Protocol of the Session on April 18, 2012

Ehrlich gesagt, Herr Scheele, ist es auch nicht mehr vereinbar mit unserer Haltung zum Elterngeld.

(Dirk Kienscherf SPD: Welche Haltung?)

Denn auch das Elterngeld ist doch keine Prämie für die Mütter und Väter, damit sie nicht arbeiten, sondern eine Prämie, die es ihnen ermöglichen soll, sich im ersten Jahr um die Kinder zu kümmern.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen greift auch diese Argumentation nicht, einerseits das Elterngeld zeitlich ausweiten zu wollen – ich glaube, das wünschen wir uns doch alle –, auf der anderen Seite aber zu sagen, dann sei das eine Prämie, um nicht zu arbeiten.

Für mich ist ganz klar, dass wir die Wahlfreiheit fördern müssen. Das Erziehungsgeld und das Betreuungsgeld haben da ihren Sinn, wo wir Eltern in ihrer freien Entscheidung fördern und dies anerkennen. Aber dieses Elterngeld kann Nebenwirkungen haben. Und auch das liegt uns als CDU am Herzen, dass es nicht dazu führen darf, dass die Kinder, die die Förderung in einer Kita brauchen, dadurch abgehalten werden.

(Dirk Kienscherf SPD: Lassen Sie es doch!)

Da ist unsere Haltung ganz klar.

(Andy Grote SPD: Das hängt doch nicht von Ihrer Haltung ab!)

Bei aller Aufregung: Es ist doch geradezu zu spüren bei Ihren Beiträgen, dass Sie dieses Thema ausschließlich für Ihre parteipolitische Debatte brauchen, die Sie im Moment im Bund führen und bei der Sie versuchen, sie in die Hamburgische Bürgerschaft zu bringen.

(Beifall bei der CDU)

Aber wenn Sie das machen, dann setzen Sie sich auch einmal mit den Argumenten auseinander, Herr Eisold, wenn Sie davon reden, wie niedrig die Krippenquote sei. Bremen, bekanntermaßen nicht durch die CDU verdorben, hat eine der niedrigsten Krippenquoten in der ganzen Republik; da regiert

Rot-Grün. Wir jedoch haben in Hamburg den Rechtsanspruch auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf ab der Geburt des Kindes eingeführt, einen Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung ab der Geburt, wenn die Eltern arbeiten wollen. Ich glaube, diesen Erfolg nehmen die Hamburger Eltern in Anspruch, und dieser Erfolg ist mit dem Namen CDU verbunden.

(Beifall bei der CDU – Gabi Dobusch SPD: Er versucht zu sagen, er war der bessere Senator! – Zuruf von der SPD: Ist das Ver- gangenheitsbewältigung?)

Nein, das ist keine Vergangenheitsbewältigung, sondern der Versuch, aus den ideologischen Gräben herauszukommen.

Wir haben allen Grund, über die Parteigrenzen hinweg gemeinsam darüber nachzudenken, wie wir Kindern aus armen Familien bessere Lebenschancen bieten. Und wir haben allen Grund, auch die Eltern anzuerkennen, die sich entscheiden, für ihre Kinder länger zu Hause zu bleiben und auf Einnahmen aus Berufstätigkeit zu verzichten. Beides hat seine Berechtigung und beides sollten wir unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Blömeke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei aller Wertschätzung, Herr Wersich, das war jetzt wirklich um den heißen Brei herumgeredet und ein Durchlavieren, ohne klar Position zu beziehen. Schon Herr de Vries hat es nicht geschafft, sich eindeutig für oder gegen das Betreuungsgeld auszusprechen, und Sie haben mit einem Hintertürchen versucht, das Betreuungsgeld noch einmal deutlich zu machen.

Echte Wahlfreiheit kann doch nur dadurch hergestellt werden, indem Eltern genügend qualitativ hochwertige und kostengünstige Betreuungsplätze erhalten. Wahlfreiheit bedeutet nämlich die private Entscheidung, wo man sein Kind betreuen lassen will. Es bedeutet nicht die staatliche Einmischung, dass man Geld erhält, wenn man sein Kind zu Hause betreut. Das ist genau der falsche Weg. Und wenn die CDU hier ehrlich wäre und gegen ihre Bundes-CDU aufstehen würde, dann würde auch ein ganz anderes Ergebnis herauskommen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Lassen Sie mich ein paar Takte zur FDP sagen. Das war nun wirklich große Bühne, was Ihre Fraktionsvorsitzende Frau Suding geleistet hat.

(Robert Bläsing FDP: Immer große Bühne!)

Große Bühne, aber wenig dahinter.

(Dietrich Wersich)

Vergegenwärtigen wir uns noch einmal Folgendes: Ich möchte Ihnen hierzu aus dem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2009 gern den Passus vorlesen, den die FDP damals zusammen mit der CDU unterschrieben hat.

"Um Wahlfreiheit zu anderen öffentlichen Angeboten und Leistungen zu ermöglichen, soll ab dem Jahr 2013 ein Betreuungsgeld in Höhe von 150,- Euro, gegebenenfalls als Gutschein, für Kinder unter drei Jahren als Bundesleistung eingeführt werden."

Das Ganze steht auch noch paradoxerweise unter dem Kapitel "Sozialer Fortschritt". Sozialer Fortschritt sieht anders aus. Das Gegenteil ist nämlich der Fall, das Betreuungsgeld widerspricht den Prinzipien einer modernen Gesellschaft.

(Beifall bei der GAL, der SPD und der LIN- KEN)

Jetzt distanzieren Sie sich davon, obwohl Sie damals als Fraktion diesen Koalitionsvertrag mit unterschrieben haben, und zwar im Handel, weil Sie im Gegenzug dafür die Steuersenkung bekommen wollten. Vielleicht hatten Sie da auch schon Bedenken, das weiß ich nicht. Aber ich frage mich, wo die laute Stimme der FDP-Fraktion war, als Sie Ihre Unterschrift unter den Koalitionsvertrag gesetzt haben?

(Katja Suding FDP: Müssten Sie mal zuhö- ren, dann wüssten Sie es!)

Es ist schön und gut, wenn Ihnen das jetzt alles einfällt. Aber ich erwarte da mehr als Blasen in der Hamburger Bürgerschaft. Werden Sie auf Bundesebene aktiv, sprechen Sie mit Herrn Wersich, vielleicht hat er auch Einfluss bei seiner Bundes-CDU. Dann erreichen Sie vielleicht, dass dieser unsägliche, familienpolitische Katastrophenschritt keine Realität wird.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Herr Dr. Dressel, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zwei, drei Worte zu Herrn Wersich, warum wir dies angemeldet haben. Ich glaube, ganz Deutschland diskutiert momentan über diesen familienpolitischen Rückschritt, und deswegen gehört die Debatte auch in dieses Parlament. Es ist wohl selbstverständlich, dass hierüber gesprochen wird.

(Beifall bei der SPD)

Viele Redner haben schon ausgeführt, wer sich schon alles dazu geäußert hat. Die Tatsache, dass es eine gemeinsame Positionierung der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften gibt – und wer sich auskennt, der weiß, wie selten dies bei

gesellschaftspolitischen Debatten passiert –, sollte Ihnen zu denken geben, dass Sie sich auf einem Irrweg befinden.

(Beifall bei der SPD)

Die Frage geht konkret an Herrn Wersich: Welcher Weg ist denn nun eigentlich benannt worden? Wir konnten schon in der letzten Sitzung Herrn de Vries zu dem Thema hören. Da war es eher pro Betreuungsgeld und heute auch. Er nickt, dann haben wir das also so verstanden. Herr Wersich, welche Position haben Sie denn eigentlich? Es ist mir nicht klar geworden, ich denke, der Mehrheit des Hauses auch nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie sagen, wir müssten jetzt ideologische Gräben zuschütten und das Thema Betreuungsgeld als Beispiel dafür bezeichnen, dann ist das nichts anderes als ideologische Gräben wieder zu öffnen. Dieses Thema ist nämlich ein ideologischer Rückschritt.

(Beifall bei der SPD)

Mich hat ein wenig amüsiert, dass die CDU auf Bundesebene meinte, bei diesem Thema jetzt den Sack schließen zu müssen, und zwar mittels eines Papiers über ländliche Räume. Das war wirklich der absolute Beleg dafür, dass man nicht mehr den Anspruch hat, Großstadtpartei in diesem Land zu sein, und das ist für die Hamburger CDU sehr bedenklich.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von Dietrich Wersich CDU)

Meine Damen und Herren! Wenn keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, kommen wir zum zweiten Thema, angemeldet von der CDU-Fraktion:

Zukunftschance Hamburgs verspielt: Senat verliert Wettbewerb Elektromobilität

Das Wort wird gewünscht. – Frau Prien, Sie haben es.

Meine Damen und Herren! Beim Thema Elektromobilität können wir etwas lernen, nämlich eine kleine Posse zum Thema Provinzialität der Hamburger SPD.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Jan Quast SPD: Dass die CDU lernen kann!)