Zugriffe. Nehmen wir als Beispiel das Bürgerschafts-WLAN. Glaubt ernsthaft irgendjemand, dass ein Netz, von dem über 100 Menschen das Passwort kennen, vor Missbrauch geschützt ist? Für Betroffene kann die Störerhaftung unangenehme Folgen haben. Da kommen schnell 1500 Euro zusammen. Und es ist hinlänglich bekannt, dass sich in Deutschland eine regelrechte Abmahnindustrie entwickelt hat; 450 Millionen Euro im Jahr 2010 sprechen Bände. Deswegen wird es Zeit, dass der Gesetzgeber hier Klarheit schafft. Wir ersuchen den Senat, über eine Bundesratsinitiative Klarheit zu schaffen.
Dies wäre zum Beispiel die Gleichstellung der WLAN-Betreiber mit denen eines Access-Providers nach Paragraf 8 des Telemediengesetzes und der eindeutigen Feststellung, welche Vorkehrungen getroffen werden müssen, um nicht in die Störerhaftung zu geraten. Das Fenster für eine solche Initiative ist offen. Im rot-schwarzen Koalitionsvertrag in Berlin wurde eine solche Initiative vereinbart, und aus anderen Bundesländern habe ich positive Rückmeldungen erhalten. Hamburg als Standort wichtiger Medien- und Internetunternehmen, aber auch als Tourismusmagnet sollte hier eine Vorreiterrolle übernehmen. Deswegen bitte ich Sie, diese Initiative zu unterstützen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Schmidt, der wichtigste Hinweis in Ihrer Rede war der zur Großen Koalition. Es ist wirklich ein spannendes Denkmodell, das sollten wir gegebenenfalls einmal in Hamburg diskutieren.
Aber kommen wir schnell zum eigentlichen Kern des heutigen Antrags. Herr Schmidt hat blumig hin und her formuliert, um was es denn gehen könne. Ich will mich auf die harten Fakten konzentrieren. Zurzeit ist jeder von Ihnen, wenn Sie zu Hause einen WLAN-Router in Betrieb nehmen, der Gefahr ausgesetzt, auf Unterlassung verklagt zu werden, sofern von einem Dritten über Ihren Anschluss Urheberrechtsverletzungen begangen werden. Der BGH hat im Urteil vom 12. Mai 2010 – das ist der Kern dieses Antrags – eine Schadensersatzforderung einer Rechteinhaberin gegen den Besitzer eines WLAN-Routers, über den ein Dritter illegal Musik verbreitet hatte, abgelehnt. Zugleich bestätigte aber der BGH den Unterlassungsantrag und die Klage auf Erstattung von Abmahnkosten.
Gemäß dieser Rechtssprechung kann demnach jeder Betreiber eines WLAN-Anschlusses in Haftung genommen werden, wenn sein nicht ausreichend
gesicherter WLAN-Anschluss von unberechtigten Dritten für Urheberrechtsverletzungen im Internet genutzt wird. Um vor der sogenannten Störerhaftung geschützt zu sein, heißt es in der Urteilsbegründung des BGH unter anderem, müsse der Anschluss erstens ausreichend gesichert sein, dann die zum Kaufzeitpunkt marktüblichen Sicherungen haben, die wirksam eingesetzt werden, und es müsse durch den Besitzer geprüft werden, ob der Anschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen hinreichend dagegen geschützt ist, von außenstehenden Dritten für die Begehung von Rechtsverletzungen missbraucht zu werden.
Rechtssicherheit sieht meiner Meinung nach anders aus. Der BGH hat damit den Ball zurück an den Bundesgesetzgeber gespielt, und die Hamburger Sozialdemokraten wollen heute eine Initiative ergreifen, um den Bundesgesetzgeber zu motivieren, in dieser Richtung, die der BGH schon vorgegeben hat, tätig zu werden. Es spricht aus Sicht der CDU nichts dagegen, diese Rechtssicherheit zu schaffen und die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Störerhaftung gesetzlich zu verankern. So wüssten Bürger, Unternehmen, Vereine et cetera künftig genau, welche konkreten Vorkehrungen sie im Einzelfall zu treffen haben, um zu verhindern, dass sie für die Taten anderer in Anspruch genommen werden. Wichtig ist der CDU hierbei insbesondere, dass die Rechte und Rechtsverfolgungsmöglichkeiten der Inhaber der Urheberrechte und die Funktionsfähigkeit der Strafverfolgung gewährleistet bleiben. Da das Petitum hierauf ausdrücklich hinweist, wird die CDU-Fraktion den SPD-Antrag unterstützen. Das Thema ist der CDUFraktion aber so wichtig, dass wir beantragen, den Antrag, nachdem er denn gleich hoffentlich mit großer Mehrheit beschlossen wird, nachträglich an den Rechtsausschuss zur weiteren Beratung zu überweisen. Ich meine, sehr verehrte Damen und Herren von den Sozialdemokraten, Sie sollten sich dieser Überweisungsbitte nicht verschließen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch meine Fraktion wird dem Antrag zustimmen. Wir finden es richtig, dass die Störerhaftung, wie sie jetzt existiert, in Zukunft anders geregelt wird. Wir halten es zumindest für eine gute Idee, das über Paragraf 8 des Telemediengesetzes zu versuchen. Was wir nicht richtig verstanden haben ist die Frage, warum Sie, wenn wir als WLAN-Betreiber Anbieter werden und damit die Störerhaftung zunächst entfällt, im Nachhinein doch wieder Kriterien definiert haben wollen, die dann zu einer Haftung oder Nichthaftung führen. Was genau Sie sich darunter vorstellen, dazu ha
ben Sie nicht sehr viel geschrieben. Unsere Befürchtung ist, wenn man das dem Bundesgesetzgeber überlässt, der offenbar zurzeit nicht willig ist, sich in dieser Frage zu bewegen, dann haben wir nicht mehr Rechtssicherheit als bisher. An den Kriterien, die Sie angesprochen haben, macht sich später tatsächlich der Fortschritt zum jetzigen Zustand bemerkbar.
Der Sicherheitsstandard WPA 2 wird von fast allen Experten als nicht sicher betrachtet. Wenn wir beispielsweise in einem Café das Passwort bekommen, wissen die Betreiber auch, dass es nichts nützt. Wir sind also davor nicht gefeit, und die SPD hat damit recht, dass wir im Vergleich zu anderen Ländern in der WLAN-Nutzung weit hinterherhinken. Das könnte besser sein, und gerade wir als Internet-Stadt sollten daran ein großes Interesse haben. Wenn das aber so ist, dann vermissen wir den Mut, ein öffentliches WLAN-Netz ohne Störerhaftung zum Ziel zu erklären. Das stünde Hamburg gut zu Gesicht.
Was das Glas Wasser und den sehr Durstigen betrifft, sind Sie ein bisschen weit gegangen; das erfüllt der Antrag nicht, Herr Schmidt. Aber man kann darüber schmunzeln. Wir können einmal in ein Café mit WLAN-Netz gehen und darüber reden, wie durstig wir alle sind.
Was ebenfalls aus unserer Sicht noch etwas schwierig erscheint, ist die Verknüpfung mit dem Urheberrecht. Sie sagen, dass im Grunde auch beim Urheberrecht etwas getan werden muss. Aber wir wissen auch, dass der Bundestag sich zwar viel überlegen kann, er aber nicht derjenige ist, der über das Urheberrecht bestimmt. Das ist Sache des Europäischen Parlaments. Bei der aktuellen Diskussion über das ACTA-Abkommen wissen wir ungefähr, was sich da so tut oder nicht tut, also ein schwieriges Thema.
Wir unterstützen Ihren Antrag, weil er ein Fortschritt ist, weil er Bewegung in die Frage bringt, wie wir die Störerhaftung bei WLAN so gestalten, dass die Gefahr einer Haftungssituation für den Betreiber gering ist. Als Grüne wollen wir aber auch dafür werben, einen Schritt weiter zu gehen und für das Ziel eines öffentlichen WLAN-Netzes ohne Störerhaftung einzutreten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag beinhaltet unserer Auffassung nach im Wesentlichen eine Forderung. Alle WLAN-Betreiber sollen nach Paragraf 8 Telemediengesetz einem Access
Provider gleichgestellt werden. Doch was heißt das beziehungsweise worüber reden wir hier eigentlich? Um es einmal klar zu benennen: Wir reden de facto über ein Ende der sogenannten Störerhaftung, also quasi über ein Pendant zur Halterhaftung bei Autobesitzern für Internetanschlussinhaber. Das bedeutet, dass jeder Besitzer eines Internetanschlusses mit angeschlossenem WLAN, egal ob gewerblich oder privat, nicht mehr für Rechtsverletzungen haftet, die ohne seine Kenntnis, respektive Erlaubnis, durch Dritte über seinen Anschluss begangen werden.
Ich muss zugeben, der Antrag hat einen gewissen Charme, Herr Grote. Das haben Sie toll bemerkt, was liberal ist, darüber können wir uns einmal unterhalten.
Erstens befürworten wir Liberale es, dass es eine verbesserte Rechtssicherheit beispielsweise für die selbstständigen Betreiber von Internetcafés, Jugendherbergen, Hotels, Bars oder Restaurants geben soll. Denn häufig hängt es im Fall der Fälle sehr individuell von den jeweiligen Richtern ab, ob und inwieweit gewerbliche Internetanschlussinhaber der Unterlassungsklage nachkommen oder gar Schadensersatz leisten müssen oder nicht. Selbst wenn ein Betreiber Portsperren einsetzt, schließt das die Möglichkeit von Rechtsverletzung durch Dritte via Internet nicht aus. Das Risiko einer zeit- und kostenintensiven juristischen Auseinandersetzung bleibt also. Dies ist für eine kundenfreundliche und rechtssichere wirtschaftliche Tätigkeit keine akzeptable Grundlage.
Zweitens sage ich aber in aller Deutlichkeit, Herr Grote, sosehr wir Liberale eine Partei der Freiheit und des Eigentums, mithin auch des geistigen Eigentums sind, so sehr distanzieren wir uns von dem Geschäftsmodell von Massenabmahnkanzleien. Der Rechtsbruch derjenigen, die bewusst oder unbewusst Urherberrechte verletzen, geht leider nur allzu häufig Hand in Hand mit dem Rechtsmissbrauch der juristisch Findigen. Die wollen damit einen recht auskömmlichen Lebensunterhalt verdienen und das alles findet auch noch auf dem Rücken der volkswirtschaftlich Produktiven statt, der Künstler und Kreativen, denen meist eh nur ein Bruchteil der Einnahmen aus dem Verkauf ihrer Werke bleibt. Aber das ist alles eine andere große Baustelle, an der sowohl auf europäischer- wie auch auf Bundesebene gerade gearbeitet wird. Wir Liberale vertrauen hier auf das Augenmaß und die Fähigkeit unserer Bundesjustizministerin.
Die FDP-Fraktion steht diesem Antrag aber auch mit Skepsis gegenüber, Herr Schmidt. Die Grundsätze der Störerhaftung könnte man sicher noch legislativ fassen, allerdings wäre unserer Auffassung nach der hierfür passende Regelungsort dann auch das Telemediengesetz und nicht nur, wie im Antrag gefordert, das Urheberrecht. Der letzte Absatz des Petitums ist unseres Erachtens mit dem entsprechenden BGH-Urteil von 2010, es wurde schon erwähnt, zumindest für private WLAN-Betreiber bereits erfüllt. Die vom BGH darin definierten Störerhaftungsgrenzen weisen eine vom technischen Fortschritt abhängige Flexibilität auf. Es ist nur bedingt sinnvoll – Herr Schmidt, jetzt passen Sie auf –, in einem Gesetz feste Mindestvorgaben zu fordern, die dann regelmäßig neu angepasst werden müssen. Vom technischen Fortschritt verstehen Sie mehr als ich, das haben wir schon festgestellt, technisch sind Sie auf der Höhe der Zeit. Die Notwendigkeit, sich stets auf dem aktuellen Stand zu halten, würde aber den Alltag der Bürgerinnen und Bürger, die nicht so technisch bewandert sind wie Sie, wohl eher erschweren als vereinfachen. Das halten wir Liberale daher für wenig zielführend.
Das Ziel, alle WLAN-Betreiber einem Access-Provider gleichzustellen und damit de facto pauschal von der Störerhaftung zu befreien, konterkariert im Übrigen etwas Wichtiges. Der daraus resultierende Wegfall des Rechtsanspruchs auf Unterlassung widerspricht der ebenfalls geäußerten Absicht auf Wahrung der Rechte und Rechtsverfolgungsmöglichkeiten der Inhaber der Urheberrechte und der Funktionsfähigkeit der Strafverfolgung, es sei denn, werte Genossen der SPD, Sie legen mir dar, mit welchen überwachungsstaatlichen Mitteln und Methoden Sie in Zukunft die persönliche Vornahme illegaler Handlungen im Netz dokumentieren wollen, um so direkte Täterverfolgung zu ermöglichen. Ich hoffe jedenfalls nicht, dass als Folge dieses Antrags die Internetprovider nach der Entschärfung der entsprechenden Passage im ACTA nun doch gewollt oder ungewollt, Herr Schmidt, zu Ausführungsorganen einer Überwachungsstruktur gemacht werden, dies dann noch gepaart mit der Möglichkeit der Pflicht zur Verhinderung oder Unterbrechung entsprechend identifizierter Datenströme. Das wären Netzsperren, Herr Schmidt, und für einen solchen Grundrechtseingriff stehen wir Liberale nicht zur Verfügung.
Herr Hamann, jetzt haben Sie gut zugehört, finde ich klasse. Die undifferenzierte Bemerkung war ein bisschen schwach, aber Sie verstehen es. Jetzt kommt die Zusammenfassung, Herr Hamann.
Fazit: Für die FDP-Fraktion bleiben viele Formulierungen zu vage und einige zentrale Fragen offen. Insgesamt finden wir den Antrag aber prüfenswert und würden ihn daher gern im Rechtsausschuss weiter beraten. Dort könnten wir klären, inwieweit die Forderungen differenzierter erhoben werden können. – Vielen Dank.
Wir unterstützen den Antrag "Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber" der SPD. Wir begrüßen insbesondere den juristischen Vorstoß des Antrags, dass WLAN-Besitzer einem Access-Provider beziehungsweise Dienstanbieter gemäß Paragraf 8 Telemediengesetz gleichgestellt werden sollen, aber wir weisen auch darauf hin, dass dieser Antrag, wie so häufig, doch ein bisschen kurz springt.
In ähnliche Richtung hat auch Herr Müller argumentiert, Hamburg braucht ein öffentliches WLANNetzwerk, damit die Menschen frei von kommerziellen Angeboten das Internet an jedem Ort der Stadt nutzen können. Sicherlich ist das zurzeit noch eine konkrete Utopie, aber andere Länder in Europa machen das bereits vor; ich verweise zum Beispiel auf Estland. Estland verfügt über ein flächendeckendes, stabiles und schnelles WLANNetz, das kostenlosen Internetzugang ermöglicht, sogar am Strand. In Berlin liegt immerhin bereits eine Konzeptstudie vor. Wir haben in Hamburg öffentliche Bücherhallen, Bibliotheken und Archive, aber kein öffentliches WLAN-Netzwerk. Das ist nicht nur wenig innovationsfreundlich, sondern auch sozial ungerecht. Wir werden dem Antrag zustimmen, wollen aber in diese Richtung weiter arbeiten. – Vielen Dank.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/2831 an den Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.