Protocol of the Session on May 9, 2012

Aktuellen Stunde

Dazu sind fünf Themen angemeldet worden, und zwar von der CDU-Fraktion

Krupps & Tschentschers Schulbau-Verhinderungsprogramm: Container statt Paläste, Bewirtschaftung statt Pädagogik

von der GAL-Fraktion

Kinder- und jugendfeindliche Senatspolitik – Revolte in den Bezirken

von der FDP-Fraktion

P+R-Plätze müssen kostenlos bleiben!

von der Fraktion DIE LINKE

Arbeitsstress macht krank, psychische Belastungen nehmen dramatisch zu – was tut Hamburg für den betrieblichen Gesundheitsschutz?

und von der SPD-Fraktion

Wahl in Schleswig-Holstein: Gute Perspektiven für eine weiter gute Kooperation im Norden

Ich rufe das erste Thema auf. Herr Heinemann hat das Wort gewünscht und er bekommt es.

Frau Präsidentin, meine Herren und Damen! Vor der Wahl hat Olaf Scholz versprochen, dass Hamburgs Schulen zu Palästen werden.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig!)

Jetzt werden sie leider zu Containerburgen.

(Beifall bei der CDU)

465 Container werden im August auf Hamburgs Schulhöfen stehen und dort Platz zum Spielen wegnehmen. Natürlich braucht man vorübergehend Container, wenn man Schulen modernisieren oder erneuern möchte. Aber das will der Senat gar nicht. Er hat längst gemerkt, dass er nach den teuren Wahlversprechen, nach Hapag-Lloyd und dem, was heute beschlossen werden soll, nicht auch noch Geld für den Schulbau hat. Deshalb steht er beim Schulbau mit aller Macht auf der Bremse.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GAL – Dirk Kienscherf SPD: So ein Blödsinn!)

Eine erste Atempause hat ihm der Schulentwicklungsplan verschafft. Zehn Monate lang konnte der Senat darauf verweisen, dass größere Maßnahmen leider erst möglich sind, wenn der Schulentwicklungsplan fertig ist. Und statt 234 Schulbaumaßnahmen, wie noch im April 2011 angekündigt, wurden im letzten Jahr 26 fertig. Das sind immerhin 11 Prozent, herzlichen Glückwunsch.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Auch die Fertigstellung des Schulbauentwicklungsplans verzögerte sich. Aber im Frühjahr 2012 sollte es nun wirklich losgehen mit dem Palastbau. Für den März hatte der Schulsenator eine Prioritätenliste zugesagt. In den Schulen waren alle sehr gespannt, wann die versprochenen Baumaßnahmen denn nun endlich beginnen. Aber die Herren Krupp und Tschentscher hatten vorgesorgt, sie waren schlau. Kaum war der Schulentwicklungsplan fertig, stellten sie erst einmal den Schulbau insgesamt infrage. Muss man überhaupt bauen und wenn ja, so viel? Kann man das nicht auch ganz anders organisieren? Und bis diese Fragen geklärt sind, passiert zunächst einmal – Sie ahnen es schon – gar nichts.

Der Senat versteckt das hinter der netten Formulierung, dass eine Überplanung erforderlich sei. Krupp und Tschentscher haben aber das Ziel, dass auch danach möglichst wenig passiert. Und es hat auch nicht etwa, wie man annehmen könnte, die Schulbehörde Überlegungen angestellt, wie der Schulbau optimiert werden könnte. Vielmehr ging die Initiative direkt von der Senatskanzlei aus und in den Sitzungen hatten Senatskanzlei und Finanzbehörde stets deutlich die Übermacht. Schulleiter hat man vorsichtshalber gar nicht erst eingebunden. Das Konzept hat daher auch nichts mit Pädagogik zu tun, sondern ausschließlich mit Gebäudebewirtschaftung. Danach haben die Schulleiter künftig die Aufgabe, ihre Klassen so eng wie möglich zusammenzupferchen, damit vielleicht doch noch eine Klasse der Nachbarschule in ihre Schule hineinpasst. Und zusätzlich benötigte Räume für Differenzierung oder anderes kann man sich verdienen, indem man die eine oder andere

Lehrerstelle unbesetzt lässt. Das nennt man Bewirtschaftung.

Abgerundet wird das System durch das vorliegende Musterflächenprogramm der Schulbehörde, das anders als zuvor eben kein Musterraumprogramm mehr ist. Wenn Sie also an einer alten Schule mit großen Räumen sind, dann haben Sie leider Pech gehabt, denn die Klassen haben nur noch Anspruch auf eine bestimmte Anzahl von Quadratmetern, aber nicht mehr auf einen eigenen Raum. Das vor Ort zu organisieren ist Aufgabe der Schulleitung. Das ist Delegation von Verantwortung nach unten.

Interessant sind natürlich die Details. Nach zwölf hochkarätig besetzten Sitzungen sollte man annehmen, dass diese Details vorliegen, zumal der Senat selber davon spricht, dass jetzt eine Vereinbarung getroffen wurde. Aber von den über 50 Fragen, die ich dem Senat zu seiner Vereinbarung gestellt habe, konnte er mir bislang rund zwei Drittel nicht einmal ansatzweise beantworten. Er kann überhaupt keine Gründe nennen, warum er den Schulbau umorganisieren möchte und was die Vorund Nachteile sein könnten. Er kann mir auch nicht sagen, wie man mit dem Konzept – ich zitiere –

"mit dem gleichen Geld mehr Schule bauen"

kann. Er kann mir nicht einmal sagen, in welcher Einheit der Senat dieses Mehr an Schule eigentlich bemisst. Das ist auch kein Wunder, denn wenn man in das Konzept hineinsieht, dann steht da zum Thema Kosteneinsparung im Schulbau überhaupt nichts. Es geht nur darum, wie man Neubauten durch Benchmarking oder Prüfung standortspezifischer Optimierungspotenziale – genauso steht es dort – möglichst ganz vermeidet.

Auch zum angeblichen Zielkorridor für die Kosten im Schulbau konnte mir der Senat nichts sagen. Eines allerdings konnte er mir sehr deutlich sagen: Weitere Verzögerungen im Schulbau können leider nicht ausgeschlossen werden.

(Dietrich Wersich CDU: Hört, hört!)

Herr Bürgermeister, Ihr Schulsenator hat im Schulausschuss wörtlich erklärt:

"Jetzt den Schulbau noch einmal umzuorganisieren und wiederum ein Jahr zu warten, bis sich alles gefunden hat, das wäre, glaube ich, gegenüber den Schülerinnen und Schülern in Hamburg fahrlässig."

Das sagte er am 2. September. Am 19. Dezember gab es die erste Sitzung von Ihrem Staatsrat Herrn Krupp und seitdem wird der Schulbau umorganisiert. Herr Bürgermeister, Ihr eigener Schulsenator sagt Ihnen, dass Sie gegenüber den Hamburger Schülerinnen und Schülern fahrlässig handeln. Hören Sie darauf, reagieren Sie. Wir helfen dem Schulsenator gerne dabei, wenn er etwas anderes durchsetzen möchte. – Danke.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat nun Herr Holster.

(Dietrich Wersich CDU: Jetzt kommt die rosa Brille! Es ist alles perfekt!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen das Ganze ein bisschen sortieren. Ich möchte ausdrücklich selbstkritisch für die SPD-Fraktion betonen, dass wir in den Hamburger Schulen vor einem gigantischen Sanierungsstau stehen und dass dieser Stau in den letzten 40 Jahren entstanden ist. Ich weiß, Herr Heinemann, Ihnen geht es immer nicht schnell genug, aber dieses Problem lässt sich nun einmal nicht in einem Jahr beheben.

Schauen wir einmal etwas genauer hin, wie es bisher an den Schulen läuft. Da kämpft die Schule A gegen die Schule B und die Schule A und die Schule B zusammen gegen die Behörde, um einen Neubau oder eine Sanierungsmaßnahme zu bekommen. Und wer die beste Lobbyarbeit macht in dieser Stadt, der bekommt dann einen Zubau. Das kann nicht sein, dieses müssen wir in Zukunft beenden.

(Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Bei uns war das nicht so!)

Diese Bauvorhaben müssen schlüssig, vernünftig und mit einer klaren finanziellen Zielvorgabe geplant werden. Wenn ich das Thema Schulbau mit Schulleitern oder Lehrern bespreche, dann höre ich immer zwei Dinge: Es wird zu langsam und es wird zu teuer gebaut. Das müssen wir ändern.

(Beifall bei der SPD)

Und dann habe ich bei der CDU etwas ganz Interessantes gelesen – ich weiß nicht, ob Sie das geschrieben haben oder Herr Scheuerl –, dass nämlich jede Schule zusätzliche Kosten im Schulbau mit Lehrerstellenstreichungen finanzieren soll

(Robert Heinemann CDU: Das steht da drin!)

nach dem Motto, ein zusätzlicher Gruppenraum gegen zehn Mathematikstunden. Das ist kompletter Unsinn.

(Beifall bei der SPD)

Aber natürlich dürfen wir auch beim Thema Schulpolitik unsere angespannte Haushaltslage nicht aus dem Blick verlieren. Und das Prinzip selbstverantwortete Schule hat die damalige CDU-Regierung auf den Weg gebracht und das war genau richtig. Ich habe keinen Zweifel und großes Vertrauen, dass unsere Schulen mit einem großzügig bemessenen Mietbudget und so engagiert begleitet wie bisher die anstehenden Bauvorhaben ver

(Robert Heinemann)

antwortungsvoll und effizient umsetzen werden. Sie bemängeln, dass der pädagogische Ansatz nicht ausreichend berücksichtigt wird.

(Robert Heinemann CDU: Gar nicht!)

Herr Heinemann, das ist reine Spekulation.

(Robert Heinemann CDU: Das steht doch im Konzept drin!)