch einfach mal zu. Sie haben doch nun einen ganzen Parteitag Zeit gehabt, sich mit Ihrer Partei auseinanderzusetzen. Dann müssen Sie auch einen Moment zuhören.

Auch diese Vorschrift ist natürlich sachlich nicht gerechtfertigt. Wieso ist der Raucherschutz deshalb größer, weil die Raucherräume kleiner sind? Ich kannte es bisher so: Je größer der Raum, umso mehr verteilt sich der Rauch und je geringer ist die Raucherbelastung.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist so fernab jeder Sachkenntnis!)

Auch hierfür gibt es aus meiner Sicht keine sachliche Rechtfertigung.

Was Sie nicht gemacht haben, ist die Umsetzung des Auftrags des Bundesverfassungsgerichts. Sie haben die Ungleichbehandlung von Schank- und Speisewirtschaften, zumindest in Eckkneipen, beibehalten. Es wird noch ein bisschen schlimmer, denn Sie haben geschrieben, dass Rauchen dann nicht zulässig sei, wenn dort zubereitete Speisen angeboten würden. Das wollen Sie so belassen, also ausgerechnet das, was Sie machen sollten, haben Sie nicht gemacht. Eine Differenzierung zwischen Essen und Trinken ist bei der Rauchbelastung egal. Sie werden doch selbst wissen, dass es in der Rauchbelastung keinen Unterschied macht, ob ich etwas trinke oder esse. Dafür gibt es keine sachliche Rechtfertigung.

Zweiter Punkt: Ich hatte Ihnen oben schon dargelegt, dass das Bundesverfassungsgericht das genauso sieht, es hält dies für verfassungswidrig.

Nun kommt noch ein dritter Punkt. Ich gehe davon aus, Herr Dressel, dass Sie sich noch nie mit der Frage beschäftigt haben, was eigentlich "zubereitete Speisen" bedeuten.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Doch, habe ich!)

Wenn Sie es getan hätten, dann wären Sie auf das gestoßen, was ich Ihnen jetzt leider vorzutragen habe. Zunächst einmal Metzner, Kommentar zum Gaststättengesetz – Zitat –:

"Zubereitung bedeutet, durch eine besondere Behandlung verzehrfertig machen."

Was bedeutet das in einigen konkreten Beispielen? Stellen Sie sich einmal vor, ein Eckkneipen

wirt möchte seinen Gästen Brötchen anbieten. Dazu geht er in die nahe gelegene Bäckerei, kauft Brötchen und legt die auf den Tresen. In dieser Eckkneipe dürfte nach Ihrem Gesetz der Gast neben seinem Bier nicht auch noch ein Brötchen essen, mittags um zwölf Uhr. Der Tag geht voran. Soweit ich weiß, ist in diesen Eckkneipen auch später noch mit Gästeverkehr zu rechnen. Das Brötchen wird zunehmend weicher. Was macht ein treusorgender Betreiber einer Eckkneipe? Er toastet dieses Brötchen auf und siehe da, auf einmal ist dasselbe Brötchen nun zu einer zubereiteten Speise geworden. Das darf er nicht mehr, die Gäste in Eckkneipen müssen die ganze Nacht über mit weichen Brötchen leben. Das kann doch nicht ernsthaft sinnvoll sein.

(Beifall bei der FDP – Jens Kerstan GAL: Brötchen werden hart, nicht weich!)

Ein zweites Beispiel. Wenn Sie einem Getränk ein Pulver zugeben wollen, haben Sie wieder ein Problem.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Was denn für ein Pulver?)

Warten Sie mal ab.

Wenn es um eine Instantsuppe geht und Sie das Pulver für die Instantsuppe hineingeben wollen, dann dürfen Sie das nicht, denn dann bereiten Sie eine Speise zu. Wenn Sie demselben Gast aber Ahoi-Brause für seinen Wodka geben, wäre das keine Zubereitung, also ist das erlaubt. Sie meinen doch nicht im Ernst, dass so etwas sinnvoll ist.

Ein drittes Beispiel. Sie besorgen einen Apfel und legen ihn ungewaschen auf den Tresen Ihrer Eckkneipe.

(Karin Timmermann SPD: Das tut man nicht!)

Sie ahnen es, das ist keine zubereitete Speise, also erlaubt. Aber als treusorgender Gastwirt waschen Sie diesen Apfel natürlich ab. Was tun Sie? Zubereiten und das ist unzulässig. In Eckkneipen müssen künftig ungewaschene Äpfel präsentiert werden, keine gewaschenen, das wäre unzulässig. Sie meinen doch nicht im Ernst, dass das sinnvoll ist.

Ein viertes Beispiel. Der Wirt sagt, er wolle ein bisschen für fleischliche Ernährung sorgen und stellt Frikadellen zur Verfügung. Sie kaufen als Wirt kalte Frikadellen im Supermarkt oder wo auch immer und legen sie hin. Wahrscheinlich – es ist übrigens umstritten – ist es zulässig. Es kommt vielleicht manchmal vor, dass ein Gourmet in die Eckkneipe kommt und sagt, er möchte keine kalte Frikadelle haben, sondern eine warme. Sie ahnen, was passiert: Dieselbe Frikadelle, die eben noch unproblematisch war, wird nun problematisch, weil es jetzt eine zubereitete Speise ist. Sie meinen doch nicht im Ernst, dass das sinnvoll ist.

Sie provozieren mit Ihrem Gesetz Rechtsstreite um warme Frikadellen. Das wollen wir nicht.