Wenn Sie die Debatte so führen und sagen, dass das Wissenschaftszeitvertragsgesetz an allem Schuld sei, dann haben Sie den Kern der Debatte nicht verstanden. Die Begrenzung auf das Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist völlig unzureichend. Ich freue mich, dass Sie Frau Schavan aus dieser Zeit in guter Erinnerung haben, aber das Gesetz hat 2007 die Große Koalition beschlossen.
Das Gesetz regelt den rechtlichen Rahmen zur Befristung. Viele der identifizierten Probleme sind nicht dem Gesetz geschuldet, dass es zum Beispiel recht kurze Befristungen von unter einem Jahr gibt und diese tendenziell zugenommen haben. Nach dem Gesetz könnte man, wie Sie gesagt haben, auf sechs Jahre befristen. Insofern würde ich die Schuld nicht nur beim gesetzlichen Rahmen suchen. Für dauerhafte Stellen stellt das Gesetz überhaupt keine Regelung dar.
Herr Tode, Sie haben einige Punkte genannt, aber was steht in Ihrem Antrag? Man möge das Gesetz auf den Prüfstand stellen. Toll, aber was will die SPD denn genau? Nehmen Sie die genannten Punkte doch in den Antrag auf. Oder hat Ihnen diese die Senatorin schon vorher herausgestrichen? Das finde ich äußerst merkwürdig.
stens seit einem halben Jahr intensiv in den zuständigen Gremien diskutiert. Das Gesetz befindet sich also bereits auf dem Prüfstand. Eine Evaluation liegt bereits vor. Lesen Sie sich diese durch, dort steht schon vieles drin. Das ist zumindest eine Basis für die daraus abzuleitende Veränderung.
Sie haben sich in Ihrem Antrag auch auf den Antrag der SPD-Bundestagsfraktion im Bundestag zu diesem Thema bezogen, welcher sehr interessant ist. Dort steht, dass die Ursache für die personalstrukturelle Entwicklung die fortlaufende Unterfinanzierung der Hochschulen sei. Ihre Bundestagsfraktion arbeitet genau das Dilemma heraus, dass die Länder und insbesondere Hamburg im Moment sehr wenig Mittel in die Grundausstattung der Hochschulen stecken, obwohl der Bund die Mittel seit 2009 massiv ausgeweitet hat. Diese Mittel können aber nur kurzfristig und nicht nachhaltig und dauerhaft eingeplant werden.
Konsequent, wie Ihre Bundestagsfraktion ist, fordert sie lautstark 2500 zusätzliche Professoren, die die Bundesländer bitte liefern sollen, während Ihr Hamburger Senat den finanziellen Ast der Hochschulen absägt. Diese Aufgabenverteilung nimmt Ihnen keiner ab, sie ist völlig unglaubwürdig und hilft am wenigsten dem wissenschaftlichen Nachwuchs an den Hochschulen, Herr Tode.
Wenn man sich den internationalen Vergleich anschaut, wird deutlich, dass unsere Unis definitiv mehr dauerhafte oder unbefristete Stellen brauchen. Sie formulieren schlank, dass die Inhaber auf den befristeten Stellen diese nach einiger Zeit frei machen und auf eine unbefristete Stelle wechseln sollen. Aber wenn ich ein Verhältnis habe von 10 Prozent unbefristeten und 90 Prozent befristeten Stellen, dann ist das rechnerisch nicht so einfach möglich, Herr Tode. Hierfür brauchen die Hochschulen nämlich eine verlässliche finanzielle Grundausstattung.
Sie haben die Hochschulvereinbarung angesprochen. Es ist sehr interessant, dass gerade jetzt – wenn man sich die Diskussion an der Universität anschaut – der finanzielle Rahmen für das Jahr 2013 trotz der Hochschulvereinbarung völlig unklar ist. Es ist doch bezeichnend, wenn die Gremien
der Hochschule die Senatorin schon kurze Zeit, nachdem sie die Hochschulvereinbarung abgeschlossen haben, auffordern, diese auch einzuhalten. Das zeigt, dass das alles nicht stimmt, Herr Tode.
Der Wissenschaftsausschuss, zu dem Sie uns mehrfach herzlich eingeladen haben, hat bereits im April gegen den anfänglichen Widerstand der SPDAbgeordneten beschlossen…
Gegen den anfänglichen Widerstand, was die Basis der Diskussion ist, und dann im Einvernehmen zwischen den Fraktionen haben wir eine Expertenanhörung beschlossen. Ich habe mir das Thema noch einmal angeschaut: Wissenschaftszeitvertragsgesetz und Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses. Es macht Sinn, diese Expertenanhörung durchzuführen, allerdings nur, bevor man Anträge beschließt beziehungsweise bevor man schlechte Anträge beschließt.
Insofern wäre es konsequent, diesen Antrag genauso wie den Antrag der Grünen als Beratungsgrundlage für die Expertenanhörung an den Ausschuss zu überweisen und die Experten nicht erst hinterher zu fragen, wie sie das finden, was vor drei Monaten beschlossen wurde und wo unser Senat bereits an der Umsetzung arbeitet. Das ist unsinnig und deswegen lehnen wir den SPD-Antrag ab, wenn Sie ihn nicht überweisen.
Frau Präsidentin, verehrte Kollegen! Herr Kleibauer, Sie haben schon relativ viel gesagt. Ich will noch einmal bei der SPD-Fraktion anfangen. Im Prinzip ist es begrüßenswert, dass Sie dieses Thema aufgreifen, das wir durch unsere Große Anfrage gesetzt haben. An sich ist es gut und richtig, dass sich die Mehrheitsfraktion dessen annimmt, da die Beschäftigten an den Hochschulen in prekären Verhältnissen leben. Das möchte ich vorausschicken.
Wir kritisieren jedoch Ihren Antrag, und zwar aus genau den Gründen, die Herr Kleibauer genannt hat. Wenn Sie die Zustände an den Hochschulen kritisieren und sagen, dass der wissenschaftliche Nachwuchs unterstützt werden muss, dann können Sie doch nicht allen Ernstes Ihre gesamte Verantwortung nicht wahrnehmen, nur auf den Bund verweisen und diesen auffordern, etwas zu prüfen, was schon längst geprüft ist; das ist doch absurd. Sie fordern in Ihrem zweiten Petitumspunkt, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu evaluieren, aber das ist bereits geschehen. In der Evaluation steht schon alles. Herr Tode, vielleicht haben Sie sich nicht durchsetzen können, aber da sind wir uns doch einig. Genau das, was Sie in Ihrer Rede zwar gesagt, aber nicht in den Antrag geschrieben haben, muss geschehen. Und ich weiß nicht, warum Ihrer Partei und Fraktion das nicht am Herzen liegt. Man muss sich einmal vorstellen, dass der Gesetzgeber im Bereich des wissenschaftlichen Nachwuchses sagt, dass es in diesem Feld keine tarifliche Regelung der Arbeitsverhältnisse geben darf. Das muss verändert werden, das muss doch einer sozialdemokratischen Partei am Herzen liegen, uns jedenfalls liegt es am Herzen. Es ist doch klar, dass es hier keine Tarifsperre geben darf.
Das ist der erste Punkt. Wenn man sich schon an den Bund wendet, dann muss man sagen, dass die Tarifsperre abgeschafft werden muss.
Der zweite Punkt ist die Änderung dieses grundlosen Befristungsverbotes. Warum haben Sie das nicht in Ihren Antrag hineingeschrieben? Offenbar war es eine Art von Placebo, sich an den Bund zu wenden, weil Sie denken, da geht im Augenblick sowieso nichts. Aber Sie nehmen hier vor Ort Ihre Verantwortung nicht wahr, Frau Senatorin, um konkret etwas zu machen.
Herr Tode, Sie haben eben viel davon gesprochen, dass wir nur mehr Geld für die Hochschulen fordern würden, aber nichts Konkretes. Wenn es denn so ist, dass es auf Bundesebene keine Regelung zur tariflichen Gestaltung gibt, dann kann man eine freiwillige Selbstverpflichtung der Hochschulen einführen. Dazu hätten wir in Hamburg die Möglichkeit und das fordern wir in unserem Antrag. Sie lehnen das ab, haben dafür aber keinen Grund genannt.
Es gibt keinen Grund, diese wirklich sehr konkreten Handlungsanweisungen oder -aufforderungen, die wir an den Senat stellen, abzulehnen. Sie ducken sich weg, wenn Sie uns sagen, dass wir nur mehr Geld für die Hochschulen fordern würden. Wenn Sie sich den Wirtschaftsplan einer Hochschule anschauen, dann wissen Sie genauso gut wie ich, dass rund 80 Prozent des Budgets die
Personalkosten ausmachen. Der Grund, weshalb es ausbeuterische Löhne gibt, ist doch die knappe Budgetsituation an den Hochschulen. Diesen Zusammenhang werden Sie doch auch nicht leugnen.
Herr Kleibauer hat darauf hingewiesen, dass die Gremien der Hochschulen den Senat bitten, sich an die Verabredung zu halten. Es war etwas anderes verabredet als das, was jetzt im Haushaltsplan erwartet wird. Die Gremien der Hochschulen bestätigen unsere Vermutung, dass gespart wird und dass weniger Geld in die Hochschulen fließt. Das kann man natürlich nur bei der Entlohnung beziehungsweise der Kündigung des Personals umsetzen, und welches Personal kann man rausschmeißen? Das sind eben nicht die W3-Professoren, sondern der akademische Mittelbau. Sparen und Nichtausstatten der Hochschulen mit adäquaten Mitteln bedeutet, dass die prekäre Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses an den Hochschulen weiter gestützt wird, nicht abgebaut. Deshalb ist unsere Forderung sehr berechtigt.
Wir wissen nicht, was Sie damit meinen. Ich habe bei Kollegen und auch der GEW nachgefragt und alle waren ratlos. Auch Ihr Beitrag hat nicht viel zur Erhellung beigetragen. Wir werden uns in diesem Punkt enthalten, denn was man nicht versteht, das lehnt man auch nicht ab. Vielleicht haben Sie möglicherweise etwas Sinnvolles damit gemeint.
Sie tun sich keinen Gefallen damit, Ihren Antrag zu überweisen und unseren abzulehnen. Ihr Beitrag zur Lösung des Problems stellt ein Placebo dar. Wenn man wirklich etwas an der Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses verändern will, dann sollte man zumindest an die Selbstverpflichtung der Hochschulen rangehen.