Dass die Sachen, die wir entscheiden, auch von uns verstanden werden müssen, ist eines der wichtigsten demokratischen Prinzipien. Dazu bedarf es Zeit, kritischer Nachfragen und Auseinandersetzungen.
Das ist im Rahmen dieses Zeitplans, den der Senat uns vorgibt, so gut wie nicht möglich. Der Bürgermeister hat kein kritisches Wort dazu gefunden, noch nicht einmal gesagt, dass wir ganz besonders gefordert sind. Er fordert nur unsere Solidarität, nicht unsere kritischen Fragen.
dass wir kritische Fragen stellen können, dass wir Zeit haben müssen. Und ich weiß auch – da ist die Kritik von Herrn Kerstan völlig richtig, und Sie können alle leitenden Beamten in den Behörden fragen –, dass es nicht die Stärke dieses Senats ist, kritisch etwas durchzudiskutieren, sondern die Stärke dieses Senats ist es, von oben zu diktieren. Gegenwärtig wird das in Umfragen noch goutiert, aber das wird nicht immer so sein.
Der zweite kritische Punkt beinhaltet natürlich die Frage der Schuldenbremse. In der Diskussion um das Geld ist der Hinweis von Herrn Dressel falsch, das sei Sache der HGV und es werde knapp gelöst. Wir wissen nicht, wie lange diese Intervention dauert, wie lange dieses Geld dort gebraucht wird. Wir müssen damit rechnen, dass diese Ausgaben in Konflikt mit der Schuldenbremse kommen und dementsprechend kommen sie in Konflikt mit den sozialen Aufgaben dieser Stadt. Wir müssen gemeinsam eine Strategie zur Lösung finden. Ich weiß nicht, wer in diesem Parlament sagen will, wir
bezahlen mit dem Geld aus der Jugendhilfe die Kosten, um Hapag-Lloyd zu kaufen. Ich hoffe, dass das auf einheitliche Ablehnung stößt.
Ich hoffe, dass wir in der Lage sind, nicht eine Sache gegen die andere auszählen zu lassen und dass wir einen Weg finden, die Aufgaben, die wir gemeinsam als notwendig für diese Stadt erachten, die im Interesse dieser Stadt liegen – es sind keine großen Füllhörner, die wir ausschütten wollen, sondern es sind absolute Notwendigkeiten, zum Beispiel in der Jugendhilfe –, gemeinsam anzugehen. Zu den ökonomischen Problemen, die wir in der nächsten Zeit lösen müssen, gehört auch die Frage, wie wir die Einnahmen verbessern können. Wenn wir von solchen Ausgaben sprechen, wie wir sie gegenwärtig zu leisten haben, dann ist das ein zentraler Punkt. Die Jugendhilfe darf nicht den Hapag-Lloyd-Kauf finanzieren, das wäre für uns ein Desaster.
(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der GAL – Dr. Andreas Dressel SPD: Das tut sie auch nicht!)
Ich will bestimmte Punkte, die in der Debatte angedeutet worden sind, nicht weiter ausführen. Ich denke, dass sie bei der Befragung in den Ausschüssen genauer diskutiert werden müssen, unter anderem die Frage zu dem Wertgutachten. Mein Eindruck ist, dass TUI dabei gut weggekommen ist. Der Börsenkurs unterstützt meine Meinung, der ist bei der TUI-Aktie vor Freude nach oben gehopst.
Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Unternehmen nicht damit gerechnet haben, dass TUI so gut aus diesem Deal herauskommen würde. Das ist nur einmal so ein Gedanke, wir werden diskutieren, inwieweit ein Wertgutachten vernünftig ist.
Die zweite Sache, die mich nicht gerade beruhigt, ist die Personalie Kühne. Ich weiß, dass in diesem Saal viele Fans von ihm sitzen,
ich selbst bin diesbezüglich ein großer Skeptiker. Die Intervention von Kühne ist für mich auch kein Zeichen dafür, dass es eine richtige Investition ist. Er hat natürlich ein anderes Interesse, er hat ein Logistik-Unternehmen, und in dieses Logistik-Unternehmen passt natürlich die Variante Schifffahrt fantastisch. Das rechnet sich auch ganz anders, und dementsprechend sind es von seiner Seite völlig andere Überlegungen, dort zu intervenieren. Dies kann nicht die Begründung für eine Aktivität von unserer Seite sein. Wir sollten sehr skeptisch
fragen, warum Herr Kühne mit diesem Vertrag so gut gestellt wird. Das gefällt mir bisher noch nicht, das müssen wir uns noch genauer ansehen.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Andreas Dres- sel SPD: Sollen wir das auch noch alles kau- fen, oder was?)
Es gibt noch einige Fragen, die wir zu klären haben. Wir sind am Anfang der Debatte, aber ich freue mich darauf. – Tschüss.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir werden schon morgen im Ausschuss genauer über die Punkte reden, aber einige Fragen können wir vielleicht schon heute klären. Die erste ist die Frage nach der Risikoanalyse. Ausgangspunkt für das Engagement der Stadt war 2008 die Sichtweise des damaligen Senats, dass die Reederei eine überragende Bedeutung für den Hamburger Hafen und die Stadt insgesamt hat. Wir teilen diese Einschätzung bis heute. Ich will Ihnen einige Zahlen nennen aus der Drucksache vom September 2009. Auf Hapag-Lloyd und ihre Partnerreedereien entfallen 42 Prozent des Containerumschlags im Hamburger Hafen, ein Auftragsvolumen von 800 Millionen Euro pro Jahr ohne Charterprämien,
45 000 Beschäftigte in der Metropolregion mit einer Lohnsumme von 1,8 Milliarden Euro. Ihre Gutachter, Herr Wersich, haben damals berichtet, dass ohne Hapag-Lloyd 60 Prozent des Frachtvolumens nicht auf Hamburg gelenkt, sondern in Rotterdam und Antwerpen umgeschlagen würde. Das war die Risikoanalyse 2008.
Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Herr Senator, würden Sie eine Zwischenfrage beantworten?
Nein, ich möchte jetzt keine Fragen beantworten, weil wir von Senatsseite nur wenige Minuten haben. Die Fraktionen werden gleich weiter diskutieren.
Gut, wenn Herr Wersich sich seine Frage nicht für seine weiteren Beiträge aufsparen kann, hat er das Wort.
Sie haben eben das Gutachten von 2008 angesprochen. Ich frage Sie, haben Sie jetzt, nach der Krise und zur aktuellen Situation ein neues Gutachten anfertigen lassen, um diese Frage nach dem heutigen Stand zu klären?
Wir haben erneut die Zahlen abgefragt, Herr Wersich, und die Zahlen, wie ich eben sagte, haben eher zugenommen. Also die Bedeutung für HapagLloyd im Jahr 2012 zusammen mit der G6 Alliance hat, verglichen mit 2008, eher zugenommen.
(Dietrich Wersich CDU: Haben Sie ein neu- es Gutachten oder nicht? Seien Sie doch ehrlich! Das ist doch eine Ja- oder Nein-Fra- ge!)
Nun kommt Herr Kerstan um die Ecke und sagt, dass das doch alles durch eine satzungsrechtliche Regelung gesichert sei.
Das ist völlig wirklichkeitsfremd, Herr Kerstan. Bei einem Mehrheitseigentümer mit einem beherrschenden Einfluss und einer entsprechenden Geschäftsführung, die anderen strategischen Interessen verpflichtet ist, rühren die Herren den kleinen Finger und schon fährt das Schiff nach Rotterdam und nicht nach Hamburg. Dieses Beispiel vom Taxifahrer ist schlicht falsch, Herr Kerstan. Die können bestimmen, wohin die Container sollen, das ist richtig, aber die sollen nicht nach Hamburg, die sollen auch nicht nach Antwerpen oder Rotterdam, sondern die sollen zum Beispiel von China nach Osteuropa. Und wie sie dahin kommen, entscheidet die Reederei, und das hängt nicht ab vom formalen Firmensitz, sondern von den sonstigen wirtschaftlichen und strategischen Interessen. Das ist die wirtschaftliche Realität, Herr Kerstan.
Dass Sie hier aus dem Stand neue Ausgaben im Umfang von 420 Millionen Euro aufzählen, erinnert mich ein bisschen an die Haushaltsberatungen. Es ist schon ein großes Problem, dass Sie nicht zwischen einem Vermögenserwerb und neuen zusätzlichen Ausgaben unterscheiden.
teressen sichert. In Zahlen sind das 600 bis 800 Millionen Euro Steuereinnahmen jedes Jahr aus der hafenabhängigen Wirtschaft, und darüber sollten Sie sich Sorgen machen.
Ich räume ein, es ist berechtigt zu fragen, ob die Anlage das Geld wirklich wert ist. Das ist eine wichtige Frage. Dabei geht es um den Kurs von 80 Prozent und das von Ihnen immer wieder zitierte Wertgutachten.
Die bestehenden Verträge legen fest, wie das Wertgutachten erstellt wird. Herr Wersich, sie kennen ja die Verträge. Es geht nicht um den aktuellen Marktwert, sondern um den Ertragswert in der Zukunft auf Grundlage der aktuellen Unternehmensplanung. Zusammen mit einem derzeit äußerst niedrigen Zinssatz, der in die Bewertung eingerechnet wird, käme ein solches Gutachten voraussichtlich zu erstaunlich hohen Ergebnissen, die wahrscheinlich einen Kurs für den Aktienwert von mehr als 80 Prozent ergeben hätten,