Protocol of the Session on May 10, 2012

Zweiter Grund. Ein erheblicher Teil des auf diese Weise eingenommenen Geldes wird natürlich wieder für Verwaltung ausgegeben. Ein Großteil des Geldes fällt also von vornherein weg, wir blähen nur die Verwaltung auf.

Dritter und vielleicht wichtigster Grund ist, dass durch das Entgelt Autofahrer abgeschreckt werden und nicht mit Bus und Bahn fahren, sondern doch wieder mit dem Auto in die Stadt – mehr Staus, mehr Abgase.

Meine Damen und Herren! Ein Entgelt für P+RParkplätze ist wirtschaftlich unsinnig und eine ökologische Katastrophe.

(Beifall bei der FDP)

Der Senat beruft sich in seiner Antwort auf einen Vorschlag des Rechnungshofs – wörtliches Zitat –:

"Auslöser hierfür ist unter anderem eine Forderung des hamburgischen Rechnungshofes aus dem Jahr 2007."

So wörtlich der Senat. Schauen wir uns doch einmal an, was der Rechnungshof wirklich gesagt hat – ich zitiere –:

"Die Prüfung sollte berücksichtigen, wie sich Entgelte auf den Nutzungsgrad als P+R-Anlagen auswirken und in welcher Höhe Verwaltungs-/Betriebskosten für die Entgelter

hebung und Kontrollmaßnahmen möglichen Einnahmen […] gegenüberstehen würden."

Der Rechnungshof wusste ganz genau, wo die Probleme liegen. Es ist bestenfalls eine Gedankenanregung, aber mit Sicherheit keine Rechtfertigung für die Erhebung von Entgelten für P+R-Parkplätze.

(Beifall bei der FDP)

Es bleibt dabei, Entgelte für P+R-Parkplätze sind unsinnig. Wenn man die Antwort des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage weiter liest, findet man noch mehr Unsinn. Es wird – Zitat –

"empfohlen, vier Anlagen […] zukünftig nicht mehr als P+R-Anlagen auszuweisen."

Das ist dann nicht grundsätzlich verkehrt, wenn diese Anlagen vom Bürger nicht angenommen werden. In dem Fall kann man natürlich darüber nachdenken, sie nicht mehr als solche zu nutzen. Aber schauen wir uns die Zahlen aus Drucksache 20/2070 zu den Auslastungen der vier Anlagen, die geschlossen werden sollen, an: Barmbek 109 Prozent Auslastung, Berliner Tor 104 Prozent, Dehnhaide 103 Prozent und Hasselbrook 100 Prozent. Die vier P+R-Anlagen, die der Senat möglicherweise schließen will, werden mit am Besten von allen P+R-Anlagen ausgenutzt. Die zu schließen ist ein Schildbürgerstreich.

(Beifall bei der FDP)

Wir brauchen kostenlose P+R-Parkplätze und keine Schließung von gut genutzten P+R-Anlagen. Wir müssen attraktive Angebote für Autofahrer schaffen, sonst werden die Autofahrer anstatt Park-and-Ride wieder Car-and-Drive bevorzugen, und das wollen wir doch alle nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Walter Scheuerl CDU)

Das Wort hat nun Frau Koeppen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im November vergangenen Jahres hatte die SPD-Fraktion einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, mit dem wir den Senat aufgefordert haben, die Situation der P+R-Parkplätze in Hamburg neu zu ordnen, einheitliche Standards zu schaffen und ein Entwicklungskonzept zu erstellen. Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen, leider gegen die Stimmen der FDP. Nun ist der erste Vorabzug dieses Entwicklungskonzepts verschickt worden, und wie bei jeder Veränderung, wo Staub aufgewirbelt wird, fängt irgendjemand an zu husten.

(Beifall bei der SPD und der FDP – Zurufe von der CDU: Oh!)

In einer Schriftlichen Kleinen Anfrage hat Herr Dr. Schinnenburg nun festgestellt, dass die P+R Betriebsgesellschaft mbH ein Park-and-RideEntwicklungskonzept erstellt hat, das erstaunliche Pläne enthält. Herr Dr. Schinnenburg, das Entwicklungskonzept enthält erstaunliche Pläne und zeigt auf, wie sich die P+R-Anlagen in Hamburg in den nächsten Jahren entwickeln könnten. Ein Konzept ist aber auch nur ein Denkmodell, und dieses Modell nun auf die vorgeschlagene Entgelterhöhung zu reduzieren, wird dem Konzept nicht gerecht.

(Beifall bei der SPD)

Seit 1993 pendelt die Anzahl der P+R-Stellplätze in Hamburg zwischen 8700 und 9600 Plätzen, wobei die durchschnittliche Auslastung bei 81 Prozent liegt. Wir sollten in der Bürgerschaft eigentlich Einigkeit darüber herstellen können, in Hamburg ein attraktives P+R-System anzubieten, die P+R-Anlagen dementsprechend zukunftsgerecht auszubauen, einheitliche Sicherheitsstandards vorzuhalten und neue Nutzungsformen, wie zum Beispiel Bikeand-Ride, StadtRAD und andere Mobilitätskonzepte zu berücksichtigen. All diese Punkte werden in dem neuen Konzept nämlich berücksichtigt.

(Beifall bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Hervorragend!)

Außerdem wurde festgestellt, dass in allen Hamburger Stadträumen erheblicher Handlungsbedarf besteht, sowohl kurz-, mittel- als auch langfristig. Als Beispiel seien nur die Planungen der S 4 oder die Elektrifizierung der AKN-Strecke nach Kaltenkirchen genannt. Dieser erhöhte Bedarf in den kommenden Jahren dürfte ebenfalls unstrittig sein. Bis jetzt wurden die P+R-Anlagen ausschließlich aus den Einnahmen durch die Stellplatzabgabe finanziert. Um den Ausbau weiter vorantreiben zu können, werden diese Einnahmen aber in Zukunft nicht ausreichen, und daher muss damit gerechnet werden, dass ab dem Jahr 2015 die Einrichtung eines P+R-Titels im Hamburger Haushalt erforderlich wird. Im Konzept werden dazu genaue Zahlen genannt. So kostet die Herstellung eines ebenerdigen Stellplatzes circa 3500 Euro und in einem mehrgeschossigen Parkhaus 17 000 Euro. Aber auch die Unterhaltung der Anlagen ist nicht zum Nulltarif zu haben. Mindestens 250 Euro pro Stellplatz werden jährlich dafür angesetzt. Auf Grundlage der vorhandenen 9600 Plätze ergeben sich Unterhaltungskosten von 2,3 Millionen Euro jährlich. Die Einnahmen aus der Stellplatzabgabe betrugen 2011 aber nur 1,5 Millionen Euro. Das heißt, die nicht gedeckten Ausgaben müssen im Rahmen eines Defizitausgleichs von der HGV getragen werden.

Die Überlegungen eines Entgelts sind nicht neu. Wie von Herrn Dr. Schinnenburg schon angesprochen, gab es im Rechnungshofbericht 2007 einen Hinweis dazu. Auch im P+R-Entwicklungskonzept für die Metropolregion aus dem Jahr 2010 wird

(Dr. Wieland Schinnenburg)

festgestellt, dass der prinzipiell kostenlose Zugang zu P+R als wünschenswert anzusehen ist, aber eine Gebührenpflicht die Schaffung von P+R-Parkplätzen erst ermöglicht. Wie ich schon am Anfang meiner Rede gesagt habe, ist ein Konzept ein Modell ohne Denkverbote und wirbelt Staub auf. Wir sollten jetzt nicht in einen kollektiven Hustenanfall verfallen, sondern ernsthaft über die Ideen und Vorschläge des Konzepts diskutieren und gemeinsam nachdenken, wie wir die P+R-Anlagen in Hamburg zukunftsgerecht weiterentwickeln können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Hesse.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Auftritte von Herrn Schinnenburg sind als humoristisch bekannt. Auch heute sind Sie Ihrem Ruf gerecht geworden, aber ich muss leider sagen, dass ich heute eher auf der Seite von Frau Koeppen stehe.

(Jens Kerstan GAL: Huch!)

Ich frage mich nach Ihrem Beitrag schon, ob Sie die SPD eigentlich für dumm verkaufen wollen. Trauen Sie ihr wirklich zu, dass sie P+R-Gebühren erhebt? Ich glaube das nicht. Selbst bei der blinden Verkehrspolitik, die wir teilweise von der SPD kennen, so dumm, P+R-Gebühren zu erheben, können auch Sozialdemokraten nicht sein.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP – Jens Kerstan GAL: Wo kommt denn der Optimismus her?)

Ich möchte Ihnen auch erklären, warum das so ist.

(Glocke)

Denken Sie an den parlamentarischen Sprachgebrauch, bitte.

– Ach so, da war etwas.

Ich möchte Ihnen gern ein paar Beispiele nennen, warum ich diesbezüglich optimistisch bin. Aus dem Bereich Langenhorn-Fuhlsbüttel haben wir glücklicherweise einige Abgeordnete in der Bürgerschaft: Herr Ritter, Herr Bläsing, Frau Martin, Frau Fegebank für den Wahlkreis, Herr Eisold, Frau Rugbarth, Frau Sudmann; ich hoffe, dass ich niemanden vergessen habe. Über alle Fraktionen hinweg ist hier bürgerschaftliche Kompetenz vorhanden und man sollte meinen, dass diese Abgeordneten sich mit den Örtlichkeiten auskennen. Schauen wir uns die Schriftliche Kleine Anfrage von Herrn Schinnenburg doch einmal kurz an. Nehmen wir den P+R-Parkplatz Ohlsdorf, 252 Plätze, Ausnut

zung 83 Prozent. Was passiert, wenn wir dort Gebühren nehmen? Ich kann es Ihnen sagen, genau das, was wir jetzt schon in diesem Bereich erleben, seit es die Flughafen-S-Bahn gibt. Die Autos werden nicht mehr auf diesen Parkplätzen parken, sie werden in das Umfeld ausweichen, sie werden in Anwohnergebieten abgestellt, wo sie kostenfrei parken und somit den Druck in diesem Bereich weiter erhöhen. Also wäre es für Ohlsdorf und den P+R-Parkplatz geradezu desaströs, wenn wir dort Gebühren erheben würden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Nächstes Beispiel, Langenhorner Markt, der liegt auch in unserem Wahlkreis: 441 Plätze, nach Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage von Herrn Schinnenburg 46 Prozent Auslastung. Wir wissen alle, der Langenhorner Markt als Zentrum braucht kostenfreie Parkplätze. Was passiert bei einer Auslastung von 46 Prozent, wenn wir auch noch Gebühren erheben? Dann werden es vielleicht noch 20 Prozent sein, und der Rest wird sich schön um den Langenhorner Markt herum, wo es sowieso wenig Parkraum gibt, andere Parkplätze suchen und das P+R-Parkhaus wird leer stehen, was für das Einkaufszentrum Langenhorner Markt eine Katastrophe wäre. So unintelligent kann die SPD gar nicht sein.

Langenhorn Nord: 101 Plätze, Ausnutzung 99 Prozent. Was passiert am Langenhorner Nordbahnhof – wir kennen alle die Situation –, wenn wir dort Parkgebühren erheben? Abgesehen davon kann ich mir nicht vorstellen, wie das bei den räumlichen Gegebenheiten dort funktionieren soll. Um den Bahnhof herum gibt es auch genügend Wohnstraßen.

(Dirk Kienscherf SPD: Da sind überall Wohnstraßen drumherum!)

Es wird niemand mehr sein Auto auf diesen Parkplätzen abstellen, sondern im Umfeld. Schöne Grüße an die Genossinnen und Genossen, die dort wohnen. Die werden das bei der nächsten Wahl der SPD sicher danken. Bahnhof Kiwittsmoor: 310 Plätze, Auslastung 97 Prozent. Das ist ein gutes Beispiel für ein gelungenes P+R-Angebot – Herr Schinnenburg, da sind wir tatsächlich zusammen. Nach Kiwittsmoor kommen die Schleswig-Holsteiner und fahren mit der U-Bahn weiter; genauso wollen wir das. Hier P+R-Gebühren zu erheben würde im Zweifelsfall dazu führen, dass sie sagen, was soll der Quatsch und durchfahren.

Insofern ist es totaler Quatsch, eine Diskussion über P+R-Gebühren zu führen. Liebe Sozialdemokraten, das traue ich Ihnen nicht zu. Soviel Mut, das umzusetzen und eine solch desaströse Verkehrspolitik zu machen, haben auch Sie nicht.

(Heiterkeit bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Dann können wir am Kiwittsmoor mal (Martina Koeppen)

eben 200 Plätze zusätzlich bauen! – Jens Kerstan GAL: Das hört sich nach großer Koalition an!)

Schaffen Sie mehr Angebote für P+R, da haben Sie sicher alle auf Ihrer Seite. Es gibt kein fachliches Argument für Parkgebühren bei P+R-Anlagen. Insofern sehen wir, lieber Kollege Schinnenburg, Ihre heutige Anmeldung als einen untauglichen Versuch, die SPD für dumm zu verkaufen und das Fehlen von Kompetenz und eigenen Themen in der Verkehrspolitik zu kaschieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)