Protocol of the Session on February 29, 2012

"hätte ein mehrheitlicher Erwerb von Unternehmensanteilen durch einen ausländischen Wettbewerber zu einem beherrschenden Einfluss auf Hapag-Lloyd führen können."

Vielleicht ist Ihnen auch aufgefallen, dass das nicht einmal Konjunktiv I, sondern Konjunktiv II ist, und dafür hat der Duden das Wort "Irrealis" geprägt. Das bedeutet, es ist eine Situation, die nicht eintritt. Und durch die Rede des Bürgermeisters ist sie nicht gerade wahrscheinlicher geworden.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Dietrich Wersich CDU: Der Mann ist Lehrer!)

(Jan Quast)

Was ich nicht richtig verstehe, ist diese Conditio sine qua non: Die Stadt hätte sich nicht beteiligt, hätten sich die Privaten nicht beteiligt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja!)

Das finde ich richtig, aber was bedeutet das im Umkehrschluss? Bedeutet es, dass dann keine Gefahr durch einen privaten Investor gekommen wäre, der die Mehrheit an Hapag-Lloyd hätte übernehmen wollen, die Sie verpasst hätten? Das passt vorn und hinten nicht zusammen, das gibt es einfach nicht.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Sie malen ein Konstrukt an die Wand, das es nicht gibt.

Wenn man darüber redet, dass Hapag-Lloyd nicht Opfer eines globalen Monopolys hätte werden sollen, dann muss man sich dieses Wort "globales Monopoly" einmal ansehen. Herr Rickmers kennt das Wort "lokales Monopoly". Mit einem Blick in die Historie würde man sehen, dass der letzte Akteur, der in dieser Branche ein globales Milliarden-Monopoly gespielt hat, derjenige war, der 2006 Canadian Pacific Ships gekauft hat, das war Hapag-Lloyd. Wir haben jetzt eine Situation, in der Sie ein Konstrukt an die Wand malen, das Sie nicht begründen, das auch nicht vorhanden ist.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Woher wissen Sie denn das? – Gegenruf von Anja Hajduk GAL: Dann sagen Sie es doch!)

Dann sagen Sie es uns doch, Herr Dressel, das ist das Entscheidende.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Dieses Konstrukt ist noch nicht einmal am Horizont erkennbar. Das Gegenteil ist der Fall. Der TUI ist es doch drei bis fünf Jahre lang gerade nicht gelungen, irgendetwas zu verkaufen, sie haben keinen Investor gefunden und sie haben es nicht geschafft, den Börsengang zu machen. Das hat so lange gedauert, bis Herr Bürgermeister des Weges kam und die Stadt Hamburg, und die haben der TUI diesen Ausstieg vergoldet. Die Aktie ist um 5 Prozent gestiegen. Wenn Sie dafür 420 Millionen Euro ausgeben, dann müssen Sie schon mal gucken, ob Sie in der Frage Maß und Mitte nicht ein wenig verloren haben.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Dr. An- dreas Dressel SPD: Gucken Sie mal in die alten Verträge rein!)

Wenn Sie von diesem globalen Monopoly sprechen und das nicht weiter begründen, dann muss man ehrlicherweise sagen, dass Sie sich angesichts der wirtschaftlichen Lage dann mit staatlichem Geld und einem enormen Risiko an einen Roulettetisch setzen.

(Beifall bei Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP)

In den vergangenen fünf Jahren hat Hapag-Lloyd im Mittel Verluste eingefahren. Seit 2009 zahlt das Unternehmen keine Dividende. Die Stadt, das wissen wir durch Herrn Petersen, hat mit der Beteiligung bisher Verlust gemacht. Wir wissen alle, dass in der Krise viele Schiffsneubauten gestreckt wurden. Die kommen alle auf den Markt und erhöhen die Kapazität.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Solange es das Hybrid gibt, wird die Stadt eine Dividende bekommen!)

Sie werden sicherlich nicht den Druck auf die Frachtraten senken. Die Konjunktur wird schwieriger, und all das zeigt, dass es ein hochriskantes Geschäft ist, ein Roulette mit ungewissem Ausgang und ein Bereich, in dem der Staat, zumindest in dieser Situation, seine Beteiligung nicht erhöhen sollte. Und deswegen ist es ein falsches Geschäft.

(Beifall bei der GAL, der CDU und bei Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP)

Ich möchte etwas zu der Frage sagen, inwieweit Hapag-Lloyd die Umsätze im Hamburger Hafen sichert. Herr Kerstan hat schon ein sehr eindrückliches Beispiel mit dem Taxiunternehmen gebracht.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was übrigens falsch war!)

Auf der anderen Seite sitzt die weltgrößte Reederei, Herr Dressel, in Kopenhagen. Der Hafen von Kopenhagen ist vor allen Dingen dadurch bekannt, dass dort die Meerjungfrau von Hans Christian Andersen sitzt. Aber es gibt keine Container. Die zweitgrößte Reederei, CGM, sitzt in Genf. Die fahren mit den Schiffen nicht über den Genfer See.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

In Rotterdam, Antwerpen und Bremerhaven

(Dr. Andreas Dressel SPD: Es geht nicht um den Unternehmenssitz!)

gibt es auch keine Großreedereien, die sagen, dass sie dort ihren Hafen absicherten, sondern im Gegenteil. Worauf es teilweise ankommt, sind zum Beispiel Dedicated Terminals, die Hapag-Lloyd auch in unserem Hafen hat. Wir können, wenn der Zentralterminal Steinwerder ausgeschrieben wird, darüber reden, ob Sie so etwas auch machen wollen.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Aber es gibt nicht zwangsläufig einen Zusammenhang zwischen dem Sitz der Reederei und den Umsätzen im Hafen. Und wer etwas anderes erzählt, der erzählt erst einmal Schmarrn.

(Beifall bei der GAL, der CDU und bei Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP)

Wir haben doch eine Situation, in der die Stadt mit 23,6 Prozent und die HSH Nordbank mit 2,9 Pro

zent eine Sperrminorität hat, eine Sperrminorität, die so stark ist, dass niemand 3 Milliarden Euro investieren würde, um gegen diese Sperrminorität und gegen jemanden anzukämpfen, der definitiv nicht will, dass dies gemacht wird. Vor diesem Hintergrund wird er dieses Investment auch nicht tätigen.

Es ist nicht nur die Frage, was in Zukunft passiert. Das Schlimmste ist, dass es keine Ausstiegsstrategie gibt. In Ihren Reihen gibt es viele Leute – Herr Teichert ist schon angesprochen worden, aber es gibt scheinbar noch mehr, wie wir heute der Zeitung entnehmen können –,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Mitglied der Bür- gerschaft? Ich habe ihn noch nicht gese- hen!)

die sagen, dass es sich für die Stadt wahrscheinlich nicht rechnen werde. Wenn Sie etwas für die Stadt tun wollen, dann gehen Sie mit Hamburger Steuergeld sparsam um, und wenn Sie etwas für den Hafen tun wollen, dann legen Sie einen Hafenentwicklungsplan vor.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Da hat sich die GAL schon als Experte hervorgetan!)

Und wenn Sie etwas für Hamburg tun wollen, dann sparen Sie sich dieses Geschäft. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Kluth.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Bürgermeister hat in seiner Regierungserklärung gesagt: "We want our money back". Wünschen kann man sich viel, die Realität sieht aber häufig anders aus, und dann sind wir schon mitten im Thema der Risiken dieser Beteiligung.

Wenn man sich mit der Senatsdrucksache tiefer beschäftigt und sich in die Details vertieft, dann werden diese Risiken immer deutlicher. Eivind Kolding, der ehemalige CEO der Maersk-Reederei, hat die Situation der internationalen Containerschifffahrt vor Kurzem in einem Artikel sehr plastisch analysiert und beschrieben. Vorbei sei die Zeit, in der man im Container-Geschäft dreistellige Millionengewinne einfuhr. Was wir heute erlebten, sei ein verbissener Kampf zwischen Maersk und MSC, also den beiden weltgrößten Container-Reedereien. Es sei eine Schlacht um Marktanteile und Marktführerschaft, die den Großen in der Branche an die Substanz gehe und die die Kleinen an den Rand des Ruins treibe. Gekämpft werde mit immer niedrigeren Frachtraten, um immer größere Schiffe zu füllen. Gerade gestern haben die Agenturen gemeldet, dass dieser beinharte Preiskampf Maersk, der weltweit größten Container-Reederei, im Jahre

2011 einen Verlust in Höhe von 400 Millionen Euro beschert hat.

(Zuruf von Robert Heinemann CDU)

Auch MSC hat 2011 Verluste gemacht. Branchenkenner gehen davon aus, dass alle Linienreeder im vergangenen Jahr rote Zahlen geschrieben haben. Und bei Hapag-Lloyd ist, wenn ich den Pressemeldungen vertrauen darf, im Jahre 2011 ein Verlust von 26 Millionen Euro aufgelaufen.

Herr Hackbusch hat völlig recht, wenn er sagt, es gäbe keinen funktionierenden internationalen Markt im Bereich der Containerschifffahrt. Ich würde daraus dann die Folgerung ziehen wollen: Dies ist umso mehr ein Grund dafür, sich an diesem Markt nicht weiter zu beteiligen, insbesondere nicht mit Geld der Steuerzahler.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Walter Scheuerl CDU)

Meine Damen und Herren! Genau in dieser Situation will die Stadt weitere 420 Millionen Euro in die Hand nehmen, um ihre Beteiligung an Hapag-Lloyd aufzustocken. Das muss man sich einmal im Detail vergegenwärtigen.

Wir hatten am 14. Februar eine erste Information über den geplanten Deal bei Finanzsenator Tschentscher. Es führte weniger der Senator als vielmehr Herr Klemmt-Nissen, also der Vorstand der HGV, das Wort. Herr Klemmt-Nissen war ganz selig über seinen Verhandlungserfolg. TUI habe sich unglaublich bewegt bei der Ausübung des Andienungsrechts, also nur eines Teilverkaufs, und auch beim Preis. Frage an Herrn Klemmt-Nissen: Was mögen denn die Gründe gewesen sein für diese neue Beweglichkeit von TUI?

(Thomas Kreuzmann CDU: Die Jahres- hauptversammlung!)