Protocol of the Session on May 10, 2012

(Zuruf von der SPD: Das ist aber schade!)

Liebe Kollegen, das ist natürlich schade. Leider haben Sie ein wenig Angst vor diesem Thema und überweisen es nicht an den Ausschuss, aber wir werden es ein anderes Mal wieder ins Plenum einbringen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Abaci.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hamburg wurde und wird stark durch Zuwanderung geprägt. Im Jahre 2012 war etwa ein Drittel der Menschen mit Migrationshintergrund, und fast jedes zweite Kind hat einen sogenannten Migrationshintergrund. Gleichzeitig ist diese Gruppe sehr heterogen, viele leben schon in der zweiten und dritten Generation in Hamburg und sind hier geboren. Andere sind neu zugewandert und bringen Qualifikation und Berufserfahrung aus ihrem Herkunftsland mit. Diese Vielfalt ist unsere Stärke und unser Potenzial für die Zukunft.

(Beifall bei der SPD, vereinzelt bei der GAL und der LINKEN)

Trotz des immer schon hohen Anteils an migrantischer Bevölkerung wurde erst im Dezember 2006 das erste Handlungskonzept Integration für Zuwanderer beschlossen. Dieses Konzept hat der damalige Senat erst nach langem Drängen vorgelegt und darin dargestellt, wie er den wachsenden Anforderungen einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft begegnen wollte. Auch wenn dieses Konzept wesentliche Impulse für die Integrationspolitik

(Nikolaus Haufler)

in Hamburg gesetzt hat, war es dennoch nicht ausreichend durchdacht. Kritisiert wurde von vielen Seiten die Unverbindlichkeit und mangelnde Konkretheit der vorgeschlagenen Maßnahmen. Zuletzt hat der Hamburger Rechnungshof Kritik daran geübt, dass diese Maßnahmen des Konzepts nicht ausreichend begründet, operationalisiert und überprüfbar gewesen seien. Außerdem wurden diese Maßnahmen nicht evaluiert. Die Migrantenorganisationen beklagten die durchgängige Defizitorientierung des Konzepts und die mangelhafte Ausrichtung an der Gesamtbevölkerung Hamburgs.

(Ksenija Bekeris SPD: Das wollen wir nicht!)

Meine Damen und Herren! Der SPD-Bürgerschaftsfraktion liegt daran, dass Chancengleichheit für alle Hamburgerinnen und Hamburger über soziale Grenzen und unterschiedliche Herkunft hinaus Wirklichkeit wird.

(Beifall bei der SPD)

Diese Politik der vergangenen Jahrzehnte hat es durch spätes, unverbindliches Handeln versäumt, Integrationshemmnisse abzubauen. Wir streben daher eine Neuausrichtung der Integrationspolitik in der Stadt an.

(Beifall bei der SPD)

Mit der Neuausrichtung und Stärkung des Hamburger Integrationsbeirats und der erfolgreichen Einbürgerungskampagne des Ersten Bürgermeisters hat der SPD-Senat bereits erste Zeichen gesetzt.

(Beifall bei der SPD)

Wir machen uns stark auf der Bundesebene für die Abschaffung des Optionszwangs. Wir plädieren für eine große Akzeptanz für die doppelte Staatsbürgerschaft. Wir machen uns stark für interkulturelle Kompetenzen in den Gesundheitsversorgungsstrukturen. Wir machen uns stark für ein Bleiberecht für ausländische Studierende, die in Hamburg und in Deutschland studieren.

(Mehmet Yildiz DIE LINKE: Nennen Sie ein paar Beispiele!)

Wir wollen die Flüchtlinge in das Konzept einbeziehen.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen ein Gefühl aller Hamburgerinnen und Hamburger für dieses Thema entwickeln, denn gegenseitiger Respekt und gleichberechtigte Teilhabe sind die Grundlagen der Integration. Das neue Integrationskonzept wird auch Schwerpunkte in zentralen Bereichen setzen wie Bildung, Sprachförderung, Ausbildung und Arbeitsmarkt.

(Beifall bei der SPD)

Im Bereich der Bildung und Ausbildung sind durch bereits eingeleitete Maßnahmen bei der frühkindlichen Bildung, der Schulpolitik und der Sprachför

derung erste, wichtige Weichenstellungen vorgenommen worden. Diese Maßnahmen kommen auch Kindern mit Migrationshintergrund zugute. Es ist unverantwortlich, in diesem Zusammenhang Anreize dafür zu geben, dass Kinder nicht in Kindertagesstätten gehen. Das ist integrationspolitischer Unsinn und Irrsinn. Deshalb darf ein Betreuungsgeld nicht kommen.

(Beifall bei der SPD)

Zur Verbesserung der Teilhabe an Arbeit sind Anstrengungen im Bildungswesen beim Übergang von der Schule in den Beruf in den Jobcentern bei der Sprachförderung weiter auszubauen. Wenn Integration gelingen soll, dann hat die Versorgung der zugewanderten Bevölkerung auch mit angemessenem und bezahlbarem Wohnraum einen hohen Stellenwert. Daher ist die Wohnungsbauoffensive des Senats auch Teil der Integrationspolitik.

(Beifall bei der SPD)

Unsere Politik muss post-integrativ sein. Sie muss abheben auf eine interkulturelle Öffnung der Institutionen, auf die Herstellung dessen, was der Schriftsteller Breyten Breytenbach einmal als Infrastrukturen des Verknüpfens bezeichnet hat. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Haufler, ich möchte Ihnen einen Satz sagen über die Mittelschicht, die von der Veddel und aus anderen Stadtteilen wegzieht. Das betrifft doch alle Menschen, mit oder ohne Migrationshintergrund, wenn sie etwas mehr verdienen. Dann wollen sie auch ihre Kinder in bessere Schulen schicken. Diese Dynamik findet in allen Stadtteilen statt und in allen sozial benachteiligten Stadtteilen, egal, welche Herkunft die Menschen haben.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Sie reden vom Aufstieg der Tüchtigen, Sie wollen nur die Tüchtigen fördern. Aber die Menschen werden alle tüchtig, wenn sie passgenaue Angebote und die richtige Förderung erhalten.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN)

Die SPD macht sich angeblich stark für ausländische Studierende, darüber kann ich nur lachen. Gerade in den letzten Tagen stand in der Presse, dass eine Türkin abgeschoben werden soll, weil sie ihr Regelzeitstudium in der Universität überschritten hat, da sie nebenbei arbeiten und ihren Lebensunterhalt verdienen musste. Jetzt wollen Sie sie abschieben, das ist wohl Ihr Fachkräftekonzept.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN – Zuruf von der SPD: Das ist kein Landesrecht!)

(Kazim Abaci)

Wenn heute dieses Thema als letzter TOP behandelt wird, dann ist das auch ein Zeichen dafür, welchen Stellenwert Integration für die SPD hat.

(Zurufe von der SPD – Glocke)

Gute Integrationspolitik setzt die Förderung gleichberechtigter Teilhabe in allen Bereichen der Gesellschaft voraus. Das gilt auch für alle Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Das Zusammenleben in einer Gesellschaft und die Gestaltung der Vielfalt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe auf gleicher Augenhöhe.

Etwa ein Drittel der Hamburgerinnen und Hamburger haben einen Migrationshintergrund, fast jedes zweite Kind in der Grundschule ebenso. Das wurde schon von der SPD erläutert, dazu will ich nicht mehr viel sagen. Aber das ist auch für eine Metropole, für eine Stadt, die sich das Tor zur Welt nennt, eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei der GAL)

Das sollte sich jedoch in allen Bereichen unserer Gesellschaft widerspiegeln, dafür sind solche Konzepte auch richtig.

Das Hamburger Handlungskonzept zur Integration von Zuwanderern, das im Jahr 2007 erschien, hat die Schwerpunkte bei Sprachförderung, Bildung und Ausbildung und bei der Arbeitsmarktpolitik gesetzt.

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Mein Eindruck ist, dass die Drucksache und der Beitrag unserer Kollegin nicht bei allen die volle Aufmerksamkeit findet. Es wäre schön, wenn Sie Ihre Gespräche etwas gedämpfter fortführen könnten oder sonst nach draußen gehen.

(Gerhard Lein SPD: Eine gewisse Aufregung ist angebracht!)

Das Konzept war zum großen Teil erfolgreich, das sehen wir auch an den Antworten in der Drucksache. Insbesondere in den Bereichen Sprache, Bildung und Ausbildung wurde das Konzept mit vielen erfolgreichen Kampagnen begleitet und die Zielquoten auch überwiegend erreicht.

Die GAL hat von Anfang an bemängelt, dass die Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus kein Teil dieses Konzepts waren. Einen Teil der Gesellschaft aus dem Konzept auszuschließen, war und ist ein großer Fehler. Die SPD will jetzt diesen Fehler angeblich korrigieren, macht dabei aber einen weiteren Fehler. In dem sogenannten 18-Eckpunkte-Papier, das Sie vorgestern präsentiert haben, steht kein Wort über die Menschen ohne Papiere. Sie sollten noch einmal nachlesen, was das heißt.

(Ksenija Bekeris SPD: Frau Demirel, jetzt werden Sie mal nicht unverschämt!)

In den letzten Jahren wurden in Hamburg bessere Rahmenbedingungen geschaffen. So können Flüchtlinge an Deutschkursen teilnehmen, und es werden auch Ausbildungsplätze für junge Flüchtlinge angeboten. Das ist natürlich alles ausbaufähig. Insbesondere die Anerkennung der ausländischen Abschlüsse, unabhängig vom Aufenthaltsstatus, wird zur beruflichen Integration beitragen.

Das alte Konzept war nicht statisch gedacht, sondern wurde durch zahlreiche Anträge ergänzt und erweitert: die interkulturelle Öffnung der Verwaltung, das Hamburg Welcome Center, die "Zentrale Anlaufstelle Anerkennung" mit dem Stipendienprogramm, die Beratungsstelle zur Bekämpfung von Zwangsverheiratungen und häuslicher Gewalt, die Clearingstelle für Menschen ohne Papiere, Einbürgerungskampagnen et cetera. Auch im Gesundheitsbereich ist ein neues Denken in Richtung interkulturelle Pflege eingetreten. Das sind alles erfolgreiche Projekte, die ausbaufähig sind. Hamburg hat große Schritte gemacht in den letzten Jahren. Bei der Anerkennung der ausländischen Abschlüsse und dem Stipendienprogramm ist Hamburg sogar bundesweiter Vorreiter.